Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird abgeändert; das Urteil des Erstgerichtes wird wiederhergestellt.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 110.720,62 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (einschließlich S 10.446,77 Umsatzsteuer und S 48.040,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 8.4.1984 ereignete sich in Wien auf der Fahrt des Klägers zum Flughafen Wien-Schwechat ein Unfall, bei welchem dieser als Fahrgast des Taxis W 41.230 der Erstbeklagten, das bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversichert war, schwere Verletzungen erlitt. Es ist nicht strittig, daß den Taxilenker das Alleinverschulden an dem Unfall trifft.
Mit der am 6.2.1989 bei Gericht eingelangten Klage begehrte der Kläger von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die Bezahlung von S 603.198,50 sA und eine monatliche Rente von S 10.140,-- ab 1.4.1986. Weiters stellte er ein entsprechendes Feststellungsbegehren. Aus dem Verschulden des Taxilenkers an dem Unfall ergebe sich die Haftung der beklagten Parteien. Der Kläger begehre ein Schmerzengeld von S 400.000,--, eine Verunstaltungsentschädigung von S 50.000,--, die Bezahlung seines Verdienstentganges von ursprünglich S 130.721,50 (später ausgedehnt um S 344.760,--) sowie den Ersatz von Arzthonoraren von S 22.477,--. Seit 1.2.1989 habe er einen monatlichen Verdienstentgang von S 10.140,--. Er leide an epileptischen Anfällen und Kopfschmerzen; es würden bei der Reparatur seiner beim Unfall beschädigten Zähne weitere Auslagen entstehen.
Die beklagten Parteien bestritten nicht das alleinige Verschulden des Taxilenkers am Unfall, machten aber geltend, daß verschiedene Ansprüche der Höhe nach und zum Teil auch deshalb nicht berechtigt seien, weil der Kläger nicht verunstaltet sei und auch keinen Verdienstentgang hatte. Insbesondere seien sämtliche Ansprüche verjährt, weil die Klage erst lange nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist erhoben wurde. Die zweitbeklagte Partei habe den Kläger mit Schreiben vom 27.1.1986 zur Bezifferung seiner Forderungen aufgefordert, er habe solche aber erst mit dem Schreiben vom 25.7.1988 geltend gemacht, worauf sie mit dem Schreiben vom 4.8.1988 die Begleichung der Schäden wegen Verjährung abgelehnt habe. Die Klage sei erst nach weiteren 6 Monaten eingebracht worden.
Der Kläger replizierte, daß die zweitbeklagte Partei seine Ansprüche dem Grunde nach anerkannt habe, so daß schon deshalb keine Verjährung eingetreten sei. Der Einwand der Verjährung sei sittenwidrig. Der Kläger sei auch noch in den Jahren 1986 und 1987 in Behandlung gestanden, seine Behandlung sei noch nicht abgeschlossen. Nach den Äußerungen der zweitbeklagten Partei in der Korrespondenz sollte zwecks Klärung der Personenschäden das Ende der Behandlungen abgewartet werden. Darin liege ein schlüssiger Verzicht auf die Einrede der Verjährung während der Dauer der Behandlungen. Bis zum Schreiben der Zweitbeklagten vom 4.8.1988 hätten die Vergleichsgespräche über die Personenschäden angedauert, danach sei unter Berücksichtigung der Umstände, daß der Anwalt des Klägers in Belgien erst entsprechende Kontakte mit einem Rechtsanwalt in Österreich herstellen und danach wieder mit dem Kläger in Kontakt treten mußte, die Klage rechtzeitig erhoben worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Die dreijährige Verjährungsfrist sei am 5.8.1987 abgelaufen. Eine Hemmung der Verjährung sei nicht eingetreten. Der Schade des Klägers, und zwar als Dauerschade, sei diesem im Mai 1985 bekannt gewesen.
Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes ab und erkannte mit Teil- und Zwischenurteil das Feststellungsbegehren für berechtigt und das Zahlungs- und Rentenbegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend. Im Gegensatz zur Auffassung des Erstgerichtes sei zunächst davon auszugehen, daß das Verhalten und die Erklärungen des zweitbeklagten Haftpflichtversicherers, der auch Akontozahlungen leistete, als deklaratives, den Lauf der Verjährungsfrist unterbrechendes Anerkenntnis zu beurteilen seien. Zum Zeitpunkt des Forderungschreibens des Anwaltes des Klägers am 25.7.1988 sei die Verjährungsfrist daher noch nicht abgelaufen gewesen, weshalb die zweitbeklagte Partei zu Unrecht mit dem Schreiben vom 4.8.1988 die Ansprüche des Klägers wegen Verjährung abgelehnt habe. Mit diesem Schreiben habe die beklagte Partei außerdem zum ersten Mal die schwebenden umfangreichen Vergleichsverhandlungen zwischen dem Anwalt des Klägers und ihr abgebrochen. Die Frist zwischen dem Ablehnungsschreiben vom 4.8.1988 und der Klageeinbringung am 6.2.1989 könne als gerade noch angemessen beurteilt werden, sodaß die geltend gemachten Ersatzansprüche im Zeitpunkt der Erhebung der Klage noch nicht verjährt waren. Da insbesondere zur Angemessenheit der Frist zur Einbringung der Klage unter Bedachtnahme auf die Beteiligung eines ausländischen Klägers und ausländischen Anwaltes eine klare Rechtsprechung fehle, werde die ordentliche Revision zugelassen.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der beklagten Parteien aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Dem Berufungsgericht ist zwar zuzustimmen, daß der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung und in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre auch dem bloß deklaratorischen Anerkenntnis die Wirkung zubilligt, daß es den Lauf der Verjährung unterbricht (SZ 58/114; SZ 43/98; ZVR 1987/113; ZVR 1971/206 uza; Klang in Klang2 VI 652 mwN). Ebenso ist es richtig, daß durch Vergleichsverhandlungen die Verjährung unter dem Gesichtspunkt redlicher Rechtsausübung hinausgeschoben wird (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1501; vgl Bydlinski, Vergleichsverhandlungen und Verjährung, JBl 1967, 130, 134; SZ 48/39 ua), dies aber nur unter der Voraussetzung, daß der Geschädigte nach deren Scheitern unverzüglich, d h innerhalb angemessener Frist Klage erhebt (SZ 48/39; SZ 45/80; SZ 31/31; JBl 1969, 442 ua; Schubert in Rummel aaO; Bydlinski aaO: "da die Verjährung als durch die Vergleichsverhandlungen - unter dem Vorbehalt baldiger Klage nach ihrem Scheitern - gehemmt beurteilt werden muß"). Gewiß ist auch richtig, daß bei der Beurteilung der Frage, welcher Zeitraum unter den Begriffen unverzüglich, innerhalb angemessener Frist bzw baldiger Klage zu verstehen ist, auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen ist; der Oberste Gerichtshof hat das Zuwarten von drei Monaten noch als angemessen (3 Ob 510/86), von ungefähr dreieinhalb Monaten als unter den besonderen Umständen des Falles unter Berücksichtigung ausländischer Einschreiter noch als in angemessener Frist erhoben angesehen (2 Ob 77/89), ein Zuwarten mit der Klageerhebung von mehr als drei Monaten (1 Ob 510/85), von mehr als 4 Monaten (EvBl 1976/6; SZ 43/176; 7 Ob 682/84), von nahezu 5 Monaten (2 Ob 664/86) und von mehr als 6 Monaten (1 Ob 542/90) jedoch als unangemessen beurteilt.
Wird im vorliegenden Fall darauf Bedacht genommen, daß zwischen der Datierung des Ablehnungsschreibens der zweitbeklagten Partei vom 4.8.1988 und der Einbringung der Klage am 6.2.1989 etwas mehr als 6 Monate vergingen, so kann unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze und der von der Judikatur herausgearbeiteten Fristen von einer unverzüglichen, innerhalb angemessener Frist erfolgten bzw baldigen Klageerhebung nicht die Rede sein. Daran änderte sich auch nichts, wenn die Ausführungen der Revisionsbeantwortung, wonach das Ablehnungsschreiben der zweitbeklagten Partei dem damaligen Klagevertreter erst Mitte August - also ungefähr 10 Tage später - zugekommen sei, dem Sachverhalt unterstellt werden. Dabei wird nicht übersehen, daß eine Klageerhebung vom Ausland her allenfalls längere Vorbereitungszeit erfordert; dies darf aber nicht so weit führen, daß die Berücksichtigung solcher, hier jedenfalls nicht gravierender Schwierigkeiten die dargelegten Grundsätze der Angemessenheit der Frist zur Erhebung der Klage ins Gegenteil verkehrt. Der Standpunkt des Berufungsgerichtes ist daher nicht aufrecht zu erhalten.
Wird aber davon ausgegangen, daß die Einbringung der Klage nach dem Scheitern der Vergleichsverhandlungen verspätet war, muß wieder auf die Frage der Anerkennung der Forderung des Klägers durch die zweitbeklagte Partei zurückgegriffen werden. Zur Unterbrechung der Verjährung ist eine Anerkennung dem Grunde nach hinreichend (SZ 24/153; SZ 43/183; SZ 47/28 ua), wobei ein Verhalten des Anerkennenden genügt, aus dem auf sein Bewußtsein, dem Grunde nach zu der von ihm verlangten Leistung verpflichtet zu sein, geschlossen werden kann (SZ 42/54; SZ 43/98; 2 Ob 59/90 uza). Die Dauer der nach der Anerkennung neu laufenden Verjährungszeit richtet sich wiederum nach der Beschaffenheit der ursprünglichen Forderung (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1497; JBl 1989, 460; Arb 9196).
Im Gegensatz zur Auffassung der beklagten Parteien kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die zweitbeklagte Partei mit ihrem Schreiben vom 17.12.1984, in welchem sie zu geltend gemachten Forderungen des Klägers Stellung bezieht, zum Ausdruck brachte, daß sie diesem ein Schmerzengeldanbot unterbreiten werde und bereit sei, eine Akontozahlung "auf den Gesamtschaden" von S 30.000,-- zu leisten. Damit hat sie berechtigte Forderungen des Klägers aus dem Unfall dem Grunde nach anerkannt. Dies vermag aber dem Kläger nichts zu nützen, weil auch unter Berücksichtigung dieses Anerkenntnisses dem Grunde nach die danach neu laufende Verjährungsfrist von 3 Jahren zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage am 6.2.1989 abgelaufen war.
Bleibt zu klären übrig, ob allenfalls eine Hemmung der Verjährung im Sinne des § 63 Abs 2 2.Satz KFG bzw nunmehr des § 23 Abs 2 KHVG eingetreten war. Voraussetzung für diese Fortlaufshemmung ist, daß der Geschädigte seinen Schadenersatzanspruch dem Versicherer gegenüber ziffernmäßig bestimmt geltend macht (ZVR 1975/141; ZVR 1980/347; RdW 1986, 272; 2 Ob 88/88 uza). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes spezifizierte der damalige Anwalt des Klägers erst mit dem Schreiben vom 25.7.1988 die erhobenen Ansprüche, was zur ausdrücklichen Ablehnung derselben mit Schreiben vom 4.8.1988 durch die zweitbeklagte Partei führte. Selbst bei Unterstellung des Eintrittes der Hemmung während dieser kurzen Zeitspanne hätte dies jedoch keinen Einfluß auf den Ablauf der Verjährungsfrist, weil der Kläger auch bei Berücksichtigung derselben im oben dargestellten unvertretbaren Ausmaß als mit der Einbringung seiner Schadenersatzklage säumig zu beurteilen war.
Die dargelegten Grundsätze erfordern somit die Abänderung des Urteiles des Berufungsgerichtes und die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes, das das Klagebegehren im Ergebnis richtig abgewiesen hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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