Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben, soweit sie sich gegen den Teil des Berufungsurteils richtet, mit dem über das Begehren der klagenden Partei entschieden wurde; im übrigen, also soweit sich die Revision gegen jenen Teil des Berufungsurteils richtet, mit dem über die Widerklage entschieden wurde, wird sie hingegen zurückgewiesen.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt - einschließlich der in Rechtskraft erwachsenen Teile - zu lauten haben:
"Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei den Betrag von S 1,049.746,10 samt 4 % Zinsen seit 14. 1. 1985 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Das (Widerklage-)Mehrbegehren, die klagende und widerbeklagte Partei sei schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei weitere S 390.787,80 samt 4 % Zinsen seit 14. 1. 1985 zu bezahlen, sowie das (Haupt-)Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 635.257,40 samt 12 % Zinsen seit 1. 3. 1985 sowie 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei die mit S 222.880,65 (darin enthalten S 25.079,09 Umsatzsteuer und S 72.406,10 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen, dem ersten Nebenintervenienten die mit S 90.474,55 (darin enthalten S 15.060,96 Umsatzsteuer und S 108,80 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen und dem zweiten Nebenintervenienten die mit S 61.568,80 (darin enthalten S 10.094,80 Umsatzsteuer und S 1.000 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ließ als Baurechtsberechtigte auf einer Liegenschaft in Wien eine Rundhalle errichten; sie betraute den ersten Nebenintervenienten, einen Architekten, mit der Planung, Koordinierung und Bauüberwachung; dieser erteilte im Namen der beklagten Partei Aufträge an die Professionisten; ihm oblagen auch die Bauüberwachung und örtliche Bauaufsicht.
Der erste Nebenintervenient erteilte am 25. 10. 1984 für die beklagte Partei den Auftrag an den Kläger zur Montage einer Stahlträgerkonstruktion in T-Form, die einen Vorhang samt Motor, Antriebswelle und Transportrollen aufnehmen sollte. Die vom Kläger zu montierenden Tele wurden vom zweiten Nebenintervenienten geliefert.
Während der Montagearbeiten am 17. 11. 1984 stürzte die Tragekonstruktion ab.
Der Kläger begehrt den Werklohn von S 635.257,40 sA; am Absturz der Stahlunterkonstruktion treffe ihn kein Verschulden.
Die beklagte Partei wendete ein, allein der Kläger habe den Zusammenbruch der Stahlunterkonstruktion zu verantworten. Weiters sei die Werklohnforderung verjährt.
Das Erstgericht bestellte (im Hauptverfahren) mit Beschluß vom 22. 3. 1988 den Sachverständigen Prof. Dr. Wolfgang Oberndorfer und erteilte ihm den Auftrag zur schriftlichen Gutachtenserstattung. Der Sachverständige erstattete das schriftliche Gutachten vom 20. 12. 1988 und ein schriftliches Ergänzungsgutachten vom 2. 5. 1989. Nach deren Erörterung erteilte das Erstgericht in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 4. 7. 1989 dem Kläger und der beklagten Partei den Auftrag, zur Deckung der voraussichtlich noch entstehenden Sachverständigenkosten für die Ergänzung des Gutachtens einen Kostenvorschuß von je S 5.000 binnen drei Wochen bei Gericht zu erlegen; die Tagsatzung wurde zur Erstattung des ergänzenden Sachverständigengutachtens nach Einlangen der Kostenvorschüsse auf unbestimmte Zeit erstreckt. Die beklagte Partei erlegte am 21. 7. 1989 den aufgetragenen Kostenvorschuß von S 5.000, nicht hingegen der Kläger.
Am 6. 7. 1989 verstarb der Beklagtenvertreter Rechtanwalt Dr. Heinz Gerö. Der Erstrichter hielt mit Aktenvermerk vom 22. 8. 1989 fest, daß das Verfahren durch den Tod des Beklagtenvertreters Dr. Heinz Gerö gemäß § 160 ZPO unterbrochen ist; er verfügte gemäß § 391 Abs 1 Z 7 lit d Geo "Kal 31. 12.".
Am 21. 5. 1990 gab die beklagte Partei mit Schriftsatz bekannt, daß sie Rechtsanwalt Dr. Walter Haindl mit ihrer weiteren Vertretung betraut habe. Dieser Schriftsatz wurde der klagenden Partei nicht zugestellt.
Die beklagte Partei brachte am 29. 6. 1990 eine Widerklage ein, mit der sie (nach Einschränkung) den Ersatz von Sachschäden von S 668.501,58, Verzögerungsschäden von S 212.032,32 und ein tägliches Pönale von S 10.000, insgesamt S 560.000, zusammen daher S 1,440.533,90 begehrt.
Am 11. 9. 1990 stellte die beklagte Partei mit Schriftsatz den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens und brachte vor, der Kläger habe das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt; sie erhob daher die Einrede der Verjährung.
Die Klage und die Widerklage wurden mit Beschluß des Erstgerichtes vom 11. 3. 1991 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26. 4. 1991 stützte die beklagte Partei die Verjährungseinrede auch darauf, daß der Kläger den am 4. 7. 1989 aufgetragenen Kostenvorschuß nicht erlegt habe; nach dem Tod des früheren Beklagtenvertreters am 6. 7. 1989 habe der Kläger nie einen Fortsetzungsantrag gestellt.
Die klagende Partei erstatte hiezu (auch in der Folge) kein Vorbringen.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 25. 6. 1992 wurden die verbundenen Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens 32 Cg 90/87 des Erstgerichtes unterbrochen, wobei das Verfahren nur über Antrag fortgesetzt werden sollte. Die Parteien verzichteten wechselseitig auf die Einrede der Verjährung wegen nicht gehöriger Fortsetzung aus Anlaß dieser Unterbrechung.
Das Erstgericht sprach aus, 1. die Klagsforderung bestehe mit S 484.660,70 zu Recht und mit S 150.596,70 nicht zu Recht, 2. das Widerklagebegehren bestehe mit S 1,049.746,10 zu Recht und mit S 390.787,80 nicht zu Recht, 3. die klagende und widerbeklagte Partei sei schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei S 565.085,40 samt 4 % Zinsen seit 14. 1. 1985 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Verjährung der Forderung des Klägers wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens sei nicht eingetreten. Nach dem Tod des Vertreters der beklagten Partei Rechtsanwalt Dr. Gerö am 6. 7. 1989 sei es an der beklagten Partei gelegen, die Fortsetzung des Verfahrens durch Bekanntgabe eines neuen Vertreters unter gleichzeitiger Aufnahme des Verfahrens zu bewirken (§ 160 ZPO). Darin, daß der Kläger die beklagte Partei während der Zeit der Unterbrechung nicht mit einem Antrag zur Fortsetzung des Verfahrens drängte, könne kein Grund für eine nicht gehörige Fortsetzung gesehen werden. Es sei zwar richtig, daß der Kläger einen Kostenvorschuß von S 5.000 nicht erlegt habe. Dadurch sei aber der Lauf des Verfahrens in keiner Weise behindert worden, weshalb aus diesem Grund eine Verjährung wegen nicht gehörig fortgesetztem Verfahren nicht eingetreten sei.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil infolge Berufungen beider Parteien und sprach aus, daß die ordentliche Revision "im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes" nicht zulässig sei; es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte zur Einrede der Verjährung aus, die Unterbrechungswirkung der Klage für den Verjährungsablauf trete zwar nur ein, wenn die Klage gehörig fortgesetzt wurde. Ob aber ein längeres Zuwarten mit der Verfolgung des Anspruchs noch hingenommen werden kann oder ob eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, sei nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Es komme nicht auf die Dauer, sondern auf die Gründe der Untätigkeit an. Zwar sei es Sache des Klägers, beachtliche Gründe für die Untätigkeit zu beweisen, eines solchen Nachweises bedürfe es aber dann nicht, wenn die Umstände aktenkundig und die daraus ableitbaren Gründe offenkundig seien.
Mit ihrem Verjährungseinwand übergehe die beklagte Partei, daß die Sachverhaltsermittlung im wesentlichen in dem gegen sie vom zweiten Nebenintervenienten angestrengten Verfahren 20 Cg 279/93h erfolgt sei. An diesem Verfahren habe sich auch der Kläger als Nebenintervenient beteiligt. Unter diesen Umständen könne an Verfahrensverzögerungen in dem gegenständlichen Verfahren nicht jener strenge Maßstab angelegt werden, wie dies bei einer isolierten Prozeßführung der Fall wäre. Die beklagte Partei habe doch in diesem Verfahren (später) einer Unterbrechung zugestimmt, um das Ergebnis des anderen Verfahrens abzuwarten. Dazu komme noch, daß die Fortsetzungspflicht mit Hilfe eines anderen Anwalts nach dem Tod ihres Vertreters in erster Linie die beklagte Partei getroffen hätte. Unter den hier vorliegenden Umständen könne daher von einer ungewöhnlichen Untätigkeit des Klägers nicht gesprochen werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei.
Rechtliche Beurteilung
Die Zulässigkeit der Revisoin ist gesondert für die Entscheidung über die Klage und über die Widerklage zu beurteilen, weil die Verbindung mehrerer Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen das gemeinsame Urteil keinen Einfluß hat (SZ 37/22; JBl 1980, 430; AnwBl 1991, 109 uva) und zwar auch, wenn Klage und Widerklage verbunden wurden (SZ 31/155; JBl 1984, 554; Miet 37.763 ua).
Zur Klage:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist in diesem Punkt zulässig, weil das Berufungsgericht bei der Beurteilung, ob der Kläger den Prozeß ordnungsgemäß fortgeführt hat (§ 1497 ABGB), von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.
Nach § 1486 Z 1 ABGB verjähren Forderungen für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstige Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb in drei Jahren. Hier wurde mit der Klage im Hauptverfahren die Verjährung gemäß § 1497 ABGB nur dann unterbrochen, wenn die Klage gehörig fortgesetzt wurde. Der Kläger hat einen ihm aufgetragenen Sachverständigenkostenvorschuß nicht erlegt. Daraus kann allerdings schon deshalb nicht abgeleitet werden, daß er das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt hätte, weil bereits kurz nach der Auftragserteilung innerhalb offener Frist zum Erlag des Kostenvorschusses das Verfahren durch den Tod des damaligen Beklagtenvertreters gemäß § 160 ZPO und damit gemäß § 163 Abs 1 ZPO auch der Lauf der Frist unterbrochen wurde.
Die klagende Partei blieb jedoch untätig und unterließ es, die Aufnahme des Verfahrens dadurch zu bewirken, daß sie gemäß § 160 Abs 2 ZPO den Antrag stellte, das Gericht möge der beklagten Partei auftragen, die Bestellung eines neuen Vertreters binnen einer ihr gleichzeitig zu bestimmenden Frist vorzunehmen. Nach Eintritt der Unterbrechung am 6. 7. 1989 nahm die beklagte Partei am 11. 9. 1990 das Verfahren wieder auf. Der Verfahrensstillstand dauert somit weit über ein Jahr. Bei dieser Verfahrenssituation wäre der Kläger gehalten gewesen, eine Prozeßhandlung vorzunehmen, um dem Verfahrensstillstand zu begegnen (vgl für den Fall der Unterbrechung nach § 160 ZPO durch Tod des Klägeranwalts Mader in Schwimann, ABGB**2, Rz 34 zu § 1497).
Die Gründe der prozessualen Untätigkeit des Klägers sind nicht von Amts wegen zu prüfen. Wenn sich in einem Verfahren der Beklagte auf Verjährung wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Prozesses beruft, ist es Aufgabe des Klägers, beachtliche Gründe für die Untätigkeit und für die Nichtaufnahme und Nichtfortsetzung des Verfahrens vorzubringen und erforderlichenfalls zu beweisen (SZ 41/82; SZ 42/54; SZ 43/29; SZ 43/176; SZ 45/97; RZ 1994/26 uva; Schubert in Rummel, ABGB**2, Rz 10 zu § 1497).
Derartige Gründe hat der Kläger überhaupt nicht genannt. Die Argumentation des Berufungsgerichtes, die Klärung der maßgeblichen Fragen sei nach dem übereinstimmenden Parteiwillen in einem Parallelverfahren erfolgt, kann nicht geteilt werden. Vorerst ist darauf hinzuweisen, daß die beklagte Partei sofort, nachdem sie selbst die Aufnahme des Verfahrens beantragt hatte, die Einrede der Verjährung erhob. Erst in einem wesentlich späteren Verfahrensstadium stimmte sie einer Verfahrensunterbrechung zu. Aus diesem Verhalten der Parteien kann nicht abgeleitet werden, daß bereits früher ein übereinstimmender Parteiwille vorlag, die Klärung der strittigen Fragen sollte in einem anderen gerichtlichen Verfahren erfolgen. Die beklagte Partei hatte ja bereits die Verjährungseinrede erhoben und stimmte einer Unterbrechung erst zu, als das Erstgericht - ausgehend davon, daß die Klagsforderung noch nicht verjährt sei - ein aufwendiges Beweisverfahren durchführte.
Bei dieser Sachlage ist entgegen der Ansicht der Vorinstanzen unter Zugrundelegung aller maßgeblichen Umstände dieses Falles davon auszugehen, daß das Verfahren von der klagenden Partei nicht gehörig fortgesetzt wurde und daher die Klagsforderung verjährt ist.
Zur Widerklage:
Die beklagte und widerklagende Partei bekämpft das Berufungsurteil weiters insofern, als die Widerklage mit einem Teilbetrag von S 97.949,10 abgewiesen wurde.
Die relevierte Frage der Verschuldensaufteilung im Einzelfall stellt jedoch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar, weshalb die außerordentliche Revision insoweit gemäß § 508a Abs 2 ZPO zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich für das Verfahren erster Instanz auf § 43 Abs 1 ZPO, für das Berufungsverfahren und das Revisionsverfahren auf § 43 Abs 1, § 50 ZPO. Für die Dauer der Verbindung von Klage und Widerklage sind nach § 12 Abs 1 RATG die Streitwerte zusammenzurechnen und bilden die (erhöhte) Bemessungsgrundlage.
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