European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0040NC00027.22S.1018.000
Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, anstelle des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien das Bezirksgericht Gmunden zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit210,84 EUR (darin 35,14 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Äußerung zum Delegierungsantrag binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen wegen laesio enormis, Gewährleistung, Irrtum und Schadenersatz; er beruft sich zum Beweis seines Vorbringens unter anderem auf Parteienvernehmung und die Vernehmung zweier an seinem im Sprengel des Bezirksgerichts Gmunden liegenden Wohnort zu ladenden Zeugen. Er beantragt die Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen nach § 31 JN an das Bezirksgericht Gmunden, welche zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit sowie zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen würden.
[2] Die Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus; sie sei Konsumentin und wohne ebenso wie die von ihr noch namhaft zu machenden Zeugen in Wien.
[3] Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien verwies darauf, dass die Zweckmäßigkeit einer Delegierung nicht eindeutig zu bejahen sei.
Rechtliche Beurteilung
[4] Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
[5] 1.1. Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen – wie hier – sind dem Obersten Gerichtshof vorbehalten (§ 31 Abs 2 JN).
[6] 1.2. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Verfahrens, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Kostenersparnis beitragen kann (RS0053169; RS0046333). Dabei ist zu beachten, dass die Delegierung der Ausnahmefall ist und nicht durch eine allzu großzügige Handhabung zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen darf. Gegen den Willen der anderen Partei darf die Delegierung daher nur ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RS0046589; RS0046324; RS0046455).
[7] 2. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Während der Kläger außer der Wiedergabe eines Judikaturstehsatzes keine weiteren Argumente für seinen Standpunkt vorträgt, verweisen die beklagte Konsumentin und ihr folgend das Erstgericht darauf, dass sie und von ihr zu beantragende Zeugen in Wien wohnen würden. Es kann daher keine Rede davon sein, dass angesichts des Wohnorts bzw Sitzes der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen (RS0046540; RS0053169 [T12]) das Beweisverfahren oder ein maßgeblicher Teil davon leichter und unmittelbarer (vgl RS0046333 [T3]) vor dem Bezirksgericht Gmunden durchgeführt werden könnte. Die Frage der Zweckmäßigkeit der Delegierung ist damit hier nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens zu beantworten, sodass es beim Regelfall der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zu bleiben hat.
[8] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO.
[9] Der erfolglose Delegierungswerber hat der Beklagten die notwendigen Kosten ihrer ablehnenden Äußerung zum Delegierungsantrag unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu ersetzen (RS0036025).
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