OGH 3Ob74/90

OGH3Ob74/9029.8.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Kellner und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***, T*** G***

W*** m.b.H., Innsbruck, Südtirolerplatz 6-8,

vertreten durch DDr. Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dipl.Ing. Günther F***, HTL-Professor, Innsbruck, Schützenstraße 46 g, vertreten durch Dr. Erhard Ebner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Einwendungen gegen eine Exekution zur Erwirkung einer Rechnungslegung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 3.Oktober 1989, GZ 3 a R 392/89-16, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 5.Juni 1989, GZ 20 C 12/89-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Die klagende Partei hat eine Wohnungsanlage errichtet und zur Finanzierung der Baukosten ein Wohnbauförderungsdarlehen und ein Bankdarlehen aufgenommen. Der Beklagte hat eine Wohnung gekauft und in Anrechnung auf den Kaufpreis im Innenverhältnis einen anteilsmäßigen Betrag dieser Darlehen zur Rückzahlung übernommen, er haftete aber den Kreditgebern gegenüber für das Gesamtdarlehen. Gemäß einem Sachbeschluß aus dem Jahr 1983 wurde die klagende Partei als Verwalter gemäß § 17 WEG verpflichtet, der beklagten Partei ordentliche Rechnungen über die Hypothekentilgung für die Jahre 1975 bis 1981 zu legen. Die beklagte Partei führt zur Erzwingung dieser Verpflichtung Exekution. Bisher erhobene Oppositionsklagen der klagenden Partei, in denen sie jeweils die volle Erfüllung der Rechnungslegungspflicht geltend machte, blieben erfolglos, weil die klagende Partei zwar über alle dem Beklagten vorgeschriebenen und von ihm geleisteten Rückzahlungen der Annuitäten der Globaldarlehen Rechnung legte, nicht aber die einzelnen Daten und Belege über die Hypothekenrückzahlungen der übrigen Miteigentümer zur Verfügung stellte, was jedoch in den Vorentscheidungen als Bestandteil der Rechnungslegungspflicht

erklärt wurde (3 Ob 20/86 = MietSlg 38.640 = ImmZ 1987, 57;

5 Ob 77/87 = WOBl 1988, 146; 3 Ob 186/88).

In ihrer neuerlich eingebrachten Oppositionsklage behauptet die klagende Partei unter anderem, die Exekutionsführung sei nachträglich schikanös geworden, weil der Beklagte inzwischen wegen vorzeitiger begünstigter Rückzahlung der ihn treffenden Anteile aus der Mithaftung für das Gesamtdarlehen entlassen worden sei und sich schon aus der bisher vorgelegten Rechnung ergebe, daß er nie zur Abdeckung offener Raten anderer Miteigentümer in Anspruch genommen worden sei. Die klagende Partei führe nicht mehr die Verwaltung und könne die für den Beklagten nicht mehr bedeutungsvolle Abrechnung nur unter größten Schwierigkeiten und Kosten erstellen. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Die Vorinstanzen trafen über die Behauptungen der klagenden Partei keine weiteren Tatsachenfeststellungen, weil sich schon aus dem Vorbringen der klagenden Partei ergebe, daß keine Schikane vorliege. Eine vollständige Abrechnung liege nur vor, wenn auch für alle übrigen Miteigentümer, zB über allfällige vorzeitige Rückzahlungen, Auskunft gegeben werde. Nur durch die Vorlage einer Globalabrechnung könne der Beklagte die Richtigkeit der Behauptung der klagenden Partei überprüfen, daß er immer nur für die auf ihn entfallenden Raten in Anspruch genommen worden sei. Der Beklagte müsse auch prüfen können, woher die klagende Partei die Gelder zur Abdeckung der Annuitäten genommen habe, wenn noch einzelne Miteigentümer säumig gewesen seien, ob alle Gelder ordnungsgemäß weitergeleitet worden seien und ob an den Beklagten gerichtete Vorschreibungen richtig gewesen seien. Erst seit dem von der klagenden Partei für das Jahr 1985 behaupteten Wegfall der Mithaftung des Beklagten bestehe für die beklagte Partei kein Rechnungslegungsanspruch, nicht aber für die früheren Jahre. Hier stehe der beklagten Partei immer noch das Recht zu, zu erfahren, ob der Verwalter redlich vorgegangen sei oder vielleicht zivilrechtliche Ersatzansprüche bestünden. Die hohen Kosten einer ordnungsgemäßen Abrechnung seien durch die frühere Säumigkeit der klagenden Partei verursacht, sodaß sie nicht zum Wegfall der Rechnungslegungsverpflichtung führen könnten.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt..

Wie der Oberste Gerichtshof schon bei Erledigung des Aufschiebungsantrages zu 3 Ob 7/90, welche Entscheidung erst nach der Entscheidung des Berufungsgerichtes erging, ausgeführt hat, ist die vorliegende Oppositionsklage nicht unschlüssig oder mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos. Wenn die Behauptungen der klagenden Partei zuträfen, läge in der Fortsetzung der Exekution eine mißbräuchliche Rechtsausübung, weil zwischen den von der beklagten Partei verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen der klagenden Partei ein krasses Mißverhältnis bestünde und neben der Schädigung der klagenden Partei andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund träten (siehe die einzelnen Nachweise in 3 Ob 7/90).

Diese Voraussetzungen könnten im vorliegenden Fall gegeben sein, wenn feststünde, daß die beklagte Partei aus der früheren Mithaftung für das Globaldarlehen entlassen wurde, daß die klagende Partei nicht mehr Verwalter ist, daß sich schon aus den bisher ermittelten Abrechnungen ergäbe, daß die beklagte Partei immer nur für die auf sie selbst entfallenden Annuitäten in Anspruch genommen wurde und nie Zinsenzahlungen an die klagende Partei für von dieser für andere Miteigentümer vorgestreckte Beträge leisten mußte, wenn auch für die Zukunft solche Nachzahlungen nicht in Betracht kämen und wenn die Erstellung der noch fehlenden Abrechnungen über die einzelnen

Zahlungen der übrigen Miteigentümer mit ungewöhnlich hohen Mühen und Kosten verbunden wäre. Dann stünde zwar der beklagten Partei immer noch die Judikatsforderung nach einer Abrechnung auch für die Zahlungen aller übrigen Miteigentümer zu, aber die Ausübung dieses Rechtes wäre mißbräuchlich, weil die Erfüllung der Abrechnung nur mehr die buchstabengetreue Nachholung einer früher einmal versäumten gesetzlichen Pflicht wäre, die für den Beklagten keine besondere wirtschaftliche Bedeutung mehr haben könnte, während damit für die früher allerdings saumselige klagende Partei ein erheblicher Schaden aus den mit einer solchen Abrechnung verbundenen Mühen und Kosten erwüchse.

Die Sache ist damit noch nicht spruchreif, sondern es sind vor allem zu folgenden Tatfragen Feststellungen zu treffen:

1. Wurde die beklagte Partei aus der Mithaftung für die Gesamtdarlehen endgültig entlassen? Festgestellt wurde bisher nur, daß auf dem Anteil der beklagten Partei das entsprechende Pfandrecht gelöscht wurde. Es müßte aber auch geprüft werden, ob eine solche Mithaftung auch obligatorisch endgültig aufgehoben wurde, ob also in Zukunft noch Kapital- oder Zinsennachforderungen in Betracht kommen könnten.

2. Welche Abrechnungsdaten hat die klagende Partei der beklagten Partei bisher zur Verfügung gestellt? Aus welchen Daten und Belegen ergibt sich, daß der beklagten Partei stets nur die anteiligen Kapitaltilgungen und Zinsenzahlungen, nie jedoch Zinsenzahlungen für eine vielleicht nur durch Säumigkeit anderer Miteigentümer entstandenen Mehraufwand an Zinsen vorgeschrieben wurden? Woraus ergibt sich, daß die klagende Partei die Annuitäten zu dem Gesamtdarlehen stets pünktlich entrichtet hat und für Rückstände anderer Miteigentümer spesenfrei selbst in Vorlage getreten ist, sodaß sie auf die den Beklagten treffenden Zahlungspflichten keinen Einfluß haben konnten?

  1. 3. Wann endete die Verwalterstellung der klagenden Partei?
  2. 4. Mit welchen Mühen und Kosten wäre die Erstellung einer Abrechnung über die von den einzelnen Miteigentümern in den einzelnen Jahren geleisteten Rückzahlungen verbunden? Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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