European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E124775
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die Kläger nehmen die beklagte Bank auf Schadenersatz in Anspruch, weil diese für die Nichtweiterleitung eines Antrags ihres Vaters auf Abschluss einer Lebensversicherung verantwortlich sei. Dies habe dazu geführt, dass sie nun als Erben keinen Anspruch auf die Versicherungssumme hätten. Die Beklagte hatte die Versicherung zur Besicherung eines Kredits verlangt, der Vater der Kläger hatte dem nur widerwillig zugestimmt. Nach einigen Monaten kam auf, dass der Antrag offenbar nicht an die Versicherung weitergeleitet worden war. Daraufhin „verzichtete“ eine Sachbearbeiterin der Beklagten gegenüber dem Vater auf diese Sicherheit, was ihm „sehr gelegen“ kam. Er unternahm nichts, um den Abschluss dieser oder einer anderen Lebensversicherung herbeizuführen.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hätten sich der Vater und die Bank auf die Nichtweiterleitung geeinigt; zudem sei der Anspruch verjährt.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Kläger erweist sich als nicht zulässig.
1. Eine erhebliche Rechtsfrage iSv § 502 Abs 1 ZPO stellt sich nur dann, wenn die Entscheidung gerade von der Lösung dieser Frage abhängt. Die in einer außerordentlichen Revision als erheblich bezeichnete Rechtsfrage muss daher präjudiziell für die Entscheidung sein (Zechner in Fasching/Konecny 2 § 502 Rz 60 und § 519 Rz 106, jeweils mwN; RIS-Justiz RS0088931); fehlende Relevanz schließt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aus (4 Ob 101/13a, 2 Ob 89/15z).
2. Die Revision stützt sich sich auf das Nichtzustandekommen einer Vereinbarung zwischen der Bank und dem Vater der Kläger, dies insbesondere unter Hinweis auf das Vier-Augen-Prinzip nach § 5 Abs 1 Z 12 BWG, und auf Nichteintritt der Verjährung, dies insbesondere weil der Vater erst weniger als drei Jahre vor Klageeinbringung Kenntnis vom Nichtzustandekommen des Versicherungsvertrags erlangt habe. Auf diese (allenfalls abstrakt erheblichen) Fragen kommt es hier allerdings nicht an, weil der Vater den Schaden (dh das Fehlen der Versicherungsdeckung) bewusst in Kauf genommen und damit gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen hat. Einen entsprechenden Einwand hat die Beklagte ausdrücklich erhoben.
2.1. Aus § 1304 ABGB ergibt sich die Verpflichtung des Geschädigten, den eingetretenen Schaden möglichst gering zu halten, wenn und soweit ihm ein entsprechendes Verhalten möglich und zumutbar ist (2 Ob 4/08i mwN; RIS‑Justiz RS0027043). Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liegt ua dann vor, wenn der Geschädigte Handlungen unterlassen hat, die geeignet gewesen wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern, obwohl sie – objektiv betrachtet – von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden wären, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten (2 Ob 135/10g mwN; RIS-Justiz RS0023573). Die Verletzung der Schadensminderungspflicht schlägt sich im Regelfall nicht in einer quotenmäßigen Schadensteilung nieder; der Geschädigte hat vielmehr nach überwiegender Rechtsprechung die von ihm zu vertretende Schadenserhöhung allein zu tragen (2 Ob 4/08i mwN; RIS‑Justiz RS0124232; zuletzt etwa 4 Ob 14/16m; anders 1 Ob 192/09f).
2.2. Im vorliegenden Fall hat sich der Vater der Kläger bewusst gegen eine Versicherung entschieden und daher keine ihm jedenfalls leicht mögliche Maßnahme zum Abschluss eines Versicherungsvertrags gesetzt (zB durch neuerliches Ausfüllen des Antrags und Weiterleitung an die Versicherung). Damit ist das Fehlen der Versicherungsdeckung allein ihm zuzurechnen. Das gilt auch dann, wenn man entgegen der zitierten Rechtsprechung auch bei Verletzung der Schadensminderungspflicht im Regelfall eine Schadensteilung für angebracht hält (Karner in KBB5 § 1304 Rz 10 mwN). Denn das fahrlässige Verhalten von Leuten der Bank tritt gegenüber der bewussten Billigung des unterbliebenen Vertragsabschlusses so eindeutig in den Hintergrund, dass jedenfalls im konkreten Fall bei Abwägung der Zurechnungselemente kein Raum für eine Haftung bleibt (vgl 4 Ob 25/11x: volenti non fit iniuria).
3. Da der Anspruch der Kläger schon aus diesem Grund nicht besteht, kommt es auf die Ausführungen der Revision zu anderen Abweisungsgründen nicht an. Das Rechtsmittel ist daher zurückzuweisen.
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