OGH 3Ob21/15g

OGH3Ob21/15g20.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Erlagssache der Erlegerin S***** GmbH, *****, vertreten durch Andreewitch & Simon, Rechtsanwälte in Wien, wider die Erlagsgegner 1. V*****gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Hon.‑Prof. Mag. Mag. Mag. Dr. Dr. Dr. Dieter G. Kindel, Rechtsanwalt in Wien, und 2. H.***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Romuald Artmann, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, wegen Ausfolgung und Einziehung, über den Revisionsrekurs der Ersterlagsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. November 2014, GZ 45 R 363/14m‑97, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 27. Juni 2014, GZ 13 Nc 11/05w‑90, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00021.15G.0520.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Ersterlagsgegnerin ist ‑ ungeachtet den nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) ‑ nicht zulässig, weil darin keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wird. Das ist wie folgt kurz zu begründen (§ 71 Abs 3 AußStrG), wobei auf die Entscheidung des erkennenden Senats im ersten Rechtsgang (3 Ob 156/13g) verwiesen und an diese angeknüpft wird:

1. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0121265) können die in § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG genannten Mängel, wozu auch die qualifiziert mangelhafte Begründung eines Beschlusses zählt (§ 57 Z 1 AußStrG), auch dann in einem Revisionsrekurs geltend gemacht werden, wenn sie ‑ wie hier ‑ vom Rekursgericht verneint worden sind. § 57 Z 1 AußStrG entspricht inhaltlich im Wesentlichen § 477 Abs 1 Z 9 ZPO (RIS‑Justiz RS0121710).

Der im Rekurs monierte schwere Verstoß des Erstgerichts gegen Verfahrensgrundsätze kann nicht mehr aufgegriffen werden, weil das Rekursgericht die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung ‑ im Sinne ihrer Überprüfbarkeit ‑ ausreichend ergänzt und dargelegt hat (3 Ob 73/12z mwN). Die geltend gemachte „Nichtigkeit“ des erstgerichtlichen Beschlusses liegt daher nicht vor. Eine solche des Rekursverfahrens/der Rekursentscheidung wird im Revisionsrekurs gar nicht geltend gemacht.

2. Ob eine Zustimmung zur Ausfolgung an einen weiteren Erlagsgegner nur ausdrücklich erklärt werden kann (so RIS‑Justiz RS0033598 = 7 Ob 33/55 EvBl 1955/181, 311) oder auch konkludent, kann hier dahingestellt bleiben, weil die Rechtsansicht der Vorinstanzen, im vorliegenden (Einzel‑)Fall sei eine schlüssige Zustimmung zu verneinen, jedenfalls vertretbar ist.

Die Ersterlagsgegnerin (1.EG) erblickt die konkludente Zustimmung der Zweiterlagsgegnerin (2.EG) darin, dass diese die seinerzeitige Abweisung des im eigenen Namen gestellten Ausfolgungsantrags durch den Beschluss des Erstgerichts vom 8. Juni 2012, ON 54, unbekämpft ließ. Diese Einschätzung übergeht Folgendes:

Mit dem Beschluss ON 54 wurde nicht nur der Ausfolgungsantrag der 2.EG, sondern auch jener der 1.EG abgewiesen und gleichzeitig der Einzug des Erlags ausgespochen. Deshalb ergab sich aus dem Akzeptieren der Abweisung des eigenen Ausfolgungsantrags durch die 2.EG nicht die Ausfolgung an die 1.EG als unmittelbare Konsequenz. Die von der 1.EG nunmehr daraus gezogene Schlussfolgerung erweist sich daher nicht als zwingend.

Außerdem ist zu bedenken, dass die Verkäuferin zunächst versuchte, sich am Ausfolgungsverfahren mit dem Argument, die 2.EG sei nunmehr die Verkäuferin, anstatt der 2.EG zu beteiligen (ON 52); auch der (bereits bei Zustellung des Beschlusses ON 54 bestellte) Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Verkäuferin vertrat die Meinung, die Verkäuferin sei bereits ursprünglich bei Fällung des Annahmebeschlusses die materiell Berechtigte gewesen, weil die ursprüngliche 2.EG nur Vertreterin und Zahlstelle der Verkäuferin gewesen sei und seit Einstellung deren Geschäftstätigkeit die Verkäuferin selber einschreite, sodass kein Parteiwechsel vorliege (ON 73 und 74). Da die 2.EG diesen ‑ allerdings rechtsirrigen (vgl 3 Ob 156/13g) ‑ Argumentationen nie entgegentrat, ist auch in Betracht zu ziehen, dass sie nach Zustellung des Beschlusses ON 54 davon ausging, sie habe keine Parteistellung im Ausfolgungsverfahren (mehr) und deshalb eine Rekurserhebung unterließ.

Unter den aufgezeigten Umständen bestehen begründete Zweifel daran, die 2.EG habe durch das Unterlassen eines Rechtsmittels gegen den Beschluss ON 54 ihre Zustimmung zur Ausfolgung an die Ersterlagsgegnerin erklären wollen. Schon deshalb ist die Verneinung einer schlüssigen Zustimmungserklärung iSd § 863 ABGB durch die Vorinstanzen nicht zu beanstanden.

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