OGH 3Ob301/04t

OGH3Ob301/04t22.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Brigitte S*****, vertreten durch Dr. Karl Erich Puchmayr, Rechtsanwalt in Linz als Verfahrenshelfer, wider die beklagte Partei Marktgemeinde A*****, vertreten durch Mag. Michael Poduschka, Rechtsanwalt in Perg, wegen 8.505,65 EUR sA, infolge „außerordentlicher" Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 14. September 2004, GZ 1 R 190/04s-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Enns vom 14. Februar 2004, GZ 1 C 1136/03y-11, teils bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte die Zahlung von 8.505,56 EUR sA sowie die Aufhebung zweier Exekutionsbewilligungen des Erstgerichts, Letzteres mit der Begründung, es fehle einerseits der beklagten Gemeinde die gesetzliche Grundlage für eine Zwangsvollstreckung auf Grund eines Rückstandsausweises, weil die Forderung privatrechtlicher Natur sei, andererseits weil ihr eine die betriebenen Forderung übersteigende Gegenforderung zustehe. In den Exekutionsverfahren wurden ursprünglich Beträge von 274,42 EUR und 718,05 EUR je sA in Exekution gezogen.

Das Erstgericht wies das Zahlungsbegehren zur Gänze und das (von der II. Instanz als auf § 36 EO gestützt angesehene) weitere Begehren jedenfalls zum Teil ab.

Mit der angefochtenen Entscheidung bestätigte das Gericht zweiter Instanz diese Entscheidung im Umfang des Zahlungsbegehrens als Teilurteil und sprach insoweit aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Im Übrigen hob es das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Die Klägerin erhob gegen das Teilurteil eine als „außerordentliche" bezeichnete Revision. Diese legte das Erstgericht direkt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise entspricht nicht der Rechtslage. Nach § 502 Abs 3 ZPO idF BGBl I 2001/98 ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand, über den das Berufungsgericht entschied, an Geld oder Geldeswert zwar 4.000 EUR, nicht aber insgesamt 20.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO - wie hier - für nicht zulässig erklärte. Unter solchen Voraussetzungen kann eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungserkenntnisses nur den gemäß § 508 Abs 2 erster Satz ZPO beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Ein derartiger Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Die Klägerin brachte ihre „außerordentliche" Revision rechtzeitig beim Erstgericht ein. Darin wird ua ausgeführt, warum die Revision entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts als zulässig angesehen wird. Dem Rechtsmittel fehlt freilich ein Antrag auf Abänderung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO).

Im vorliegenden Fall verband die Klägerin ein 9.000 EUR nicht erreichendes Zahlungsbegehren mit dem auf „Aufhebung" (gemeint wohl: Unzulässigerklärung) zweier Exekutionen zur Hereinbringung von Geldforderungen. Da offenbar auch Aufrechnung eingewendet wurde, wird auch ein Oppositionsgrund nach § 35 EO geltend gemacht (stRsp, zuletzt 3 Ob 43/02y = JBl 2003, 383 = EvBl 2003/12 = RZ 2003, 90; 3 Ob 80/03s, je mwN). Sowohl für die Klagen nach § 35 EO als auch solche nach § 36 EO richtet sich, wenn die Anlassexekution zur Hereinbringung von Geldforderungen geführt wird, der Streitwert der Klagen nach der Höhe der bekämpften Geldforderung (RIS-Justiz RS0001618; RS0000969). Selbst wenn demnach die Beträge der in den beiden der Klage zugrunde liegenden Exekutionsverfahren mit dem Betrag des Geldzahlungsbegehrens zusammen zu rechnen wären, was im Übrigen durchaus zweifelhaft ist, läge der Wert des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz noch beträchtlich unter 20.000 EUR.

Nach der dargestellten, seit geraumer Zeit geltenden, jedoch offenkundig sowohl dem Erstgericht als auch der Klägerin nach wie vor unbekannten Rechtslage ist demnach der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO Revisionen gegen Entscheidungen, die nach dem Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz nicht mit ordentlicher Revision bekämpfbar sind, gemäß § 507b Abs 2 ZPO sofort dem Berufungsgericht, nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Sollte das Erstgericht allerdings der Ansicht sein, einem solchen Vorgehen stehe der Mangel des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil sie sich - gleich den Revisionsausführungen zur Sache - (offenkundig) an den Obersten Gerichtshof wendet, so kann es einen mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag erteilen. Sollte der Rechtsmittelwerber eine solche Verbesserung sodann verweigern, wäre die Revision jedenfalls unzulässig (1 Ob 134/02s; 1 Ob 301/02z; 8 Ob 220/02i uva; RIS-Justiz RS0109501).

Somit sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen.

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