OGH 2Ob84/04y

OGH2Ob84/04y20.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Tittel, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Harald W*****, vertreten durch seine Sachwalterin Anna S*****, Hausfrau, wohnhaft ebendort, diese vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler und Mag. Gerd Grebenjak, Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei U***** AG, ***** vertreten durch Dr. Kurt Konopatsch und Dr. Sonja Jutta Sturm-Wedenig, Rechtsanwälte in Leoben, wegen EUR 69.298,34 sA, über die Rekurse beider Streitteile gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 23. Oktober 2003, GZ 3 R 143/03d-40, womit über Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 14. Juli 2003, GZ 7 Cg 32/02p-33, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 25. Juli 1985 erlitt der damals 17-jährige Kläger als Lenker eines Motorfahrrades schwerste, lebensbedrohende Verletzungen, als ihn ein benachrangter, von Erich K***** gesteuerter Lastkraftwagen erfasste. Die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei war Haftpflichtversicherer des Beklagtenfahrzeuges. Den Kläger trifft ein Mitverschulden von einem Viertel. Seit dem Unfall befindet er sich im Zustand eines Wachkomas. Seit 1. Oktober 1985 wird er - abgesehen von mehreren stationären Krankenhausaufenthalten - im Haushalt seiner Mutter betreut.

Aufgrund des Teilanerkenntnisurteils des Landesgerichtes Leoben vom 28. Jänner 1987, 5 Cg 334/88-26, haften der gegnerische Unfalllenker, der Fahrzeughalter und die beklagte Partei für drei Viertel aller künftigen Unfallfolgen, wobei die Haftung der beklagten Partei durch die Höhe der vertraglich vereinbarten Versicherungssumme, nämlich S 20,000.000, beschränkt ist.

Im Verfahren 6 Cg 160/86 des LGZ Graz forderten die damaligen sechs Betreuer des Klägers insgesamt S 507.821,37 als Abgeltung der von ihnen erbrachten, als Heilungskosten qualifizierten Pflegeleistungen für den Zeitraum Oktober 1985 bis 30. Juni 1988. Als Grundlage der begehrten Heilungskosten pro Tag nahmen sie die Tagespflegesätze für eine gedachte Pflege des Klägers in der (nunmehrigen) Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz (damals: Landessonderkrankenhaus Graz) an. Die Kläger obsiegten letztlich mit einem Betrag von S 227.077,60, wobei die Kosten eines fiktiven stationären Aufenthalts im angeführten Krankenhaus zugrunde gelegt wurden. Diese Entscheidung erwuchs im Juni 1989 in Rechtskraft. Seit Rechtskraft dieser Entscheidung bezahlte die beklagte Partei bzw ihre Rechtsvorgängerin dem Kläger bzw seinen Betreuungspersonen monatlich einen Betrag zur Abgeltung der Betreuungskosten auf Grundlage des Tagespflegesätze der Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz unter Berücksichtigung des Eigenmitverschuldens und nach Abzug der Ersparnis und des bezogenen Pflegegeldes. Die monatlichen Leistungen stiegen im Laufe der Jahre kontinuierlich - abhängig von der Anhebung der angeführten Tagespflegesätze - an. Während der im Oktober 1989 überwiesene Betrag S 19.251 (EUR 1.399,02) betrug, stieg dieser Betrag im März 2001 auf S 41.387 (EUR 3.007,71).

Mit Schreiben vom 3. April 2001 teilte die beklagte Partei mit, die noch verfügbare Versicherungssumme werde für ungekürzte Rentenzahlungen nicht mehr ausreichen. Die Versicherungssumme reiche nur noch für eine Quote von 49 %; für den Rest hafteten der Lenker und der Fahrzeughalter.

Der Kläger begehrt nunmehr EUR 15.117,74 samt Anhang als rückständige Renten für den Zeitraum Mai 2001 bis Februar 2002 sowie „zusätzlich zur Höhe der bisher geleisteten monatlichen Zahlungen" EUR 1.533,89 für Monate mit 31 Tagen, EUR 1.507,85 für Monate mit 30 Tagen und EUR 1.385,45 für den Monat Februar eines jeden Jahres (Hauptbegehren). Hilfsweise begehrt der Kläger EUR 15.117,74 sA sowie ab 1. März 2002 eine monatliche Rente, welche sich aus den Tagessätzen von EUR 97,02 ermittle (1. Eventualbegehren). Hilfsweise begehrt der Kläger die Feststellung, dass der beklagte Versicherer kein Recht besitzt, die monatlichen Zahlungen bezüglich der Betreuungs- und Versorgungsleistungen an ihn aus dem Grunde zu kürzen, dass die Deckungssumme nicht ausreiche (2. Eventualbegehren). Die beklagte Partei habe weder in den Vorprozessen noch bei den außergerichtlichen Gesprächen auf die unzureichende Deckungssumme hingewiesen. Die außergerichtliche Einigung über die monatlichen Zahlungen für die Betreuungsleistungen bedeute gleichzeitig ein Anerkenntnis in dieser Höhe. Es wäre ein Rentenvergleich in Höhe der tatsächlich erfolgten Zahlungen geschlossen und dabei von den AKHB 1985 abgegangen worden.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und beantragte die kostenpflichtige Klagsabweisung. Das kontinuierliche Ansteigen der Pflegekosten habe zuletzt eine Höhe erreicht, die ihr das Unzureichen der Versicherungssumme gezeigt habe. Sie habe daher gemäß §§ 155 f VersVG die Renten entsprechend kürzen müssen. Schließlich bestritt die beklagte Partei auch die Höhe der vom Kläger seiner Klage zugrunde gelegten Betreuungsleistungen.

Das Erstgericht sprach EUR 2.792,31 zu und verpflichtete die beklagte Partei, ab 1. Mai 2003 monatlich im Vorhinein EUR 124,27 in Monaten mit 31 Tagen, EUR 118,29 in Monaten mit 30 Tagen und im Februar EUR 112,25 zusätzlich zu den bisher zuletzt erbrachten Leistungen zu bezahlen. Das Mehrbegehren sowie die beiden Eventualbegehren wies es ab.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, die jahrelange ungeschmälerte Rentenauszahlung könne nicht als Verzicht auf den Einwand des Deckungskonkurses gedeutet werden. In den Vorprozessen hätte der Kläger keine Rente gefordert, sodass damals die beklagte Partei keinen Einwand nach §§ 155, 156 VersVG hätte erheben können.

Für die Kapitalisierung der Rentenforderung sei vom Stichtag 1. 5. 2001, sohin dem auf die Mitteilung des Vorliegens eines Deckungskonkurses folgenden Monatsersten, auszugehen. Ab diesem Zeitpunkt sei der beklagte Versicherer berechtigt gewesen, nur noch 53,13 % der bisherigen Pflegekostenrente auszuzahlen. Über Berufung des Klägers hob das Berufungsgericht dieses Urteil auf und wies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht erblickte eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin, dass das Erstgericht Beweisanträge, die auf den Nachweis des Abschlusses einer Rentenvereinbarung zielten, abgewiesen hätte. Außerdem weise das Urteil Begründungsmängel auf.

In materieller Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, die Unzulänglichkeit der Deckungssumme hätte in den Vorverfahren nicht eingewendet werden müssen, weil Gegenstand dieser Verfahren kein Rentenbegehren im Rechtssinne gewesen sei. Ein schlüssiger Verzicht auf eine Rentenkürzung sei in der langjährigen Auszahlung der ungekürzten Renten nicht zu erblicken (unter Berufung auf 7 Ob 67/83).

Als Stichtag für die Umwandlung („Metamorphose") eines bevorrangten Kapitalschadens zum nachrangigen Rentenschaden könne nicht auf den Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz oder - wie dies der herrschenden Auffassung in Deutschland entspreche - den Tag des Unfalls abgestellt werden. Entscheidend sei der Zeitpunkt der Konsolidierung des Schadens. Die Berechnungsmethode könne nicht von einer gleichbleibenden Rente ausgehen, sondern es sei zu berücksichtigen, dass es sich um stets angepasste Tagespflegesätze als Rechengrundlage handle. Könne die dynamische Entwicklung der Rente - etwa wegen des extremen Ansteigens der Tagespflegesätze - in diesem Rechenmodell nicht adäquat berücksichtigt werden, wäre der Barwert der Rente aufgrund dieser Änderung neu zu berechnen, wobei sich diese Neuberechnung dann allerdings nur für die Zukunft auswirken dürfe (unter Berufung auf Prölss/Martin, VersVG26 § 155 Rz 12).

Für diese Konstellation sei ein Festhalten am ersten Stichtag unzutreffend. Diesfalls sei vielmehr von einem „Spätschaden" (unter Berufung auf Kunst, Kapital- und Rentenschaden, ZVR 1978, 77 f) auszugehen und für diesen Betrag ein neuer Stichtag anzusetzen. Dabei dürfe die Verzinsung des „reservierten" Kapitals nicht vernachlässigt werden.

Der in § 3 Abs 1 AKHB 1985 vorgesehene Zinssatz sei im Anschluss an das Sachverständigengutachten nur als Rechnungszinssatz, nicht als Veranlagungszinssatz zu verstehen. Die vom Sachverständigen aufgezeigte versicherungsmathematische Berechnungsweise entspreche dem Charakter der Rente als dynamische Rente.

Ergebe sich im fortgesetzten Verfahren keine Vereinbarung im Sinne des Standpunktes des Klägers, werde zunächst die Verteilung nach § 156 Abs 3 VersVG und anschließend für die Anwendung des § 155 VersVG die verbleibende Versicherungssumme zu ermitteln sein. Schließlich werde als Beginn der Rente und als Stichtag für eine allfällige Rentenkürzung nach § 155 VersVG nach den angeführten Kriterien der Zeitpunkt der Rentenzahlungen aufgrund der getroffenen Rentenvereinbarung zu unterstellen sein.

Für die Rentenberechnung sei die österreichische Sterbetafel 1930/33 heranzuziehen. Der Veranlagungszinssatz dürfe allerdings nicht mit dem zur Rentenberechnung verwendeten Rechnungszinssatz verwechselt werden.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil höchstgerichtliche Judikatur zur Frage der Ermittlung des Kapitalwerts dynamischer Renten fehle. Es erscheine durchaus vertretbar, ungeachtet des Fehlens von Vorgaben durch geschäftsplanmäßige Erklärungen von Versicherungsunternehmen gleich dem deutschen Rechtsraum die Änderung der Rente im Fall eines im versicherungsmathematischen Rechenmodell nicht mehr darstellbaren extremen Ansteigens der maßgebenden Parameter als „aufgeschobene Rente" (unter Berufung auf Stiefel/Hofmann, Kraftfahrversicherung § 10 AKB Rz 152 ua) zu beurteilen. Überdies fehlten ausdrückliche Entscheidungen, wie in einem solchen Fall der Stichtag für die „Metamorphose" eines bevorrangten Kapitalschadens zum nachrangigen Rentenschaden zu bestimmen sei.

Gegen diesen Beschluss richten sich die rechtzeitigen Rekurse beider Streitteile.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie sind aber im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Zur Bestimmtheit des Klagebegehrens

Vorweg ist festzuhalten, dass das Klagebegehren ausreichend bestimmt ist. Der Kläger begehrt - im Einzelnen näher angeführte - Leistungen „zusätzlich zur Höhe der bisher geleisteten Zahlungen". Die Höhe der zuletzt von der beklagten Partei monatlich erbrachten Leistungen ist aber nicht strittig und der Aktenlage zweifelsfrei zu entnehmen. Schon in der Klage führt der Kläger aus, dass ihm zuletzt nur ein Tagessatz von EUR 47,54 bezahlt worden sei. Aus dem Gesamtzusammenhang der Klagserzählung ergibt sich in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit, dass der Kläger - aus Gründen „prozessualer Vorsicht" - nicht den ihm seiner Ansicht nach zustehenden Tagessatz von EUR 218,84, sondern nur einen solchen von EUR 97,02 anstrebt. Dieser Betrag liegt erkennbar dem Hauptbegehren, wo Leistungen zusätzlich zu den bisher erbrachten Zahlungen in einer Höhe begehrt werden, dass sich insgesamt ein Tagessatz von EUR 97,02 ergibt, ebenso zugrunde wie dem Eventualbegehren, das auf Erlangung eines Exekutionstitels für den gesamten monatlich zu leistenden Betrag gerichtet ist.

2. Zur Kürzung nach § 155 VersVG

Gemäß § 155 Abs 1 VersVG kann der Versicherungsnehmer, der dem Dritten zur Gewährung einer Rente verpflichtet ist, nur einen verhältnismäßigen Teil der Rente verlangen, wenn die Versicherungssumme den Kapitalwert der Rente nicht erreicht. Die Bestimmung über die Rentenkürzung bezieht sich nicht nur auf das Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, sondern ist auch dann von Bedeutung, wenn - wie im vorliegenden Fall in der Kfz-Pflichtversicherung - der Dritte unmittelbar gegen den Versicherer vorgeht (SZ 50/79; RIS-Justiz RS0065801). Reicht die Versicherungssumme nicht aus, so könnte bei einer Rente der Fall eintreten, dass der Versicherer für die volle Rente solange Deckung gewähren müsste, bis die Versicherungssumme erschöpft ist. Der Gesetzgeber hat im § 155 Abs 1 VersVG jedoch eine andere Regelung getroffen, um die Versorgung des geschädigten Dritten zu gewährleisten: Es ist versicherungsmathematisch die Rente festzustellen, deren Kapitalwert der in Betracht kommenden Versicherungssumme entspricht. Diese herabgesetzte Rente ist auch dann zu leisten, wenn die Versicherungssumme erschöpft ist. Dadurch will das Gesetz verhindern, dass ein Fall eintritt, in welchem für die Rente überhaupt keine versicherungsmäßige Deckung besteht (RIS-Justiz RS0080716; zuletzt 2 Ob 360/98z; Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VersVG27 § 155 Rz 2). Um der Vorschrift des § 155 Abs 1 VersVG zu entsprechen, darf die Rente also nur in betraglicher, nicht aber in zeitlicher Hinsicht gekürzt werden (SZ 50/79; RIS-Justiz RS0080737). Durch dieses Verfahren wird gewährleistet, dass der Dritte die ihm zuerkannte Rente in jedem Fall wenigstens teilweise erhält; andererseits wird vermieden, dass der sorglose Versicherungsnehmer, der keine Rücklagen gebildet hat, finanziell ruiniert wird (Baumann in Berliner Kommentar zum VersVG § 155 Rz 4). Unter einer „Rente" im Sinne dieser Bestimmung ist eine periodische Leistung zu verstehen, die weder Teilabtragung eines Kapitals (in Raten) noch Nebenleistung zu einer Kapitalschuld (Zinsen) ist, neben der also eine Kapitalschuld überhaupt nicht besteht (SZ 51/63; RIS-Justiz RS0058400; Kunst, Der Kapital- und Rentenschaden in der Haftpflicht und Haftpflichtversicherung, ZVR 1978, 65). Die Lehre (Kunst aaO FN 5) stellt zusätzlich auf die Ungewissheit der Dauer der Verpflichtung zur Rentenleistung („aleatorischer Charakter") ab. Hingegen läge keine „Rentenverpflichtung" im Sinne des § 155 VersVG vor, wenn ein Anspruch periodisch abgerechnet und dabei stets wieder neu überprüft wird (Stiefel/Hofmann, Kraftfahrversicherung17 § 10 AKB Rz 121; Späte, Haftpflichtversicherung § 3 AHB Rz 75; so auch RIS-Justiz RS0058435).

Das Kürzungsverfahren nach § 155 Abs 1 VersVG stellt sich im Hinblick auf die langfristig wirkende Berechnung notwendig als in gewissem Sinne spekulativ dar (Baumann aaO § 155 Rz 4). So muss sich der schadenersatzpflichtige Versicherungsnehmer an der Rentenzahlung beteiligen, obwohl der Rentenberechtigte früher sterben kann und die Deckungssumme dann noch nicht erschöpft ist. Andererseits hat der Versicherer anteilig weiterzuzahlen, wenn der Anspruchsberechtigte länger lebt als berechnet und die Versicherungssumme längst ausgeschöpft ist.

3. Zur Präklusion des Einwands des Deckungskonkurses

3.1. Nach ständiger Rechtsprechung muss der Einwand, die Deckungssumme reiche zur Befriedigung des Klägers nicht aus, im Titelverfahren erhoben werden und kann nicht in einem späteren Verfahren nachgeholt werden (RIS-Justiz RS0065841). Eine spätere Überprüfung im Exekutionsverfahren, etwa aufgrund einer Oppositionsklage, ist nicht möglich (RIS-Justiz RS0065841; zuletzt 3 Ob 212/98t). Dabei handelt es sich um eine Folge der (materiellen) Rechtskraft der im Titelverfahren ergangenen Entscheidung, die auch Einwendungen des Beklagten gegen den Anspruch präkludiert (Fasching/Klicka in Fasching/Konecny² § 411 ZPO Rz 91). Der Grundsatz, wonach der Einwand, die Deckungssumme reiche zur Befriedigung nicht aus, nur im jeweiligen Schadenersatzprozess und nicht in einem späteren Verfahren geprüft werden kann, gilt aber - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben (§ 510 Abs 3 ZPO) - nur dann, wenn Gegenstand des Vorverfahrens überhaupt ein Rentenbegehren bildete. Die Rechtskraft des Vorprozesses kann von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen nicht weiter reichen als der den Gegenstand des Vorprozesses bildende Anspruch (vgl nur Fasching/Klicka in Fasching/Konecny² § 411 ZPO Rz 40). Gegenstand des Verfahrens 6 Cg 160/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz war aber lediglich ein Begehren für einen genau bestimmten Zeitraum. Wenn die beklagte Partei in diesem Verfahren den Einwand der mangelnden Deckung unterließ, kann dies jedenfalls der Erhebung dieses Einwands in einem anderen Verfahren mit anderem Streitgegenstand und überdies anderen Klägern nicht entgegenstehen.

3.2. Aber auch ein konkludenter Verzicht auf den Einwand des Deckungskonkurses liegt nicht vor. In der schon von den Vorinstanzen zitierten Entscheidung 7 Ob 67/83 (= VersR 1984, 1201) hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass auch aus einer langjährigen Auszahlung ungekürzter Renten unter Überlegung aller Umstände (§ 863 Abs 2 ABGB) kein schlüssiger Verzicht des Haftpflichtversicherers auf eine Rentenkürzung nach eingetretenem Deckungskonkurs abgeleitet werden kann. Vielmehr lässt ein derartiges Verhalten nur den gegenteiligen Schluss zu, dass der Haftpflichtversicherer das Nichtzureichen der Versicherungssumme zunächst nicht erkannt hat. Von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht kein Anlass.

4. Zum maßgeblichen Stichtag

4.1. Zum Stichtag für die Umwandlung einer nach §§ 14, 15 EKHG und § 155 VersVG bevorzugten Kapitalforderung in eine Rentenforderung sind verschiedene Ansätze denkbar: In Deutschland wird überwiegend auf den Zeitpunkt des Unfalls abgestellt (BGH VersR 1980, 132 und VersR 1986, 392; dazu Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VersVG27 § 155 Rz 9; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrversicherung17 § 10 AKB Rz 121 aE). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der Rentenanspruch bereits zu diesem Zeitpunkt entsteht.

4.2. Alternativ dazu wäre zu erwägen, auf den Schluss der mündlichen Streitverhandlung abzustellen. Ein derartiger Ansatz wäre aber aus mehreren Erwägungen nicht sachgerecht: Abgesehen davon, dass nur ein geringer Teil der Haftpflichtforderungen Gegenstand eines Zivilprozesses wird (Kunst aaO, ZVR 1978, 67), würde dabei auf mit dem Schaden selbst nicht zusammenhängende Umstände wie Belastung des Gerichts, Schwierigkeiten des Prozessstoffes etc abgestellt. Außerdem würden den Parteien gegebenenfalls missbräuchliche Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. So könnte der Kläger durch Verzögerung des Verfahrens eine Erhöhung des - begünstigten - Kapitalanteiles zu Lasten des Rentenanteils erreichen (Kunst aaO). Ein Abstellen auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung im Vorprozess 6 Cg 160/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz wäre im vorliegenden Fall auch deshalb nicht zielführend, weil - wie ausgeführt - in diesem Verfahren nur Ersatzleistungen für einen eng umschriebenen Zeitraum geltend gemacht wurden.

Aber auch der Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz im vorliegenden Verfahren - wie dies offenbar dem Rechtsstandpunkt der beklagten Partei entspricht - bildet kein geeignetes Abgrenzungskriterium: Wie schon in der bereits zitierten Entscheidung 7 Ob 67/83 (VersR 1984, 1201) ausgeführt wurde, wäre es nicht einzusehen, wieso nach jahrelanger Rentenzahlung bloß der Streit über eine nun erforderliche Kürzung dieser Renten für die Zwischenzeit der Prozessdauer die Rentenforderung zur Kapitalforderung machen soll.

4.3. Die Regulierungspraxis geht offenbar überwiegend vom Stichtag der Konsolidierung der Unfallsfolgen in Verbindung mit der grundsätzlichen Anerkennung konsensualer Dispositionsfreiheit beider Partner des Haftpflichtverhältnisses aus (Kunst, ZVR 1978, 66 [68]). Auch nach der Lehre ist als Stichtag jener Zeitpunkt heranzuziehen, in dem bei objektiver Betrachtung festgestellt werden kann, dass die Körperverletzung oder Tötung eines Menschen einen nicht restituierbaren Dauerschaden hinterlassen hat (Kunst aaO 67). Im Verletzungsfall ist ein angemessener Beobachtungszeitraum bis zum Abschluss der Restitutionsbemühungen anzusetzen. Erst nach Abschluss der Rehabilitation im weiteren Sinne lässt sich die Frage beantworten, ob und in welchem Ausmaß die Verletzung eine dauernde Gesundheitsschädigung herbeigeführt hat, die ihrerseits einen Verdienstentgang oder Mehrbedarf auch für die Zukunft verursachen wird (Kunst aaO 67).

4.4. Dies entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in mehreren Entscheidungen ausgesprochen, dass auf die Konsolidierung der Schadensfolgen abzustellen ist. Demnach ist ein Pflegeaufwand ab jenem Zeitpunkt ein Rentenschaden, ab dem er wegen seiner Konsolidierung objektiv mit einem regelmäßig zu zahlenden Geldbetrag abgegolten werden kann (ZVR 1980/332; 7 Ob 26/89 = SZ 62/137 = VersR 1990, 683). Dies ist dann nicht der Fall, wenn für die Zukunft noch mit erheblichen Schwankungen gerechnet werden kann (7 Ob 26/89). An dieser Auffassung ist festzuhalten. Eine derartige Betrachtungsweise entspricht auch dem versicherungsmathematischen Zweck der Unterscheidung in Kapital- und Rentenleistungen. Diese Unterscheidung führt dazu, dass Leistungen in der Zukunft mit einem geringeren Wert in die Berechnung eingehen als gegenwärtige Leistungen. Kennzeichnend für Kapitalleistungen ist aus versicherungsmathematischer Sicht die zeitliche Nähe zum Zeitpunkt des Schadensereignisses. Demgegenüber sind Rentenleistungen ab einem bestimmten Zeitpunkt wiederholt bis zu einem bestimmten oder unbestimmten Endzeitpunkt zu erbringen (vgl das Gutachten des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. B***** Seite 9 in ON 12 = AS 61). In rechtlicher Sicht ist freilich zu beachten, dass - wie schon das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat - nur Schäden aus der Minderung der Erwerbsfähigkeit, Vermehrung der Bedürfnisse und - im vorliegenden Fall freilich nicht in Betracht kommende - Schäden aus Unterhaltsentgang als Rentenschaden im Rechtssinne anzusehen sind (vgl Kunst, ZVR 1978, 65 [66]).

5. Zur Berechnung des Kapitalwerts der Rente

5.1. Zunächst ist festzuhalten, dass wegen des eindeutigen Verweises in Art 3 Abs 3 AKHB 1988 auf die Sterbetafel 1930/33 ausschließlich auf die abstrakte Lebenserwartung des Klägers nach dieser Sterbetafel, nicht auf die aufgrund seiner schweren Verletzungen allenfalls geringe konkrete Lebenserwartung abzustellen ist. Der vom Kläger früher vertretene gegenteilige Standpunkt wird von ihm zu Recht nicht mehr aufrecht erhalten.

5.2. Auf den vorliegenden Fall ist - mangels zeitlicher Anwendbarkeit des § 10 KHVG 1994 (vgl § 34 Abs 1 KHVG) - § 3 Abs 3 AKHB 1988 anzuwenden, der als Vorbild für die gesetzliche Regelung des § 10 KHVG diente (vgl die Materialien, abgedruckt bei Grubmann, KHVG² § 10 Anm 1). Nach dieser Bestimmung ist der Ermittlung des Kapitalwerts der Rente die österreichische Sterbetafel MÖ 1930/33, Zinsfuß 3 %, zugrundezulegen.

Das Berufungsgericht hat diese Bestimmung in dem Sinn verstanden, dass der Zinssatz von 3 % nur für einen „Rechnungszinssatz" gelte, jedoch im Rahmen einer dynamischen Betrachtung auch - als Ausgleich für Rentenerhöhungen - aus günstigeren Veranlagungsmöglichkeiten mögliche höhere Zinssätze zu berücksichtigen seien. Die beklagte Partei erblickt demgegenüber in § 3 Abs 3 AKHB eine abschließende Regelung, die für die Berücksichtigung weiterer Zinsen bei der Kapitalwertermittlung keinen Raum lasse.

5.3. Die Einwände der beklagten Partei gegen die vom Berufungsgericht gewählte Berechnungsmethode sind teilweise berechtigt. Es mag durchaus zutreffen, dass aus versicherungsmathematischer Sicht für die Berechnung des Kapitalwerts einer Rente andere Veranlagungszinsen berücksichtigt werden können als die in § 3 Abs 3 AKHB vorgesehenen 3 %. So ist nach deutschem Recht der Kapitalwert der Rente nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Berücksichtigung der Besonderheit des jeweiligen Einzelfalles und unter Beachtung der sich aus anerkannten statistischen Unterlagen ergebenden Durchschnittswerte zu berechnen (Schlegelmilch in Geigel, Haftpflichtprozess24 Kap 13 Rz 98 mwN). Kraftfahrversicherer rechnen in Deutschland geschäftsplanmäßig mit einem Zinssatz von 3,5 % ab. Als Ausgleich für allfällige Zinsgewinne wird dabei jedoch eine um 25 % erhöhte Versicherungssumme zugrunde gelegt (Schlegelmilch aaO Kap 13 Rz 99).

Eine derartige Vorgangsweise stünde jedoch mit der ausdrücklichen Regelung des § 3 Abs 3 AKHB nicht in Einklang, der nicht zwischen Veranlagungs- und Rechnungszinssatz unterscheidet. Die vom Berufungsgericht zitierte deutsche Lehre und Rechtsprechung (vgl BGH VersR 1986, 392) lassen sich auf die abweichende österreichische Rechtslage insoweit nicht übertragen.

5.4. Das Abstellen des Art 3 Abs 3 AKHB auf einen Zinssatz von 3% stellt grundsätzlich eine abschließende Regelung dar, die es verbietet, daneben noch die dem Versicherer offenstehenden günstigeren Veranlagungsmöglichkeiten auf dem Kapitalmarkt zu berücksichtigen. Dass aus versicherungsmathematischer Sicht andere Modelle zur Berücksichtigung der Veranlagungsmöglichkeiten sachgerechter erscheinen, rechtfertigt es noch nicht, sich über die in Art 3 Abs 3 AKHB angeordnete pauschale Berechnung hinwegzusetzen. Daher ist durchaus denkbar, dass dem Versicherer dann, wenn die Veranlagungszinsen den Zinssatz von 3 % übersteigen, ein Zinsgewinn („Zinsenlukrum": Kunst, ZVR 1978, 77 und öfter) verbleibt.

5.5. Allerdings wäre es verfehlt, die offenbar aus Gründen der Vereinfachung vorgesehene pauschalierende Berechnungsweise des Art 3 Abs 3 AKHB in dem der beklagten Partei vorschwebenden Sinne nur einseitig dahingehend zu verstehen, dass der Versicherer zwar sich keine höheren Zinserträge anrechnen lassen muss, andererseits aber aufgrund von Indexanpassungen eingetretene Rentenerhöhungen gesondert zu berücksichtigen wären. Eine derartige Vorgangsweise würde zu einem relativ früheren Eintritt des Deckungskonkurses und damit der Möglichkeit des Versicherers, die auszuzahlenden Beträge anteilig zu kürzen, führen, während ihm andererseits die Differenz zwischen Veranlagungszinssatz und dem in § 3 Abs 3 AKHB zugrunde gelegten Rechnungszinssatz von 3 % verbliebe.

Eine derartige Betrachtungsweise verkennt, dass jeder Zinssatz immer auch die Abgeltung für die Geldentwertung umfasst. Der relativ niedrige Zinssatz von 3 % lässt sich gerade dadurch erklären, dass damit - wie der Sachverständige o. Univ. Prof. Dr. B***** nachvollziehbar ausgeführt hat - implizit Zinseffekte und Preissteigerungen berücksichtigt werden (Seite 5 des Gutachtens ON 12 = AS 53). Davon werden all jene Kombinationen aus Veranlagungszinsen und Preissteigerungen erfasst, deren Differenz exakt 3 % beträgt (aaO). Auch nach Schneider (Kapitalisierung von Schadensersatzrenten, VersR 1981, 493 [496]) involviert der rechnungsmäßige Zinsfuß zukünftige Rentensteigerungen. Entgegen der Rechtsansicht der beklagten Partei kann den AKHB 1988 keineswegs unterstellt werden, das Problem wertgesicherter Renten nicht berücksichtigt zu haben. Vielmehr stellt die Wertsicherung der Rentenforderung im Haftpflichtrecht heute nicht den Ausnahme-, sondern geradezu den Regelfall dar (Kunst, ZVR 1978, 65 [76]). Dass dieser Zusammenhang bei Ausarbeitung der AKHB vernachlässigt worden wäre, kann keineswegs unterstellt werden, zumal auf diesen Umstand auch in der Literatur hingewiesen wurde (vgl abermals Kunst aaO). Das in der deutschen Rechtsprechung geäußerte Argument, der Gesetzgeber sei von „stabilen" Renten ausgegangen (BGH VersR 1986, 392 [395]), lässt sich daher jedenfalls nicht auf die AKHB übertragen. Daher kann nicht unterstellt werden, dass § 3 Abs 3 AKHB nur für eine fixe Rente unter Ausklammerung jeder Form von Wertsicherung gelten würde. Würde man § 3 Abs 3 AKHB in dem nunmehr dieser Regelung von der beklagten Partei beigelegten Sinn verstehen, dass der Zinssatz von 3 % nur für den Veranlagungszinssatz gelte, hingegen bei der Zusatzbelastung aus einer Wertsicherung auf die tatsächlichen Beträge abzustellen sei, wäre die Bestimmung grob unsachlich und würde den Versicherer gegenüber den Interessen des Versicherungsnehmers und des Geschädigten einseitig massiv begünstigen. Eine derartige Auslegung wäre nicht nur mit der auch für die Auslegung von Versicherungsbedingungen geltenden Unklarheitenregel des § 915 ABGB (vgl Schauer, Versicherungsvertragsrecht³ 131) nicht vereinbar, sondern hielte auch einer Inhaltskontrolle nicht stand. Dabei würde das - von der beklagten Partei im Prozess verteidigte - „Zinsenlukrum" um den Preis des (vorzeitigen) Deckungskonkurses, sohin zu Lasten des Versicherten und des Geschädigten erkauft. Ein derartiges Ergebnis erscheint aber nicht sachgerecht. Hier ist neuerlich darauf zu verweisen, dass in Deutschland dann, wenn - wie im Bereich der Kraftfahrzeugversicherung - die Kapitalisierung von Renten bei der Haftpflichtversicherung mit einem Zinssatz von 3,5 % vorgenommen wird, die Versicherungsunternehmen als Ausgleich für diesen niedrigen Zinssatz in diesen Fällen der Berechnung eine um 25 % erhöhte Versicherungssumme zugrunde legen (Schlegelmilch in Geigel, Haftpflichtprozess24 Kap 13 Rz 99 mwN). In Anbetracht des Fehlens einer vergleichbaren Regelung in den AKHB ist der gebotene Ausgleich zwischen den Interessen des Versicherers und des Versicherungsnehmers dadurch sicherzustellen, dass die Regelung der Kapitalisierung von Renten in § 3 Abs 3 AKHB als Pauschalregel verstanden wird, die nicht nur die dem Versicherer offen stehenden Veranlagungsmöglichkeiten, sondern auch Rentensteigerungen aufgrund von Wertsicherungen im weiteren Sinne umfasst. Dazu gehört auch die hier vorliegende Bindung einer Pflegerente an den Tagessatz eines Krankenhauses. Auch Kunst (ZVR 1978, 76, 77) räumt ein, dass dieses Ergebnis der „formalen Rechtslage" entspricht. Wenn diese Autorin gleichzeitig das Auseinanderklaffen zwischen „formaler Rechtslage" und ökonomischer Realität beklagt (aaO 76), ist dem entgegenzuhalten, dass es der beklagten Partei durchaus möglich gewesen wäre, eine ihr sachgerechter erscheinende Form der Rentenberechnung zu vereinbaren. Im vorliegenden Fall hat daher die Berücksichtigung der Erhöhung der - an die entsprechenden Tagespflegesätze geknüpften - Rentenleistung bei der Kapitalwertberechnung nicht aufgrund einer - in tatsächlicher Hinsicht wohl exakteren - versicherungsmathematischen gesonderten Berechnung der Wertsicherung einerseits und des erzielbaren Veranlagungszinssatzes andererseits, aber auch nicht - wie dies in anderem Zusammenhang, nämlich bei Ermittlung des Schätzwertes einer indexgesicherten Leibrente im Konkursverfahren vertreten wurde - durch Schätzung des Aufwertungseffektes gemäß § 273 ZPO (vgl JBl 1976, 261), sondern ausschließlich unter Heranziehung des in § 3 Abs 3 AKHB 1988 vorgesehenen Zinssatzes von 3 % zu erfolgen.

5.6. Dass dadurch die beklagte Partei unter Umständen mit höheren Leistungen belastet ist als dies bei exakter versicherungsmathematischer Berechnung der Fall wäre, ist Folge der generalisierenden Regelung des § 3 Abs 3 AKHB, die im konkreten Einzelfall zum Vorteil, aber eben auch - wie möglicherweise im vorliegenden Fall - zum Nachteil des Haftpflichtversicherers ausschlagen kann. Im Übrigen würde eine tatsächliche Überschreitung der Versicherungssumme nur dann eintreten, wenn der Verletzte die ihm nach der Sterbetafel 1930/33 zukommende statistische Lebenserwartung trotz der erlittenen schwersten Verletzungen und des daraus resultierenden Wachkomas auch tatsächlich erreicht. Damit liegt aber nach den Ausführungen des Sachverständigen o. Univ. Prof. Dr. B***** offenbar gar kein Deckungskonkurs vor (Seite 10 des Gutachtens ON 12 = AS 63). Die diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen sind jedoch in die Feststellungen des Erstgerichtes - ebenso wie dessen andere Ergebnisse - nicht eingeflossen, sodass es insoweit ergänzender Feststellungen bedarf.

Nur dann, wenn sich entgegen dem Sachverständigengutachten auch bei Anwendung der aufgezeigten Berechnungsgrundsätze das Vorliegen eines Deckungskonkurses ergeben sollte, wären ergänzende Feststellungen zum Zeitpunkt der Konsolidierung des Schadens zu treffen. Lediglich für den Fall, dass auch bei Zugrundelegung der dargelegten Grundsätze ein Deckungskonkurs vorläge, wäre das Beweisverfahren auch in Richtung des behaupteten vergleichsweisen Verzichts der Beklagten auf den Einwand des Deckungskonkurses ergänzungsbedürftig.

5.7. Damit bedarf es im vorliegenden Fall keiner Beantwortung der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Rechtsfrage, ob gegebenenfalls Rentenerhöhungen als aufgeschobene Renten behandelt werden können. Bei dieser Berechnungsweise würde bei jeder Rentenerhöhung die Rente gedanklich in zwei Teilrenten zerlegt, nämlich in die in unveränderter Höhe weiter zu zahlende ursprüngliche Rente und in eine zusätzliche Rentenverpflichtung in Höhe der Differenz. Für diese neue Rente wird ein selbständiger Kapitalwert errechnet, und zwar zum selben Stichtag wie für die ursprüngliche Rente, also - nach deutschem Recht - zum Stichtag des Eintritts des Versicherungsfalls (Stiefel/Hofmann, Kraftfahrversicherung17 § 10 AKB Rz 121 ff; BGH VersR 1986, 392 [395]). Nur soweit durch den Kapitalwert der neu hinzugekommenen Rente die Versicherungssumme nicht überschritten wird, ist die Rentenerhöhung in vollem Umfang zu decken; andernfalls hat der Haftpflichtversicherer nur den Teil der Rentenerhöhung zu zahlen, der zu dem zusätzlich zu zahlenden Rentenbetrag im gleichen Verhältnis steht wie der verbleibende Teil der Versicherungssumme zum Kapitalwert der Rentenerhöhung (BGH VersR 1986, 392 [395]). Da die Versicherungssumme bereits durch Einzelzahlungen und den Kapitalwert der bisherigen Renten voll ausgeschöpft ist, wäre diesfalls die Rentenerhöhung nicht bzw nicht in voller Höhe gedeckt. Für das österreichische Recht wäre eine derartige Berechnungsweise dann zu erwägen, wenn die Rentenerhöhung nicht auf eine Wertsicherung oder einen vergleichbaren Steigerungsfaktor, sondern auf einen gestiegenen Bedarf des Verletzten, etwa wegen einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, zurückzuführen ist. Die Bindung des Pflegekostenersatzes an die entsprechenden Sätze eines Krankenhauses wie im vorliegenden Fall erscheint demgegenüber keineswegs derart unüblich, dass sie eine Abweichung von der generalisierenden Vorschrift des § 3 Abs 3 AKHB erforderte.

Allerdings wäre bei einer derartigen Behandlung von Rentenerhöhungen als aufgeschobene Renten zu beachten, dass es nicht zu einer unzulässigen Vermengung mehrerer Stichtage kommt. Vielmehr wäre - insoweit in Einklang mit der herrschenden Auffassung zum deutschen Recht - grundsätzlich stets derselbe Stichtag heranzuziehen (vgl abermals BGH VersR 1986, 392 [395]). Diese Berechnung kann dazu führen, dass ein bestimmter Mehrbedarf nicht mehr von der Versicherungssumme gedeckt ist, sie kann aber im Gegensatz zu einer unabhängigen Neuberechnung unter Zugrundelegung eines neuen Stichtages nicht dazu führen, dass die Höhe der gedeckten Rente nicht nur nicht steigt, sondern sogar sinkt, obwohl der Bedarf des Versicherten bzw Verletzten gestiegen ist. Ein derartiges Ergebnis wäre nicht sachgerecht. Abschließend muss dieses Problem hier aber nicht behandelt werden.

Auch auf die Frage, welcher Stichtag zugrundezulegen ist, wenn eine Neuberechnung der Rente nicht wegen deren - durch andere Faktoren als eine Wertsicherung bedingte - Erhöhung, sondern wegen von der Versicherung zusätzlich erbrachter, nicht vorhersehbarer Kapitalleistungen erforderlich wird, braucht im vorliegenden Fall nicht eingegangen zu werden.

Damit erweist sich der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes im Ergebnis als berechtigt, sodass den Rekursen ein Erfolg zu versagen war.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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