OGH 3Ob63/85

OGH3Ob63/8524.7.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Egermann, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1) Dkfm. Oktavian A, 5020 Salzburg,

Schwarzstraße 43, und 2) Marianne B, Botschafterswitwe, 9020 Klagenfurt, Herbertstraße 1, beide vertreten durch Dr. Friedrich Gehmacher, Dr. Florian Gehmacher, Dr. Helmut Hüttinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Mag. Klaus C, Apotheker, 5400 Hallein, Bayerhamerplatz 7, vertreten durch Dr. Walter Vavrovsky, Dr. Hartmut Ramsauer, Dr. Karl Ludwig Vavrovsky, Dr. Rudolf Wöran, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Erwirkung der Wiederherstellung eines früheren Zustandes infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 18. April 1985, GZ. 33 R 161/85-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hallein vom 14. Februar 1985, GZ. E 6105/84-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Mg. Karl E***'S Erben Apotheke Kommanditgesellschaft (HRA 8 des Landesgerichtes Salzburg) ist Mieterin von Geschäftsräumlichkeiten im Hause der betreibenden Parteien in Hallein, Bayerhamerplatz 7, und nahm ohne Zustimmung der betreibenden Parteien gewisse bauliche Veränderungen vor (im wesentlichen die Vereinigung zweier Räume zu einem größeren durch Entfernen einer Mauer).

Mit Endbeschluß des Erstgerichtes vom 27. März 1984, C 511/82 , wurde festgestellt, daß dadurch der Verpflichtete, welcher persönlich haftender Gesellschafter und damit Vertreter der oben genannten Kommanditgesellschaft sei und die entsprechenden Bauansuchen im eigenen Namen gestellt habe, die betreibenden Parteien im ruhigen Besitz ihres Hauses und ihrer Verwaltungsrechte gestört habe, und wurde der Verpflichtete schuldig erkannt, sich in Zukunft jeder weiteren derartigen Störung zu enthalten und binnen zwei Monaten den vorigen Zustand wieder herzustellen. Mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 6. September 1984, welcher dem Verpflichteten am 25. September 1984 zugestellt wurde, wurde dieser Endbeschluß bestätigt.

Am 4. Dezember 1984 beantragten die betreibenden Parteien, ihr zur Erwirkung der Wiederherstellung des früheren Zustandes die Exekution durch Ermächtigung zur Ersatzvornahme zu bewilligen und den Verpflichteten die Vorauszahlung der dadurch entstehenden Kosten von 60.000 S aufzutragen.

Mit Beschluß vom 31. Jänner 1985 bewilligte das Erstgericht diese Exekution antragsgemäß.

Am 14. Februar 1985 erhob der Verpflichtete gegen diese Exekution Einwendungen durch Klage gemäß § 35 EO mit der Begründung, die strittige Baumaßnahme sei in der Zwischenzeit durch Sachbeschluß des Erstgerichtes vom 1. Februar 1985, Msch 21/82, gemäß § 9 Abs. 1 MRG genehmigt worden. Daraus ergebe sich, daß der Verpflichtete jetzt nicht mehr zur Wiederherstellung des früheren Zustandes verpflichtet sei und der diesbezügliche Anspruch aus dem Endbeschluß erloschen sei. Gleichzeitig beantragte der Verpflichtete die Aufschiebung der Exekution ohne Auferlegung einer Sicherheit, da der sofortige Vollzug, nämlich die Inangriffnahme der Wiederherstellungsarbeiten für den Verpflichteten einen unwiederbringlichen Vermögensnachteil mit sich bringen würde. Das Erstgericht bewilligte die Aufschiebung der Exekution. Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluß dahin ab, daß der Antrag auf Aufschiebung der Exekution abgewiesen wurde. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 15.000, nicht aber 60.000 S übersteige. und der Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz verwies darauf, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Ein bloßer Antrag gemäß § 9 Abs. 1 MRG stelle keine der im § 42 Abs. 1 Z 5 EO taxativ aufgezählten Klagen dar. Erst der Eintritt der Rechtskraft einer solchen Entscheidung könnte die Oppositionsklage rechtfertigen. Vorher sei die Oppositionsklage aussichtslos, weshalb derzeit die Aufschiebung der Exekution nicht bewilligt werden könne. Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses begründete das Gericht zweiter Instanz damit, daß seit der Entscheidung SZ 13/249 keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zum vorliegenden Problem ergangen sei.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs des Verpflichteten mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Da der hier unrichtige Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz, der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige nicht 60.000 S, den notwendigen Ausspruch, der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige nicht 300.000 S , zwingend enthält, ist davon auszugehen, daß die Sache im sogenannten Zulassungsbereich liegt und der Revisionsrekurs daher gemäß § 528 Abs. 2 ZPO nur zulässig ist, wenn die Voraussetzungen nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO vorliegen. Diese Voraussetzungen hat das Gericht zweiter Instanz zutreffend bejaht, denn zur Frage, ob eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung des Erstgerichtes gemäß § 9 Abs. 1 MRG schon einen Oppositionsgrund darstellt, ist, soweit überblickbar, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorhanden. Die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung SZ 13/241 bezieht sich auf die nicht ohne weiteres vergleichbare Einbringung einer petitorischen Klage.

Dem zulässigen Revisionsrekurs kommt aber keine Berechtigung zu. Der Verpflichtete führt in seinem Revisionsrekurs aus, daß sich schon durch die Entscheidung des Außerstreitgerichtes erster Instanz ergebe, daß die betreibenden Parteien die strittige Baumaßnahme hinnehmen müßten, so daß jetzt die Eigenmacht des Verpflichteten fehle und daher der Wiederherstellungsanspruch erloschen sei. Selbst ohne Einbringung eines Antrages nach § 9 Abs. 1 MRG wäre das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 MRG daher ein Oppositionsgrund. Nur für die Erwirkung der Baugenehmigung sei die Entscheidung nach § 9 Abs. 1 MRG nötig gewesen. Die Oppositionsklage sei jedenfalls nicht aussichtslos.

Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten: Eine Aufschiebung der Exekution gemäß § 42 Abs. 1 Z 5 EO ist nicht schon dann zu bewilligen, wenn eine der dort angeführten Klagen eingebracht wurde, sondern es muß auch auf die Wahrscheinlichkeit des Erfolges einer solchen Klage Bedacht genommen werden. Wenn eine solche Klage von vornherein aussichtslos erscheint, kann dem Aufschiebungsantrag nicht stattgegeben werden (Heller-Berger-Stix 550, 551, Entscheidungen wie MietSlg. 30.813). Mit Recht geht das Gericht zweiter Instanz davon aus, daß die vorliegende Oppositionsklage aussichtslos ist. Denn die noch nicht rechtskräftige Entscheidung des Außerstreitgerichtes, der Vermieter müsse die vom Hauptmieter eigenmächtig vorgenommenen Veränderungen des Mietgegenstandes gemäß § 9 Abs. 1 MRG dulden, bedeutet noch keine Tatsache im Sinne des § 35 EO, die den Anspruch der betreibenden Parteien aus den im Besitzstörungsverfahren ergangenen Endbeschluß aufheben würde. Es fehlt vor allem an einer nach Entstehung des Exekutionstitels eingetretenen Tatsache. Daß nämlich die Oppositionskläger den Standpunkt vertreten, sie seien gemäß § 9 Abs. 1 MRG zur Vornahme der eigenmächtigen Veränderungen am Mietgegenstand berechtigt, welche ihnen im Besitzstörungsverfahren letztlich untersagt wurden und Gegenstand des Wiederherstellungsanspruches gemäß dem eingangs zitierten Endbeschluß sind, ist nichts neues. Dies hatten sie erfolglos schon im Besitzstörungsprozeß eingewendet. Zwischen der möglichen Einbringung eines Antrages nach § 37 Abs. 1 Z 6 MRG, der Einbringung eines solchen Antrages und der noch nicht rechtskräftigen Entscheidung über einen solchen Antrag, besteht in diesem Zusammenhang kein Unterschied. Daß ein Beschluß nach § 37 Abs. 1 Z 6 MRG schon vor seiner Rechtskraft wirksam sein soll, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, sondern erst eine rechtskräftige Entscheidung bildet zB einen Exekutionstitel (§ 37 Abs. 3 Z 21 MRG). Wenn auch durch einen Beschluß nach § 37 Abs. 1 Z 6 MRG nicht über einen Rechtsgestaltungsanspruch, sondern nur über einen Feststellungs-, und Leistungsanspruch erkannt wird (Würth-Zingher, Anm. 5 zu § 9 MRG) und in diesem Sinn der Anspruch nach § 9 Abs. 1 MRG nicht etwa erst durch die Rechtskraft einer Entscheidung nach § 37 Abs. 1 Z 6 MRG entsteht, so endet doch der provisorische Besitzesschutz erst mit der rechtskräftigen Entscheidung im Streit über das Recht (SZ 13/249). Ziel einer Besitzstörungsklage ist gemäß § 454 Abs. 1 ZPO der Schutz und die Wiederherstellung des letzten Besitzstandes und der Endbeschluß hat gemäß § 459 ZPO eine einstweilige Norm für den tatsächlichen Besitzstand aufzustellen (Spielbüchler in Rummel RZ 8 zu § 339 ABGB). Es soll also der vor der Störung vorhandene tatsächliche Besitzstand bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Sachverhaltes aufrecht erhalten bzw. im Falle einer schon vollzogenen eigenmächtigen Änderung wiederhergestellt werden (SZ 13/249) und zwar unabhängig davon, ob dem im Besitzstreit sachfälligen 'Störer' etwa ein 'Recht' zur Vornahme der 'Störung' gehabt hätte. Daß so im Besitzstörungsstreit das vielleicht 'schwächere' Recht - wenn auch nur vorläufig - über das vielleicht 'stärkere' Recht triumphiert (Kralik, Besitz und Besitzesschutz Heute, Gutachten zum zweiten österr. Juristentag I/1 1 ff, bes. 10), liegt im Wesen des österreichischen Besitzstörungsverfahrens. Die Bewilligung der Aufschiebung schon vor dem Eintritt der Rechtskraft der genannten Entscheidung ist also mit dem Wesen des Besitzesschutzes unvereinbar (SZ 13/249).

Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78 EO, 50, 40 ZPO.

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