Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Streitteile schlossen am 24. November 1969 anläßlich der Scheidung ihrer Ehe einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich der Kläger verpflichtete, der Beklagten einen wertgesicherten monatlichen Unterhalt von 2.500 S während ihrer Erwerbstätigkeit und sodann von 3.000 S zu bezahlen. Sie verzichteten "auf das Recht zur Antragstellung auf Änderung der Unterhaltsleistung aus welchem Grund immer".
In der Folge brachte die hier Beklagte gegen den Kläger aus dem Titel der Wertsicherung der Unterhaltsbeträge die Klage auf Bezahlung des Unterhaltsrückstandes bis Dezember 1981 in der Höhe von 21.469 S sA und der ab Jänner 1982 zusätzlich zum Vergleich fällig werdenden Unterhaltsbeträge von 3.067 S im Monat ein. In diesem Rechtsstreit schlossen die Streitteile am 31. März 1982 einen Vergleich, in dem sich der Kläger verpflichtete, der Beklagten ab 1. April 1982 einen wertgesicherten Unterhalt von 5.000 S im Monat zu bezahlen. In diesem Vergleich verzichteten die Parteien ebenfalls "auf das Recht zur Antragstellung auf Änderung der Unterhaltsleistung aus welchem Grund immer".
Der Beklagten wurde auf Grund dieses Vergleiches vom Erstgericht zur Hereinbringung des Unterhaltsrückstandes für Februar 1987 in der Höhe von 5.000 S sA und der ab 1. März 1987 fällig werdenden laufenden Unterhaltsbeträge von 5.000 S im Monat die Exekution auf die Pensionsbezüge des Klägers bewilligt.
Der Kläger begehrte in seiner Klage auszusprechen, daß der betriebene Anspruch ab 1. Februar 1987 zur Gänze, allenfalls auch, dann ab Klagstag, im Ausmaß von 3.500 S erloschen sei. Die Beklagte sei schon vor Februar 1987 eine Lebensgemeinschaft eingegangen. Überdies hätten sich ihre und seine Einkommensverhältnisse seit Abschluß des Vergleiches wesentlich zu seinen Ungunsten geändert, weshalb seine Unterhaltspflicht wesentlich herabzusetzen sei. Wenn die Beklagte darauf beharre, daß er auf die Geltendmachung der geänderten Verhältnisse verzichtet habe, sei dies sittenwidrig und widerspreche außerdem dem Parteiwillen.
Die Beklagte bestritt, eine Lebensgemeinschaft. Einer Herabsetzung der Unterhaltspflicht stehe der im Vergleich vereinbarte Verzicht auf die Geltendmachung geänderter Verhältnisse entgegen.
Das Erstgericht wies sowohl das Hauptbegehren als auch das Eventualbegehren ab. Es stellte, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, folgenden Sachverhalt fest:
Dem Vergleich vom 31. März 1982 lag ein monatliches Nettoeinkommen des Klägers von 16.000 S zugrunde. Hievon entfielen 4.300 S auf das vierzehnmal im Jahr zu zahlende Fixum und der Rest auf zwölfmal im Jahr zu zahlende Provisionen. Seit 1. Juli 1986 bezieht der Kläger eine monatliche Pension von 11.200 S netto. Sein Sohn aus seiner zweiten Ehe wurde am 20. Juli 1962 geboren. Seine zweite Ehefrau ist berufstätig.
Die Beklagte erhält seit 1. Jänner 1987 eine monatliche Alterspension von rund 6.000 S netto.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Kläger eine Lebensgemeinschaft der Beklagten nicht habe beweisen können. Einer Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht stehe der Verzicht auf die Geltendmachung einer Änderung der Verhältnisse entgegen. Das Beharren auf dieser Vereinbarung sei nicht sittenwidrig, weil sich die Verhältnisse nicht in einem vorhersehbaren Ausmaß und nicht aus Gründen geändert hätten, die nicht in der Sphäre des Beklagten gelegen seien. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei. Es verneinte ebenfalls eine Lebensgemeinschaft der Beklagten und war im übrigen der Meinung, es sei nicht sittenwidrig, daß diese auf dem Verzicht auf die Umstandsklausel beharre, weil dem Kläger auch bei Erfüllung seiner Unterhaltspflicht zumindest eine bescheidene Lebensführung möglich sei. Unter Einrechnung des 13. und 14. Monatsgehalts (richtig: der Pensionssonderzahlungen) beziehe er derzeit ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 13.000 S, wovon er den monatlichen Unterhalt von 5.000 S zu begleichen habe. Auf die Sorgepflicht gegenüber dem Sohn sei nicht Bedacht zu nehmen, weil sie bei Abschluß des Scheidungsvergleiches bereits bekannt gewesen sei und daher keine Änderung der Verhältnisse bedeute. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes halte sich zwar im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Da es aber auf der Linie einer Rechtsentwicklung beim Höchstgericht im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO liegen könne, zu dieser Rechtsfrage andere Wertungen in den Vordergrund zu stellen, sei die Revision zugelassen worden. Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinn des Eventualbegehrens oder es allenfalls dahin abzuändern, daß der Unterhaltsanspruch ab Klagstag mit 2.000 S für erloschen erklärt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Vorweg sei festgehalten, daß der Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes nicht notwendig war, weil eine Oppositionsklage vorliegt, in der das Erlöschen des von der Beklagten betriebenen Anspruchs geltend gemacht wird. In einem solchen Fall gilt der bekämpfte Anspruch als Wert des Streitgegenstandes (Heller-Berger-Stix I 419; EvBl 1964/302; EvBl 1968/162;
EvBl 1974/152); ein Ausspruch über diesen Wert hat daher zu unterbleiben, wenn der Streitgegenstand, wie hier, ausschließlich in einem Geldbetrag besteht (Heller-Berger-Stix aaO; EvBl 1974/152;
3 Ob 66/87; 3 Ob 16/89 ua). Dieser Streitgegenstand liegt hier im Zulassungsbereich.
Die bloße Möglichkeit, daß der Oberste Gerichtshof von einer einheitlichen Rechtsprechung abweichen könnte, begründet die Zulässigkeit der Revision im allgemeinen nicht. Wenn das Berufungsgericht einer solchen Rechtsprechung folgt und sie auch nicht etwa im Schrifttum bekämpft wird, ist die Revision nicht gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig. Die Partei hat dann nur die Möglichkeit, in einer außerordentlichen Revision gemäß § 506 Abs 1 Z 5 ZPO jene Gründe anzuführen, die gegen die Richtigkeit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sprechen und diesen dann veranlassen könnten, die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO als zulässig zu behandeln, weil seiner Entscheidung für die Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.
Nun hat der Oberste Gerichtshof zwar schon ausgesprochen, daß die Ausformung des Begriffes der Sittenwidrigkeit nur an Hand von Einzelfällen erfolgen könne und für die Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung habe (SZ 58/72 ua). Diese Ansicht wurde vor allem im Wettbewerbsrecht vertreten und dort mit den Besonderheiten dieses Rechtsgebietes und der deshalb notwendigen Fallvergleichung erklärt (ÖBl 1984, 48; ÖBl 1984, 104; ÖBl 1987, 133 ua). Sie geht jedoch nicht so weit, daß die Revision immer zulässig sei, wenn die Frage der Sittenwidrigkeit zu lösen ist. Sind die Grundsätze für eine bestimmte Art möglicher Sittenwidrigkeit in der Rechtsprechung schon ausreichend festgelegt, so kann der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs für die Rechtsentwicklung keine Bedeutung mehr zukommen. Von seiner Entscheidung ist dann eine Vertiefung der Grundsätze nicht mehr zu erwarten.
Zur Sittenwidrigkeit des Beharrens auf einem ursprünglichen nicht sittenwidrigen Vergleich unter geänderten Umständen wurden die Grundsätze in der Rechtsprechung bereits festgelegt. Ein solches Beharren wäre sittenwidrig, wenn dem Unterhaltspflichtigen durch die Erfüllung des Vergleiches im Hinblick auf die geänderten Umstände geradezu die Existenzgrundlage entzogen würde oder wenn ein kraßes Mißverständnis zwischen dem dem Verpflichtenden verbleibenden Einkommen und dem nunmehrigen Unterhalt des Berechtigten entstünde und der Verpflichtete hiedurch in seiner Lebenshaltung extrem eingeschränkt würde (EFSlg 43.722 mwN).
Das Berufungsgericht hat das Vorliegen dieser Tatbestände auf Grund der Lebensverhältnisse der Parteien geprüft und verneint. Ein Widerspruch zwischen der Entscheidung des Berufungsgerichtes und der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht nicht. Dies gilt vor allem auch für die in der Revision zitierte Entscheidung EFSlg 43.730, der ein weit krasseres Mißverhältnis zwischen den Einkünften der geschiedenen Ehegatten als hier zugrundelag. Im allgemeinen wird dem Unterhaltspflichtigen die Existenzgrundlage nicht entzogen, wenn ihm mindestens noch Einkünfte in der Höhe des Richtsatzes für die Ausgleichszulage verbleiben, weil davon ausgegangen werden kann, daß die Rechtsordnung, auf deren Wertungsgesichtspunkte es bei der Sittenwidrigkeit ankommt (EFSlg 43.725), einem Unterhaltspflichtigen dieselben Einschränkungen zumutet, die sie von einem Pensionsberechtigten verlangt. Hier ist von dem Richtsatz gemäß § 293 Abs 1 lit a bb) auszugehen, weil die Ehefrau des Klägers über eigene Einkünfte verfügt. Er betrug im Jahr 1987, in das der Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz, fällt, gemäß Art. I Z 1 der 42. ASVGNov. BGBl. 1986/564 4.868 S im Monat. Hiezu käme gemäß § 293 Abs 1 letzter Satz ASVG idF dieser Novelle der Betrag von 519 S, wenn der Kläger für seinen Sohn Unterhalt zu leisten hätte. Da dem Kläger jedenfalls mehr als die Summe beider Beträge verbleibt, kommt es nicht darauf an, ob die Unterhaltspflicht gegenüber seinem Sohn besteht. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs hängt daher auch nicht von der Lösung der Frage ab, ob auf diese Unterhaltspflicht gegebenenfalls Bedacht genommen werden muß, weshalb die vom Berufungsgericht hiezu geäußerte Rechtsansicht nicht zu prüfen ist. Schließlich ist auch nicht darüber zu entscheiden, ob das Beharren auf dem Verzicht auf die Umstandsklausel wegen der vereinbarten Wertsicherung sittenwidrig wäre, weil die Beklagte die sich daraus ergebende Erhöhung des Unterhalts nicht geltend machte und die vereinbarte Wertsicherung keine untrennbare Einheit mit dem vereinbarten Grundbetrag des Unterhalts bildet.
Der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kann daher nach dem Gesagten keine erhebliche Bedeutung für die Rechtsentwicklung zukommen. Da auch kein anderer Fall des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorliegt, war die Revision, in der die Verneinung einer Lebensgemeinschaft der Beklagten nicht bekämpft wird, trotz des Ausspruches des Berufungsgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof gemäß § 508 a Abs 1 ZPO nicht gebunden ist, zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO. Die Beklagte hat darin die Unzulässigkeit der Revision nicht geltend gemacht.
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