Spruch:
Die „außerordentliche" Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die klagende Partei begehrte von den beklagten Parteien, das Betreten des von der klagenden Partei auf einer bestimmten Liegenschaft betriebenen und zuvor von der erstbeklagten Partei gepachteten Pflegeheims zu unterlassen. Im Pachtvertrag sei zwar ein Inspektionsrecht der erstbeklagten Partei vereinbart worden, der Zweitbeklagte habe dieses aber entgegen der Vereinbarung mehrmals und unbefugt ohne Vorankündigung ausgeübt und den Pflegebetrieb gestört. Wegen seines unberechenbaren Verhaltens sei jederzeit mit neuerlichen Störungen zu rechnen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren mangels Wiederholungsgefahr ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR nicht übersteige und die Revision daher gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die „außerordentliche" Revision der klagenden Partei, die unzulässig ist.
Die klagende Partei macht in ihrer Zulassungsbeschwerde geltend, die vom Berufungsgericht vorgenommene Bewertung des Entscheidungsgegenstands sei unzulässig, weil diese jedenfalls zu unterbleiben habe, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht vermögensrechtlicher Natur und daher nicht in Geld messbar sei. Der Oberste Gerichtshof sei an die Bewertung nicht gebunden, wenn eine Bewertung überhaupt nicht vorzunehmen gewesen sei oder das Berufungsgericht zwingende Bewertungsvorschriften verletzt oder aber außerhalb eines Ermessensspielraums eine offenbare Unterbewertung vorgenommen habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Ausspruch des Berufungsgerichts gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO über den Wert eines nicht ausschließlich in Geld bestehenden Entscheidungsgegenstands ist grundsätzlich unanfechtbar und bindend. Nur wenn das Berufungsgericht im Gesetz angeführte zwingende Bewertungsvorschriften verletzt oder eine offenkundige Unterbewertung vorliegt, besteht keine Bindung des Obersten Gerichtshofs an die Bewertung des Berufungsgerichts (stRsp; RIS-Justiz RS0042437, RS0042385, RS0042450, RS0042410; Zechner in Fasching-Konecny², § 502 Rz 155; Kodek in Rechberger² § 500 ZPO Rz 3, je mit weiteren Nachweisen).
Entgegen der von der klagenden Partei vertretenen Auffassung ist der im vorliegenden Fall geltend gemachte Unterlassungsanspruch keineswegs höchstpersönlicher Natur und nicht in Geld messbar, sondern durchaus vermögensrechtlicher Natur, geht es doch um die Durchsetzung oder Abwehr des in einem Pachtvertrag zugunsten des Verpächters festgelegten Besichtigungsrechts (durchaus vergleichbar mit Unterlassungsansprüchen des Eigentümers oder Dienstbarkeitsberechtigten; vgl. 2 Ob 558/95) und nicht um einer Bewertung in Geld nicht zugängliche höchstpersönliche Ansprüche (etwa bei der Sicherung eines Unterlassungsanspruchs nach dem DSG [6 Ob 148/00h = SZ 73/105] oder bei einer Klage auf Entlassung aus der Strafhaft und auf Unterlassung des weiteren Vollzugs einer lebenslangen Freiheitsstrafe [1 Ob 12/93 = RZ 1994/51]). Nur in solchen Fällen hat eine Bewertung zu unterbleiben, insbesondere für bestimmte Unterlassungsansprüche bei der Geltendmachung von Persönlichkeitsrechten, ferner für Provisorialbegehren nach § 382b EO, bei denen nicht ein geldwerter Aspekt, sondern die Änderung der Lebensgestaltung von Familienangehörigen im Vordergrund steht. In solchen Fällen hängt somit die Zulässigkeit der Revision nur von der Lösungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung ab. Gleiches gilt für die Personenstandsachen unter den familienrechtlichen Streitigkeiten (3 Ob 198/05x; RIS-Justiz RS0042418; Zechner aaO § 502 ZPO Rz 154 mwN).
Ein derartiger Fall liegt hier aber nicht vor. Die klagende Partei strebt vielmehr an, Störungen des Pflegebetriebs, also ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit abzustellen und über das im Pachtvertrag vereinbarte Inspektionsrecht hinausgehende Rechtsausübungen des Verpächters abzuwehren. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass der Streitgegenstand einen Geldeswert hat.
Dass das Berufungsgericht bei der Bewertung des Entscheidungsgegenstands an die Bewertung des Streitgegenstands durch den Kläger gemäß § 56 Abs 2 oder § 59 JN nicht gebunden ist, entspricht der stRsp des Obersten Gerichtshofs (Zechner aaO Rz 154; Kodek aaO § 500 ZPO Rz 3, je mwN), eine Überschreitung des insoweit dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessens behauptet die beklagte Partei zwar, führt hiezu aber nichts Näheres aus. Für eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende offenbare Unterbewertung (vgl. 4 Ob 61/04f, 62/04b = immolex 2004, 252 = EvBl 2004/180) besteht kein Anhaltspunkt.
Der Bewertungsausspruch des Berufungsgerichts ist daher für den Obersten Gerichtshof bindend. Die gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässige Revision ist sohin zurückzuweisen, ohne dass es auf die Erheblichkeit von Rechtsfragen ankäme.
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