OGH 3Ob216/01p

OGH3Ob216/01p30.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei Helga H***** , vertreten durch Dr. Christine Fädler, Rechtsanwältin in Wien, gegen die verpflichtete Partei Chizuru I*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Dr. Peter Mardetschläger und Mag. August Schulz, Rechtsanwälte in Wien, wegen Duldung der Hereinbringungsexekution infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 8. Juni 2001, GZ 17 R 101/01z-43, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 5. April 2001, GZ 26 Cg 70/99a-35, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichts richtet, zurückgewiesen.

2.) In Ansehung des abändernden Teils der Rekursentscheidung wird der Akt dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seine Entscheidung durch einen Ausspruch darüber zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insoweit 52.000 S übersteigt.

3.) Die Revisionsrekursbeantwortung der betreibenden Partei wird zurückgewiesen.

4.) Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Begründung

Die Betreibende hat gegen den Ehegatten der Verpflichteten aufgrund rechtskräftigen und vollstreckbaren Urteils eine Forderung von 1,227.782 S sA. Die Betreibende hat die an die Verpflichtete erfolgte Schenkung einer näher bezeichneten Liegenschaft angefochten, die Klage wurde gemäß § 20 AnfO im Grundbuch angemerkt. Das Erstgericht verhielt mit Urteil vom 28. März 2001 unter Annahme des Anfechtungstatbestands des § 13 AnfO die Verpflichtete dazu, die Exekution in die Liegenschaft zur Hereinbringung der Forderung von 1,227.771 S und 106.615,60 S je sA zu dulden und der Klägerin die mit 117.868 S bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die Verpflichtete erhob dagegen Berufung.

Die Klägerin (und nunmehr Betreibende) beantragte beim Erstgericht die Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung ihrer Geldforderungen von 1,227.771 S und 106.615,60 S je sA, der Prozesskostenforderung von 117.869 S samt 4 % Zinsen und der Kosten des Exekutionsantrags durch Vormerkung des Pfandrechts auf der im Titel genannten Liegenschaft der Verpflichteten.

Das Erstgericht wies den Antrag, soweit die Sicherstellung der Forderungen von 1,227.771 S und 106.615,60 S je sA begehrt wurde, ab, bewilligte jedoch die Exekution zur Sicherstellung der Kostenforderung von 117.869 S sA und der Kosten des Exekutionsantrags von 6.185,62 S. Die Abweisung begründete der Erstrichter im Wesentlichen damit, dass der Betreibenden in der Hauptsache zwar ein Anfechtungsanspruch, aber keine Geldforderung iSd § 370 EO zustehe. Das Rekursgericht bestätigte den stattgebenden Teil des erstgerichtlichen Beschlusses und änderte den abweisenden Teil desselben dahin ab, dass es die beantragte Sicherstellungsexekution zur Gänze bewilligte. Es behielt die weiteren Anordnungen gemäß § 527 Abs 1 ZPO dem Erstgericht vor und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Einen Bewertungsausspruch enthält die Rekursentscheidung nicht, weil sich das Rekursgericht (entgegen der Entscheidung SZ 10/17) der Ansicht von Konecny (in WoBl 1991, 145, insb 148) und Schimik (Die Exekution zur Sicherstellung 31) anschloss, wonach es sich bei einem Anfechtungsanspruch um eine Geldforderung handle, wenngleich nur ein beschränkter Haftungsfonds offenstehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Verpflichteten, mit dem sie die gänzliche Abweisung des Exekutionsantrags anstrebt; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil der Rekursentscheidung richtet, jedenfalls unzulässig. Im übrigen steht noch nicht fest, ob überhaupt ein zulässiges Rechtsmittel vorliegt.

a) Zum bestätigenden Teil der Rekursentscheidung: Jedenfalls bei der Exekutionsbewilligung kommt eine Zusammenrechnung der betriebenen Forderung in der Hauptsache und im Kostenpunkt nicht in Betracht, weil den beiden Ansprüchen, wie gerade auch der vorliegende Fall zeigt, ein unterschiedliches Schicksal beschieden sein kann. Soweit daher die Vorinstanzen übereinstimmend die Exekution zur Sicherstellung der Kostenforderungen aus dem Titelurteil und der Exekutionsbewilligung bewilligten, liegt eine voll bestätigende Entscheidung vor, die gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unanfechtbar ist, weil im Exekutionsverfahren der Fall einer Klagezurückweisung aus formellen Gründen ohne Sachentscheidung nicht in Betracht kommt. Insoweit ist daher der Revisionsrekurs der Verpflichteten zurückzuweisen.

b) Zum abändernden Teil der Rekursentscheidung: Für die Frage der Notwendigkeit der Bewertung des weiteren Entscheidungsgegenstands kommt es darauf an, ob er einem Geldbetrag entspricht (vgl die von Kodek in Rechberger, ZPO2, § 500 Rz 5 angeführten Entscheidungen). Der abändernde Teil des zweitinstanzlichen Beschlusses betrifft einen Antrag der betreibenden Partei auf Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung "der Forderung von 1,227.771 S und 106.615,60 S" je sA. In Wahrheit ergibt sich aus dem (von der Verpflichteten als Beklagter bekämpften) Exekutionstitel keine Zahlungsverpflichtung der Verpflichteten. Sie wurde vielmehr schuldig erkannt, zur Hereinbringung der genannten vollstreckbaren Forderungen der Klägerin gegen einen Dritten (Primärforderung, Hauptforderung) die Exekution in die ihr geschenkte Liegenschaft zu dulden. Wie sich aus dem Exekutionstitel ergibt, handelt es sich um einen Anfechtungsanspruch nach § 8 AnfO. Die Anfechtung ist gemäß § 8 AnfO grundsätzlich nur für Geldforderungen zulässig; zugunsten anderer Ansprüche nur insofern, als der Geldersatzanspruch an die Stelle des ursprünglichen Leistungsgegenstands getreten ist (8 Ob 2024/96x = SZ 69/71 = MietSlg 48.035). Ist durch die anfechtbare Rechtshandlung eine Sache an den Anfechtungsgegner (hier: Verpflichtete) veräußert worden, so kann der Gläubiger (hier Betreibende) nicht die Übergabe der Sache fordern; die regelmäßige Naturalleistung des Anfechtungsgegners besteht darin, dass er dem Gläubiger zur Hereinbringung seiner Geldforderung die Exekution auf die Sache gestattet, als ob die Sache vom Schuldner nicht veräußert worden wäre (EvBl 1975/95; RIS-Justiz RS0050305). Gleiches gilt für eine Schenkung der Sache. Anfechtungsansprüche begründen eben Leistungsklagen; die Leistung kann auch in einem Dulden bestehen.

Schon das Rekursgericht führte zutreffend aus, der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung SZ 10/17 in einem gleichgelagerten Fall den Antrag auf Bewilligung der Sicherstellungsexekution für einen derartigen Anspruch mit der Begründung verweigert, es handle sich um keine Geldforderung iSd § 370 EO, sondern um einen "anderen" Anspruch. Ein Bewertungsausspruch könnte nur dann unterbleiben, wenn man in Abkehr von der bisherigen stRsp mit dem Rekursgericht den betriebenen Anspruch als Geldforderung iSd § 370 EO qualifizieren würde.

Nach der stRsp des Obersten Gerichtshofs handelt es sich bei Anfechtungsansprüchen (nach der KO oder der AnfO) um "andere Ansprüche" iSd § 381 EO (ÖBA 1995, 311; SZ 67/226, je mwN u.a.; Heller/Berger/Stix, EO4 2811; weitere Nachweise bei Zechner, Exekution zur Sicherstellung und einstweilige Verfügung, § 378 Rz 7 und bei Konecny, Gerichtliche Sicherungsmaßnahmen gegen exekutionsvereitelnde oder exekutionserschwerende Bestandverträge, in WoBl 1991, 145 ff [148 f] mwN in FN 27), ausgenommen den - hier allerdings nicht vorliegenden - Fall, dass dem Anfechtungsgläubiger durch die anfechtbare Handlung Geld entzogen wurde und er daher selbst Geld beanspruchen kann (SZ 53/46; Petschek/Riemer/Schiemer, Insolvenzrecht 389). Auch Klicka (in Angst, EO, § 370 Rz 2) zählt den Anfechtungsanspruch nicht zu den Geldansprüchen. Entsprechend dieser Rsp hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass bei einem Anfechtungsanspruch auf Duldung einer Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung der Streitgegenstand nicht in einem Geldbetrag besteht, weshalb eine Bewertung durch das Rechtsmittelgericht erforderlich ist (3 Ob 114/74 und weitere E zu RIS-Justiz RS0042300). Dieser allgemeinen Qualifikation entgegnet Konecny (EV 151 ff; Anm zu 6 Ob 504/94 = ÖBA 1995, 311 [313]; WoBl 1991, 148 f; ihm beitretend König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren2 Rz 2/41 mwN in FN 130 ff; Zechner aaO Rz 7; Schimik,

Die Exekution zur Sicherstellung 31), die Sicherung eines Anfechtungsanspruchs beziehe sich auch dann auf eine Geldforderung, wenn die gefährdete Partei auf einen vom Gegner in anfechtbarer Weise erworbenen Vermögenswert mit einem Klagebegehren, die Exekution in diesen Vermögenswert zu dulden, greifen will. Derartige Begrenzungen des Haftungsfonds änderten nichts an der Rechtsnatur des Anspruchs. Für die Einordnung eines Anspruchs sei bloß maßgeblich, ob sich der Titel auf die zwangsweise Hereinbringung eines Geldbetrags aus dem Vermögen des Verpflichteten oder auf die Erwirkung einer anderen Leistung beziehe.

Der erkennende Senat vermag dieser Auffassung nicht beizutreten:

Im Hinblick auf die Subsidiarität der einstweiligen Verfügung nach § 379 EO zur Sicherstellungsexekution (§ 379 Abs 1 EO) müsste in gleicher Weise auch für die einstweilige Verfügung dieselbe Abgrenzung vorgenommen werden. Gerade wegen der notwendigen Grenzziehung zwischen den Anwendungsbereichen der §§ 379 und 381 EO sieht sich der erkennende Senat jedoch nicht veranlasst, von der stRsp abzugehen. Zwar mag es zutreffen, dass durch die Begrenzung des Haftungsfonds eine Geldforderung ihren Charakter noch nicht verliert (Konecny in WoBl 1991, 145 [148 f]; Zechner aaO § 378 Rz 7; König, Einstweilige Verfügung2 Rz 2/41); diese Überlegungen treffen jedoch für Anfechtungen nach der AnfO nicht zu. Nach § 13 Abs 1 AnfO kann der Gläubiger das, was durch die anfechtbare Handlung dem Vermögen des Schuldners entgangen oder daraus veräußert oder aufgegeben wurde, soweit für sich beanspruchen, als es zu seiner Befriedigung erforderlich ist. Nur wenn dies nicht tunlich ist, hat der Anfechtungsgegner Ersatz zu leisten, erst dann entsteht also eine Geldforderung. Voraussetzung nach der AnfO ist zufolge ihres § 8 Abs 1 eine vollstreckbare Geldforderung (SZ 7/352 und weitere E zu RIS-Justiz RS0050430; zuletzt SZ 69/71). Wird dem Gläubiger durch anfechtbare Handlung (wie hier) ein Exekutionsobjekt dadurch entzogen, dass dieses einem Dritten veräußert oder verschenkt wird, sichert die Anfechtung (vergleichbar einer Klage nach § 10 EO) lediglich, dass die gegenüber dem Schuldner der vollstreckbaren Forderung bestehende Geldforderung in das Vermögen des Anfechtungsgegners vollstreckt werden kann. Es ist daher zu kurz geschlossen, wenn Konecny (aaO) die Auffassung vertritt, wegen der Vollstreckbarkeit der Forderung des Anfechtungsgläubigers nach den §§ 87 bis 345 EO bestehe auch dem Anfechtungsgegner gegenüber eine Geldforderung. Der Anfechtungsgegner ist nämlich nicht zu einer Zahlung, sondern nur zu einer Duldung verpflichtet, ihm persönlich gegenüber wird nur die gegenüber dem Hauptschuldner bestehende Geldforderung in sein Vermögen vollstreckt. Im Übrigen müsste man bei Subsumierung derartiger Ansprüche unter § 379 EO die Anwendbarkeit der darin genannten Sicherungsmittel, ua nach dem mit der EO-Novelle 2000 eingeführten § 379 Abs 2 Z 5 EO auch ein Verbot der Veräußerung und Belastung von anderen Liegenschaften, entgegen der allgemeinen Regel (Kodek in Angst, EO, § 379 Rz 17, § 382 Rz 12) einschränken, weil eben dem Anfechtungsgegner gegenüber eine Vollstreckung in andere Vermögensgegenstände als die im Titel genannte Liegenschaft nicht in Betracht kommt; erhielte doch sonst der Anfechtungsgläubiger durch die einstweilige Verfügung etwas anderes oder mehr, als er durch Zwangsvollstreckung erreichen könnte. Nach stRsp darf mit einstweiliger Verfügung nichts bewilligt werden, worauf die gefährdete Partei auch bei einem Erfolg im Hauptverfahren keinen Anspruch hätte (Kodek in Angst, EO, § 378 Rz 2 mN). Im Gegensatz zu § 379 EO schränkt § 382 Abs 1 Z 1, 2 und 6 EO die Sicherungsmittel auf diejenigen Sachen des Antragsgegners ein, auf die sich der zu sichernde Anspruch bezieht, weshalb sich diese Sicherungsmittel ohne weiteres zur Sicherung von Ansprüchen auf Duldung der Exekution in eine bestimmte Sache eignen.

Auch die E 5 Ob 526/95 = EvBl 1996/111 spricht nicht gegen die vorgenommene Lösung, war doch dort bei einem aus dem Titel der Pflichtteilsergänzung (§ 951 ABGB) gestellten Leistungsbegehren auf Zahlung von 3 Mio S sA nur der Haftungsfonds beschränkt, wogegen im vorliegenden Fall ein Zahlungsbegehren fehlt.

Die Sicherung eines Anfechtungsanspruchs erfolgt - abgesehen vom Fall des § 20 AnfO, mag er auch nicht den Befriedigungsrang des Anfechtungsklägers sichern (3 Ob 118/90 = SZ 63/159 = JBl 1991, 323 = ÖBA 1991, 281 [Hoyer]; 6 Ob 263/01x u.a.; RIS-Justiz RS0050405, RS0050390) - nach den Bestimmungen der EO unter den dort normierten Voraussetzungen (RIS-Justiz RS0005025). Bei entsprechender Gefahrenbescheinigung könnte eine einstweilige Verfügung (§§ 381 ff EO) im Rahmen des Hauptanspruchs, etwa ein Veräußerungs- und Belastungsverbot (§ 382 Abs 1 Z 6 EO) erlassen werden (SZ 67/226; 6 Ob 263/01x u.a.; Kodek in Angst, EO, § 381 Rz 2 mwN). Aus diesen Erwägungen kann der Qualifikation des hier betriebenen Anspruchs durch das Rekursgericht als Geldforderung nicht beigepflichtet werden.

Die zweite Instanz wird demnach seine Entscheidung durch einen Ausspruch zu ergänzen haben, ob der Wert seines Entscheidungsgegenstands 52.000 S übersteigt, bejahendenfalls, ob er 260.000 S übersteigt (§ 78 EO iVm § 526 Abs 3 und § 500 Abs 2 Z 1 ZPO). Für den Fall, dass es - was in Betracht kommt, wenn der Wert der Liegenschaft sehr gering ist - den Wert des Entscheidungsgegenstands als 52.000 S nicht übersteigend bewertet, wird es gemäß § 78 EO iVm § 523 ZPO den Revisionsrekurs, soweit er vom Obersten Gerichtshof noch nicht erledigt wurde, zurückzuweisen haben.

c) Die Betreibende erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung. Da der Rekurs (und auch der Revisionsrekurs) im Verfahren nach der EO (sieht man von den hier nicht vorliegenden Ausnahmen nach § 84 Abs 1 und § 402 Abs 1 EO ab) einseitig ist, weil Fälle des § 521a ZPO nicht denkbar sind, ist die unzulässige Revisionsrekursbeantwortung zurückzuweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 EO iVm § 52 ZPO.

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