OGH 3Ob114/00m

OGH3Ob114/00m25.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Peter Knirsch und Dr. Johannes Gschaider, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. Maria W*****, 2. Dr. Otto O*****, 3. Maria-Therese A*****, 4. Elisabeth T*****, 5. Christiane W*****, 6. Felicitas A*****, 7. Dr. Johannes O*****, 8. Dr. Gustav O*****, 9. Maria Louise H*****, 10. Elisabeth B*****, 11. Edina P*****, alle vertreten durch Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen S 572.248,80 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. März 2000, GZ 41 R 78/00z-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 7. Dezember 1999, GZ 48 C 252/98k-36, berichtigt mit Beschluss vom 23. Dezember 1999, GZ 48 C 252/98k-37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es insgesamt zu lauten hat:

"Die Klagsforderung besteht mit S 572.248,80 zu Recht.

Die von den beklagten Parteien in Höhe der Klagsforderung aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung besteht nicht zu Recht.

Die beklagten Parteien sind daher zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 572.248,80 und die mit S 372.188,40 (darin enthalten S 47.053,90 Umsatzsteuer und S 89.865 Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen".

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt als Mieterin eines Bestandobjektes von den Beklagten als Vermietern die Rückzahlung von Mietzins in Höhe von S 572.248,80, der ihr unberechtigt vorgeschrieben worden sei; der Ausspruch des Erstgerichtes, dass die Klagsforderung in dieser Höhe zu Recht besteht, ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

Die Beklagten wendeten aufrechnungsweise eine Gegenforderung in Höhe der Klagsforderung ein. Da es die klagende Partei unterlassen habe, einen im Februar 1995 erfolgten Machtwechsel gemäß § 12a Abs 3 MRG anzuzeigen, seien sie berechtigt, den angemessenen Mietzins ab dem folgenden Zinstermin geltend zu machen. Einzige Gesellschafterin der KomplementärGmbH der klagenden Mieterin, einer GmbH & Co KG sei eine Aktiengesellschaft, in der durch Transaktionen im Zusammenhang mit der Errichtung einer Holdingstruktur der nach § 12a Abs 3 MRG relevante Machtwechsel stattgefunden habe.

Die klagende Partei bestritt, dass es zu einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten gekommen sei. In der Muttergesellschaft der KomplementärGmbH habe die K***** Stiftung schon vorher zwar nicht die Kapitalmehrheit, wohl aber die Stimmenmehrheit besessen. Durch den Rückkauf eines Aktienpakets sei daher keine Änderung ihrer Einflussmöglichkeiten eingetreten. Auch in der Folge sei durch eine Änderung der Satzung die Kontinuität des Einflusses dieser Stiftung sichergestellt worden; danach dürfe nämlich ohne gesonderte Zustimmung des Verwaltungsrates kein Aktionär direkt oder indirekt mehr als 3 % der Stimmrechte oder des Aktienkapitals auf sich vereinen.

Das Erstgericht sprach mit dreigliedrigem Urteil (§ 545 Abs 3 Geo) aus, die Klagsforderung bestehe mit S 572.248,80 zu Recht und die Gegenforderung der beklagten Parteien bestehe bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht; es wies daher das Klagebegehren ab.

Das Erstgericht stellte folgenden (im Revisionsverfahren noch relevanten) Sachverhalt fest:

Die K***** AG, früher R***** AG, ist die 100 %ige Muttergesellschaft der Reisebüro K***** GesmbH, der einzigen Komplementärin der klagenden Partei. Sitz der K***** AG ist Zürich.

Per 31. 12. 1994 verfügte die damalige R***** AG über ein Aktienkapital von 10,000.000 CHF, wobei jede Aktie eine Stimme gewährte. Darüber hinaus waren 120.000 Partizipationsscheine zu 50 CHF ausgegeben, die nach den Statuten im Verhältnis ihres Nennwertes die gleichen Ansprüche am Reingewinn und an Liqudiationserlös sowie auf Bezug neuer Aktien und Partizipationsscheine wie die Aktien gewährten. Stimm- und sonstige Mitgliedschaftsrechte waren mit den Partizipationsscheinen jedoch nicht verbunden.

Per 31. 12. 1994 hielt die Firma K***** 50,11 % an Aktienkapital, unter Hinzurechnung der Partizipationsscheine 31,32 % am Gesamtkapital; ihr Stimmanteil betrug 26,37 %. Die K***** Stiftung hielt damals 10 % am Aktienkapital, unter Hinzurechnung des Partizipationskapitals 6,25 % am Gesamtkapital; ihr Stimmenanteil betrug 52,63 %. 39,89 % des Aktienkapitals, unter Einberechnung der Partizipationsscheine 24,93 % des Gesamtkapitals waren im Publikum platziert; auf diese Anteile entfielen 21 % der Stimmrechte.

Am 17. 2. 1995 erwarb die K***** Stiftung das gesamte Aktienpaket der K*****, worauf sie kurzfristig 60,11 % des Aktienkapitals, dementsprechend unter Einberechnung der Partizipationsscheine 37,57 % des Gesamtkapitals und 79 % der Stimmrechtsanteile hielt.

Am 3. 4. 1995 beschloss die Generalversammlung der R***** AG eine Änderung der Statuten, wonach die Firma in K***** AG geändert wurde, das Aktienkapital durch Umwandlung des vorhandenen Partizipationskapitals auf 16,000.000 CHF erhöht und die Aktienstückelung geändert wurde. Artikel 4 der Statuten der K***** AG vom 3. 4. 1995 sieht vor, dass keine natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft direkt oder indirekt mehr als 3 % des Aktienkapitals auf sich vereinigen darf. In Art 11 ist vorgesehen, dass jede Aktie unabhängig von ihrem Nennwert zu einer Stimme berechtigt und kein Aktionär bei der Ausübung des Stimmrechts direkt oder indirekt für eigene und vertretene Aktien zusammen mehr als 3 % sämtlicher Aktienstimmen auf sich vereinigen kann. Die Bestimmung des Art 15 dieser Statuten, wonach im Verwaltungsrat mindestens ein Vertreter jeder Aktienkategorie Anspruch auf Einsitznahme hat, hat zur Folge, dass die K***** Stiftung als einzige Inhaberin von Namensaktien stets ein Verwaltungsratmitglied stellen kann.

In der Folge kam es zu einer Platzierung des von der K***** Stiftung erworbenen Aktienpakets im Publikum.

Per 31. 12. 1995 stellte sich die Kapitalverteilung wie folgt dar:

Die K***** Stiftung verfügte über 6,25 % des Aktienkapitals, was einem Stimmenanteil von 25 % entsprach. Die K***** war nicht mehr an der K***** AG beteiligt. Die K***** AG verfügte über 6 % eigene Aktien mit einem Stimmrechtsanteil von 4,8 %, wobei das Stimmrecht aus diesen Aktien ruht. 75,24 % des Aktienkapitals waren im Publikum gestreut. Dies entsprach einem Stimmrechtsanteil von 60,20 %. Die U*****, die aus der Fusion der S***** und dem B***** hervorgegangen ist, hatte vor der Satzungsänderung nur Partizipationsscheine gehalten; danach hielt sie 12,5 % des Aktienkapitals und 10 % der Stimmen.

Die klagende Partei zeigte den beklagten Parteien diese Änderungen der Eigentümerstruktur der Muttergesellschaft ihrer Komplementärin nicht an.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es sei seit 1. 10. 1993 wiederholt zu einem Kippen der Mehrheitsverhältnisse in der K***** AG, der 100 %-igen Muttergesellschaft der KomplementärGmbH der klagenden Partei gekommen. Der Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG sei jedenfalls durch den Kauf der Anteile der K***** durch die K***** Stiftung als erfüllt anzusehen. Für die Berechnung der Kapitalmehrheit sei nur auf das Aktienkapital ohne Hinzurechnung der ausgegebenen Partizipationsscheine abzustellen, weil diese nicht mit gesellschaftlichen Mitgliedsschaftsrechten und damit auch mit keinen Einflussmöglichkeiten ausgestattet seien. Diese Änderungen führten im Ergebnis auch zu einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der beklagten Partei, zumal eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages der beklagten Partei nicht einmal behauptet worden sei. Da diese Änderungen den beklagten Parteien nicht angezeigt worden seien, sei eine Präklusion des Anhebungsrechtes der Vermieter gemäß § 12a Abs 2 MRG bisher nicht eingetreten und seien diese grundsätzlich zu einer auf den der Unternehmensveräußerung folgenden Zinstermin rückwirkenden Anhebung des Mietzinses berechtigt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil infolge Berufung der klagenden Partei und sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil es, soweit die Bedeutung des Einzelfalls übersteigende erhebliche Rechtsfragen zu lösen gewesen seien, im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entschieden habe. Die nach ausländischem Recht vorzunehmende Beurteilung des Vorliegens wesentlichen Einflusses auf ein Unternehmen käme für die Zulassung der ordentlichen Revision darüber hinaus generell nicht in Betracht.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, bei der Beurteilung des Vorliegens einer nach § 12a Abs 3 MRG relevanten gesellschaftsrechtlichen Veränderung sei dann, wenn die Mieterin eine Kommanditgesellschaft sei, in erster Linie auf die Verhältnisse der Komplementärgesellschaft abzustellen. Die Möglichkeit eines entscheidenden Einflusses auf sie im Sinn des § 12a Abs 3 MRG müsse zwar gesellschaftsrechtlich begründet sein, sei aber auch dann tatbestandsgemäß, wenn sie bloß mittelbar - etwa über dazwischen geschaltete weitere Gesellschaften - bestehe. Eine entscheidende Änderung in der Holding-Gesellschaft eines Konzerns wirke daher infolge der weit formulierten und Umgehungskonstruktionen ausschließenden Formulierung des § 12a Abs 3 MRG auf nachgeordneten Gesellschaften weiter. Infolge des weiten Begriffsverständnisses eines Machtwechsels in der Gesellschaft genüge es, dass sich eine bloße Möglichkeit zum Einfluss des Machtträgers aus seiner gesellschaftsrechtlichen Position ergebe. Erlaube es ihm diese Rechtsposition, die Geschicke der Gesellschaft faktisch zu bestimmen, weil deren rechtliche Strukturen keine Handhabe bieten, ihn daran zu hindern, liege eine rechtliche Einflussmöglichkeit - ausübbar etwa im Weg der Bestellung oder Abberufung der Geschäftsführungsorgane - vor. Das Erstgericht habe daher zutreffend in der K***** AG eingetretenen Veränderungen als auch für die Klägerin maßgebend berücksichtigt.

Eine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten liege dann vor, wenn es in der Gesellschaft zu einem Machtwechsel komme. Darunter sei die Möglichkeit zu verstehen, innergesellschaftlich die Geschicke zu bestimmen, was bei Kapitalgesellschaft auf die Erlangung einer Stimmrechtsmehrheit hinauslaufe. Durch eine Änderung der Beteiligung der K***** Stiftung an der K***** AG von 10 % auf 60,11 % gehe praktisch denknotwendig neben einer Änderung der rechtlichen Einflussmöglichkeiten auch ein derartiger wirtschaftlicher Einfluss einher. Wegen der alleinigen Maßgeblichkeit des Stimmrechts auf die in § 12a Abs 3 MRG angeordneten Rechtsfolgen komme dem zwingend stimmrechtslosen Partizipationskapital keine entscheidende Bedeutung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig, weil zur Frage der Bedeutung der Änderung von Beteiligungen an der Holding AG der Mieterin - abgesehen vom Fall, dass alle Anteile der Holdinggesellschaft den Eigentümer wechseln (5 Ob 7/98k = WoBl 1998/112) - keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt; sie ist auch berechtigt.

Nach § 12a Abs 3 erster Satz MRG darf der Vermieter die Anhebung des Hauptmietzinses (bis zu dem nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Betrag) verlangen, wenn "sich in" der Mieter-Gesellschaft "die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten entscheidend" ändern.

In der Entscheidung 1 Ob 226/98m (= SZ 71/157 = WoBl 1999/43 [zust Schauer]) führte der Oberste Gerichtshof nach eingehender Auseinandersetzung mit den hiezu vertretenen Lehrmeinungen die bereits in der früheren Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0069558) vertretene Ansicht, es werde auf den "Machtwechsel" in der Gesellschaft oder juristischen Person abgestellt, näher aus. Folgend Schauer, Geschäftsraummiete und Unternehmensübertragung, GesRZ 1994, 12 (19) legte der 1. Senat dar:

"Die entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten, die es dem dadurch Begünstigten ermöglicht, auf das von der Gesellschaft betriebene Unternehmen derart Einfluss zu nehmen, als hätte er dieses selbst erworben, wird als Voraussetzung für die Ausübung des Zinsanhebungsbegehrens des Vermieters der Übertragung des Unternehmens im technischen Sinn gleichgehalten. Die Besonderheit der Bestimmung des § 12a Abs 3 MRG liegt somit bloß darin, dass dem Wechsel des Vertragspartners im engeren Sinn als Ergebnis einer Durchgriffsbetrachtung die Auswechslung jener Person, die über die entscheidenden rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft verfügt, gleichgestellt wird. Eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft im Sinn des § 12a Abs 3 MRG ist demgemäß auch darin zu erblicken, dass ein Gesellschafter, der bislang lediglich einen Minderheitsanteil hielt, infolge Erwerbs von Stammeinlagen andere Gesellschafter nunmehr mit mehr als 50 % am Stammkapital beteiligt ist und damit über die Stimmenmehrheit verfügt".

Bereits in der Entscheidung 5 Ob 7/98k (= WoBl 1998/112) wurde ausgesprochen, "dass es nicht darauf ankommt, ob der (geänderte) entscheidende Einfluss auf die Mieter-Gesellschaft von Innen oder von Außen kommt. Die Möglichkeit eines entscheidenden Einflusses auf die Mieter-Gesellschaft muss zwar gesellschaftsrechtlich begründet sein, ist aber auch dann tatbestandsgemäß im Sinn des § 12a Abs 3 Satz 1 MRG, wenn sie bloß mittelbar - etwa über dazwischen geschaltete weitere Gesellschaften - besteht". Der 5. Senat führte zum damals zu beurteilenden Fall aus, "dass es naturgemäß eine entscheidende Änderung der Einflussmöglichkeiten in der letztgliedrigen Gesellschaft eines Konzerns darstellt, wenn in einer ununterbrochenen Kette von jeweils 100 %ig verschränkten Gesellschaftsbeteiligungen alle Anteile der Holding Gesellschaft den Eigentümer wechseln".

In der folgenden Entscheidung 5 Ob 141/99t (= WoBl 2000/94) waren diesselben Vorgänge in der Konzernholding Gegenstand; jedoch stand nur die Rechtsfrage des Vorliegens eines Verzichtes des Vermieters auf sein Anhebungsrecht zur Entscheidung heran.

In der Entscheidung 5 Ob 239/99t (= WoBl 2001/66) ging der 5. Senat wiederum davon aus, dass das Zinsanhebungsrecht des Vermieters an die Änderung der "Einflussmöglichkeiten", demnach an den Wechsel in der Macht zur Gestaltung der Unternehmenspolitik und damit zum bestimmenden Eingreifen in die Geschicke der Gesellschaft und des von ihr betriebenen Unternehmens geknüpft sei. Der zu entscheidende Fall bot jedoch keinen Anlass, die weitere Frage der Auswirkungen konkret bestehender Machtverhältnisse einer abschließenden Klärung zuzuführen, weil die Behauptungen der Vermieterin für die Anwendung einer Beweislastumkehr zum Nachteil der Mieterin nicht ausreichend waren.

Im hier zu beurteilenden Fall können an sich gesellschaftsrechtliche Veränderungen in der Muttergesellschaft der Komplementärin der klagenden Partei zu einer Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 3 MRG führen. Diese Aktiengesellschaft ist alleinige Gesellschafterin der KomplementärGmbH der Mieterin, bei der es daneben keine weiteren Komplementäre gibt. Die Frage, ob und inwieweit bei mehrstöckigen Beteiligungsverhältnissen für die Frage der entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten eine "Durchrechnung" vorzunehmen wäre (s hiezu Reich-Rohrwig in ecolex 1994, 96 [98 f]; Schauer in GesRZ 1994, 12 [22]), stellt sich daher nicht.

Weiters entspricht es - wie dargelegt - der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass es um eine Änderung der Einflussmöglichkeiten geht; es kommt daher nicht auf den Erwerb der Kapitalmehrheit, sondern auf die Mehrheit der Stimmen an (so schon grundlegend Schauer in GesRZ 1994, 12 [20]).

Hier stand der K***** Stiftung in der Holding AG schon vor den hier zu beurteilenden Veränderungen ein Stimmrechtsanteil von 52,63 % zu. Ihr Stimmrechtsanteil stieg (vorerst) mit Erwerb des Aktienpaketes der K***** auf 79 %. Bei der Beurteilung, ob dieser Vorgang eine im Sinn des § 12a Abs 3 MRG entscheidende Änderung ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten darstellt, ist (folgend 5 Ob 7/98k = wobl 1998/112) maßgeblich, ob und inwieweit dies eine entscheidende Änderung der Einflussöglichkeiten in der letztgliedrigen Gesellschaft des Konzerns, die hier die Mieterin ist, darstellt. Die hier erfolgte Erhöhung der bereits bestehenden Stimmenmehrheit der K***** Stiftung in der Holding AG hatte nicht derartige Auswirkungen. Damit hat nämlich die K***** Stiftung ihre bereits bestehende Stimmenmehrheit lediglich ausgebaut.

Auch in der Folge gab die K***** Stiftung in der Holding AG ihre Stimmenmehrheit ab; die danach vorliegende Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die K***** Stiftung seitdem zwar nur mehr über einen Stimmenanteil von 25 %, dass aber auch kein anderer Aktionär über einen größeren Stimmenanteil verfügt: 10 % der Stimmen stehen einer Bank zu, 60,2 % entfallen auf Aktienkapital, das im Publikum gestreut ist, 4,8 % auf eigene Aktien, wobei das Stimmrecht aus diesen Aktien ruht.

Darüber hinaus wurde durch eine Änderung der Statuten vorgesehen, dass keine natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft direkt oder indirekt mehr als 3 % des Aktienkapitals auf sich vereinigen darf und kein Aktionär in Ausübung des Stimmrechts direkt oder indirekt für eigene und vertretene Aktien zusammen mehr als 3 % aller Aktienstimmen auf sich vereinigen kann; weiters steht der K***** Stiftung statutenmäßig das Recht zu, als einzige Inhaberin von Namensaktien stets ein Verwaltungsratsmitglied zu stellen.

Der Aktionär, der bisher die absolute Stimmenmehrheit besaß, hat somit diese Stimmenmehrheit abgegeben und behielt nur die relative Stimmenmehrheit; es hat jedoch keine andere Person die absolute Stimmenmehrheit erworben.

Durch diese gesellschaftsrechtliche Veränderung in der Holding AG der Mieterin wurde aus folgenden Überlegungen keine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Mieterin im Sinn des § 12a Abs 3 MRG bewirkt:

Das Recht des Vermieters auf Anhebung des Mietzinses wird in § 12a Abs 1 MRG (vor dem 3. WÄG § 12 Abs 3 MRG) an den Grundtatbestand des Mietrechtsübergangs aufgrund einer Unternehmensveräußerung geknüpft. Mit dem 3. WÄG wurde dieser Grundtatbestand in § 12a Abs 3 MRG erweitert, und zwar durch die Gleichstellung entscheidender Änderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechts zur Hintanhaltung von Gestaltungsmöglichkeiten des Mieters, Mietzinsanhebungen zu verneinen (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 1 zu § 12a).

Damit wurde der Kritik an den Wertungswidersprüchen Rechnung getragen, welche die Verknüpfung der Mietzinserhöhung mit dem engen Tatbestand der "Veräußerung" als Unternehmensübertragung durch Einzelrechtsnachfolge hervorrief (s Schauer, Geschäftsraummiete und Unternehmensübertragung, GesRZ 1994, 12 [13 f]). Die wesentliche Neuerung des § 12a Abs 3 MRG liegt darin, dass die Verknüpfung zwischen dem Recht auf Mietzinserhöhung und dem Zuordnungswechsel am Unternehmen (§ 12 Abs 3 MRG aF) aufgehoben und das Erhöhungsrecht nunmehr mit der entscheidenden Änderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Einflussmöglichkeit in Verbindung gebracht wird (Schauer aaO 18). Die wesentliche Wertung des § 12a Abs 3 MRG liegt - in Fortführung des § 12a Abs 1 MRG - in der Herabsetzung der vom Vermieter - in Bezug auf den Mietzins - geschuldeten Vertragstreue als Folge eines erzwungenen Vertragspartnerwechsels. Die Besonderheit des § 12a Abs 3 MRG liegt somit nur darin, dass dem Wechsel des Vertragspartners im technischen Sinn nunmehr im Sinn einer Durchgriffsbetrachtung der Wechsel jener Person gleichgestellt wird, die die entscheidenden rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten hat (Schauer aaO 19).

Reich-Rohrwig bezeichnet diesen für die Verwirklichung des Tatbestands des § 12a Abs 3 MRG erforderlichen Vorgang als "change of control" (in ecolex 1994, 97 FN 14).

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 1 Ob 226/98m (= SZ 71/157) hervorgehoben, dass die entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten, "die es dem dadurch Begünstigten ermöglicht, auf das von der Gesellschaft betriebene Unternehmen derart Einfluss zu nehmen, als hätte er dieses selbst erworben", als Voraussetzung für die Ausübung des Zinsanhebungsbegehrens des Vermieters der Übertragung des Unternehmens im technischen Sinn gleichgehalten wird.

In der Entscheidung 5 Ob 7/98h (= wobl 1998/112) wird ausgeführt, dass auf das weite Begriffsverständnis des "Machtwechsels" in der Gesellschaft abzustellen ist. Da der "neue Eigentümer" sämtlicher Anteilsrechte der Holding AG in dem zu beurteilenden Fall nicht bloß wirtschaftlich, sondern auch rechtlich Einfluss auf die Bestellung der Geschäftsführungsorgane (und damit auf die) Mieterin nehmen konnte, bejahte der Oberste Gerichtshof in diesem Fall das Vorliegen des Tatbestandes des § 12a Abs 3 MRG.

In Konkretisierung dieser Überlegungen führt Schauer (aaO 20) aus, der Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG sei nicht verwirklicht, wenn ein Mehrheitsgesellschafter seine Beteiligung stückweise "abverkauft", sodass es zur Entstehung von Streubesitz kommt.

Nach Grünwald (in JBl 1995, 273 [283]) besteht beim bloßen Handel mit im Streubesitz befindlichen Anteilen mangels entscheidender Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten grundsätzlich kein Erhöhungsrecht. Etwas anderes gelte dann, wenn es im Rahmen eines "takeover" zu einem Aufkauf solcher Anteile und damit zu einer Machtkonzentration in einer Hand komme.

Diesen - wie dargestellt im Grundsatz bereits in der bisherigen Rechtsprechung vertretenen - Überlegungen ist zu folgen. Die Abgabe der absoluten Stimmenmehrheit in der Holding AG (hier mit Sitz in der Schweiz) durch einen Aktionär verwirklicht allein noch nicht den Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG, sondern nur dann, wenn eine der Unternehmensveräußerung im Sinn des § 12a Abs 1 MRG gleichzuhaltende Situation geschaffen wird. Eine derartige Situation wird dann nicht geschaffen, wenn ein Aktionär zwar seine absolute Mehrheit abgibt, aber weiterhin über eine relative Stimmenmehrheit verfügt, die durch eine Änderung der Statuten, wonach dieser Aktionär stets ein Verwaltungsratsmitglied stellen kann und kein anderer Aktionär weder direkt noch indirekt mehr als 3 % aller Aktienstimmen auf sich vereinigen kann, abgesichert wird.

Die historische Auslegung des § 12a Abs 3 MRG nach der Absicht des Gesetzgebers (s hiezu F. Bydlinski in Rummel, ABGB3 § 6 Rz 19) bestätigt diese Beurteilung (s auch Schauer aaO 20 FN 43): Die ursprünglich vorgesehene Neuregelung durch das Bundeswohnrechtsgesetz (BWRG) lag bereits in der Fassung eines Ministerial-Entwurfs vor und regelte in § 40 diese Sachmaterie (s hiezu Schauer, § 12 Abs 3 MRG und § 40 MinE zum BWRG - ein Vergleich zwischen der lex lata und der lex ferenda, wobl 1993, 94). Dort kam es nur auf die "Veräußerung der Mehrheit der Anteile an der Gesellschaft" an, "auch wenn die Veräußerung nicht auf einmal geschieht", ohne dass das Recht des Vermieters auf Mietzinserhöhung an weitere Voraussetzungen geknüpft war. Nach § 12a Abs 3 MRG idF 3. WÄG wird hingegen primär auf das Vorliegen einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten abgestellt. Für die Ansicht, dass die bloße Begründung von Streubesitz den Tatbestand des § 12a Abs 3 MRG nicht verwirklicht, spricht somit auch die gegenüber dem ursprünglichen MinE zum BWRG vorgenommene Änderung des Gesetzestextes.

Durch die vorgenommenen Änderungen der Beteiligungsverhältnisse in der Holding AG trat somit keine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten betreffend die klagende Partei ein, weshalb entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen die von den Beklagten aus diesem Grund aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung nicht zu Recht besteht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, ZPO, im Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 ZPO.

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