OGH 3Ob278/03h

OGH3Ob278/03h28.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1) Bernhard S*****, und 2) Matthias S*****, beide vertreten durch Dr. Klaus Dengg ua Rechtsanwälte in Zell am Ziller, wider die verpflichtete Partei Katharina H*****, vertreten durch Dr. Bernhard Stanger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Räumung, infolge "außerordentlichen" Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 5. August 2003, GZ 1 R 332/03k-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Zell am Ziller vom 6. Juni 2003, GZ 4 E 1795/01w-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 20. August 2001 bewilligte das Erstgericht den Betreibenden wider die Verpflichtete die Räumung einer näher bezeichneten Liegenschaft samt dem darauf errichteten Haus. Das Rekursgericht änderte den Beschluss des Erstgerichts, mit dem der Verpflichteten ein Räumungsaufschub gemäß § 35 MRG für die Dauer von drei Monaten bis zum 9. August 2003 bewilligt worden war, dahin ab, dass es den Antrag auf Räumungsaufschub abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs im Hinblick auf die einheitliche Rsp, der das Rekursgericht gefolgt sei, nicht zulässig sei.

Dagegen erhob die Verpflichtete am 2. September 2003 das als "außerordentlichen Revisionsrekurs" bezeichnete Rechtsmittel, mit dem sie einen Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung gem § 524 ZPO verband. Sie vertritt die Ansicht, die Rechtsmittelbeschränkungen des § 502 Abs 2 und 3 ZPO würden nicht gelten, weil es sich um eine Räumungsstreitigkeit handle; der außerordentliche Revisionsrekurs sei daher zulässig. Einen Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs an das Rekursgericht stelle die Verpflichtete daher nicht. Das Erstgericht hat diesem Rechtsmittel der Verpflichteten keine aufschiebende Wirkung zuerkannt (Beschluss vom 1. Oktober 2003, ON 25) und die Räumung am 21. November 2003 vollzogen.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist nicht zulässig.

Die Verpflichtung des Rekursgerichts, nach § 78 EO iVm § 526 Abs 3 ZPO und § 500 Abs 2 Z 1 ZPO auszusprechen, ob der Entscheidungsgegenstand 4.000 EUR, bejahendenfalls, ob er auch 20.000 EUR übersteigt, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, gilt auch für die Räumungsexekution, weil diese nicht dem hiefür allein in Betracht kommenden Ausnahmezustand des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO unterstellt werden kann: Es ist nämlich dabei nicht über die Räumung, sondern über die Durchsetzung des bereits vollstreckbaren Räumungsanspruchs zu entscheiden (RIS-Justiz RS0115036). Daher liegt hier ein Fall des § 528 Abs 2 Z 1a ZPO vor, wonach vorbehaltlich der Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Rekursgericht der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig wäre. Gemäß §§ 528 Abs 2a, 508 ZPO kann in diesem Wertbereich eine Partei einen solchen Antrag an das Rekursgericht stellen. Mit demselben Schriftsatz ist der ordentliche Revisionsrekurs auszuführen. Dieser Antrag verbunden mit dem ordentlichen Revisionsrekurs ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rekursgericht zu behandeln. Der Oberste Gerichtshof ist in solchen Fällen zur Entscheidung über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses funktionell unzuständig. Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als "außerordentliches" Rechtsmittel bezeichnet wird (vgl § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO), an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist und der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Änderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109620).

Von der oben dargelegten Verbesserungsmöglichkeit ist aber im vorliegenden Fall nicht Gebrauch zu machen, weil schon jetzt feststeht, dass der von der Verpflichteten erhobene Revisionsrekurs aus einem weiteren Grund unzulässig (geworden) ist. Voraussetzung für die Zulässigkeit jedes Rechtsmittels ist das im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung erforderliche Rechtsschutzinteresse, welches fehlt, wenn der Entscheidung nur mehr theoretisch - abstrakte Bedeutung zukäme, weil es nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen ist, über bloß theoretisch bedeutsame Fragen abzusprechen (stRsp; RIS-Justiz RS0041770, RS0002495 [insb T 26]; Kodek in Rechberger² vor § 461 ZPO Rz 9 mwN). Da hier die Räumung, deren Aufschiebung die Verpflichtete angestrebt hat, mittlerweile - im Übrigen nach dem Ablauf des vom Erstgericht bewilligten Räumungsaufschubs - vollzogen wurde, ist die Richtigkeit der einen (weiteren) Aufschub ablehnenden Entscheidung des Rekursgerichts nicht mehr zu überprüfen, käme ihr doch bloß theoretische Bedeutung zu. Auch ein Kostenzuspruch für den Revisionsrekurs nach § 50 Abs 2 ZPO wegen erst nachträglichen Wegfalls der Beschwer käme nicht in Betracht, weil das Verfahren zur Erlangung eines Räumungsaufschubs nach § 35 MRG zufolge § 35 Abs 3 MRG keinen Kostenersatz zwischen den Parteien kennt.

Der "außerordentliche" Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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