OGH 3Ob120/23b

OGH3Ob120/23b19.7.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. W* S*, vertreten durch Mag. Klaus Mayer, Rechtsanwalt in Premstätten, gegen die beklagte Partei A* H*, vertreten durch die Divitschek Sieder Sauer Peter Rechtsanwälte GesbR in Deutschlandsberg, wegen Unterhalt, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 11. April 2023, GZ 2 R 41/23y‑110, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0030OB00120.23B.0719.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Das Berufungsgericht nahm in teilweiser Stattgebung der Klage des geschiedenen Ehemanns gegen seine unterhaltsberechtigte Exgattin aufgrund des Pensionsantritts des Klägers eine Herabsetzung des bisherigen Unterhalts vor. Dabei verteilte es die dem Kläger anlässlich seiner Pensionierung ausbezahlte Abfertigung in der Höhe von 143.317,38 EUR ausgehend von seiner statistischen restlichen Lebensdauer von 20 Jahren auf 240 Monate und rechnete der Unterhaltsbessungsgrundlage somit einen Betrag von gerundet 597 EUR monatlich hinzu.

[2] Die Beklagte releviert als erhebliche Rechtsfrage, ob die Verteilung einer hohen einmaligen Zahlung auf die statistische restliche Lebensdauer auch bei einer feststehenden Gesundheitserkrankung des Unterhaltspflichtigen statthaft ist. Unter Hinweis darauf, dass der Kläger nach den getroffenen Feststellungen unter einer kognitiven Störung und unter einer Alkoholmissbrauchserkrankung leidet, vertritt sie die Ansicht, die Abfertigung hätte für die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage hier nur auf fünf Jahre (60 Monate) aufgeteilt werden dürfen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Entgegen der Ansicht der Beklagten findet das Berufungsurteil in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung Deckung.

[4] Nach ständiger Rechtsprechung sind Einmalzahlungen, die der Geldunterhaltspflichtige im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bezieht, bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen und dabei auf einen längeren Zeitraum aufzuteilen. Welcher Zeitraum dabei angemessen ist, richtet sich nach den Lebensverhältnissen der Beteiligten und den Umständen des Einzelfalls (RS0047428 [T10] = RS0009667 [T23] = RS0050466 [T21]).

[5] Grundsätzlich kann eine Aufteilung der Abfertigung auf jenen Zeitraum, der den in der Abfertigung enthaltenen Monatsentgelten entspricht, ebenso gerechtfertigt sein wie eine Zuschussrechnung zur Erhaltung des früheren monatlichen Durchschnittseinkommens oder schlechthin die Verteilung auf ein Jahr oder auf einen sonstigen längeren Zeitraum bis hin zu einem Zeitraum, der der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen entspricht (RS0047428 [T7]). Dabei gilt, dass je höher die Einmalzahlung ist desto länger grundsätzlich der Verteilungszeitraum sein wird (idS 3 Ob 2/98k; 1 Ob 224/98t; 8 Ob 59/13d) und dass eine Aufteilung auf die statistische Lebenserwartung insbesondere dann stattfinden kann, wenn der Unterhaltspflichtige nicht mehr in den Arbeitsmarkt zurückkehren wird und bereits pensionsberechtigt ist (vgl 8 Ob 59/13d), wohingegen in jenen Fällen, in denen eine Abfertigung tatsächlich Überbrückungsfunktion hat, die Aufteilung auf so viele Monate, als die Abfertigung dem zuletzt bezogenen Monatsentgelt entspricht, grundsätzlich angemessen ist (vgl zB 7 Ob 232/01w).

[6] Es hält sich Rahmen der Rechtsprechung, wenn das Berufungsgericht im vorliegenden Fall einer sehr hohen Abfertigung bei Pensionsantritt von deren Verteilung auf die statistische rechtliche Lebensdauer des Unterhaltspflichtigen ausgeht.

[7] Eine gesundheitliche Beeinträchtigung vermag – wie bereits in 6 Ob 188/20w (Pkt 2.6.) entschieden – jedenfalls dann zu keiner anderen Aufteilung der Einmalzahlung zu führen, wenn nicht auch feststeht, dass der Unterhaltspflichtige deswegen eine geringere als die statistische Lebenserwartung hat. Auf eine solche Feststellung vermag sich die Beklagte gerade nicht zu stützen.

[8] Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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