European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00008.17Y.0126.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Der klagende Verein betreibt ein Luftfahrtunternehmen, das ua Interhospitaltransporte, also Flüge zur Beförderung von bereits ärztlich versorgten, schwerkranken oder schwerverletzten Personen oder von Notfallpatienten von einer Krankenanstalt in eine andere durchführt.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Begehren auf Zahlung von insgesamt 296.546,69 EUR sA für über Auftrag der beklagten Partei durchgeführte Ambulanzflüge.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil über Berufung der klagenden Partei im Sinn einer gänzlichen Klagestattgebung ab und sprach aus, dass die Revision jedenfalls unzulässig sei. Den eingeklagten Rechnungen, die jeweils den Betrag von 5.000 EUR nicht überschritten, lägen jeweils gesonderte Transportleistungen zugrunde.
Die beklagte Partei erhob gegen dieses Urteil Revision; ihr aus Anlass der Revision beim Verfassungsgerichtshof gestellter Antrag auf Normenkontrolle gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B‑VG, gerichtet gegen § 10 Abs 1 Tiroler Rettungsdienstegesetz 2009, wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 13. Dezember 2016, GZ G 395/2016‑5, als unzulässig zurückgewiesen.
Zur Statthaftigkeit der Revision führt die beklagte Partei aus, es liege zwar zwischen den „Interhospitaltransporten“ kein tatsächlicher, wohl aber ein rechtlicher Zusammenhang vor, weil die Ambulanzflüge jeweils von der ersten Nebenintervenientin über Veranlassung der beklagten Partei angefordert worden seien und die jeweils beförderten Patienten einen Behandlungsvertrag mit der beklagten Partei geschlossen hätten.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht statthaft.
1.
Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand – und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts –, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie auch für das Rechtsmittelverfahren (§ 55 Abs 4 JN) getrennt zu behandeln (RIS‑Justiz
RS0053096). Gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN
sind die Werte mehrerer in einer Klage von einer einzelnen oder gegen eine einzelne Person geltend gemachter Ansprüche zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Ob zwischen mehreren Forderungen ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang iSd § 55 Abs 1 JN besteht, ist allein aufgrund des Vorbringens des Klägers zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0042741 [T7, T12, T22]; RS0106759 [T1]).
2. Ein
tatsächlicher Zusammenhang ist dann zu bejahen, wenn alle Klageansprüche aus demselben Klagesachverhalt abzuleiten sind. Dies ist dann der Fall, wenn das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne dass noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (RIS‑Justiz RS0042766). Von einem solchen tatsächlichen Zusammenhang geht auch die beklagte Partei zutreffend nicht aus: Die in Rechnung gestellten Transportaufträge betrafen unterschiedliche Patienten, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten befördert wurden.
3. In rechtlichem Zusammenhang stehen Ansprüche dann, wenn sie aus einer Gesetzesvorschrift oder aus einem einheitlichen Rechtsgeschäft, wie etwa aus einem einheitlichen Liefervertrag, abgeleitet werden (RIS‑Justiz RS0037648 [T2]).
Der
tatsächliche oder rechtliche
Zusammenhang wird nicht allein durch den Umstand hergestellt, dass es sich um gleichartige Leistungen des Anspruchsberechtigten oder um gleichartige Verträge handelt (RIS‑Justiz
RS0110872 [T4, T7]).
4. Die klagende Partei stützte sich ausdrücklich auf jeweils von der beklagten Partei erteilte Transportaufträge. Dass die Anforderung der Transporte jeweils durch die erste Nebenintervenientin erfolgte, begründet noch keinen rechtlichen Zusammenhang zwischen den einzelnen Transportaufträgen: Nach den maßgeblichen Klageangaben kam der ersten Nebenintervenientin nur die Anforderung der einzelnen Rettungsflüge zu; Auftraggeberin der Rettungsflüge war die beklagte Partei. Der Umstand, dass die beklagte Partei mit den beförderten Patienten einen Behandlungsvertrag geschlossen hatte, kann den von der Revision gewünschten rechtlichen Zusammenhang schon deshalb nicht begründen, weil auch diese Verträge der beklagten Partei mit den beförderten Patienten nicht in einem rechtlichen Zusammenhang stehen.
5. Nach dem Vorbringen der klagenden Partei liegen somit zahlreiche einzelne Transportaufträge vor, die weder in einem tatsächlichen noch in einem rechtlichen Zusammenhang stehen (vgl 7 Ob 125/14d).
6. Die Revision ist daher zurückzuweisen, weil keine der eingeklagten Rechnungsbeträge 5.000 EUR übersteigt.
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