OGH 3Ob239/08f

OGH3Ob239/08f19.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 16. August 2007 verstorbenen Dkfm. Friedrich E*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der erblasserischen Tochter Andrea E*****, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 26. Juni 2008, GZ 48 R 141/08b-17, womit der Rekurs der erblasserischen Tochter gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 19. Februar 2008, GZ 3 A 259/07k-8, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

In der Tagsatzung vom 29. Jänner 2008 vor dem Gerichtskommissär gab der Sohn des Erblassers aufgrund des Gesetzes eine unbedingte Erbserklärung ab. Die Tochter hatte sich zuvor nach Rechtsbelehrung ihres Erbrechts zugunsten des Sohnes entschlagen.

Das Erstgericht erließ den Einantwortungsbeschluss. Dem Sohn wurde die Verlassenschaft eingeantwortet, die Herstellung der Grundbuchsordnung angeordnet und festgestellt, dass der eingeantwortete Erbe zum Kreis der gesetzlichen Erben zähle. Das Rekursgericht wies den dagegen von der Tochter erhobenen Rekurs zurück. Der Rekurswerberin fehle die Parteistellung. Gemäß § 164 AußStrG komme es nur bei Abgabe einer Erbantrittserklärung vor der Bindung des Gerichts an seinen Beschluss über die Einantwortung zu einem neuerlichen Verfahren und einer neuerlichen Entscheidung über das Erbrecht. Nach diesem Zeitpunkt sei die Anfechtung der Entschlagungserklärung wegen Vorliegens von Willensmängeln mit Klage geltend zu machen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der erblasserischen Tochter ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig. Die Revisionsrekurswerberin steht zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass ihre Parteistellung schon wegen ihrer Antragstellung im Rekurs zu bejahen sei (§ 2 Abs 1 Z 1 AußStrG), sie ihre Erbsentschlagung - eine negative Erbantrittserklärung - bis zur Rechtskraft der Einantwortung in eine Erbantrittserklärung „umwandeln" könne und eine einmal erlangte Parteistellung im außerstreitigen Verfahren mangels gesetzlicher Regelung (anders als im Verwaltungsverfahrensrecht) nicht verloren gehe. Aus § 164 AußStrG sei auch nicht zu folgern, dass eine Anfechtung der Erbsentschlagung wegen Willensmängel mit Erbschaftsklage zu erfolgen habe. Diese zur alten Rechtslage vertretene Auffassung gelte nach der geltenden Rechtslage des AußStrG nicht mehr. Die Entscheidung über das Erbrecht habe im außerstreitigen Verfahren zu erfolgen.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Wenn das Rekursgericht einen Rekurs zwar zurückweist (beispielsweise wegen fehlender Beschwer), das Rechtsmittel aber auch meritorisch (inhaltlich) behandelt, liegt in Wahrheit keine Zurückweisung, sondern die Abweisung des Rekurses vor (RIS-Justiz RS0044207; 3 Ob 291/05y uva). Durch den formellen Ausspruch der Zurückweisung des Rekurses kann sich die Rekurswerberin nicht für beschwert erachten (RIS-Justiz RS0122180). Die Revisionsrekursausführungen zur Parteistellung brauchen nicht näher erörtert werden. Selbst bei Bejahung der Parteistellung ist der Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig:

Die bekämpfte Auffassung des Rekursgerichts, dass die Anfechtung der Erbsentschlagungserklärung wegen Irrtums oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage nur mit Erbschaftsklage und nicht im außerstreitigen Verfahren zu erfolgen habe, ist durch oberstgerichtliche Judikatur gedeckt. Dass nach Bindung des Erstgerichts an seinen Einantwortungsbeschluss die Verlassenschaftsabhandlung nicht neuerlich durchzuführen und eine neuerliche Entscheidung über das Erbrecht (§ 161 AußStrG) zu fällen, sondern die nachträgliche Erbansprecherin auf die Erbschaftsklage (§ 823 ABGB) zu verweisen ist, ergibt sich schon deutlich aus dem Gesetzeswortlaut des § 164 ABGB und den Gesetzesmaterialien (EB RV, 224 BlgNR 22. GP 106). In diesem Sinne liegt oberstgerichtliche Judikatur bereits vor (3 Ob 272/07g; 4 Ob 50/08v).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht.

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