European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0030OB00240.08B.1119.000
Spruch:
Die Akten werden dem Gericht zweiter Instanz zur Ergänzung seiner Entscheidung durch einen Bewertungsausspruch übersendet.
Begründung
Das Erstgericht räumte den Antragstellern einen Notweg über Liegenschaften der Antragsgegner ein und verpflichtete sie zur Leistung von Entschädigungszahlungen an die Erstantragsgegnerin (ON 106). Den Spruch dieser Entscheidung berichtigte es in mehreren Punkten (ON 108), ohne diese Berichtigung iSd § 41 AußStrG iVm § 419 Abs 2 ZPO der Urschrift beizusetzen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss änderte das Gericht infolge Rekurses der Zweitantragstellerin diese Entscheidung teilweise ab. Es sprach lediglich (pauschal) aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Nunmehr legt das Erstgericht die Akten mit dem „außerordentlichen" Revisionsrekurs der Erstantragsgegnerin dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Dessen Zuständigkeit hiefür steht jedoch noch nicht fest.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 59 Abs 2 AußStrG (hier nach § 203 Abs 7 AußStrG anzuwenden), hat das Gericht zweiter Instanz bei einem Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, auszusprechen, ob der Entscheidungsgegenstand insgesamt 20.000 EUR übersteigt oder nicht, wenn dieser rein vermögensrechtlicher Natur ist und nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht.
Ein solcher Entscheidungsgegenstand liegt im Verfahren über die Einräumung eines Notwegs zweifellos vor, geht es doch allein um das (vor allem unbewegliche) Vermögen der Parteien und keineswegs um unmittelbar deren Person betreffende Angelegenheiten (vgl RIS‑Justiz RS0007110 [T9]). Dies hat der erkennende Senat auch bereits ausgesprochen (3 Ob 115/98b = insoweit nicht veröffentlicht in bbl 1999, 33 [Helmberg]). Zufolge des Fehlens der Bewertung kann noch nicht beurteilt werden, ob ein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig oder die beschwerte Partei auf eine von der zweiten Instanz zu behandelnde Zulassungsvorstellung, verbunden mit ordentlichem Revisionsrekurs nach § 63 AußStrG, verwiesen wäre.
Die Bewertung wird nicht dadurch überflüssig, dass das Gericht zweiter Instanz die der Erstantragsgegnerin zu zahlende Entschädigungssumme auf 26.007 EUR hinaufsetzte, weil sich diese aus nicht notwendig zusammenzurechnenden Teilentschädigungsbeträgen für ganz unterschiedliche Belastungen zusammensetzt. Zudem war nicht der ganze in zweiter Instanz zuerkannte Entschädigungsbetrag Gegenstand der zweitinstanzlichen Entscheidung, sondern nur ein über den vom Erstgericht zuerkannten hinausgehender von etwa 11.500 EUR, auch wenn die Erstantragsgegnerin die Einräumung des Notwegs (im Gegensatz zum Revisionsrekursverfahren) noch im vollen Umfang angefochten hatte. Es liegt auch kein verfahrensrechtlich zwingender Zusammenhang des (Gesamt‑)Werts der Entschädigung mit dem für die Bewertung maßgeblichen objektiven Wert (RIS‑Justiz RS0042515 [T7]) des Notwegs für jeden Antragsteller (als Eigentümer verschiedener Liegenschaften bloß formelle Streitgenossen iSd § 55 Abs 1 Z 2 JN iVm § 11 Z 1 ZPO; RS0035588) vor, könnte doch der durch die Einräumung des Notwegs verschaffte Nutzen in Wahrheit unter der verursachten Belastung des Antragsgegners liegen, auch wenn dies im Widerspruch zu § 2 Abs 1 erster Halbsatz NWG und daher zum materiellen Recht stünde. Schließlich macht auch der Bewertungsausspruch im ersten Rechtsgang (ON 46; noch auf Basis des AußStrG 1854) eine Bewertung nicht überflüssig, weil das Rekursgericht daran nicht gebunden ist, könnten sich doch die Beurteilungsgrundlagen geändert haben (RIS‑Justiz RS0113070). Die Rechtsprechung zur ZPO ist heranzuziehen, entspricht doch die Rechtslage nach dem AußStrG 2003 in den hier wesentlichen Belangen der nach den §§ 500, 502 ZPO.
Demnach wird das Rekursgericht seinen Beschluss durch einen Ausspruch über die Bewertung sowie die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses jeweils in Ansehung des Anspruchs jedes Antragstellers (Zechner in Fasching/Konecny² § 502 ZPO Rz 151) zu ergänzen haben (RIS‑Justiz RS0007073); ihm obläge es, allenfalls ein erforderlich scheinendes Verbesserungsverfahren zu veranlassen, falls der Entscheidungsgegenstand als mit 20.000 EUR nicht übersteigend bewertet würde (RIS‑Justiz RS0109623 [T5, T8 und T14]). Nur bei einer höheren Bewertung oder einer nachträglichen Zulassung des Revisionsrekurses wären die Akten wieder vorzulegen.
In einem solchen Fall wird das Gericht zweiter Instanz dafür Sorge zu tragen haben, dass das Erstgericht nach § 41 AußStrG iVm § 419 Abs 2 ZPO die Berichtigung seiner Entscheidung ON 106 der Urschrift beisetzt und zumindest in der für den Obersten Gerichtshof bestimmten (sowie im Gegensatz zur jetzt vorgelegten alle Seiten derselben umfassenden) Ausfertigung ersichtlich macht.
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