Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung
Der Hälfteanteil des Verpflichteten an der im Sprengel des Bezirksgerichts Villach gelegenen Liegenschaft wurde dem Ersteher vorbehaltlich der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde zugeschlagen. Mit Punkt 2.) seines Beschlusses vom 30. Oktober 2007 erteilte das Erstgericht dem Ersteher den Auftrag, die Meistbotsraten auf ein bestimmtes zugunsten des Gerichts eröffnetes Konto zu erlegen.
Am 16. November 2007 langte beim Erstgericht ein in slowenischer Sprache abgefasstes Schreiben des Erstehers ein, welches der Erstrichter von Amts wegen ins Deutsche übersetzen ließ. Der Ersteher bestätigte danach den Erhalt „Ihres Schreibens vom 30. Oktober 2007" und beantragte dieses Schreiben und alle weiteren Schriftstücke gemäß § 7 Abs 3 Österreichischer Staatsvertrag in slowenischer Sprache zu übermitteln.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Die Amtssprache vor dem Bezirksgericht Villach sei ausschließlich Deutsch. Die Regelung in der AmtssprachenV BGBl 307/1977, wonach die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache vor den Bezirksgerichten Ferlach, Eisenkappel und Bleiburg zugelassen sei, sei eine abschließende Regelung für die Bezirksgerichte. Die Nichtzulassung der slowenischen Sprache als Amtssprache vor dem Bezirksgericht Villach stehe - wie sich aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom 16. Dezember 2004, B 484/03, ergebe - im Einklang mit Art 7 Abs 3 des Staatsvertrags von Wien 1955. Aufgrund des geringen Anteils slowenisch Sprechender im Sprengel des Bezirksgerichts Villach sei dieser Gerichtsbezirk - ebenso wie der vom VfGH beurteilte Sprengel des Bezirksgerichts Klagenfurt - kein Gerichtsbezirk mit „gemischter Bevölkerung" im Sinn der Bestimmung des genannten Staatsvertrags.
Aus dem Umstand, dass die Amtssprache vor dem Bezirksgericht Villach lediglich Deutsch sei, folge, dass Eingaben, wenn sie in slowenischer Sprache verfasst würden, durch Beibringung einer deutschen Übersetzung verbessert werden müssten. Ein Verbesserungsverfahren habe aber dann nicht mehr zu erfolgen, wenn der Antragsteller vom Formgebrechen Kenntnis habe und die Eingabe trotzdem mit diesem Mangel einbringe. Es müssten daher künftige Eingaben, wenn diese nicht in der deutschen Amtssprache erfolgten, wegen des Formgebrechens zurückgewiesen werden.
Das Rekursgericht wies den vom Ersteher mit dem Ziel, den erstgerichtlichen Beschluss im Sinne der Antragstattgebung abzuändern, erhobenen Rekurs zurück. Voraussetzung für jedes Rechtsmittel sei eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers. Diese liege vor, wenn die (materielle oder prozessuale) Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung beeinträchtigt werde, diese also für ihn ungünstig ausfalle. Die formelle Beschwer reiche nicht immer aus. Widerspreche die angefochtene Entscheidung dem vom Rechtsmittelwerber in der Vorinstanz gestellten Antrag, dann sei sein Rechtsmittel dennoch zurückzuweisen, wenn die Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung nicht beeinträchtigt werde. Durch die Aussprüche des Erstgerichts werde die Rechtsstellung des Erstehers im vorliegenden Exekutionsverfahren nicht beeinträchtigt: Die Anordnung, der Ersteher habe die Meistbotsraten auf ein bestimmtes zugunsten des Gerichts geführtes Bankkonto zu erlegen, bilde eine verfahrensleitende Verfügung, welche - abweichend vom § 152 Abs 1 EO - die technische Abwicklung des Verfahrens zum Erlag des Meistbots für das Gericht erleichtern solle. Die Zustellung sei ohne Zustellnachweis verfügt worden, worin sich ebenfalls ausdrücke, dass das Erstgericht lediglich eine verfahrensleitende Verständigung des Erstehers vornehmen habe wollen. Selbst wenn der Ersteher diese Verständigung nicht erhalten oder verstanden hätte, hätte dies auf seine Rechtsstellung keinen weiteren Einfluss, maßgeblich sei nur der gesetzmäßige Erlag der Meistbotsraten. Es bringe für den Ersteher keinen prozessualen oder materiell-rechtlichen Nachteil, wenn ihm die Aufforderung nicht in slowenischer Sprache zugestellt werde.
Das selbe gelte auch für die Abweisung in Ansehung „aller weiteren Schriftstücke", zumal derzeit noch gar nicht feststehe, um welche Art von gerichtlichen Äußerungen es sich handeln werde. Auch hier fehle eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Erstehers im weiteren Verfahren. Allein aus den Gründen einer Entscheidung könne eine Beschwer nicht abgeleitet werden. Deshalb sei der Rekurswerber durch die in der Begründung der angefochtenen erstgerichtlichen Entscheidung enthaltene Ankündigung nicht beschwert, es würden bestimmte künftige Eingaben wegen Formgebrechens zurückgewiesen werden.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob das Recht auf Verwendung der slowenischen Sprache als Amtssprache beim Bezirksgericht Villach eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers begründen könne.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionrekurs des Erstehers, mit dem er die Aufhebung des angefochtenen Zurückweisungsbeschlusses und den Auftrag an das Rekursgericht, den Rekurs meritorisch zu behandeln, anstrebt, ist zulässig und berechtigt.
a) Voraussetzung für die Zulässigkeit jeden Rechtsmittels ist, dass der Rechtsmittelwerber nicht nur formell infolge Abweichens der Entscheidung von seinem Antrag, sondern auch materiell beschwert ist.
Eine Beschwer liegt dann vor, wenn der Rechtsmittelwerber in seinem
Rechtsschutzbegehren durch die angefochtene Entscheidung
beeinträchtigt wird, er also ein Bedürfnis auf Rechtsschutz gegenüber
der angefochtenen Entscheidung hat. Materielle Beschwer bedeutet,
dass derjenige ein Rechtsmittel erheben kann, der behauptet, dass
seine rechtlich geschützten Interessen durch den angefochtenen
Beschluss unmittelbar beeinträchtigt werden, das heißt, in dessen
Rechtssphäre nachteilig eingegriffen wird (8 Ob 32/04w; RIS-Justiz
RS0118925). Die Beschwer kann auch durch mögliche
verfahrensrechtliche Nachteile begründet werden (7 Ob 506/84 = EvBl
1984/84 = RZ 1985/22).
Ungeachtet der inhaltlich bloß als verfahrensleitende Verfügung anzusehenden Anordnung, die Meistbotsraten auf ein bestimmtes zugunsten des Gerichts eröffnetes Konto zu bezahlen, muss davon ausgegangen werden, dass der Antragstellers, der die Übersetzung gerichtlicher Beschlüsse und Verständigungen in eine bestimmte Sprache beantragt und sich hiebei auf verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte beruft (nach dem Staatsvertrag von Wien 1955 [StV 1955] geschützte Volksgruppenrechte) in seiner verfahrensrechtlichen Stellung beeinträchtigt wird, wenn dieser Antrag abgewiesen wird. Er ist durch die erstgerichtliche Entscheidung daher materiell beschwert und sein dagegen erhobener Rekurs war entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Auffassung zulässig.
b) Hat das Gericht zweiter Instanz einen Rekurs aus formellen Gründen zurückgewiesen, dann kann der Oberste Gerichtshof infolge dagegen erhobenen Rechtsmittels im Hinblick auf § 3 JN nicht in der Sache selbst entscheiden (stRsp, vgl zuletzt 5 Ob 224/06m; RIS-Justiz RS0007037), es sei denn, dass die formelle Zurückweisung und die sachliche Abweisung inhaltlich übereinstimmen oder wenn das Rekursgericht trotz formeller Ablehnung einer Entscheidung in den Gründen die Sache meritorisch behandelt hat (E. Kodek in Rechberger3 § 526 ZPO Rz 1; Zechner in Fasching2 § 526 ZPO Rz 21, je mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier ebensowenig vor wie der behauptete Ausnahmefall im Provisorialverfahren (E. Kodek aaO). Damit erweist sich eine Zurückverweisung in die zweite Instanz als unumgänglich und ein Eingehen auf die Sache in merito als verfrüht.
c) Dennoch ist noch Folgendes klarzustellen:
Der im Verfassungsrang stehende erste Satz des Art 7 Z 3 des StV 1955 sieht vor, dass in den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen wird. Nach § 2 Abs 1 des VolksgruppenG BGBl 396/1976 idgF sind durch Verordnungen der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung festzulegen, ... 3. Die Behörden und Dienststellen, bei denen zusätzlich zur deutschen Amtssprache die Verwendung der Sprache einer Volksgruppe zugelassen wird, wobei jedoch das Recht der Verwendung dieser Sprache auf bestimmte Personen oder Angelegenheiten beschränkt werden kann. Aufgrund dieses Gesetzes wurde erlassen die Verordnung der Bundesregierung vom 31. Mai 1977 über die Bestimmung der Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen, vor denen die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen wird, BGBl 307/1977 idF BGB II 428/2000 (V über das Slowenische als Amtssprache, auch AmtssprachenV). § 3 dieser AmtssprachenV lautet:
(1) Die slowenische Sprache wird zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache für Personen (§ 1), die in einer der im § 2 genannten Gemeinden wohnhaft sind, zugelassen vor:
- 1. den Bezirksgerichten Ferlach, Eisenkappel und Bleiburg.
- 2. den Bezirkshauptmannschaften ...
§ 3 Abs 1 Z 1 der AmtssprachenV stellt eine abschließende Regelung der Zulassung der slowenischen Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache vor den Bezirksgerichten im Bundesland Kärnten dar. Demgemäß schließt diese Bestimmung, insofern sie eine derartige Amtssprachenregelung auf die Bezirksgerichte Ferlach, Eisenkappel und Bleiburg beschränkt, die Zulassung der slowenischen zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache vor anderen Kärntner Bezirksgerichten aus (VfGH B 484/03 = VfSlg 17.425 mwN zum Bezirksgericht Klagenfurt).
Der Wohnort des Rechtsmittelwerbers in Rosenbach liegt im Gemeindegebiet der Marktgemeinde St. Jakob im Rosental. Gemäß § 2 Abs 2 AmtssprachenV, ist die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache ferner vor den Gemeindebehörden und Gemeindedienststellen folgender Gemeinden zugelassen: 1. im politischen Bezirk Villach Land: Rosegg und St. Jakob im Rosental. Das Bezirksgericht Rosegg ist in der AmtssprachenV nicht genannt und konnte auch nicht genannt sein, war es doch zeitlich vor der Erlassung der AmtssprachenV bereits mit V der Bundesregierung vom 11. Jänner 1977 über die Auflassung einer Reihe von Bezirksgerichten in Kärnten BGBl 37/1977 (ausgegeben am 1. Februar 1977) - in Abänderung der V der Bundesregierung vom 20. November 1972 über die Sprengel der in Kärnten gelegenen Bezirksgerichte BGBl 437/1972 - aufgelöst und seine Agenden dem Bezirksgericht Villach zugeschlagen worden. Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden.
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