Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit S 17.181,-
bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die klagende Partei stellt in der vorliegenden Klage das Feststellungsbegehren, der Anspruch der beklagten Partei gegenüber der klagenden Partei auf die mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.3.1990, 6 b Vr 10.040/70, Hv 110/75, verhängte Wertersatzstrafe sei erloschen, in eventu, dieser Anspruch sei für die Zeit der möglichen Einbringlichmachung der Wertersatzstrafe beim Verurteilten Rudolf Weninger gehemmt. Hiezu bringt sie vor, das Strafgericht habe die Wertersatzstrafe gegenüber dem Verurteilten für uneinbringlich erklärt und gegen sie, die klagende Partei, einen vollstreckbaren Zahlungsauftrag zur Hereinbringung dieser Wertersatzstrafe erlassen, die diesbezügliche Exekutionsführung sei zu erwarten. Gemäß § 32 Abs 1 FinStrG sei die Vollstreckbarkeit der Wertersatzstrafe aber verjährt, zumal seit der Rechtskraft der Entscheidung mehr als fünf Jahre verstrichen seien. Davon abgesehen fehlten die Voraussetzungen für die Einbringung der Wertersatzstrafe bei der klagenden Partei auch deswegen, weil die Uneinbringlichkeit dieser Strafe beim Verurteilten ohne Prüfung seiner derzeitigen Einkommens- und Vermögenssituation und daher auf Grund eines mangelhaften Verfahrens ausgesprochen worden sei.
Die beklagte Partei wendete die Unzulässigkeit des Rechtsweges mit der Begründung ein, der geltend gemachte Anspruch sei vom Strafgericht zu prüfen und die Einhebung einer Wertersatzstrafe stelle eine Justizverwaltungsangelegenheit dar; keinesfalls seien hiefür die Zivilgerichte zuständig.
Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück, weil der gegenständliche Zahlungsauftrag im Rahmen der Justizverwaltung ergangen sei und die Zivilgerichte zur Überprüfung verwaltungsbehördlicher Exekutionstitel nicht berufen seien.
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und daß der Revisionsrekurs zulässig sei. In seiner Entscheidungsbegründung führte es aus:
Gemäß den §§ 229 f FinStrG sei die Einbringung von Wertersatzstrafen nach dem GEG iVm den §§ 409 und 409 a StPO auf Grund eines Zahlungsauftrages (§ 6 GEG) von den Justizverwaltungsbehörden vorzunehmen. Der hiebei den Exekutionstitel bildende Zahlungsauftrag sei somit ein verwaltungsbehördlicher Bescheid. Gemäß § 236 FinStrG gelte § 444 StPO dem Sinne nach auch für Nebenbeteiligte, soweit im Finanzstrafgesetz nichts anderes angeordnet sei. § 444 Abs 2 StPO regle binnen 30 Jahren nach der Entscheidung im Zivilrechtsweg geltend zu machende Ansprüche der Verfalls- und Einziehungsbeteiligten aus ihrem Eigentums-, Pfand-, Fruchtgenuß- oder Zurückbehaltungsrecht auf die einzuziehenden oder für verfallen zu erklärenden Sachen oder deren Gegenwert in Geld. Die im vorliegenden Falle im Strafverfahren ausgesprochene (subsidiäre) Haftung der klagenden Partei für die Wertersatzstrafe habe aber mit derartigen Ansprüchen keine Ähnlichkeit, sodaß auch die sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung auf den hier geltend gemachten Feststellungsanspruch nicht gerechtfertigt erscheine. Weder die primär geltend gemachte Verfolgungsverjährung des § 32 FinStrG noch die subsidiär geltend gemachte Einbringlichkeit der Wertersatzstrafe beim Verurteilten Weninger seien mit bürgerlich-rechtlichen Ansprüchen an der Sache oder deren Kaufpreis zu vergleichen. Nach § 230 Abs 2 FinStrG seien die Vorschriften für die Eintreibung von Geldstrafen (§ 230 Abs 1 FinStrG iVm §§ 409 f StPO) ohne jeden Vorbehalt auch auf die Eintreibung von Wertersatzstrafen anzuwenden. Daß dieses Verfahren die Voraussetzungen der Vollstreckungsverjährung oder der Uneinbringlichkeit der Wertersatzstrafe zwar gegenüber dem Verurteilten, nicht aber gegenüber dem Haftungsbeteiligten zu prüfen geeignet sei, sei nicht zu erkennen. Das mit der Feststellungsklage geltend gemachte, festzustellende Recht oder Rechtsverhältnis müsse in der Regel dem Privatrecht entstammen. Rechte oder Rechtsverhältnisse, für deren Durchsetzung der Rechtsweg unzulässig sei, könnten auch im Wege der Feststellung nicht vor die ordentlichen Gerichte gebracht werden, die Feststellung von Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechtes könne nur dann durch die ordentlichen Gerichte erfolgen, wenn hiefür ausdrücklich der ordentliche Rechtsweg zugelassen werde. Beim geltend gemachten Anspruch handle es sich weder um einen privatrechtlichen Anspruch noch um einen solchen (öffentlich-rechtlichen) Anspruch, der kraft ausdrücklicher Anordnung auf den streitigen Rechtsweg verwiesen sei.
Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß erhebt die klagende Partei Revisionsrekurs mit dem Antrag, die vorinstanzlichen Entscheidungen aufzuheben.
Die Rekurswerberin bringt vor, der Umstand, daß gemäß §§ 229 f FinStrG und § 409 StPO Geld(Wertersatz)strafen unter Anwendung des GEG einzutreiben seien, besage noch nicht, daß der Zahlungsauftrag kein gerichtlicher sondern ein verwaltungsbehördlicher Akt sei, denn schließlich bestimme § 1 GEG, daß das Gericht Geldstrafen einzubringen habe. Sehe man in dem gegen sie ergangenen Zahlungsauftrag vom 21.3.1990 eine strafgerichtliche Entscheidung, womit eine Geldstrafe verhängt worden sei, so falle der Zahlungsauftrag unter § 1 Z 9 EO, sodaß gemäß § 35 Abs 2 EO der ordentliche Rechtsweg für Einwendungen gegen diesen Exekutionstitel zulässig sei, zumal die für Exekutionstitel nach § 1 Z 10 und Z 12 - Z 14 EO vorgesehene Ausnahmeregelung nicht gelte. Dieser Standpunkt werde dadurch erhärtet, daß § 225 Abs 2 Geo die Möglichkeit einer Klage nach den §§ 35, 36 EO anführe. Auch habe das Strafgericht zweiter Instanz ausgesprochen, daß über die Einwendungen der klagenden Partei im Wege eines Zivilprozesses zu entscheiden sei. Der Präsident des Strafgerichtes erster Instanz habe sich als Justizverwaltungsbehörde auf diese Rechtsansicht bezogen und ebenfalls erklärt, daß über Einwendungen gegen Grund und Höhe des Anspruches sowie über die Frage, ob Teilzahlungen auf die Wertersatzstrafe geleistet worden seien und ob hinsichtlich dieser Vollstreckungsverjährung eingetreten sei, im zivilgerichtlichen Verfahren zu entscheiden sei. Im übrigen sei die Verjährung ein privatrechtliches Rechtsinstitut, das zwar vom öffentlichen Recht übernommen worden sei, die Feststellung der Verjährung obliege aber dennoch dem Zivilgericht.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist gemäß den §§ 528 Abs 2 Z 2, 528 Abs 1 ZPO zulässig, er ist aber nicht gerechtfertigt.
Die gemäß den §§ 215 lit c, 28 FinStrG bestehende Mithaftung der Rekurswerberin für die über Rudolf W***** verhängte Wertersatzstrafe und die zu deren Hereinbringung erfolgte Erlassung eines rechtskräftigen Zahlungsauftrages gegen sie durch den Kostenbeamten des Strafgerichtes sind unbestritten. Bekämpft wird in den Rekursausführungen die vorinstanzliche Qualifikation dieses Zahlungsauftrages mit der Behauptung, dieser sei kein verwaltungsbehördlicher, sondern ein gerichtlicher Akt, nämlich eine strafgerichtliche Entscheidung, womit eine Geldstrafe verhängt wurde; er stelle einen Exekutionstitel nach § 1 Z 9 EO dar und demgemäß sei die Bestimmung des § 35 Abs 2 letzter Satz EO anwendbar. Diese Ansicht ist verfehlt.
Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß die Erlassung eines Zahlungsauftrages durch den Kostenbeamten des Strafgerichtes weder eine strafgerichtliche Entscheidung noch die gerichtliche Verhängung einer Geldstrafe darstellt. Der Haftungsgrund der Rechtsmittelwerberin für die über Rudolf W***** verhängte Wertersatzstrafe liegt vielmehr in dem über diesen gefällten strafgerichtlichen Urteil und dessen im Sinne der eingangs dargestellten Bestimmungen erfolgten Haftungsausspruch. Der auf dem strafrechtlichen Urteil gründende, gemäß § 6 GEG vom Kostenbeamten erlassene Zahlungsauftrag stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (JBl 1951, 466; JABl 1962, 14; AnwBl. 1981, 1.454) und ebenso nach der Lehre (Heller-Berger-Stix 88, 401; Tschugguel-Pötscher, Gerichtsgebühren MGA4 Anm 1 zu § 1 GEG) einen Bescheid dar - der Präsident des Gerichtshofes erster oder zweiter Instanz erkennt nach der ausdrücklichen Anordnung des § 7 Abs 3 GEG über einen gegen den Zahlungsauftrag eingebrachten Berichtigungsantrag "im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid" - und bildet somit im Sinne des § 6 Abs 1 letzter Satz GEG einen verwaltungsbehördlichen Exekutionstitel gemäß § 1 Z 12 EO.
Selbst wenn gegen die Rekurswerberin bereits die Exekution bewilligt worden wäre, könnte sie hier daher nicht, wie behauptet, nach § 35 Abs 1 EO auf den Anspruch aufhebende oder hemmende Tatsachen beruhende Einwendungen im Wege der Klage geltend machen, denn derartige Einwendungen gegen einen Anspruch, der sich auf einen der im § 1 Z 10 und 12 bis 14 EO angeführten Exekutionstitel stützt, sind gemäß § 35 Abs 2 EO bei jener Behörde einzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist. Heller-Berger-Stix erklären (aaO 88) demgemäß zutreffend, daß § 225 Abs 2 Geo zu Unrecht bei Vorfällen im Zuge der Eintreibung das Drohen auch einer Klage nach § 35 EO anführe, denn für eine solche wäre eben gemäß § 35 Abs 2 EO der Rechtsweg unzulässig, vielmehr wären die betreffenden Einwendungen im Justizverwaltungswege geltend zu machen.
Wohl ist grundsätzlich schon vor der Exekutionsbewilligung die Erhebung einer Feststellungklage mit der Behauptung, der dem Exekutionstitel zugrundeliegende Anspruch bestehe nicht zu Recht, zulässig und es entfällt auch bei nachfolgender Exekutionsbewilligung nicht das rechtliche Interesse hieran (6 Ob 89/65; 3 Ob 550/90; EvBl 1972/158, 298;Heller-Berger-Stix 423 f). Die Feststellungsklage muß sich aber im Sinne ihrer Regelung im § 228 ZPO grundsätzlich auf ein dem Privatrecht entstammendes Rechtsverhältnis oder Recht beziehen. Über Rechte oder Rechtsverhältnisse, zu deren Durchsetzung der Rechtsweg unzulässig ist, kann daher, worauf bereits das Rekursgericht zutreffend verwies, nicht im Wege der Feststellung von den Gerichten entschieden werden. Die Feststellung von Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechtes ist demgemäß nur dann durch die ordentliche Gerichte zulässig, wenn hiefür durch besondere Vorschriften ausdrücklich der ordentliche Rechtsweg zugelassen wird (Fasching III 62 Anm 20; JBl 1977, 600; SZ 19/24).
Die Einforderung einer dem Haftungsbeteiligten (§ 76 lit b FinStrG) subsidiär auferlegten Wertersatzstrafe (§ 230 Abs 2 FinStrG) mittels Bescheides der Justizverwaltungsbehörde (§ 409 Abs 2 StPO) ist im Sinne der obenstehenden Ausführungen nicht ein Vorgang im Strafverfahren, sondern ein dem öffentlichen Recht zuzurechnender Hoheitsakt. Es kann daher ihre Rechtmäßigkeit nur im Verwaltungswege und dem dort vorgesehenen Instanzenzug überprüft und demgemäß auch über behauptete Einbringungshindernisse - so auch Vollstreckungshemmung - nur im Verwaltungsverfahren entschieden werden. Über die Frage, ob zufolge der gemäß § 32 Abs 5 FinStrG grundsätzlich auch dem Haftungsbeteiligten zugute kommenden Verjährung der Vollstreckbarkeit einer auferlegten Wertersatzstrafe ein Einbringungshindernis besteht, ist demnach im Verwaltungswege abzusprechen. Das Institut der Verjährung ist in zahlreichen Bestimmungen des öffentlichen Rechts, so hier in § 8 GEG, vorgesehen und von den Verwaltungsbehörden selbst, und zwar auch von Amts wegen (vgl die bei Tschugguel-Pötscher aaO zu § 8 GEG unter E 1 und E 6 abgedruckten E), anzuwenden.
Ob die Vollstreckbarkeit der Wertersatzstrafe gemäß den finanzstrafrechtlichen Vorschriften bereits verjährt ist, kann somit nicht im Zivilrechtsweg entschieden werden. Diese Frage war im Sinne der Entscheidung SSt 54/8 = EvBl 1984/153 S.610 = RZ 1984/33 S.98 anläßlich der Verfügung des Strafgerichtes über die Einhebung der Wertersatzstrafe bei der Haftungsbeteigliten auch schon vom Strafgericht zu prüfen. Anläßlich der Einbringung ist darauf - siehe auch § 8 GEG - von den Justizverwaltungsbehörden Bedacht zu nehmen.
Demgemäß war dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)