OGH 2Ob245/09g

OGH2Ob245/09g28.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jürgen A*****, vertreten durch Dr. Klaus Herunter, Rechtsanwalt in Köflach, gegen die beklagte Partei Julius M*****, vertreten durch Mag. Gerald Griebler, Rechtsanwalt in Graz, wegen 9.780 EUR sA (Revisionsinteresse 4.890 EUR sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 17. Juni 2009, GZ 17 R 91/09s-17, womit das Urteil des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 15. März 2009, GZ 204 C 1868/08z-11, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2010:0020OB00245.09G.0128.000

 

Spruch:

1. Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung des Klägers zurückverwiesen.

Die Kosten der Revision sind weitere Verfahrenskosten.

2. Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Bezahlung für auftragsgemäß erstellte Einreichunterlagen zur Erlangung einer behördlichen Generalgenehmigung für ein Gewerbeobjekt. Der Beklagte habe die Unterlagen und die - wiederholt - zugesandte Rechnung unbeanstandet übernommen. Anlässlich einer Urgenz wegen Nichtzahlung der Rechnung habe der Beklagte dem Kläger erklärt, die Rechnung werde am nächsten Tag überwiesen. Damit liege ein konstitutives Anerkenntnis vor.

Der Beklagte wendet ein, er habe den Kläger unter der Vorgabe beauftragt, eine von der Wirtschaftskammer Steiermark in Aussicht gestellte 50%ige Förderung verbindlich abzuklären. Er habe das Anbot des Klägers im Bewusstsein angenommen, nur mit 50 % der Kosten belastet zu werden. Der Kläger habe den Auftrag gehabt, vor Erbringung von Leistungen die Förderung verbindlich abzuklären. Nachdem der Kläger die Einreichunterlagen erstellt gehabt habe, habe er den Beklagten darüber informiert, dass keine Förderung gewährt werde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Hälfte statt und wies das Mehrbegehren ab. Entscheidungswesentlich stellte es Folgendes fest: Der Beklagte erteilte dem Kläger den Auftrag, sämtliche Schritte zu unternehmen, um eine Generalgenehmigung zu erhalten, jedoch unter der Bedingung, dass der Kläger dafür Sorge tragen werde, dass dem Beklagten eine 50%ige Förderung zuerkannt werde. Der Kläger erstellte sämtliche Leistungen zur Erwirkung der Generalgenehmigung und reichte die Unterlagen bei der Gewerbebehörde ein. In der Folge übermittelte er dem Beklagten die Honorarrechnung sowie Mahnungen, die dieser unbeanstandet übernahm. Gegen die Höhe des Honorars erhob der Beklagte keinen Einwand.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Auftrag sei unter der Bedingung einer Förderung erteilt worden. Der Beklagte habe mit Recht annehmen können, dass ihm lediglich 50 % des Honorars angerechnet werden könnten.

Das nur vom Kläger angerufene Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts dahingehend ab, dass es dem Klagebegehren zur Gänze stattgab. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Ansicht, es liege ein beiderseitiges Unternehmergeschäft vor, auf das die §§ 377, 381 Abs 1 Fall 1 UGB anwendbar seien. Da der Beklagte die Rechnung unbeanstandet übernommen und das Fehlen der Förderungszusage (auch nach Erhalt der Mahnungen) nicht gerügt habe, trete gemäß § 377 UGB die gesetzliche Fiktion der Genehmigung infolge unterlassener Mängelrüge ein. Aus diesen rechtlichen Erwägungen erübrige sich eine Behandlung der Beweisrüge der Berufung. Auch der fehlenden Feststellung zum konstitutiven Anerkenntnis komme keine Relevanz zu.

Erst über Antrag des Beklagten gemäß § 508 Abs 1 ZPO ließ das Berufungsgericht die Revision zu, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die beauftragte Leistung keine Ware iSd § 377 Abs 1 UGB sei und daher diese Bestimmung vom Berufungsgericht auf den vorliegenden Fall rechtsirrig angewendet worden sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beschluss des Berufungsgerichts über die nachträgliche Zulassung der Revision wurde dem Klagevertreter am 30. Oktober 2009 zugestellt. Die an das Erstgericht adressierte Revisionsbeantwortung wurde dort am 27. November 2009 überreicht, von dort offenbar weitergeleitet und trägt den Eingangsvermerk der vereinigten Einlaufstellen des Oberlandesgerichts Graz und des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 1. Dezember 2009.

Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall war die Revisionsbeantwortung gemäß § 507a Abs 3 Z 1 ZPO beim Berufungsgericht einzubringen. Wird ein Rechtsmittel - wie hier - bei einem funktionell nicht zuständigen Gericht (Erstgericht) eingebracht, ist es zwar von Amts wegen an das funktionell zuständige Gericht weiterzuleiten, doch ist für die Rechtzeitigkeit der Zeitpunkt des Einlangens bei diesem Gericht maßgebend (RIS-Justiz RS0043678 [T2]). Eine Adressierung eines Rechtsmittels an das funktionell unzuständige Gericht würde nur dann nicht schaden, wenn die Einlaufstelle dieses Gerichts mit derjenigen des funktionell zuständigen Gerichts iSd § 37 Abs 2 Geo vereinigt wäre (vgl RIS-Justiz RS0041726), was hier nicht vorliegt. Die vierwöchige Frist für die Revisionsbeantwortung begann gemäß § 507a Abs 2 Z 2 ZPO am 30. Oktober 2009 und endete daher am 27. November 2009, weshalb die am 1. Dezember

2009 beim funktionell zuständigen Berufungsgericht eingelangte Revisionsbeantwortung verspätet ist.

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage verkannt hat, und im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Der Revisionswerber bringt im Wesentlichen vor, es gehe nicht um einen Mangel einer gelieferten Ware, weil er einen solchen nicht behauptet habe und überdies das Fehlen einer Förderungszusage kein rügepflichtiger Mangel nach § 377 UGB wäre, da es sich dabei nicht um eine Ware handle. Der Kläger habe wegen Nichterlangung der Förderungszusage schlicht eine überhöhte Rechnung gelegt.

Hiezu wurde erwogen:

Die vom Berufungsgericht vertretene Anwendung der §§ 377, 381 Abs 2 UGB ist verfehlt. Die letztgenannte Bestimmung behandelt „Werkverträge über die Herstellung körperlicher beweglicher Sachen“. Wenn auch die vom Kläger geschuldete Leistung (Erstellung von Einreichunterlagen sowie - nach dem Beklagtenvorbringen - Erwirkung einer Förderung) uU eines Hilfsmittels wie zB Papier bedarf, ist dieses technisch und wirtschaftlich von solch untergeordneter Bedeutung, dass - soweit nicht überhaupt (teilweise) ein Auftrag vorliegt - von einem Werkvertrag „über die Herstellung körperlicher beweglicher Sachen“ iSd § 381 Abs 2 UGB nicht mehr gesprochen werden kann (vgl 9 Ob 81/04h zu § 381 Abs 2 HGB).

Es bedarf daher einer berufungsgerichtlichen Erledigung der Beweisrüge:

Auf Basis der erstgerichtlichen Feststellungen bestünde der Honoraranspruch des Klägers überhaupt nicht zu Recht, weil die Bedingung, nämlich die Erlangung einer 50%igen Förderung(-szusage), nicht eingetreten wäre.

Der Kläger hat in seiner Berufung die erstgerichtliche Feststellung, der Auftrag sei unter der Bedingung erteilt worden, er werde dafür Sorge tragen, dass dem Beklagten eine 50%ige Förderung zuerkannt werde, bekämpft und erkennbar die gegenteilige Ersatzfeststellung begehrt.

Aufgrund seiner vom Senat nicht gebilligten rechtlichen Beurteilung hat das Berufungsgericht diese Beweisrüge nicht erledigt. Sollte sie erfolgreich sein, wäre dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben, weil - abgesehen von der strittigen Frage der Vereinbarung zur Förderungszusage - der Beklagte nicht behauptet hat, das vom Kläger begehrte Honorar wäre für die erbrachte Leistung nicht angemessen oder überhöht.

Sollte diese Beweisrüge hingegen nicht erfolgreich sein, hätte es aus den dargestellten Gründen beim Urteil des Erstgerichts zu bleiben. Ergänzende Feststellungen zu dem vom Kläger behaupteten konstitutiven Anerkenntnis wären diesfalls entbehrlich: Ein konstitutives Anerkenntnis ist nur zur Bereinigung eines ernsthaft entstandenen konkreten Streits oder Zweifels über den Bestand einer Forderung möglich (RIS-Justiz RS0110121 [T1]). Liegen dagegen keine Zweifel des Schuldners am Bestand der Forderung vor, die durch den Willen beseitigt werden sollten, eine eigene Hauptschuld auch für den Fall zu begründen, dass eine solche bisher nicht bestanden habe, so ist das Vorliegen eines konstitutiven Anerkenntnisses zu verneinen (RIS-Justiz RS0110121 [T2]; vgl auch RS0032818 [T1]; RS0032516 [T2]; RS0032896 [T4]).

Schon nach dem Klagsvorbringen liegen aber diese Voraussetzungen - Zweifel oder Streit über den Bestand der Forderung - nicht vor.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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