Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht ordnete mit Beschluss vom 24. November 2009, GZ E 430/06a-185, die Übergabe der versteigerten Liegenschaft EZ ***** an den Ersteher sowie die Räumung der Liegenschaft an.
Eine Gesellschaft mit dem Sitz in München, die Mietrechte an der Liegenschaft behauptete, brachte am 21. Dezember 2009 beim Bezirksgericht Peuerbach zu GZ C 491/09 w die Exszindierungsklage ein und stellte den Antrag, die Übergabe der Liegenschaft an den Ersteher bzw die Räumungsexekution bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage aufzuschieben. In ihrem Aufschiebungsantrag brachte sie vor, die Räumungsexekution könne nicht ohne Gefahr eines unersetzlichen Nachteils für sie fortgesetzt werden; dieser Nachteil sei bei einer Räumungsexekution immer und offenkundig gegeben. In eventu werde die Auferlegung einer angemessenen Sicherheit begehrt (ON 201).
Das Erstgericht schob die Übergabe der Liegenschaft an den Ersteher bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Exszindierungsklage auf. Rechtlich ging es davon aus, dass die mit einer Räumung verbundene Unmöglichkeit, das Objekt zur Befriedigung der Wohn- oder Geschäftsinteressen zu benutzen, den von § 44 Abs 1 EO geforderten schwer zu ersetzenden Vermögensnachteil indiziere.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Erstehers Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass es den Antrag auf Aufschiebung der Übergabe der Liegenschaft bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens über die Exszindierungsklage abwies. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR aber nicht 30.000 EUR übersteigend und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Rechtlich ging das Rekursgericht davon aus, dass aus dem - mittlerweile mit Stattgebung der Räumungsklage rechtskräftig beendeten - Räumungsverfahren C 34/08 p des Bezirksgerichts Peuerbach (das eine weitere zwangsversteigerte Liegenschaft der Verpflichteten betraf), amtsbekannt sei, dass die Verpflichtete und deren Ehegatte jeweils wegen des Verbrechens der versuchten betrügerischen Krida rechtskräftig verurteilt worden seien. Die Verpflichtete sei schuldig gesprochen worden, mit ihrem Ehegatten als Mittäter einen Bestandteil ihres Vermögens verringert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen zu vereiteln oder zu schmälern versucht zu haben, in dem sie die beiden in ihrem Alleineigentum stehenden Liegenschaften im Jahr 2004 an eine Gesellschaft um einen monatlichen Mietzins von 1 EUR vermietet und dadurch den Verkehrswert beider Liegenschaften um insgesamt 516.250 EUR gemindert habe; der Ehegatte der Verpflichteten sei schuldig gesprochen worden, zu diesen Taten beigetragen zu haben, indem er diese Tathandlungen initiiert und geplant und nur vier Tage vor dem Vertragsabschluss die Gesellschaft gegründet und als deren Geschäftsführer die Mietverträge in Kenntnis der finanziellen Situation der Verpflichteten und der Sachhaftung der Liegenschaften abgeschlossen habe. Weiters sei dem Rekursgericht aus dem Räumungsverfahren bekannt, dass auch nach den dort getroffenen Feststellungen die Verpflichtete und deren Ehegatte durch den Abschluss des Mietvertrags eine wesentliche Verringerung des Werts der Liegenschaften erreichen hätten wollen. Da der die verfahrensgegenständliche Liegenschaft betreffende Mietvertrag gleich laute, sei die Exszindierungsklage wegen Sittenwidrigkeit bzw Nichtigkeit des Vertrags mit hoher Wahrscheinlichkeit als aussichtslos zu qualifizieren.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Gesellschaft und der Verpflichteten erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig:
1. Nach der Aktenlage wurde nach Erhebung des Rechtsmittels in der Zeit vom 26. bis 31. Mai 2010 die mit Beschluss vom 23. April 2010 (neuerlich) angeordnete Übergabe der Liegenschaft EZ ***** an den Ersteher vollzogen. Die Exekution ist damit beendet (ON 217). Eine bereits beendete Räumungsexekution (hier nach § 156 Abs 2 EO) kann nicht aufgeschoben werden (RIS-Justiz RS0001667). Damit ist aber eine Beschwer der Aufschiebungswerberin infolge Abweisung ihres Antrags in zweiter Instanz nachträglich weggefallen (3 Ob 278/03h). Die Begründung der den Aufschub ablehnenden Entscheidung des Rekursgerichts ist grundsätzlich nicht mehr zu überprüfen, weil dieser Überprüfung nur mehr bloß theoretische Bedeutung zukäme. Dies führt nach ständiger Rechtsprechung zur Zurückweisung des Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0036102).
2. Gemäß § 78 EO iVm § 50 Abs 2 ZPO ist aber die Kostenentscheidung in dritter Instanz so zu treffen, als ob die Beschwer nicht weggefallen wäre (RIS-Justiz RS0036102). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufschiebungswerberin explizit von der Offenkundigkeit eines ihr mangels Aufschiebung drohenden unwiederbringlichen Vermögensschadens iSd § 44 Abs 1 EO ausging. Nach der neueren Rechtsprechung (eingehend 3 Ob 63/04t; zustimmend Jakusch in Angst EO² § 44 Rz 9) ist aber diese Offenkundigkeit bei der Räumung von Wohnungen oder Geschäftslokalen nicht mehr generell anzunehmen, könnte doch grundsätzlich der durch die vorübergehend verhinderte Nutzung entstehende Nachteil durch Geldersatz ausgeglichen werden (RIS-Justiz RS0001767 [T2]). Die Aufschiebungswerberin hätte deshalb die Gefahr eines schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils zu behaupten und zu bescheinigen gehabt. Ein derartiges Vorbringen wurde jedoch nicht erstattet. Daraus folgt, dass der Revisionsrekurs selbst bei Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses keinen Erfolg gehabt hätte und daher kein Kostenersatz zusteht. Nicht geprüft werden muss, ob sich der Revisionsrekurs auch deshalb als erfolglos erwiesen hätte, weil die als Aufschiebungsgrund herangezogene Exszindierungsklage im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung der Verpflichteten und des Geschäftsführers der Exszindierungsklägerin sowie das Ergebnis des Räumungsverfahrens C 34/08 t des Bezirksgerichts Peuerbach mit hoher Wahrscheinlichkeit als aussichtslos zu beurteilen gewesen wäre.
3. Kosten der Revisionsrekursbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil das Rechtsmittelverfahren in Exekutionssachen - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - stets einseitig ausgestaltet ist (RIS-Justiz RS0116198). Diesen Grundsatz hat die ZVN 2009 (BGBl I 2009/30) ausdrücklich festgeschrieben (§ 65 Abs 3 EO; 3 Ob 153/09k). Dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof. Nach ständiger Rechtsprechung kann es aber aus besonderen Gründen zur Herstellung der Waffengleichheit geboten sein, den Rechtsmittelgegner anzuhören (3 Ob 162/03t = SZ 2004/26). Dass Waffengleichheit im konkreten Fall dafür sprechen könnten eine Revisionsrekursbeantwortung für erforderlich zu halten, ist nicht erkennbar. Wenngleich die Revisionsrekursbeantwortung nicht zurückzuweisen war, führt sie aus diesen Gründen doch zu keinem Kostenersatz.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.
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