European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0030OB00233.13F.1219.000
Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 447,98 EUR (darin 74,66 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger nahm am 5. Oktober 2010 im Institut der Beklagten eine Fußpflege in Anspruch. Am 10. Oktober 2010 kam der Kläger wieder in das Institut der Beklagten und zeigte ihr eine münzgroße rote Stelle am Fußrücken. Fünf Tage später wandte sich der Kläger aufgrund einer offenen Stelle am linken Vorfußbereich mit konsekutiver Entzündung an seinen Hausarzt. Eine solche Verletzung kann beim Kläger aufgrund seiner Vorerkrankungen, vor allem weil er insulinpflichtiger Diabetiker ist, spontan auftreten oder durch Bagatelltraumen, wie Anstoßen mit dem Fuß an einem Gegenstand, einem Reiben im Schuh etc, entstehen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Verletzung des Klägers durch die Fußpflegebehandlung im Institut der Beklagten entstand.
Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers auf Leistung von Schadenersatz von 4.363 EUR und auf Feststellung der Haftung der Beklagten für Spät- und Dauerfolgen aus dem Vorfall mit der Begründung ab, dass der Kläger den Kausalitätsnachweis nicht erbracht habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision nachträglich mit der Begründung zu, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob Erleichterungen in Bezug auf die Erbringung des Kausalitätsbeweises, wie sie dem Patienten im Fall eines ärztlichen Behandlungsfehlers zugestanden würden, auch dem Kläger als Kunden einer Fußpflegerin zugutekämen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers, mit der er weiterhin die vollinhaltliche Stattgebung der Klage anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Das Revisionsvorbringen des Klägers lässt sich dahin zusammenfassen, dass die Rechtsprechung bei ärztlichen Behandlungsfehlern in Bezug auf den Nachweis der Kausalität den Anscheinsbeweis zulasse bzw sogar mit einer Beweislastumkehr arbeite. Der Beruf eines Fußpflegers stehe den ärztlichen Berufen nahe, sodass auch hier die Beweislast für die fehlende Kausalität beim Fußpfleger liege. Weiters macht er in der Revision auch eine Unterlassung der Aufklärung betreffend eine spezielle Fußpflegebehandlung für Diabetiker geltend.
Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage dargestellt.
Das Erstgericht hat die ‑ vom Berufungsgericht übernommenen ‑ Feststellungen getroffen, dass eine solche Verletzung, wie sie beim Kläger aufgetreten ist, aufgrund seiner Vorerkrankungen spontan auftreten oder durch Bagatelltraumen wie Anstoßen mit dem Fuß an einem Gegenstand, einem Reiben im Schuh etc entstehen kann; es konnte nicht festgestellt werden, dass die Verletzung des Klägers durch die Fußpflegebehandlung im Institut der Beklagten entstanden war.
Es bedarf keiner näheren Erklärung, dass angesichts der Vielzahl von denkbaren Geschehensabläufen, die zu der Verletzung des Klägers geführt haben können, mangels eines typischen Geschehensablaufs ein Anscheinsbeweis nicht zum Tragen kommt.
In der Rechtsprechung zum Kausalitätsbeweis bei ärztlichen Behandlungsfehlern wird zuweilen betont, dass geringere Anforderungen an den Kausalitätsbeweis gestellt würden. Eine genauere Analyse zeigt, dass in vielen Fällen damit bloß der allgemein anerkannte Anscheinsbeweis gemeint ist. Zum Teil wird es auch als Beweiserleichterung angesehen, dass der Beweis der Verursachung schon dann als vom Geschädigten als erbracht gilt, wenn diese lediglich mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei (RIS‑Justiz RS0026412; 2 Ob 590/92 = JBl 1994, 540 [Bollenberger]). Dies entspricht aber ohnehin dem von der Rechtsprechung angenommenen „Regelbeweismaß“ (RIS‑Justiz RS0110701 ua), sodass insoweit keine Besonderheit des Arzthaftungsprozesses vorliegt (Kletecka, Alternative Verursachungskonkurrenz mit dem Zufall ‑ Die Wahrscheinlichkeit als Haftungsgrund? JBl 2009, 137 [140 f]).
Die Beweiserleichterung bezieht sich vielmehr darauf, dass dann, wenn ein ärztlicher Behandlungsfehler feststeht, unter gewissen Voraussetzungen eine Beweislastumkehr zu Lasten des Arztes eintritt (RIS‑Justiz RS0038222; 1 Ob 138/07m). Die jüngere Rechtsprechung umschreibt dies so: Wenn unzweifelhaft ist, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts durch den ärztlichen Kunstfehler nicht bloß unwesentlich erhöht wurde, hat der belangte Arzt (oder Krankenanstaltenträger) zu beweisen, dass die ihm zuzurechnende Sorgfaltsverletzung „mit größter Wahrscheinlichkeit“ nicht kausal für den Schaden des Patienten war (RIS‑Justiz RS0026209 [T6], RS0038222 [T11] ua).
Es ist nochmals zu betonen, dass diese Beweislastumkehr zu Lasten des behandelnden Arztes erst dann zur Anwendung kommt, wenn vorher der geschädigte Patient den Nachweis eines Behandlungsfehlers erbracht hat (vgl RIS‑Justiz RS0038222: „zumal ein festgestellter schuldhafter Behandlungsfehler auf einen nachteiligen Kausalverlauf geradezu hinweist“).
Da der Kläger den ihm obliegenden Nachweis eines Behandlungsfehlers nicht erbracht hat, stellt sich die in der Revision in den Vordergrund gestellte Frage nicht, ob die Beweislastumkehr auch bei einer Fußpflege gilt.
Auf eine Verletzung der Aufklärungspflicht bzw das Unterlassen einer Aufklärung hat sich der Kläger im Verfahren erster Instanz nicht gestützt; das entsprechende Revisionsvorbringen verstößt gegen das Neuerungsverbot.
Da in der Revision keine erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht wird, ist sie als unzulässig zurückzuweisen.
Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, weshalb ihr der Kläger ‑ ungeachtet der ihm bewilligten Verfahrenshilfe ‑ die Kosten der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Revisionsbeantwortung zu ersetzen hat (§§ 41 und 50 ZPO).
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