Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage aufgetragen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten der ersten Instanz.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt gegenüber der beklagten Partei die Feststellung, dass der Endbeschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. April 1998, 5 C 124/98y-30, in der Fassung der Rekursentscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 26. Juni 1998, GZ 3 R 232/98d, durch die nachfolgende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 28. September 1999, GZ 5 Ob 222/99, aufgehoben worden ist. Mit diesem Endbeschluss war der Kläger als beklagte Partei (sowie des von ihm beauftragten Bauunternehmer U*****) rechtskräftig schuldig erkannt worden, binnen drei Monaten eine (zum Zwecke der Errichtung einer Tiefgarage) in Graz ausgehobene Baugrube wieder auf Straßenniveau aufzufüllen und den (vormals vorhanden gewesenen) Parkplatz samt Einfahrt wieder herzustellen.
Mit Beschluss und Sachbeschluss vom 28. 9. 1999, 5 Ob 222/99d, hat der Oberste Gerichtshof über einen vom Kläger als Antragsteller gegen die hier beklagte Partei als Antragsgegnerin im Außerstreitverfahren anhängig gemachten Antrag gemäß § 37 Abs 1 Z 5, § 8 MRG auf Duldung der Errichtung einer Tiefgarage ausgesprochen, dass die beklagte Partei (Antragsgegnerin) die Errichtung einer solchen entsprechend der rechtskräftigen Baubewilligung des Baurechtsamtes des Magistrates der Stadt Graz insoweit zu dulden hat, als damit eine Benützung und Veränderung ihres auf mehreren (im Einzelnen aufgezählten) Grundstücken situierten Mietgegenstandes (Geschäftslokal mit Kfz-Abstellflächen) verbunden ist. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei habe für die Errichtung der Tiefgarage gemäß § 8 Abs 2 MRG auch die Benützung und Veränderung der ihr sonst vom Kläger für Parkzwecke überlassenen Grundflächen zu dulden, wurde abgewiesen.
Aufgrund des im Besitzstörungsverfahren ergangenen Endbeschlusses wurden der beklagten Partei als betreibender Gläubigerin gegen den Kläger als Verpflichteten vom Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz in der Folge mehrere Exekutionen bewilligt, wogegen der Kläger mittels Oppositionsklage (12 C 8/99t) Einwendungen erhob. Das Verfahren darüber ist noch anhängig.
Am 25. 10. 1999, sohin nach Einbringung der vorgenannten Oppositionsklage, brachte der Kläger die vorliegende Feststellungsklage ein.
Das Erstgericht wies die Klage a limine zurück und führte aus, dass diese aufgrund der bereits zufolge des Endbeschlusses anhängigen Exekutionsverfahren samt gleichfalls anhängigem Oppositionsverfahren nicht zulässig sei.
Das Rekursgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die vorliegende Klage sei eine solche aus einem Bestandverhältnis im Sinne des § 49 Abs 2 Z 5 JN. Damit sei die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Erstgerichtes gegeben. Zwar stehe der Einbringung einer Oppositionsklage trotz Anhängigkeit einer Feststellungsklage das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit nicht entgegen; es bestehe jedoch keine Veranlassung, eine Feststellungsklage unbeschadet einer bereits anhängigen Oppositionsklage zuzulassen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen bestätigenden Beschluss von der klagenden Partei erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 2 zweiter Halbsatz ZPO nicht jedenfalls unzulässig sowie zulässig im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO, weil die Vorinstanzen - ohne Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage - einen materiellen Abweisungsgrund für eine Zurückweisung der Klage herangezogen haben und damit von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sind; er ist daher auch berechtigt.
Bereits in der Entscheidung 3 Ob 63/85 = RdW 1986, 113 (der ein vergleichbarer Sachverhalt bezüglich eines Besitzstörungsendbeschlusses einerseits und eines nachfolgenden, die titulierte Störungshandlung für gerechtfertigt erachtenden Sachbeschlusses andererseits zugrunde lag) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass der provisorische Besitzesschutz (erst) mit der rechtskräftigen Entscheidung im Streit über das Recht endet. Die rechtskräftige Entscheidung im Petitorium macht der bloß provisorischen Entscheidung im Possessorium ein Ende (SZ 13/249; SZ 26/248; Simotta in Rechberger/Simotta, Erkenntnisverfahren5 Rz 763).
Der Kläger hat bereits zeitlich vor der gegenständlichen Feststellungsklage - zufolge der gegen ihn aufgrund des rechtskräftigen Endbeschlusses mehrfach geführten Exekutionsverfahren eine Oppositionsklage beim Erstgericht eingebracht. Es entspricht nun der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass der Titelschuldner vor Einleitung der Exekution die Feststellung begehren kann, dass die rechtskräftig festgestellte Forderung wegen eines der in § 35 EO genannten Gründe erloschen sei; wird dann während der Anhängigkeit dieses Rechtsstreites die Exekution bewilligt, so entfällt dadurch nicht das rechtliche Interesse (8 Ob 544/92; RIS-Justiz RS0001931). In der Entscheidung 3 Ob 13/87 = SZ 60/88 hat der Oberste Gerichtshof - in Prüfung der Prozessvoraussetzungen einer Oppositionsklage, die nach einem bei Exekutionsbewilligung schon anhängigen Feststellungsprozess eingebracht worden war - ausgeführt, dass das über die Oppositionsklage ergehende Urteil mit der besonderen zusätzlichen Rechtsgestaltungswirkung ausgestattet ist, unmittelbar die Einstellung einer Exekution, die aufgrund des bekämpften Titels bewilligt ist oder noch bewilligt werden könnte (Anlassexekution), zu bewirken; ihr Ziel geht also über das einer bloßen Feststellungsklage hinaus, woraus folgt, dass keine gänzliche Identität zwischen dem mit der Feststellungsklage einerseits und mit der Oppositionsklage andererseits geltend gemachten Anspruch besteht; trotz Anhängigkeit der Feststellungsklage steht also der Einbringung einer Oppositionsklage Streitanhängigkeit nicht entgegen (so auch JBl 1988, 588; weiters Heller/Berger/Stix I4 424; vgl auch Berger, Vermischte exekutionsrechtliche Fragen, ÖJZ 1981, 449 [452], der aaO - ebenso wie Heller/Berger/Stix aaO - bloß meint, dass wegen der weiterreichenden Wirkung der Oppositionsklage das Feststellungsinteresse wegfällt, wenn der Verpflichtete zunächst eine Feststellungs- und nach Exekutionsbewilligung eine Oppositionsklage einbringt, wobei Zäsur der Schluss der Verhandlung erster Instanz sei, sodass der Kläger im Feststellungsprozess sein Begehren auf Kosten einzuschränken habe; zur grundsätzlichen verfahrensrechtlichen Unzulässigkeit der Verbindung beider Klagen miteinander im Sinne einer objektiven Klagenhäufig siehe auch SZ 69/206).
Daraus folgt zunächst, dass nach Einleitung der Exekution nur noch die Oppositionsklage zulässig ist (Rsp 1928/350; JBl 1956, 453; RZ 1961, 26; 6 Ob 89/65; 7 Ob 206/71; EvBl 1972/158; EvBl 1979/11; 6 Ob 604/90; 3 Ob 129/91; 1 Ob 542/92; SZ 54/85; SZ 60/88 ua). Solange der behauptete Anspruch (noch) nicht in Exekution gezogen ist, ist hingegen die negative Feststellungsklage der einzige Weg, gegen eine titulierte Verpflichtung vorzugehen, wobei die bloße Möglichkeit, Einwendungen mit Klage nach § 35 EO geltend zu machen, noch nicht zum Wegfall des rechtlichen Interesses an der bereits begehrten Feststellung führt (3 Ob 550/90). Das rechtliche Interesse an einer solchen Feststellungsklage wird, sofern der Titelgläubiger diese Rechtslage bestreitet, immer als gegeben erachtet, denn es kann dem Titelschuldner nicht zugemutet werden, es zunächst auf die Exekution ankommen zu lassen und erst dann einen mitunter langwierigen Oppositionsprozess zu führen (1 Ob 542/92; SZ 54/85; RS0039067). Für eine negative Feststellungsklage reicht es hiebei aus, dass sich der Beklagte des behaupteten Rechtes "berühmt", also ein solches zu haben behauptet und damit anmaßt (SZ 32/83, 58/12, 69/206; 2 Ob 87/99d; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1105), weil diese "Berühmung" des Gegners zu einer Gefährdung der Rechtsstellung des Klägers führt und dieser in seiner Bewegungsfreiheit im Rechtsleben oder in der Vornahme wirtschaftlicher Maßnahmen behindert wird (JBl 1986, 666; 1 Ob 542/92; Fasching III 67).
In der Lehre wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass die Feststellungsklage bei Fehlen des rechtlichen Interesses an der begehrten Feststellung mit Beschluss zurückzuweisen ist (Rechberger/Frauenberger in Rechberger, ZPO2 Rz 3 zu § 228 und die dort angeführte Literatur).
In der Entscheidung 7 Ob 206/71 = EFSlg 16.230 hat auch der Oberste Gerichtshof (vereinzelt) ausgesprochen, dass es einer - nach Anhängigwerden einer Oppositionsklage eingebrachten - Feststellungsklage an einer in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmenden Prozessvoraussetzung mangle und die Klage daher schon vom Erstgericht a limine zurückzuweisen gewesen wäre. Nach der herrschenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist das Vorliegen des Feststellungsinteresses im Sinne der Regelung des § 228 ZPO jedoch Voraussetzung für die Begründetheit des Feststellungsanspruches, betrifft also die sachliche Berechtigung der erhobenen Klage (EvBl 1963/253; JBl 1968, 206; SZ 54/126 = JBl 1983, 435; 1 Ob 542/92; 7 Ob 312/97a).
Das Erstgericht hätte daher das Klagebegehren nicht im Zuge der amtswegigen Prüfung der Prozessvoraussetzungen zurückweisen dürfen. Dies wird auch im Rechtsmittel (jedenfalls im Ergebnis) zutreffend releviert.
Da beide Vorinstanzen von dieser ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sind, war dem außerordentlichen Revisionsrekurs Folge zu geben; es waren die beiden vorinstanzlichen Entscheidungen aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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