OGH 3Ob316/99p

OGH3Ob316/99p20.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1.) Werner H*****, und 2.) Maria H*****, beide vertreten durch Dr. Marion Kral, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei O***** S*****, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Vavrovsky Kommandit-Partnerschaft in Salzburg, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei S*****, vertreten durch DDr. Manfred Walter, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen (restlich) S 304.251,52 sA, über die Rekurse der Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 28. Juli 1999, GZ 1

R 42/99y-18, womit aus Anlass der Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 16. November 1998, GZ 7 Cg 372/97k-13, teilweise als nichtig aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Rekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in seinen Punkten 2 bis 5 ersatzlos aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die Entscheidung über die Berufung der klagenden Parteien aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind wie weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.

Text

Begründung

Die Streitteile schlossen im Verfahren zu 7 Cg 30/96i des Erstgerichtes am 4. 11. 1997 einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die auch im gegenständlichen Verfahren Beklagte unter anderem in Punkt 6 verpflichtete, den Klägern die tarifmäßigen Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen ab Rechtswirksamkeit des Vergleiches zu bezahlen.

Mit der vorliegenden Klage "gemäß § 10 EO" begehrten die Kläger das Urteil, Punkt 6 des genannten Vergleiches werde dahingehend ergänzt, dass die Höhe der von der Beklagten an die Kläger zu bezahlenden tarifmäßigen Kosten mit S 579.257,40 zuzüglich den Kosten eines Beweissicherungsverfahrens in Höhe von S 71.776,12 und vorprozessualen Kosten in Höhe von S 19.703,-- bestimmt werden, und weiters die Verurteilung der Beklagten, den Klägern gemäß Punkt 6 dieses Vergleiches Kosten in Höhe von S 670.736,52 sowie die Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Nach Zahlung eines Teilbetrages von S 347.207,-- durch die Nebenintervenientin schränkten die Kläger das Leistungsbegehrens auf Zahlung von restlichen S 323.529,52 samt Stufenzinsen ein.

Die Kläger brachten im Wesentlichen vor, dass ihre Vertreterin im Vorprozess keine Kostennote gelegt habe. Diese sei erst nach Vergleichsabschluss vom Vertreter der Nebenintervenientin bemängelt worden. Sie habe aber von einem Vergleichswiderruf abgesehen und die Einbringung einer Titelergänzungsklage gewählt, um die Erfüllung der im Vergleich enthaltenen Hauptpflichten nicht zu gefährden. Die Kläger seien, wenn auch im Vergleichsweg, mit ihren Ansprüchen voll durchgedrungen und hätten daher Anspruch auf Ersatz der gesamten tarifmäßigen Kosten ihrer Rechtsvertretung, der gerichtlichen Pauschalgebühr sowie der Sachverständigenkosten und auf Ersatz der zur Rechtsverfolgung notwendigen und zweckdienlichen vorprozessualen Kosten. Nach schlechten Erfahrungen mit einem Salzburger Anwalt hätten sie mit der Klagevertreterin, einer Wiener Rechtsanwältin, einen Anwalt ihres Vertrauens beauftragt. Der vorliegende komplizierte Schadensfall habe die Bestellung der Klagevertreterin als Anwalt des besonderen Vertrauens gerechtfertigt und sei auch aus allgemeiner Sicht naheliegend gewesen. Dazu komme, dass sie ihren Hauptwohnsitz nicht am Gerichtsort, sondern in München hätten und nur die Zweitklägerin ihren Zweitwohnsitz im Bundesland Salzburg begründet habe.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin bestritten das Klagebegehren und beantragten dessen Abweisung. Sie wandten unter anderem auch ein, dass Punkt 2. des Klagebegehrens unrichtig gefasst sei, weil die Klage nach § 10 EO keine Leistungsklage sei. Ihr Zweck sei nicht, einen neuen Titel zu schaffen. Die Titelergänzungsklage sei generell nicht geeignet, einen Vergleich, in dem der Ersatz von bloß tarifmäßigen Kosten vereinbart wurde, hinsichtlich der Höhe dieser Kosten zu sanieren. Die Kläger hätten im Vorprozess nie vorgebracht, dass die Beauftragung der Klagevertreterin auf einem besonderen Vertrauensverhältnis beruhe. Mangels eines solchen Vorbringens seien unter "tarifmäßigen Kosten" nur solche unter Zugrundelegung des einfachen Einheitssatzes zu verstehen. Die nachträgliche Geltendmachung des doppelten Einheitssatzes auf Grund von Versäumnissen im Titelverfahren widerspreche auch Treu und Glauben.

Das Erstgericht sprach mit seinem Urteil aus, dass Punkt 6. des angeführten Vergleiches dahin ergänzt werde, dass die Höhe der von der Beklagten an die Kläger zu bezahlenden tarifmäßigen Kosten mit S 12.000,-- bestimmt wird. Weiters wurden die Kläger zum Prozesskostenersatz verurteilt. Das Mehrbegehren auf Ergänzung des Punktes 6. des Vergleiches durch Bestimmung weiterer Kosten in Höhe von S 311.529,52 "und Zuspruch um 4 % Zinsen aus S 670.736,52 vom 9. 12. 1997 bis 22. 12. 1997 und aus S 323.579,52 seit 23. 12. 1997" wies das Erstgericht ab.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht unter anderem aus, dass es sich bei der Ergänzungsklage nach § 10 EO um keine Leistungsklage handle, da Streitgegenstand nicht der schon vollstreckbare Leistungsanspruch, sondern die Ergänzung des Titels sei (JBl 1978, 383), weshalb es bei der Bestimmung der Höhe der tarifmäßigen Kosten zu bleiben habe, aber diesbezüglich nicht neuerlich die Zahlungsverpflichtung und auch keine Zahlungsverpflichtung für Zinsen auszusprechen sei.

Die Mehrkosten der Bestellung eines nicht am Wohnort der Partei ansässigen Rechtsanwaltes seien weder anlässlich des Vergleiches noch anlässlich der Überreichung der Kostennote an den Vertreter der Nebeninterventin behauptet worden. Schon aus diesem Grund seien die Mehrkosten des auswärtigen Anwalts nicht zuzusprechen. Auch im gegenständlichen Verfahren sei es den Klägern nicht gelungen, die erforderlichen besonderen Umstände für die Notwendigkeit des Einschreitens eines auswärtigen Anwalts darzulegen. Die Kosten seien ihnen daher nur in jenem Ausmaß zuzusprechen gewesen, wie sie bei Bevollmächtigung eines am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwaltes entstanden wären, nämlich in der Höhe von S 359.206,87. Die Kürzung um einen Betrag von S 12.000,-- sei nicht gerechtfertigt, weil dieser auf Grund gesonderter Vereinbarung zwischen der Klagevertreterin und einer Versicherungsanstalt von dieser für eine Besprechung bereits vorweg bezahlt worden sei. Die Kosten des zunächst von den Klägern beauftragten Sachverständigen seien nicht als vorprozessuale Kosten anzusehen, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen seien.

Aus Anlass der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung der Kläger hob das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss das Ersturteil im Umfang der Anfechtung (S 304.251,52 sA) samt Kostenentscheidung sowie das sich darauf beziehende erstinstanzliche Verfahren als nichtig auf. Es verfügte, dass über die Klage im noch strittigen Umfang (Ergänzung des Vergleiches durch Bestimmung der von der Beklagten an die Kläger zu bezahlenden tarifmäßigen Kosten mit weiteren S 304.251,52) als Antrag im Verfahren zu 7 Cg 30/96i des Erstgerichtes zu entscheiden sei. Schließlich traf es eine Kostenentscheidung (Punkte 2 bis 5 des berufungsgerichtlichen Beschlusses). Weiters hielt es das Ersturteil im nicht angefochtenen Umfang (Abs 1: Bestimmung der Kosten mit S 12.000,--; Abs 3:

Abweisung des Kostenbestimmungsbegehrens im Umfang von S 7.278,-- und Abweisung des Leistungsbegehrens) als Teilurteil aufrecht. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht ging davon aus, dass das Erstgericht (über den Wortlaut seines Urteilsspruches hinaus) das gesamte Leistungsbegehren, also auch im Bezug auf das Kapital von S 323.529,52 abweisen wollte. Die Kläger hätten gegen die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass ein Leistungsbegehren nicht möglich sei, nichts ausgeführt, weshalb die Berufung dahin zu verstehen sei, dass nur die Abweisung des Kostenfestsetzungsmehrbegehrens, nicht jedoch die Abweisung des Leistungsbegehrens angefochten werde. Erkennbar unbekämpft sei auch die Abweisung eines Kostenfestsetzungsteilbegehrens von S 7.278,-- geblieben. Demgemäß sah das Berufungsgericht einen Betrag von S 304.251,52 als noch streitverfangen an.

Da die Kläger in ihrer Klage ausdrücklich auf § 10 EO Bezug genommen hätten, sei nicht zu prüfen, inwieweit andere Klagebegehren möglich und zulässig gewesen wären: etwa als Streitigkeit, ob der Vergleich (nach seinem richtigen materiell-rechtlichen Verständnis) eingehalten worden sei (6 Ob 641-644/86); ob der Vergleich, allenfalls nach einem Rücktritt, mit selbständiger Klage angefochten werden könne (Schumacher, JBl 1996, 627 ff). Im Hinblick darauf, dass die Parteien in dem von ihnen geschlossenen gerichtlichen Vergleich nicht dem Gericht die Kostenentscheidung dem Grunde und der Höhe nach und auch nicht die gerichtliche Bestimmung der einer der beiden Parteien zu ersetzenden Kosten vorbehalten und ferner nicht die von Schumacher (JBl 1993, 194) vorgeschlagene Vorgangsweise vereinbart hatten, seien sie erkennbar davon ausgegangen, dass sich die beteiligten Rechtsanwälte über die Höhe der den Klägern zu ersetzenden "tarifmäßigen" Kosten schon einig werden würden. Man könnte also von einem das Verfahren zur Gänze beendigenden Vergleich ausgehen. Dann wäre die Akzessorietät der Prozesskosten als Nebenforderung entfallen, hätte also die Kostenforderung - gestützt auf die Vereinbarung über den Ersatz der Prozesskosten dem Grunde nach und auf die Rahmenvereinbarung ("tarifmäßig") der Höhe nach - im Rechtsweg, mit Leistungsklage, geltend gemacht werden können (vgl EvBl 1963/235; SZ 39/29; SZ 47/107; SZ 47/150 ua; Fasching, ZPR2 Rz 468). Da die von den Klägern gewollte Titelergänzungsklage keine Leistungsklage sei, sondern mit ihr nur eine Ergänzung des im ursprünglichen Verfahren geschaffenen (unbestimmten) Titels angestrebt werde, seien jedenfalls die Kläger von einer Ergänzungsbedürftigkeit auch des ursprünglichen Titelverfahrens und damit von einem - einer Wiedereröffnung oder einer Wiederaufnahme vergleichbaren - Fortbestand des ursprünglichen Prozessrechtsverhältnisses ausgegangen. Damit werde aber gerade der (endgültige) Wegfall der Akzessorietät der Prozesskosten verneint. Wenn aber die Akzessorietät der Prozesskosten als (erneut) fortbestehend anzusehen sei, stelle sich die Frage, wie die Kläger ihr durchaus berechtigtes Anliegen (siehe die Änderung des § 10 EO) auf ziffernmäßige Bestimmung ihrer tarifmäßigen Prozesskosten verwirklichen könnten. Da es sich um eine Ergänzung des ursprünglichen Titels handle, sei die Akzessiorietät der Prozesskosten nicht weggefallen, es könne also keine eigene Titelergänzungs-Klage erhoben werden. Richtigerweise führe eine kumulierte Anwendung der §§ 423, 430 ZPO mit § 10 EO dazu, dass die vorliegende Titelergänzungsklage als Titelergänzungsantrag im Sinne der vorgenannten Bestimmungen zu betrachten und zu behandeln sei, und zwar im ursprünglichen Verfahren. Die vorliegende Klage sei daher als Kostenfestsetzungsantrag zu betrachten, der das Kostenverzeichnis zu enthalten habe bzw dem es anzuschließen sei. Das Beweisverfahren sei auf ein Bescheinigung durch - schon dem Antrag anzuschließende - Belege beschränkt. Ferner werde das Verfahren zur Festsetzung der Höhe der Prozesskosten vom Grundsatz der Einseitigkeit des Verfahrens beherrscht. Dies bedeute, dass - im angefochtenen Umfang - das Ersturteil und das sich darauf beziehende erstinstanzlichen Verfahren wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges, die in jeder Lage des Verfahrens (also auch aus Anlass und im Umfang eines zulässigen Rechtsmittels) wahrzunehmen sei, an einer Nichtigkeit im Sinn des § 477 Abs 1 Z 6 ZPO litten. Da nach den obigen Ausführungen "zweifelhaft" im Sinne des § 40a JN sei, welches Verfahren für die vorliegende Titelergänzungs-"Klage" anzuwenden sei, sei mit einem Beschluss nach § 40a JN darüber zu entscheiden. Die vorliegende Entscheidung sei nach Maßgabe des § 519 Abs 1 Z 3 ZPO bzw des § 40a JN anfechtbar. Da eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu § 10 EO in der neuen Fassung betreffend die Höhe der zu ersetzenden Prozesskosten noch nicht ergangen sei, sich die vom Berufungsgericht gelösten Rechtsfragen aber erkennbar öfters stellten, liege eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 bzw des § 528 Abs 1 ZPO vor. Dass das Klagebegehren Prozesskosten betreffe, ändere nichts daran, weil die Anfechtbarkeit eines Beschlusses, mit dem gemäß § 40a JN über das anzuwendende Verfahren entschieden werde, sich nach der vom Verfahrenseinleitenden gewählten Verfahrensart richte (JBl 1991, 322; AnwBl 1992, 754; RZ 1995/5, 19 ua).

Diese Entscheidung bekämpfen die Parteien mit Rekursen (wobei derjenige der Kläger irrig als "Revisionsrekurs" bezeichnet ist). Das Rechtsmittel der Kläger richtet sich ausdrücklich gegen die Punkte 2, 3, 4 und 5 des berufungsgerichtlichen Beschlusses. Begehrt wird, diesen Beschluss im angefochtenen Umfang aufzuheben und dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung der Kläger aufzutragen. Einleitend machen die Kläger geltend, dass sich die Anfechtung des Urteils in der Berufung sehr wohl auf die Anfechtung der Abweisung des geltend gemachten Anspruchs auf Feststellung der über die geleistete Teilzahlung hinausgehenden Kosten (in Summe wiederum der ursprünglich geltend gemachte Betrag des Feststellungsbegehrens) gerichtet habe. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes seien die §§ 423, 430 ZPO, die sich ausdrücklich nur auf die Ergänzung von Urteilen bezögen, in denen vom Gericht ein Anspruch übergangen oder über die begehrte Erstattung der Prozesskosten nicht oder nur unvollständig erkannt worden sei, nicht anwendbar. Es sei vielmehr sehr wohl ein Fall des § 10 EO gegeben. Demnach hätte das Erstgericht den nicht den Bestimmungen des § 7 EO entsprechenden gerichtlichen Vergleich durch Bestimmung der Höhe der von der beklagten Partei binnen 14 Tagen zu ersetzenden Prozesskosten ergänzen müssen und sich mit dem Vorbringen in der Berufung zur Berechtigung des Begehrens auf Ersatz des doppelten Einheitssatzes sowie der gesamten für die auswärtigen Lokalaugenscheine erforderlichen Zeit der Abwesenheit von der Kanzlei auseinandersetzen müssen.

Die Beklagte beantragt ebenfalls in erster Linie die Aufhebung des Beschlusses des Rekursgerichtes in seinen Punkten 2 bis 5 und die Wiederherstellung des Ersturteils. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag (im Sinne einer Zurückverweisung an die zweite Instanz) gestellt.

Nach Ansicht der Beklagten habe das Berufungsgericht zu Unrecht eine Rechtslücke angenommen, die durch analoge Anwendung der §§ 423 bzw 430 ZPO geschlossen werden müsste. Vielmehr sei ein Begehren wie das vorliegende zwanglos durch den Wortlaut, aber auch den Sinn und Zweck des § 10 EO gedeckt. Selbst bei Annahme einer fortdauernden Akzessorietät des Kostenersatzanspruches zum Hauptanspruch bei einem ziffernmäßig unbestimmten Vergleich sei die in § 10 EO vorgesehene, im streitigen Rechtsweg zu behandelnde Titelergänzungsklage und nicht ein Titelergänzungsantrag im Sinn eines Kostenfestsetzungsantrages das geeignete (und gesetzliche vorgesehene) "Ergänzungsinstrumentarium". Auch wenn wegen fortdauernde Akzessorietät des Prozesskostenersatzanspruches für eine Leistungsklage der Rechtsweg unzulässig wäre, gelte dies nicht für die Titelergänzungsklage nach § 10 EO. Es habe allerdings in der Sache das Erstgericht zu Recht die Voraussetzungen für eine Ergänzung des Vergleichs über das von ihm ausgesprochene Maß abgelehnt. Da die Kläger im gegenständlichen Fall ihren Hauptwohnsitz in Deutschland und nicht in Wien, dem Sitz ihrer Anwältin, hätten, sei der doppelte Einheitssatz ihrer Rechtsvertreterin nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, was auch für die übrigen aus der Bestellung dieser Rechtsvertreterin erwachsenen Mehrkosten gelte.

Die Kläger sowie die Nebenintervenientin erstatteten jeweils eine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind im Ergebnis berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass, wie die Anführung der Punkte 2 bis 5 der Entscheidung des Berufungsgerichtes in den Anfechtungserklärungen der Rekurse eindeutig zeigt, die Parteien der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht entgegentreten, dass das Erstgericht in Wahrheit das gesamte restliche Leistungsbegehren abgewiesen habe, und dass die Parteien somit mit ihren Rechtsmitteln die im Punkt 1 des Spruches des Berufungsurteils die ausgesprochene Bestätigung der vom Berufungsgericht angenommenen Abweisung des Leistungsbegehrens durch das Erstgericht nicht bekämpfen. Die in dieser Frage allein beschwerten Kläger lassen in ihren Ausführungen zum Umfang der Anfechtung des Ersturteils in ihrem "Revisionsrekurs" auch keinen Zweifel daran, dass sich die Anfechtung des Urteils erster Instanz nur gegen die Abweisung des geltend gemachten Anspruchs auf Feststellung im über die geleistete Teilzahlung hinausgehenden Ausmaß gerichtet hat. Abgesehen davon, dass die Klägerin ihr Rekursinteresse mit S 204.251,52 (gemeint offenbar: S 304.251,52) beziffert, lassen auch die Ausführungen in der Einleitung ihrer Rechtsmittelbegründung nicht erkennen, dass sie das Ersturteil in einem weiteren Umfang als vom Berufungsgericht angenommen angefochten habe. Mit dem rechtskräftig abgewiesenen Leistungsbegehren hat sich der Oberste Gerichtshof somit nicht zu befassen. Nichts anderes würde aber gelten, würde man davon ausgehen, dass das Erstgericht in Wahrheit das Klagebegehren nicht zur Gänze erledigt hätte, weil ein entsprechender Verfahrensmangel (im Sinne des § 496 Abs 1 Z 1 ZPO) in der Berufung der Kläger nicht geltend gemacht wurde. Demnach konnte sich auch die Berufungsentscheidung nicht darauf beziehen, woraus folgt, dass das Leistungsbegehren nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist. Gegenstand der vorliegenden Entscheidung ist somit, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ein Feststellungslbegehren im Ausmaß von S 304.251,52.

In der Sache ist den Rechtsmittelwerbern darin zuzustimmen, dass das Berufungsgericht zu Unrecht eine Nichtigkeit des bisherigen Verfahrens angenommen, die Klage in einem Kostenbestimmungsantrag umgedeutet und analog § 40a JN entschieden hat, dass die Rechtssache im Kostenbestimmungsverfahren nach § 54 ZPO zu entscheiden sei. Die erwähnte Umdeutung kommt aus mehreren Gründen keinesfalls in Betracht. Zum einen richtet sich nach § 40a JN die anzuwendende Verfahrensart zwar nicht nach der Bezeichnung durch die Partei, sehr wohl aber nach dem Inhalt des Begehrens und dem Vorbringen der (klagenden oder antragstellenden) Partei. Betrachtet man nun die eingebrachte Klage, so ist diese nicht nur als solche nach § 10 EO bezeichnet, vielmehr wird darin auch vorgebracht, dass die im Vergleich enthaltene Vereinbarung über den Kostenersatz mangels betragsmäßiger Feststellung dieser Kosten nicht ohne Ergänzung exekutiert werden könne. Dementsprechend lautet auch das Begehren auf eine Ergänzung des Vergleichs und keineswegs auf Bestimmung dieser Kosten mit insgesamt S 670.736,52.

Nach herrschender Lehre (Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 248 mwN) ist für Titelergänzungsklagen nach § 10 EO der Rechtsweg ohne Unterschied, um welche Art von Titel es sich handelt, zulässig, ja sogar für Titel aus verwaltungsbehördlichen Verfahren. Es bildet daher kein Hindernis für eine Titelergänzungsklage, dass im vorliegenden Fall ein gerichtlicher Vergleich Exekutionstitel ist. Darüber hinaus kann dem Vorbringen der Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes keinesfalls entnommen werden, dass diese von einer Ergänzungsbedürftigkeit auch des ursprünglichen Titelverfahrens und damit von einem der Wiedereröffnung oder einer Wiederaufnahme vergleichbaren Fortbestand des ursprünglichen Prozessrechtsverhältnisses ausgingen. Das Gegenteil ist der Fall, behaupten doch die Kläger bloß die Ergänzungsbedürftigkeit des Vergleiches, weil eben die von der Beklagten übernommenen Kosten nicht ziffernmäßig bestimmt wurden. Wie das Berufungsgericht an anderer Stelle auch selbst erkennt, haben die Parteien in ihrem Vergleich dem Gericht die Kostenentscheidung nicht vorbehalten, aber auch nicht entsprechend dem Vorschlag von Schumacher (in seiner Anm zu JBl 1993, 194) das Titelgericht ermächtigt, einen übereinstimmend oder gemeinsam bekanntgegebenen Kostenbetrag in den Vergleich einzusetzen.

Nach § 423 Abs 1 ZPO setzt ein Ergänzungsurteil voraus, dass über einen Sachantrag oder über einen Antrag auf Erstattung von Prozesskosten (und sei es auch nur in Form der Vorlage eines Kostenverzeichnisses nach § 54 Abs 1 ZPO) nicht (vollständig) entschieden wurde. Es muss daher eine planwidrige Unvollständigkeit der Entscheidung vorliegen. Selbst eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Vergleiche - ob eine solche überhaupt möglich ist, ist hier nicht zu entscheiden - würde demnach eine Unvollständigkeit des Vergleiches im dargelegten Sinn voraussetzen. Solches ist hier gerade nicht der Fall, weil eben die Parteien bewusst eine Regelung der Höhe des Kostenersatzanspruches der Kläger unterließen.

Da § 10 EO keine Einschränkung nach der Art des Exekutionstitels macht, besteht auch - jedenfalls im Prinzip - kein Hindernis, im Falle der Unbestimmtheit einer Kostenentscheidung (weil ihr etwa der Umfang der geschuldeten Leistung im Sinn des § 7 Abs 2 EO nicht zu entnehmen ist), die Titelergänzungsklage nach § 10 EO zuzulassen.

Gerade auch für den Fall eines unbestimmten Exekutionstitels sollte

ja durch die Novellierung des § 10 mit der EO-Novelle 1991 (AB 261

BlgNR 18. GP 2) die Titelergänzungsklage entgegen der bisherigen

Rechtsprechung eröffnet werden. Dass die Kostenentscheidung dem

Grunde nach vom Geltungsbereich des § 10 EO ausgenommen wäre, ist dem

Gesetz nicht zu entnehmen. Gerade wenn man mit dem Berufungsgericht

von der Entscheidung des erkennenden Senates 3 Ob 143/97v = ecolex

1999/309, 766 (Schumacher) = JUS Z 2803 = RdW 1999, 599 ausgeht,

wonach auch im Falle einer Titelergänzungsklage wegen Unbestimmtheit

des Titels nach § 7 Abs 1 EO nicht ein neuer Exekutionstitel

geschaffen werden soll, sondern nur Mängel des Exekutionstitels

behoben werden sollen, gibt es im Hinblick auf die eingangs

dargelegte Geltung des § 10 EO für alle Exekutionstitel keinen Grund,

Kostentitel von seiner Anwendung auszunehmen. Die Frage der

Akzessorietät des Kostenersatzanspruches, also des Verbotes,

Prozesskosten selbständig einzuklagen (vgl Fasching2 Rz 468), stellt

sich in einem solchen Fall schon deshalb nicht, weil ja bereits eine

- wenn auch unbestimmte - titelmäßige Erledigung des

Kostenersatzanspruches vorliegt. Es geht daher gar nicht um eine

"schlichte" Einklagung eines Prozesskostenersatzanspruchs im Sinne

der §§ 40 ff ZPO, sondern um die Ergänzung eines über diesen Anspruch

bereits bestehenden Titels. Im Hinblick auf die Spezialbestimmung des

§ 10 EO steht auch § 528 Abs 2 Z 3 ZPO einer Entscheidung des

Obersten Gerichtshofs nicht entgegen.

Das Gesagte würde auch dann gelten, wenn der Sachverhalt, welcher der hier zu behandelnden Klage zugrunde liegt, keinen Grund für eine Ergänzung des Vergleiches gemäß § 10 EO bildete (dies etwa unter dem Gesichtspunkt, dass eine solche Ergänzung eines Exekutionstitels nur dann möglich ist, wenn darin der Anspruch nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach festgelegt wird und dies nur nicht mit der gemäß § 7 Abs 1 EO erforderlichen Bestimmtheit zum Ausdruck kommt). Auch wenn dies zuträfe, würde sich an der Zulässigkeit des Rechtsweges nichts ändern; die Klage wäre dann aber mit einem Urteil abzuweisen. Es ist daher zu dieser Frage hier nicht Stellung zu nehmen.

Demnach erweist sich die Aufhebung des Ersturteils und des vorangegangenen Verfahrens im angefochtenen Umfang als nichtig als verfehlt. Insoweit ist daher der Beschluss des Rekursgerichtes ersatzlos aufzuheben. Dieses wird in der Folge über die Berufung der Kläger zu entscheiden haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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