Spruch:
Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung über den Rekurs nicht zuständig.
Das Rechtsmittel wird dem Oberlandesgericht Innsbruck überwiesen.
Text
Begründung
Mit dem angefochtenen Beschluss verhängte das Landesgericht Innsbruck als Erstgericht in einem Ablehnungsverfahren über die Mutter der beiden Pflegebefohlenen eine Ordnungsstrafe von 400 EUR, weil sie in der von ihr persönlich verfassten Ablehnung des Erstrichters im Pflegschaftsverfahren, eines Gerichtsvorstehers, gegen diesen Beleidigungen, Unterstellungen wider besseres Wissen und Verleumdungen geäußert habe.
Ihren (wieder von ihr selbst unterschriebenen und) an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rekurs gegen diese Entscheidung legte das Landesgericht Innsbruck diesem zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung über dieses Rechtsmittel nicht zuständig.
a) Nach ständiger Rechtsprechung geht bei Verhängung einer Ordnungsstrafe durch das Rekurs- oder Berufungsgericht der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof, wobei der Rekurs unabhängig von der Höhe der Ordnungsstrafe oder dem Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig ist (RIS-Justiz RS0121603 zum AußStrG; RS0036270 zur ZPO).
Gegen die in erster Instanz von den Landesgerichten gefassten Entscheidungen geht zufolge § 4 erster Halbsatz JN der Rechtszug in zweiter Instanz (Berufung, Rekurs) an die Oberlandesgerichte. Nur in dritter Instanz wäre nach dem zweiten Halbsatz dieser Norm der Oberste Gerichtshof zuständig. Ein solches drittinstanzliches Rechtsmittel liegt hier - ungeachtet der darin erfolgten Anrufung des Höchstgerichts - jedoch nicht vor, weil das Landesgericht Innsbruck als nach § 23 JN in erster Instanz für die Behandlung der Ablehnung des Gerichtsvorstehers zuständiges Gericht entschied, wobei die Verhängung der Ordnungsstrafe - wegen des dem Ablehnungsverfahren zu Grunde liegenden Pflegschaftsverfahrens - nach § 22 AußStrG (iVm § 86 ZPO) erfolgte. Bei der Ablehnung handelt es sich gerade nicht um ein Rechtsmittel iSd § 4 JN, womit auch die Rechtsprechung im Einklang steht, dass über die Ablehnung in zweiter (und letzter Instanz) das Oberlandesgericht entscheidet, wenn in erster Instanz ein Landesgericht entschied (6 Ob 99/04h; 10 Ob 32/05m = EFSlg 111.738 mwN; RIS-Justiz RS0119847). Anders wäre es nur, wenn das Landesgericht Innsbruck als Rekursgericht im Außerstreitverfahren eine Ordnungsstrafe verhängt hätte; dann ginge der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof (9 Ob 136/06z = RZ 2007, 120 EÜ 196 ua; RIS-Justiz RS0121603).
Nach zutreffender Ansicht hätte das Erstgericht das Rechtsmittel der Ablehnungswerberin dem örtlich zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz als Rekursgericht und nicht dem unrichtig als Rekursgericht bezeichneten Obersten Gerichtshof vorlegen müssen (Fucik/Kloiber, AußStrG § 51 Rz 1 unter Berufung auf Kodek in Rechberger² [richtig] § 469 ZPO Rz 1 [ebendort nunmehr in der dritten Auflage]).
b) Anders als die ZPO (§ 474 Abs 1) enthält nun das AußStrG keine Regeln zur Überweisung eines dem unzuständigen Rechtsmittelgericht vorgelegten Rechtsmittels an das zuständige. Die daraus resultierende Lücke ist mittels Rechtsanalogie zu schließen. Sowohl der ua für Außerstreitverfahren geltende § 44 Abs 1 JN als auch die oben genannte Regel des Berufungsverfahrens nach der ZPO sehen eine Überweisung der Rechtssache bzw des Rechtsmittels an das zuständige (laut JN „nicht offenbar unzuständige") Gericht vor. Dass auch das Rechtsmittelgericht, auf das die Entscheidungskompetenz aufgrund eines zulässigen Rechtsmittels übergeht, als angerufenes Gericht iSd § 44 Abs 1 JN anzusehen ist, entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats (3 Ob 113-148/94 = SZ 68/81 = JBl 1996, 59; 3 Ob 393/97h, 394/97f mwN, allerdings mit der Einschränkung, dass ein zulässiges Rechtsmittel vorliegt). Außerdem sieht in einem besonderen Fall (sachliche Unzuständigkeit des Gerichts, von dem der angefochtene Beschluss stammt) das AußStrG selbst (§ 56 Abs 2) eine Überweisungsmöglichkeit im Rechtsmittelverfahren vor. Zudem käme mangels einer solchen Überweisungsmöglichkeit im vorliegenden Fall nur die Zurückweisung des Rechtsmittels in Betracht, was wohl die sofortige formelle Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung nach sich zöge, oder aber die Rückstellung der Akten an das Gericht erster Instanz. Dieses hätte dann selbst die Vorlage des Rechtsmittels an das zuständige Rechtsmittelgericht vorzunehmen. Gegen erstere Ansicht spricht neben maßgeblichen Rechtsschutzgesichtspunkten auch, dass die Zurückweisung eines Rechtsmittels - durch das Rekursgericht - außer bei Verspätung nur bei Unzulässigkeit, soweit nicht § 46 Abs 3 anzuwenden ist, vorgesehen ist (§ 54 Abs 1 Z 1 AußStrG), worunter aber wohl die Anrufung des falschen Rechtsmittelgerichts nicht zu subsumieren ist (vgl Fucik/Kloiber aaO § 54 Rz 2). Eine direkte Überweisung analog § 474 Abs 1 ZPO spart dagegen gegenüber der Alternative der Zurückstellung Zeit und Verfahrensaufwand. Ihr ist daher nach Auffassung des erkennenden Senats eindeutig der Vorzug zu geben. Daraus folgt:
Auch im Außerstreitverfahren hat das unzuständige Rechtsmittelgericht, dem ein Rechtsmittel vorgelegt wird, in analoger Anwendung des § 474 Abs 1 ZPO dieses dem zuständigen Rechtsmittelgericht zu überweisen.
Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden.
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