European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00116.22P.0720.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] 1. Ausgehend von den bindenden Feststellungen wurde der ursprüngliche Pachtvertrag mit dem Beklagten im Jahr 2019 rechtswirksam aufgelöst, woran sich der Beklagte zunächst auch hielt. Im Sommer 2020 begann er die landwirtschaftlichen Flächen der (jeweils im Hälfteeigentum seiner Eltern stehenden) Liegenschaft allerdings wieder zur Tierhaltung zu nutzen, wobei er sich hinsichtlich der Schafhaltung (nur) auf die Zustimmung seiner Mutter berufen kann.
Rechtliche Beurteilung
[2] 2. Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechungsgrundsätze zur Aktivlegitimation eines Hälfteeigentümers für die Räumungsklage gegen den titellosen Benützer der gemeinschaftlichen Liegenschaft (mangels Begründung eines die Miteigentümergemeinschaft bindenden Rechtstitels durch nur einen Teilhaber; vgl RS0013418 [T3]) richtig wiedergegeben. Demnach steht jedem Teilhaber einer Miteigentümergemeinschaft das Recht zu, die zur Wahrung des Gesamtrechts erforderlichen Rechtsbehelfe zu ergreifen, deren es zur Wahrung seines Anteilsrechts bedarf. Es ist daher grundsätzlich auch der Hälfteeigentümer oder ein Minderheitseigentümer zur Erhebung der Räumungsklage gegen einen Benützer berechtigt, dessen Titel zur weiteren Benützung erloschen ist, ohne dazu die Zustimmung der übrigen Miteigentümer zu benötigen (RS0013417). Vertritt der Kläger allerdings nicht die Mehrheit (vgl 6 Ob 119/04z; siehe zur Räumungsklage nach § 1118 ABGB auch 6 Ob 127/15t Pkt 1.3 und 3.), so darf er sich nicht in Widerspruch mit den übrigen Miteigentümern setzen (vgl 5 Ob 290/07v; 3 Ob 135/14w).
[3] Der Beklagte beruft sich im gegebenen Zusammenhang darauf, dass die Klagsführung gegen ihn den Interessen seiner Mutter widerspreche, weil diese die Weideflächen weiterhin durch ihn bewirtschaftet sehen wolle. Auf solche gegenläufigen Interessen seiner Mutter kann sich der Beklagte im Anlassfall allerdings nicht erfolgreich berufen, weil das Erstgericht mit Beschluss vom 3. 8. 2021 zu 29 Nc 715/20w die von der Mutter begehrte Inbestandgabe der Weideflächen an den Beklagten (durch Verweigerung der Ersetzung der Zustimmung des Klägers) als unberechtigt erkannt hat.
[4] 3. Zum Zurückbehaltungsverbot des zur Rückstellung verpflichteten früheren Bestandnehmers gemäß §§ 1109 und 1440 ABGB und zu den Ausnahmen von diesem Verbot ist das Berufungsgericht von den Rechtsprechungsgrundsätzen ebenfalls nicht abgewichen. Die dieser Frage zugrunde liegende Beurteilung der Vorinstanzen, dass mit der ursprünglichen Rückstellung des Bestandgegenstands im Jahr 2019 ein allfälliges Zurückbehaltungsrecht für frühere Investitionen erloschen sei und den vom Beklagten behaupteten Vorfällen im Februar 2022 schon deshalb keine Bedeutung zukomme, weil es auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ankomme (vgl RS0116433 [T6]) hat der Beklagte unbeanstandet gelassen.
[5] 4. Insgesamt gelingt es dem Beklagten mit seinen Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
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