Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.481 EUR (darin 913,50 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Während der von 1990 bis 2006 andauernden Ehe des Klägers wurde am 6. 6. 1994 der Sohn D***** geboren. Er ist seit seiner Geburt schwer krank und hat dadurch vermehrte Bedürfnisse, insbesondere an medizinischer Versorgung. Im Jahr 2002 unterzog sich der Kläger einem Vaterschaftstest, der ergab, dass er nicht der Vater des Minderjährigen ist. Daraufhin gab die Mutter den Beklagten als leiblichen Vater bekannt, der in der Folge aufgefordert wurde, entweder einer DNA‑Analyse zuzustimmen oder die Vaterschaft anzuerkennen und Unterhalt zu bezahlen.
In diesem Zusammenhang fand am 25. 2. 2003 eine Besprechung in der Kanzlei der Erstnebenintervenientin (Rechtsanwältin) statt, in der sowohl eine Adoption des Minderjährigen durch den Kläger sowie eine Abgeltung für bereits angefallene und eventuell zukünftige Aufwendungen des Klägers durch den Beklagten in Diskussion standen. Nachdem sich der Beklagte in dieser Angelegenheit auch an den mit ihm befreundeten Zweitnebenintervenienten (Notar) gewandt hatte, erklärte er sich bereit, einen einmaligen Betrag von 150.000 EUR unter der Bedingung zu bezahlen, dass der Kläger den Minderjährigen adoptiere. In der Folge fanden im Büro des Zweitnebenintervenienten mehrfach Vorgespräche zwischen dem Kläger, seiner Ehefrau und dem Beklagten statt, wobei es Anliegen aller Beteiligten war, die bis dahin bestehenden Familienverhältnisse aufrecht zu erhalten. Der Minderjährige sollte beim Kläger und seiner Ehefrau und der wahre leibliche Vater unbekannt bleiben. Auch sollte ein Vaterschaftstest bzw Vaterschaftsanerkenntnis unterbleiben. Der Zweitnebenintervenient verfasste Ende April 2003 in diesem Sinne eine Vereinbarung, die von den Streitteilen und der Ehefrau des Klägers am 7. 5. 2003 unterfertigt wurde. Danach gaben der Kläger und seine Ehefrau gegenüber dem Beklagten, der dem Minderjährigen zu Handen der Eltern zwei Sparbücher mit einem Stand von insgesamt 100.000 EUR und den Eltern zwei mit insgesamt 50.000 EUR übergeben hatte, die Erklärung ab, dass der biologische Vater des Minderjährigen unbekannt sei, dass der erstere Betrag ausschließlich dem Wohl bzw der Erhaltung des Gesundheitszustands des Minderjährigen diene und der letztere Betrag als Pauschalabgeltung der bisherigen Aufwendungen zur Erhaltung des Gesundheitszustands des Minderjährigen. Die Eltern verzichteten weiters auf „irgendwelche Ansprüche“ gegen den Beklagten sowie auf die Anfechtung der Vaterschaft des Klägers aus welchem Grunde immer und verpflichteten sich zur Rückerstattung der Zuwendungen im Fall der Nichteinhaltung des Verzichts. Letztlich verpflichteten sich die Ehegatten zur ungeteilten Hand, den Beklagten hinsichtlich jeder Inanspruchnahme aus dem Titel der Erziehung, Verpflegung, Ausbildung, Gesundheitsfürsorge und daraus resultierender allfälliger anderer Ansprüche des Minderjährigen schad‑ und klaglos zu halten.
Im Jahr 2006 verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Minderjährigen, sodass im Jahr 2007 eine Lebertransplantation unumgänglich wurde. Die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen konnte der Kläger nicht mehr alleine aufbringen. Schließlich beantragte der Minderjährige vertreten durch eine mittlerweile bestellte Kollisionskuratorin 2006 die Feststellung nicht ehelicher Abstammung zu sein und, nachdem dies mit Beschluss des Bezirksgerichts Graz‑Ost vom 12. 3. 2007 ausgesprochen worden war, am 4. 7. 2007 die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten. Diesem Antrag wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Graz‑Ost vom 6. 12. 2007 stattgegeben. Daraufhin forderte der Beklagte die geleistete Zahlung von 150.000 EUR zurück und erhielt von der mittlerweile geschiedenen Ehefrau des Klägers im Jänner 2008 50.000 EUR retourniert. Im Herbst 2007 hatte sich die Frau noch an den Beklagten um finanzielle Unterstützung im Zusammenhang mit der Lebertransplantation gewandt, woraufhin der Beklagte ihr insgesamt 30.000 EUR ohne Wissen des Klägers oder der Kollisionskuratorin bezahlte. Der Minderjährige stellte vertreten durch die Kollisionskuratorin am 2. 6. 2008 auch rückwirkend für drei Jahre Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten.
Der Kläger begehrt mit der am 13. 10. 2008 eingebrachten Klage ausschließlich den „normalen“ durchschnittlichen monatlichen Unterhaltsaufwand von 300 EUR monatlich ab Geburt des Minderjährigen bis Dezember 2007, insgesamt 48.900 EUR. Der Beklagte sei aufgrund seiner Einkommenssituation in der Lage und auch verpflichtet einen derartigen Geldunterhalt zu bezahlen. Die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers seien im Hinblick auf die zusätzliche Betreuung, Diätnahrung und Medikamente, die nicht vom Sozialversicherungsträger ersetzt würden, sowie Reisen zu Spezialisten ins Ausland, um ein Vielfaches höher. Dieser Sonderbedarf werde nicht geltend gemacht.
Die Vereinbarung aus 2003 sei sittenwidrig und nichtig. Im Übrigen hätten bereits im Zeitpunkt ihrer Unterfertigung die Kosten für den Sonderbedarf des Minderjährigen 150.000 EUR überschritten. Die angeblichen Zahlungen des Beklagten an die ehemalige Ehefrau des Klägers im November 2007 und 2008 seien nicht weitergeleitet worden und daher nicht schuldbefreiend.
Der Beklagte bestritt die Aktivlegitimation des Klägers. Während aufrechter Ehe sei der Minderjährige von den Ehegatten gemeinsam aufgezogen worden, obwohl beiden bekannt gewesen sei, dass der Kläger nicht der leibliche Vater sei. Bei Abschluss der Vereinbarung, die dem Willen aller Parteien entsprochen habe, seien alle Beteiligten rechtlich vertreten gewesen. Im Übrigen bestritt der Beklagte, dass der Aufwand für die Vergangenheit 150.000 EUR überschritten habe und verwies auf die Zahlungen an die Mutter im November 2007 und 2008. Für Unterhaltsforderungen sei nur mehr die „Sachwalterin“ legitimiert, die ohnehin ein Unterhaltsverfahren in Gang gesetzt habe. Weiters wandte er seinen Rückforderungsanspruch von 150.000 EUR kompensando gegen das Klagebegehren ein und stützte sich dabei zuletzt auf § 234 ABGB.
Zum ersten Rechtsgang wird auf 2 Ob 74/10m verwiesen.
Das Erstgericht befand die Klagsforderung im zweiten Rechtsgang neuerlich als zu Recht, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und gab daher dem Klagebegehren zur Gänze statt. Zur im Revisionsverfahren allein strittigen Gegenforderung führte es aus, der Kläger sei nicht Kondiktionsschuldner des dem Minderjährigen zugewendeten Betrags von 100.000 EUR. Die restlichen 50.000 EUR seien der Abgeltung bereits aufgelaufener Aufwendungen gewidmet gewesen und überdies dem Beklagten von der Mutter des Minderjährigen zurückerstattet worden.
Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf. Der Beklagte mache in seiner Berufung zutreffend geltend, dass die Bezahlung des Teilbetrags von 100.000 EUR der Gegenforderung bereicherungsrechtlich nicht dem Kind zuzurechnen sei. Dazu seien die Ehegatten als Vertreter des Minderjährigen gemäß § 234 ABGB nicht befugt gewesen. Sie seien daher bestenfalls Scheinvertreter und daher Empfänger des Geldes und Bereicherungsschuldner des Beklagten. Es stelle sich daher die Frage, ob der Kläger dieser Gegenforderung eine Gegenaufrechnungseinrede entgegenhalten könne. Diese sei zwar prozessual nicht vorgesehen, könne aber einen materiell‑rechtlichen Schuldtilgungseinwand darstellen und sei als solcher zulässig. Deshalb werde im fortgesetzten Verfahren zu erörtern sein, ob er einen solchen erhebe und wie dieser konkretisiert (schlüssig gestellt) werde. Weder das Berufungs‑ noch das Revisionsgericht hätten sich im ersten Rechtsgang mit der vom Beklagten eingewendeten Gegenforderung befasst, sodass diesbezüglich kein abschließend erledigter Streitpunkt vorliege.
Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zur Frage der Zulässigkeit der materiell‑rechtlichen Gegenaufrechnung im Prozess zu.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, sie „ersatzlos zu beheben“.
Der Beklagte beantragt in seiner Rekursbeantwortung die Abweisung der Klage, in eventu die Bestätigung des Beschlusses des Berufungsgerichts.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage verkannt hat; er ist auch berechtigt.
1. Der Kläger meint, der Oberste Gerichtshof hätte in seinem Beschluss 2 Ob 74/10m festgestellt, dass Ansprüche des Klägers gegenüber dem Beklagten grundsätzlich für den gesamten geltend gemachten Zeitraum zu Recht bestünden, was bedeute, dass die Gegenforderung verneint worden sei, weil andernfalls der Aufhebungsbeschluss nicht darauf gestützt worden wäre, (nur) die Klagsforderung der Höhe nach zu überprüfen, sondern auch die Überprüfung der Gegenforderung aufgetragen worden wäre. Im Übrigen habe der leibliche Vater mit dem nun als Gegenforderung geltend gemachten Betrag eine tatsächlich bestehende Schuld seinem Kind gegenüber bezahlt, zu deren Bezahlung er auch ohne nichtige Vereinbarung verpflichtet gewesen wäre. Der Kläger sei daher durch diese Zahlung nicht bereichert und eine Rückforderung stehe dem Zweck der Bestimmung, die die Nichtigkeit begründe, entgegen.
Weiters verweist der Rechtsmittelwerber darauf, dass der Teilbetrag der Gegenforderung von 100.000 EUR dem Kläger und der Mutter des Kindes als gesetzliche Vertreter übergeben und ausdrücklich dem Minderjährigen bzw der Erhaltung seines Gesundheitszustands gewidmet gewesen sei. Der Kläger habe daher diesen Betrag nicht für sich erhalten. Er sei daher nicht Kondiktionsschuldner.
Ausdrücklich verweist der Kläger letztlich darauf, niemals einen materiell‑rechtlichen Schuldtilgungseinwand erhoben zu haben.
2. Eingangs ist festzuhalten, dass der Beschluss des erkennenden Senats vom 11. 11. 2010, 2 Ob 74/10m, keinerlei Ausführungen zur Gegenforderung enthält und ‑ wie bereits das Berufungsgericht richtig ausführte ‑ insoweit ein abschließend erledigter Streitpunkt nicht vorliegt.
3. Richtig ist aber auch, dass in dieser Entscheidung die Vereinbarung mit dem zentralen Inhalt, die bestehenden Familienverhältnisse aufrecht zu erhalten, den wahren leiblichen Vater unbekannt zu belassen und durch eine einmalige Zahlung alle bereits entstandenen und zukünftigen Forderungen abzugelten, als nichtig beurteilt wurde ‑ und damit auch der Rechtsgrund für die nunmehr strittige, einen Teil der Gegenforderung bildende Zahlung von 100.000 EUR.
Die Nichtigkeit des Vertrags führt dazu, dass diese Causa für die Vermögensverschiebung wegfällt, was grundsätzlich zur Rückabwicklung des nichtigen Rechtsgeschäfts gemäß § 877 ABGB führt ‑ zumindest sofern sich nicht ausnahmsweise aus dem Verbotszweck die Unzulässigkeit der Kondiktion ergibt (vgl Graf in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.00 § 879, Rz 235 ff mwN).
4. Sind an einer Vermögensverschiebung mehrere Personen beteiligt, kann die Feststellung von Berechtigtem und Verpflichtetem zweifelhaft sein. Sie ist nach der Judikatur aufgrund der von den Parteien bei der Leistung vorgestellten Zweckbestimmung zu treffen. Es muss daher ‑ wie bereits das Berufungsgericht dargestellt hat ‑ danach gefragt werden, wer nach dem angenommenen Schuldverhältnis oder der sonstigen Zweckvereinbarung Leistender und wer Leistungsempfänger sein sollte. Die Rückabwicklung ist zwischen diesen Personen vorzunehmen (RIS‑Justiz RS0033737).
5. Die Rückabwicklung einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung hat zwischen jenen Personen zu geschehen, die im Zeitpunkt der Leistung durch ein scheinbares Rechtsverhältnis verbunden waren (RIS‑Justiz RS0033737 [T9, T16]). Erfolgt dabei die Leistung an jemanden, der sie im fremden Namen in Empfang nahm und zu dieser Empfangnahme bevollmächtigt war, so wurde die Leistung an den Vertretenen erbracht, der deshalb auch Kondiktionsschuldner ist (RIS‑Justiz RS0016346). Dies ist unabhängig davon, ob die Zahlung an einen gewillkürten oder einen gesetzlichen Vertreter erfolgt. So wird mit der Zahlung von Unterhalt an den gesetzlichen Vertreter die Leistung an den Unterhaltsberechtigten erbracht, der auch dann bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen Kondiktionsschuldner ist (RIS‑Justiz RS0016346 [T2]).
6. Der Beklagte hat sich im erstinstanzlichen Verfahren zur Berechtigung der Gegenforderung einerseits darauf berufen, dass der Kläger aus dem abgeschlossenen Vertrag bei Feststellung der Vaterschaft des Beklagten zur Rückerstattung verpflichtet sei (ON 3) bzw wegen der vom Obersten Gerichtshof als sittenwidrig qualifizierten Vereinbarung (ON 32). Zuletzt hat sich der Beklagte noch auf § 234 ABGB gestützt (ON 33) und dargelegt, dass nach dieser Bestimmung der gesetzliche Vertreter eine 10.000 EUR übersteigende Zahlung an den minderjährigen Unterhaltsgläubiger nur entgegennehmen und darüber quittieren könne, wenn das Pflegschaftsgericht dazu seine Zustimmung erteilt habe. Selbst wenn die Einmalzahlung des Beklagten daher Unterhaltscharakter gehabt hätte, sei der Kläger zumindest mit dem 10.000 EUR übersteigenden Betrag bereichert und stehe dem Beklagten insofern ein Rückforderungsrecht zu.
7. Wie der erkennende Senat bereits in der Vorentscheidung 2 Ob 74/10m dargelegt hat, bleibt das Statusverhältnis bis zur Rechtskraft des Urteils (bzw nunmehr des außerstreitigen Beschlusses), mit dem festgestellt wird, dass der Minderjährige kein eheliches Kind ist, aufrecht. Dieser Beschluss wurde im vorliegenden Fall nach dem Akteninhalt im Jahr 2007 gefasst. Bei Abschluss der Vereinbarung 2003 war daher der Kläger rechtlich als Vater des Minderjährigen anzusehen und daher ebenso gesetzlicher Vertreter wie die am Rechtsgeschäft ebenfalls beteiligte Mutter des Kindes.
8. Nach der durch das KindRÄG 2001 BGBl I 2001/135 neu gefassten Bestimmung des § 234 ABGB, auf die sich der Beklagte beruft, kann der gesetzliche Vertreter 10.000 EUR übersteigende Zahlungen an das minderjährige Kind nur entgegennehmen und darüber quittieren, wenn er dazu vom Gericht im Einzelfall oder allgemein ermächtigt wurde. Fehlt eine solche Ermächtigung, so wird der Schuldner durch Zahlung an den Vertreter von seiner Schuld nur befreit, wenn das Gezahlte noch im Vermögen des minderjährigen Kindes vorhanden ist oder für seine Zwecke verwendet wurde.
Nach der Regierungsvorlage (296 BlgNR 21. GP) war es eines der Ziele der Reform, die Vermögensverwaltung für Pflegebefohlene zu modernisieren, indem der obrigkeitliche Ansatz des bis dahin geltenden Rechts einer umfassenden pflegschaftsgerichtlichen Fürsorgepflicht auf eine Aufsichtspflicht zurückgeführt werden und das Pflegschaftsgericht im vermögensrechtlichen Bereich der Eltern-Kind-Beziehung nicht mehr „Oberaufseher“ sein sollte (idS auch Fucik, Die Vermögensverwaltung nach dem KindRÄG 2001, Vom Obervormund zur Missbrauchskontrolle in Ferrari/Hopf, Reform des Kindschaftsrechts 35 ff).
Nach der herrschenden Lehre (vgl Hopf in KBB3 § 234 ABGB Rz 1; Stabentheiner in Rummel 3, ErgBd § 234 ABGB Rz 4; Kathrein in Klang 3 § 234 ABGB Rz 1; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I (2006) 564; vgl Dullinger/Kerschner in Loderbauer, Kinder‑ und Jugendrecht3 4 f) ist diese Bestimmung nicht auf die Eltern ehelicher Kinder anzuwenden.
Lediglich Weitzenböck in Schwimann, ABGB3 Vor §§ 230 bis 234 Rz 1 bzw ders in Schwimann, ABGB‑TaKomm § 234 Rz 2, und ihm folgend 7 Ob 24/08t gehen davon aus, dass die Verweisung des § 149 Abs 1 ABGB auf die Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld auch jene auf § 234 ABGB umfasse.
Dem kann sich der erkennende Senat nicht anschließen:
Rein formal ist § 234 ABGB im vierten Hauptstück des ersten Teils des ABGB situiert, der von der Obsorge anderer Personen als der Eltern, Großeltern oder Pflegeeltern handelt. Dagegen finden sich die Normen über die Rechte zwischen Eltern und Kindern in einem eigenen, nämlich dem dritten Hauptstück des Gesetzes, das, was die Vermögensverwaltung und die Vertretung in Vermögensangelegenheiten durch die Eltern betrifft, eigene Vorschriften enthält (vgl insb §§ 149, 150 und 154 ABGB).
§ 149 Abs 1 ABGB verweist nun im Rahmen der Vermögensverwaltung der Eltern darauf, dass Geld nach den Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld anzulegen ist, ohne auf bestimmte Paragrafen Bezug zu nehmen.
Betrachtet man aber die die Anlegung von Mündelgeld regelnden Normen der §§ 230 ff ABGB näher, so befassen sich nur die §§ 230 bis 230e ABGB tatsächlich inhaltlich mit dem Mündelgeld.
Bereits § 231 ABGB enthält Regelungen über das sonstige bewegliche Vermögen des minderjährigen Kindes und § 232 ABGB solche über sein unbewegliches Vermögen. Bei diesen Bestimmungen kommt selbst Weitzenböck in Schwimann, TaKomm § 231 Rz 2 und § 232 Rz 4 zu dem Ergebnis, dass die dort vorgesehenen gerichtlichen Genehmigungen im Rahmen der Verwertung für Eltern im ordentlichen Wirtschaftsbetrieb iSd § 154 ABGB nicht gelten.
Der erkennende Senat ist daher der Auffassung, dass die Verweisung des § 149 Abs 1 ABGB auf die Bestimmungen über die Anlegung von Mündelgeld nur jene Bestimmungen betrifft, die sich tatsächlich mit der Anlegung von Mündelgeld befassen, und daher nicht auf § 234 ABGB. Abgesehen davon ist die Entgegennahme eines Geldbetrags und Quittierung darüber keine Anlegung. Eine solche mag allenfalls nach der Annahme des Geldes notwendig werden.
9. Darauf, dass die Eltern im Hinblick auf die auf sie anzuwendenden Bestimmungen des dritten Hauptstücks zum Abschluss der Vereinbarung bzw zur Übernahme des Geldes nicht berechtigt gewesen wären, hat sich der Beklagte nicht berufen, sodass auf die Frage, ob es sich hier um eine ‑ dem ordentlichen Wirtschaftsbetrieb zuzuordnende ‑ Entgegennahme von Unterhaltsvorauszahlungen für einen längeren Zeitraum (vgl dazu Nademleinsky in Schwimann/Kodek, ABGB4 I § 154 Rz 18) oder um einen ‑ pflegschaftsbehördlich genehmigungspflichtigen ‑ Akt der außerordentlichen Vermögensverwaltung handelt, ebenso wenig eingegangen zu werden braucht wie auf jene, ob sich dadurch bei einem ‑ wie hier ‑ nichtigen Geschäft überhaupt eine Änderung bei Beurteilung der Frage des Bereicherungsschuldners ergäbe.
Es hat vielmehr bei den Grundsätzen von RIS‑Justiz RS0016346 (T2) zu verbleiben, wonach ‑ wie gesagt ‑ mit der Zahlung von Unterhalt an den gesetzlichen Vertreter die Leistung an den Unterhaltsberechtigten erbracht wird, der auch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen Kondiktionsschuldner ist.
10. Auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage der Zulässigkeit der materiell‑rechtlichen Gegenaufrechnung im Prozess ist auch deshalb nicht mehr einzugehen, weil der Rekurswerber einen solchen Einwand ausdrücklich nicht erheben will.
Infolge Spruchreife war vielmehr in der Sache selbst zu entscheiden und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen (vgl Kodek in Rechberger, ZPO, § 519 Rz 24).
11. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO.
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