OGH 3Ob186/88

OGH3Ob186/8825.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei Dipl.Ing. Günther F***, Professor einer HTL, Innsbruck, Schützenstraße 46 g, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die verpflichtete Partei W***, Tiroler Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft m.b.H., Innsbruck, Südtiroler Platz 6-8, vertreten durch DDr. Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Erwirkung einer Rechnungslegung, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 23.September 1988, GZ 2 a R 424/88-46, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 8.August 1988, GZ 7 d E 8096/84-41, teils abgeändert, teils aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Sachbeschluß des Erstgerichtes vom 24.Jänner 1983, Msch 59/82-6, bestätigt mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 16.Juni 1983, 3 R 534/83-10, wurde der verpflichteten Partei aufgetragen, binnen vierzehn Tagen der betreibenden Partei ordentliche Rechnungen betreffend die Hypothekentilgung für die Kalenderjahre 1975 bis 1981 zu legen. In ihrem Exekutionsantrag vom 18.Juli 1983 behauptete die betreibende Partei, die mit Schreiben der verpflichteten Partei vom 13. Juli 1983 übermittelten Darlehensabrechnungen seien unzureichend. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 4.August 1983 wurde der betreibenden Partei zur Erzwingung dieser Rechnungslegung die Exekution nach § 354 EO bewilligt und die Vorlage der Abrechnung binnen vierzehn Tagen aufgetragen, widrigens eine Geldstrafe von 5.000 S verhängt würde. Ein Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß wurde als unzulässig zurückgewiesen, ebenso ein Rekurs der verpflichteten Partei gegen diesen Zurückweisungsbeschluß.

Mit Antrag vom 18.Juli 1984 behauptete die betreibende Partei, die verpflichtete Partei habe die geforderten jährlichen Abrechnungen immer noch nicht ausgefolgt. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 24.Juli 1984 wurde eine Geldstrafe von 5.000 S verhängt und der verpflichteten Partei die Vorlage der Abrechnung binnen vierzehn Tagen aufgetragen, widrigens eine Geldstrafe von 20.000 S verhängt würde. Dem Rekurs der verpflichteten Partei gegen diesen Vollzugsbeschluß wurde nicht Folge gegeben.

Mit Antrag vom 28.September 1984 behauptete die betreibende Partei, die verpflichtete Partei habe die geforderten jährlichen Abrechnungen immer noch nicht ausgefolgt. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 1.Oktober 1984 wurde eine Geldstrafe von 20.000 S verhängt, zur Erfüllung der betriebenen Forderung eine Frist von vierzehn Tagen gesetzt und für den Fall der Nichterfüllung eine Geldstrafe von 50.000 S angedroht.

Mit Antrag vom 2.November 1984 behauptete die betreibende Partei, die verpflichtete Partei habe immer noch nicht erfüllt. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 16.November 1984 wurde gegen die verpflichtete Partei eine Geldstrafe von 50.000 S verhängt und ihr für den Fall der Nichterfüllung binnen vierzehn Tagen eine Haftstrafe von zwei Wochen angedroht. Dieser Vollzugsbeschluß wurde der verpflichteten Partei am 14.Dezember 1984 zugestellt. Am 18.Dezember 1984 langte beim Erstgericht die Oppositionsklage 7 C 70/84 ein, in welcher die verpflichtete Partei unter Hinweis auf die von ihr vorgelegten Unterlagen den Rechtsstandpunkt vertrat, sie habe die im Exekutionstitel auferlegten Verpflichtungen erfüllt. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 20.Dezember 1984 wurde das Exekutionsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diese Oppositionsklage aufgeschoben. Ein Antrag der betreibenden Partei vom 2.Jänner 1985, die angedrohte Haftstrafe von zwei Wochen zu verhängen und eine Haft von vier Wochen anzudrohen, wurde vom Erstgericht mit Beschluß vom 22.August 1986 abgewiesen, obwohl in der Zwischenzeit das im Oppositionsprozeß ergangene klagsabweisende Urteil aktenkundig in Rechtskraft erwachsen war (Zurückweisung der Revision der verpflichteten Partei gemäß Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 2.Juli 1986, 3 Ob 20/86, der verpflichteten Partei zugestellt am 21.August 1986).

Am 1.Oktober 1986 langte beim Erstgericht die weitere Oppositionsklage 20 C 76/86 ein, in welcher die verpflichtete Partei geltend machte, sie habe nach Zustellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes 3 Ob 20/86 mit Schreiben vom 1.September 1986 die fehlende Abrechnung übermittelt. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 13.November 1986 (fälschlich nicht im Exekutionsverfahren ergangen, sondern in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung über die Oppositionsklage erlassen) wurde das Exekutionsverfahren neuerlich, nämlich bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die neue Oppositionsklage, aufgeschoben.

Schon mit Antrag vom 3.November 1986 hatte jedoch die betreibende`r`dtei behauptet, die verpflichtete Partei habe zwar nach der Erledigung des Oppositionsprozesses 7 C 70/84 zusätzliche Unterlagen übermittelt, diese seien aber immer noch unzureichend, sodaß die mit Beschluß vom 16.November 1984 gesetzte Vierzehntagefrist erneut fruchtlos abgelaufen sei; sie beantragte daher, die angedrohte Haftstrafe von zwei Wochen zu vollziehen. Über diesen Antrag entschied das Erstgericht infolge der bewilligten Aufschiebung zunächst nicht.

Nach rechtskräftiger Abweisung des Klagebegehrens auch im zweiten Oppositionsprozeß 20 C 76/86 (Zustellung des Urteiles des Obersten Gerichtshofes vom 21.Juni 1988, 5 Ob 77/87, an die verpflichtete Partei am 22.Juli 1988) beantragte die betreibende Partei mit Fortsetzungsantrag vom 26.Juli 1988, beim Erstgericht eingelangt am 27.Juli 1988, unter Hinweis auf die rechtskräftige Erledigung des Oppositionsprozesses die Wiederaufnahme des Exekutionsverfahrens und die Vollziehung der beantragten Haftstrafe. Das Erstgericht wies die Anträge der betreibenden Partei vom 3. November 1986 und 26.Juli 1988 als jeweils verfrüht ab, weil die Leistungsfristen jeweils wegen der Aufschiebung des Exekutionsverfahrens gehemmt gewesen seien und mit Zustellung der Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes erst erneut zu laufen begonnen hätten. Der Antrag vom 26.Juli 1988 enthalte überdies keine konkreten Behauptungen über ein Zuwiderhandeln der verpflichteten Partei.

Das Gericht zweiter Instanz hob den Beschluß des Erstgerichtes betreffend den Antrag vom 3.November 1986 mit dem Auftrag zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf, wobei in der Begründung zum Ausdruck gebracht wurde, daß damit der Beschluß des Erstgerichtes geändert werden sollte. Den Beschluß des Erstgerichtes über den Antrag vom 26.Juli 1988, womit die Fortsetzung des Exekutionsverfahrens verweigert worden sei, hob das Rekursgericht mit dem Auftrag zur Fortsetzung des Exekutionsverfahrens auf. Es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteigt und das Verfahren in erster Instanz erst nach eingetretener Rechtskraft des Beschlusses fortzusetzen sei. Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß der Fortsetzungsantrag vom 26.Juli 1988 nicht als neuer Vollzugsantrag anzusehen sei. Ein solcher Fortsetzungsantrag müsse nicht den gleichen Inhalt wie ein Vollzugsantrag aufweisen, sondern könne gestellt werden, sobald die Rechtskraft des Rechtsstreites eingetreten sei, bis zu der das Exekutionsverfahren aufgeschoben worden sei. Über den Vollzugsantrag vom 3.November 1986 könne aber noch nicht entschieden werden, weil der maßgebliche Sachverhalt im Sinne des § 361 EO noch nicht bewiesen sei. Ob infolge der Aufschiebung des Exekutionsverfahrens eine noch nicht abgelaufene Leistungsfrist unterbrochen oder nur gehemmt werde, müsse nicht untersucht werden, weil im Zeitpunkt der Bewilligung der Aufschiebung die vierzehntägige Leistungsfrist laut dem Vollzugsbeschluß vom 16.November 1984 selbst dann abgelaufen gewesen wäre, wenn diese nach Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 3 Ob 20/86 (= erster Oppositionsprozeß) voll neu zu laufen begonnen hätte. Der Vollzugsantrag vom 3.November 1986 sei daher nicht verfrüht gestellt worden. Ob er berechtigt sei, könne aber noch nicht beurteilt werden, weil es möglich sei, daß die verpflichtete Partei in der Zwischenzeit erfüllt habe. Wegen des Beugecharakters der zu verhängenden Haftstrafe komme es nämlich hier nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Vollzugsantrag an.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der verpflichteten Partei ist nicht berechtigt. Einige Argumente der Rekurswerberin vernachlässigen den Umstand, daß im vorliegenden Fall nicht eine Exekution nach § 355 EO, sondern eine solche nach § 354 EO vorliegt. Bei der Unterlassungsexekution steht nach dem Exekutionstitel im allgemeinen nur fest, daß der Verpflichtete etwas zu unterlassen hat; die Möglichkeiten eines Verstoßes sind jedoch vielfältig, die betreibende Partei muß daher im Strafvollzugsantrag (seit der UWG-Novelle 1980 auch schon im Exekutionsantrag) einen konkreten Verstoß darstellen. Bei der Exekution nach § 354 EO ist hingegen die Leistung im Exekutionstitel genau umschrieben. Hier genügt auch für den Vollzugsantrag die Behauptung der betreibenden Partei, die Leistung sei nicht erbracht worden.

Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, daß sowohl der Vollzugsantrag vom 3.November 1986 als auch der im Fortsetzungsantrag vom 26.Juli 1988 allenfalls wiederholte Vollzugsantrag ausreichend waren.

Die Aufschiebung einer Exekution nach § 354 EO bewirkt, daß eine noch nicht abgelaufene Beugefrist nicht weiterläuft. Wenn jedoch im Zeitpunkt der Bewilligung der Aufschiebung diese Frist schon abgelaufen war, beseitigt die Aufschiebung nicht das Recht der betreibenden Partei, auf Grund des ergebnislosen Ablaufes der Leistungsfrist ein neues Beugemittel zu beantragen; nur die Entscheidung über einen solchen Antrag bleibt wiederum aufgeschoben. Die erste Aufschiebung erfolgte während des Laufes der mit Beschluß vom 16.November 1984 gesetzten Leistungsfrist, sodaß diese erst nach Beendigung der ersten Aufschiebung (21.August 1986) ablaufen konnte, aber jedenfalls abgelaufen war, als der Vollzugsantrag der betreibenden Partei vom 3.November 1986 gestellt wurde. Die verpflichtete Partei hatte zwar schon vor diesem Zeitpunkt die zweite Aufschiebung beantragt, über diese wurde aber erst mit Beschluß vom 13.November 1986 entschieden. Sobald daher die zweite Aufschiebung beendet war, mußte die betreibende Partei nur mehr die Fortsetzung des Verfahrens und die Entscheidung über ihren Vollzugsantrag vom 3.November 1986 beantragen. Wie schon das Gericht zweiter Instanz ausführte, kann es offenbleiben, ob der Fortsetzungsantrag einen neuerlichen Vollzugsantrag darstellte. Gemäß § 361 EO idF der UWG-Novelle 1980 darf aber die Haft nur verhängt werden, wenn der maßgebliche Sachverhalt iSd § 55 Abs 2 EO bewiesen ist. Ob dieser Beweis schon im Vollzugsantrag vorzulegen ist oder die Beweismittel angeboten werden müssen, oder ob auch eine Aufforderung zur Beibringung von Beweisen iSd § 55 Abs 2 EO möglich ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben; denn infolge des Ausganges des Oppositionsprozesses ist ohnedies davon auszugehen, daß die verpflichtete Partei durch ihre bis dahin vorgelegten Abrechnungen den betriebenen Anspruch noch nicht erfüllt hat.

Gemäß § 358 EO kann jedoch vor der Entscheidung die Einvernehmung der verpflichteten Partei stattfinden, die sich wegen der Bestimmung des § 361 EO hier auch auf die Frage beziehen kann, ob der von der betreibenden Partei behauptete Sachverhalt bewiesen sei. Wenn das Gericht zweiter Instanz in diesem Zusammenhang, vor allem wegen einer zwischenzeitig möglichen Vorlage weiterer Abrechnungsunterlagen, eine Ergänzung der Sachverhaltsgrundlage durch Vernehmung der verpflichteten Partei als zweckmäßig erachtet, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten. Schon aus diesem Grund ist daher der Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz zu bestätigen. Zur Vermeidung weiterer Verzögerungen wäre es angebracht, daß die Parteien diejenigen allenfalls in der Zwischenzeit neuen Rechnungslegungsakte der verpflichteten Partei, von denen die betreibende Partei meint, sie seien unzureichend, während die verpflichtete Partei meint, sie müßten genügen, vollständig zum Akt geben. Diese Urkunden wären zu prüfen, ob sie eine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne des Exekutionstitels darstellen, nicht jedoch, ob materiell eine richtige Abrechnung vorliegt (Heller-Berger-Stix 2567; RPfl Slg E 1983/27). Über den Umfang der Rechnungslegungspflicht im vorliegenden Streitfall gibt vor allem das Urteil des Obersten Gerichtshofes 5 Ob 77/87 Aufschluß. Es muß sich um eine klare, leicht übersichtliche Abrechnung handeln (Bezeichnung der einzelnen Belege, sodaß ihre Einordnung in die Abrechnung gefördert wird), es sind die nötigen Additionen für jedes Jahr vorzunehmen und vor allem sind alle laufenden Zahlungen im Rahmen der Tilgung der Gesamtdarlehen anzuführen, für die auch der Anteil der betreibenden Partei belastet ist (also nicht nur die Zahlungen der betreibenden Partei). Während die Lösung der reinen Rechtsfrage, ob diesen Erfordernissen schon in der Vergangenheit Genüge getan wurde, gar keinen Oppositionsprozeß erfordert hätte, sondern im Wege eines Einstellungsantrages nach § 40 EO möglich gewesen wäre (vgl RPfl Slg E 1983, 127), hätte dieselbe Prüfung im Rahmen des Exekutionsverfahrens jetzt zu geschehen, um gegen allfällige weitere (neue) Rechnungslegungsakte den Beweis der fortlaufenden Säumigkeit der verpflichteten Partei zu erbringen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78 EO und 40 und 50 ZPO.

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