Spruch:
Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 1.074,37 EUR (darin 179,06 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte war Eigentümerin einer Betriebsliegenschaft (in der Folge „Liegenschaft“) samt zwei darauf errichteten Hallen und darin montierten Krananlagen. Die beiden Hallenkräne waren derart montiert, dass auf den Längsseiten der beiden Hallen jeweils unterhalb der Decke Schienen mit der Hallenwand (lediglich) verschraubt waren; darauf war ein Stahlträger mit einer Hebevorrichtung eingehängt, der bewegt werden konnte.
Nach Bewilligung der Zwangsversteigerung der Liegenschaft wurde ein Bewertungsgutachten eingeholt, in dem der Sachverständige unter Punkt B.7 „Zubehör“ Folgendes ausführte:
„Die Bewertung einer Liegenschaft beinhaltet grundsätzlich alle auf dem Grundstück errichteten Gebäude und das darin eingebaute und fix montierte Zubehör sowie auch alle Gebäudeausstattungen wie vorhandene Installationen, Sanitäreinrichtungen, Heizungsanlage etc. Weiters sind alle anderen Baulichkeiten und Sonderbauwerke wie Außenanlagen, Einfriedungen und sonstige Gartengestaltungsbauwerke sowie auch alle Ver- und Entsorgungseinrichtungen und Anlagen etc im ermittelten Verkehrswert berücksichtigt. Die auf der Liegenschaft oder in den Gebäuden sonst noch vorhandenen Fahrnisse wie spezielle Wohnungseinrichtungen, Möblierungen, Gerätschaften, Haus- bzw Zierrat, ev. lagernde Materialien oder ähnliches sind im nachfolgend errechneten Verkehrswert nicht enthalten.“
In Punkt 4 unter dem Titel „Beschreibung der auf der Liegenschaft bestehenden Baulichkeiten“ findet sich unter Punkt 4.2.1 ua der Satz:
„Die Stahlbauhalle ist mit einem 5 to Hallenkran ausgestattet. Die Alu-Halle ist mit einem 3,2 to Hallenkran ausgestattet.“
Der Sachverständige gelangte zu einem Verkehrswert der Liegenschaft von 1.000.000 EUR. Mit Beschluss vom 16. März 2009 gab das Exekutionsgericht den Schätzwert der Liegenschaft bekannt: Schätzwert ausschließlich des Zubehörs: 1.000.000, EUR; Zubehör: keines. Eine zweite Eingabe der Beklagten mit Einwendungen betreffend die Hallenkräne wies das Gericht zurück. Im Versteigerungsedikt (./4) finden sich ua folgende Angaben:
Schätzwert samt Zubehör 1.000.000,00 EUR
geringstes Gebot 500.000,00 EUR
kein Zubehör
Vor Beginn des Bietens im Versteigerungstermin am 27. Jänner 2010 wurde ausdrücklich der Versteigerungsgegenstand erörtert. Der Beklagtenvertreter brachte vor, dass die Kräne seiner Auffassung nach nicht mitgeschätzt worden seien. Die den Versteigerungstermin leitende Richterin ging davon aus, dass es sich bei den beiden Hallenkränen um bewegliche, nicht mit dem Gebäude fix verbundene Sachen handle, weshalb sie klarstellte, dass ohnedies nur das Betriebsgrundstück samt den darauf befindlichen Gebäuden zur Versteigerung gelange. Die Liegenschaft wurde schließlich den Klägern je zur Hälfte um das Meistbot von 600.000 EUR zugeschlagen. Die Zuschlagserteilung bezieht sich nach der Ausfertigung des Beschlusses über die Erteilung des Zuschlags auf die Liegenschaft „samt dem im Schätzungsprotokoll verzeichneten Zubehör“.
Bei Räumung der Liegenschaft stellte sich heraus, dass die Hallenkräne demontiert und verbracht worden waren.
Die Kläger begehren die Herausgabe der Hallenkräne. Da diese Kräne unselbständige, nicht sonderrechtsfähige Bestandteile der Gebäude auf der Liegenschaft gewesen seien, hätten die Kläger mit Erteilung des Zuschlags auch an den Kränen Eigentum erworben.
Die Beklagte wandte ein, dass die Kläger an den Kränen kein Eigentum erworben hätten, zumal (auch) diese im Bewertungsgutachten nicht enthalten gewesen seien. Außerdem habe auch die Richterin im Versteigerungstermin die Auffassung vertreten, dass die Kräne nicht mitversteigert würden.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Für den Umfang des Eigentumserwerbs seien die Beschreibung und Schätzung des Exekutionsobjekts sowie das Versteigerungsedikt maßgebend. Da die beiden Hallenkräne nicht als Zubehör im Schätzungsprotokoll und im Versteigerungsedikt aufgeschienen seien, darüber hinaus die Leiterin der Versteigerung vor deren Beginn explizit darauf hingewiesen habe, dass lediglich die Betriebsliegenschaft mitsamt den Gebäuden zur Versteigerung gelange, seien die beiden Kräne vom Zuschlag nicht umfasst gewesen.
Das Berufungsgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung im klagestattgebenden Sinn ab. Nach neuerer höchstgerichtlicher Rechtsprechung sei für den Eigentumserwerb des Erstehers in erster Linie der Inhalt der Ausfertigung des Beschlusses über die Erteilung des Zuschlags maßgebend. Der im Zuschlag enthaltene Verweis auf das „Schätzungsprotokoll“ sei iSd § 183 Abs 2 Satz 2 EO als Verweis auf das Schätzungsgutachten aufzufassen, zumal durch die Einfügung der Wortfolge „der Sachverständige“ in § 140 Abs 3 EO mit der EO-Novelle 2003 klargestellt worden sei, dass der Sachverständige neben der Schätzung auch die Beschreibung des Zubehörs durchzuführen habe. Aus der Beschreibung im Schätzungsgutachten ergebe sich eindeutig, dass die beiden Hallenkräne als selbständige Bestandteile und Zubehör im weiteren Sinn umfasst seien. Da ausschließlich auf die schriftliche Ausfertigung der Zuschlagserteilung abzustellen sei, seien mündliche Erklärungen der die Versteigerung führenden Richterin irrelevant.
Das Berufungsgericht ließ die Revision im Hinblick auf drei Fragen zu, nämlich ob der in der schriftlichen Ausfertigung der Zuschlagserteilung enthaltene Verweis auf das „Schätzungsprotokoll“ letztlich als Verweis auf das Schätzungsgutachten (§ 183 Abs 2 Satz 2 EO) verstanden werden könne, ob eine mündliche Erläuterung der die Versteigerungstagsatzung leitenden Richterin zur Ausscheidung einer Sache aus dem „Zubehör“ (§ 156 Abs 2 EO) führen könne und ob es - vor allem angesichts der mehrdeutigen Verwendung des Zubehörbegriffs durch das Exekutionsgericht - gerechtfertigt sei, im Anwendungsbereich der Regelungen der EO über die Zwangsversteigerung von Liegenschaften das Zubehör im engeren Sinn und das Zubehör im weiteren Sinn (selbständige Bestandteile) unterschiedlich zu behandeln.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klageabweisenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die klagenden Parteien beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Die beklagte Partei führt in der Revision aus, dass der Verweis im Zuschlag auf das im „Schätzungsprotokoll“ verzeichnete Zubehör als Verweis auf die Bekanntgabe des Schätzwerts zu werten sei. Dort weise das Exekutionsgericht aber eindeutig darauf hin, dass kein Zubehör geschätzt und mitversteigert werde. Darüber hinaus widerspreche die Zuschlagserteilung dem Inhalt des Versteigerungsedikts und der von der Exekutionsrichterin im Versteigerungstermin geäußerten Rechtsansicht. Für die Beurteilung, ob eine Sache als Zubehör mitversteigert worden sei, sei keineswegs nur der Inhalt des Schätzungsprotokolls, sondern auch der Inhalt der Versteigerungsbedingungen und des Versteigerungsedikts maßgeblich. Die objektive Auslegung durch das Berufungsgericht sei daher unrichtig.
Ferner sei die Ansicht des Berufungsgerichts unrichtig, dass die Frage der Gutgläubigkeit der Kläger keine Rolle spiele, stehe doch zumindest im Raum, dass die Beklagte nicht Eigentümerin der Kräne gewesen sei. Ein Eigentumserwerb an nicht im Eigentum der Beklagten stehenden Gegenständen setze Gutgläubigkeit der Kläger voraus, die aber aufgrund der Äußerungen der die Versteigerung leitenden Richterin fehle.
Dazu wurde erwogen:
1. Maßgebend für den Eigentumserwerb des Erstehers ist - entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht - in erster Linie der Inhalt der Ausfertigung des Beschlusses über die Erteilung des Zuschlags (siehe Angst in Angst 2 § 156 EO Rz 5). Nur wenn sich aus der schriftlichen Beschlussausfertigung über die Zuschlagserteilung kein Hinweis ergibt, ist für den Eigentumserwerb durch Zuschlag der Inhalt des Versteigerungsedikts maßgebend (3 Ob 25/09m = JBl 2009, 793 [Holzner] = immolex 2009/130 [Stibi]; 3 Ob 114/10a).
Im vorliegenden Fall enthält der Beschluss über die Erteilung des Zuschlags Hinweise iSd § 183 Abs 2 Satz 2 EO, indem auf das im „Schätzungsprotokoll“ verzeichnete Zubehör verwiesen wird. Die Frage, ob der Verweis auf das „Schätzungsprotokoll“ letztlich als Verweis auf das in § 183 Abs 2 Satz 2 EO angeführte Schätzungsgutachten verstanden werden kann, betrifft eine Auslegungsfrage, die vom Berufungsgericht durchaus nachvollziehbar gelöst wurde. Dass im Hinblick auf die Bezeichnung „Schätzungsprotokoll“ die Bekanntgabe des Schätzwerts gemeint gewesen sei, weil nur dieses eine einem Protokoll gleichzusetzende Erledigung des Gerichts darstelle, ist im Kontext betrachtet nicht plausibel. Angesichts der früheren gesetzlichen Bezeichnung in § 183 Abs 2 EO in der Fassung BGBl 1955/39 („Schätzungsprotokoll“) spricht viel mehr dafür, dass das Gericht in der Ausfertigung des Beschlusses für die Erteilung des Zuschlags auf das Schätzungsgutachten verwiesen hat.
2. Im Hinblick auf die unter 1. beschriebene Subsidiarität ist demnach im vorliegenden Fall - entgegen den Ausführungen in der Revision - der Inhalt des Versteigerungsedikts nicht maßgeblich. Die Bekanntgabe des Schätzwerts und auch die Äußerungen der die Versteigerung leitenden Richterin spielen für die Frage nach dem Umfang des Eigentumserwerbs keine Rolle. Die vom Erstgericht zitierte Entscheidung GlUNF 7747 (= Angst/Jakusch/Mohr, EO14 § 156 E 22) betraf zwar den Fall, dass an Gegenständen durch Zuschlag kein Eigentum erworben wird, die im Versteigerungstermin ausdrücklich ausgenommen wurden, sie ist angesichts der dargestellten jüngeren Rechtsprechung aber als überholt anzusehen. Dass nach dem Schätzungsgutachten die beiden Kräne als nach den auch im Exekutionsverfahren geltenden sachenrechtlichen Grundsätzen der §§ 294 - 297a ABGB (vgl Neumayr in Burgstaller/Deixler-Hübner § 156 EO Rz 15 mwN) als selbständige Bestandteile und Zubehör im weiteren Sinn mitversteigert werden sollten, wurde vom Rekursgericht in zutreffender, jedenfalls aber vertretbarer Auslegung des Schätzungsgutachtens bejaht. Dieses war Basis für das erlassene Edikt, in dem die Liegenschaft „deutlich“ zu bezeichnen (§ 170 Z 1 EO), das mitzuversteigernde Zubehör „kurz“ zu bezeichnen (§ 170 Z 2 EO) und der Wert der Liegenschaft und des Zubehörs anzugeben war (§ 170 Z 3 EO). Hier wurde verkürzend nur der „Schätzwert samt Zubehör“ mit 1 Mio EUR angegeben. Eine nähere Definition des Zubehörs war nur an Hand des Gutachtens möglich. Grundsätzlich ist die Ausscheidung einer Sache mangels Zubehöreigenschaft spätestens bis zur Rechtskraft des Versteigerungsedikts möglich (RIS-Justiz RS0002757; zur Anfechtbarkeit des Edikts RIS-Justiz RS0118675), nach der Entscheidung 3 Ob 63/06w nur bis zum Versteigerungstermin. Daraus folgt aber, dass der von der Erstrichterin in der Versteigerungstagsatzung ohne Fassung eines Ausscheidungsbeschlusses geäußerten Rechtsmeinung keine den Umfang des Versteigerungsobjekts einschränkende Wirkung zukommen konnte.
3. In erster Instanz wurde festgestellt, dass die Beklagte Eigentümerin der Kräne war. Eine nachträgliche Veräußerung konnte nicht festgestellt werden. Diese für sie nachteiligen Feststellungen wurden von der Beklagten in der Berufungsbeantwortung nicht gerügt (RIS-Justiz RS0112020 [T13]), sodass es ihr in dritter Instanz verwehrt ist, ihr Eigentum zu bestreiten. Steht aber nicht fest, dass die Kräne nicht im Eigentum der Verpflichteten standen, mussten die Vorinstanzen die Gutgläubigkeit des Erwerbs durch die Kläger (vgl RIS-Justiz RS0002863) nicht prüfen.
4. Zur dritten im Zulassungsausspruch als erheblich genannten Rechtsfrage finden sich in der Revision keine Ausführungen, sodass darauf nicht mehr einzugehen ist.
5. Der Revision der Beklagten ist daher nicht Folge zu geben.
Den Klägern steht daher der Ersatz ihrer im Revisionsverfahren entstanden Kosten zu (§§ 50, 41 ZPO).
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