OGH 2Ob233/06p

OGH2Ob233/06p23.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf G*****, vertreten durch Göbel & Groh Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei D***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr. Theodor Strohal und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 40.219,56 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 28. Juli 2006, GZ 15 R 179/05m-72, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 22. August 2005, GZ 8 Cg 71/02y-67, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der damals 20-jährige Kläger wurde am 24. 9. 1985 bei einem vom Lenker eines bei der beklagten Partei haftpflichtversicherten PKWs verschuldeten Verkehrsunfall schwer verletzt. Er erlitt unter anderem einen Schock, beiderseitige Oberschenkelbrüche, einen Bruch des linken äußeren Schienbeinkopfes, Mehrfachprellungen, Abschürfungen, sowie Schäden an den Menisci und am Bandapparat der Beine. In der Folge eingetretene Komplikationen führten zu einer Atemstörung, einer Fettembolie, einer Bewusstseinstrübung, Bewusstlosigkeit, einem Koma, einem apallischen Syndrom, motorischer Aphasie und tiefgreifenden psychischen Veränderungen.

Die beklagte Partei anerkannte ihre Haftung für die Unfallsfolgen. Am 6. 2. 1989 kamen die Streitteile in einem außergerichtlichen Abfindungsvergleich überein, dass die Ansprüche des Klägers aus dem Schadensfall mit einem Betrag von S 536.000 (EUR 38.952,64), wovon jedenfalls S 420.000 (EUR 30.522,59) auf Schmerzengeld entfielen, für Vergangenheit und Zukunft vollkommen abgefunden sein sollten. Ausgenommen wurden Spät- und Dauerfolgen sowie der Verdienstentgang für ein verlorenes Studienjahr.

Am 24. 2. 1989 erwirkte der Kläger gegen die beklagte Partei ein Versäumungsurteil, mit dem die Haftung der beklagten Partei für alle künftigen Folgen aus dem Verkehrsunfall festgestellt wurde.

In den nächsten Jahren begehrte der Kläger mehrmals die Ergänzung des Schmerzengeldes, weil bei Abschluss des Abfindungsvergleiches noch nicht vorhersehbare zusätzliche Schmerzen aufgetreten waren. Es kam zum Abschluss mehrerer, teils gerichtlicher, teils außergerichtlicher Vergleiche, in denen die beklagte Partei dem Kläger jeweils für bestimmte zeitliche Perioden weiteres Schmerzengeld zugestand. Aufgrund dieser Vergleiche zahlte die beklagte Partei für Schmerzen im Zeitraum 6. 2. 1989 bis 24. 1. 1994 S 195.000 (EUR 14.171,20), im Zeitraum 1. 2. 1994 bis 31. 5. 1996 S 125.000 (EUR 9.084,10) und im Zeitraum 1. 6. 1996 bis 31. 12. 1999 S 250.000 (EUR 18.168,21) sowie - für psychisches Ungemach - S 30.000 (EUR 2.180,19) an Schmerzengeld.

Am 4. 9. 2001 unterzog sich der Kläger am linken Bein einer achskorrigierenden Umstellungsoperation, die eine Komplikation zur Folge hatte. Am 6. 11. 2001 wurde eine Revisionsoperation durchgeführt. In den rund zwei Monaten zwischen den beiden Operationen musste das operierte Bein durch Verwendung zweier Unterarmstützkrücken völlig entlastet werden. Nach der zweiten Operation war während der ca acht- bis neunwöchigen Phase der Fixation mit oberschenkellangem Gips drei Wochen lang völlige und sechs Wochen lang teilweise Entlastung notwendig. Danach trug der Kläger eine achsschienende Orthese mit beweglicher Kniegelenksachse. Im Mai 2002 folgte ein Rehabilitationsaufenthalt.

Mit Schreiben vom 12. 11. 2001 forderte der Kläger die beklagte Partei zur Zahlung weiterer S 400.000 (EUR 29.069,13) an Schmerzengeld für den Zeitraum ab 1. 1. 2000 auf. Die beklagte Partei überwies hierauf ein Akonto von S 100.000 (EUR 7.267,28), lehnte in der nachfolgenden Korrespondenz mit dem rechtsfreundlichen Vertreter des Klägers aber jede weitere Zahlung ab.

Mit der vorliegenden, am 10. 7. 2002 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger zuletzt EUR 40.219,56 sA, wovon ein Betrag von EUR 34.732,56 (EUR 42.000 abzüglich EUR 7.267,44) auf Schmerzengeld für den Zeitraum 1. 1. 2000 bis 31. 12. 2002, sowie ein Betrag von EUR 5.487 auf den Ersatz diverser Spesen und Auslagen entfiel. Zum Anspruch auf Ergänzung des Schmerzengeldes brachte er vor, der Heilungsverlauf habe sich trotz ständiger Behandlung schlechter als erwartet und vorhersehbar entwickelt. Der Kläger leide unter zunehmenden ständigen und immer stärker werdenden Schmerzen, seine Beweglichkeit nehme mehr und mehr ab. Die Beklagte habe mehrfach Vergleiche über die Schmerzengeldansprüche des Klägers für bestimmte Zeiträume abgeschlossen. Auch für den klagsgegenständlichen Zeitraum sei eine abschnittsweise Bemessung des Schmerzengeldes vereinbart worden.

Für den Fall einer abschließenden Globalbemessung stellte der Kläger das „Eventualbegehren", dass die Beklagte zur Zahlung von EUR 80.000 sA schuldig sei.

Die beklagte Partei wandte ein, mit ihren bisherigen Zahlungen seien alle Schmerzengeldansprüche des Klägers abgegolten. Die Bemessung des Schmerzengeldes in Teilbeträgen dürfe nicht dazu führen, dass der Verletzte mehr erhalte als bei einer einmaligen Globalbemessung. Dies wäre bei einem weiteren Zuspruch der Fall.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit EUR 37.543,99 (darin EUR 32.432,56 an Schmerzengeld) sA statt und wies das auf EUR 2.675,57 sA lautende Mehrbegehren ab. Hiebei ging es vom eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt sowie von folgenden weiteren für das Revisionsverfahren noch bedeutsamen Feststellungen aus:

Der Kläger erlitt seit 1. 1. 2000 aus orthopädischer, unfallchirurgischer und neurologisch-psychiatrischer Sicht insgesamt 12 Tage starke, 23 Tage mittelstarke und 297 bis 315 Tage leichte Schmerzen. Aufgrund der zweimaligen Operation kam es entgegen den Erwartungen zu einer Abnahme der Beweglichkeit des Kniegelenks, wobei die Beschwerden sich zunächst verstärkten und später eher wieder gleichgeblieben sind. Lediglich die Achsstellung konnte durch die Eingriffe verbessert werden. Was die Beugung betrifft, hat sich die Beweglichkeit des Kniegelenks verschlechtert, weshalb dem Kläger Sportarten wie Radfahren und leichtes Laufen derzeit nicht möglich sind.

Aus orthopädischer Sicht ist eine endgültige Beurteilung der in Zukunft zu erwartenden Schmerzen nicht möglich. Erfahrungsgemäß muss mit folgenden Schmerzperioden aber jedenfalls gerechnet werden:

a) unter der Annahme eines künstlichen Kniegelenksersatzes links in acht Jahren insgesamt 60 Tage leichte Schmerzen;

b) unter der Annahme einer Schmerzzunahme in den letzten drei Jahren vor der Operation 36 Tage mittelstarke und 72 Tage leichte Schmerzen;

c) für die darauffolgende Operation bzw die postoperative Phase drei starke, acht Tage mittelstarke und 20 Tage leichte Schmerzen.

Auch aus unfallchirurgischer Sicht ist eine sichere Beurteilung der in Zukunft zu erwartenden Schmerzen nicht möglich. Dies, weil noch ungewiss ist, ob sich der Kläger das Osteosynthesematerial vom linken Oberschenkelknochen entfernen lassen möchte und ob er in Zukunft bei zunehmenden Beschwerden sich einer neuerlichen Operation (Osteosynthesematerial-Plattenentfernung und gleichzeitiges Einsetzen einer Kniegelenksprothese) unterziehen will. Diesbezüglich ist eine Einschätzung der zukünftigen Schmerzen nicht möglich, da einerseits die Beschwerden bei einer Arthrose für die Zukunft nicht genau abgeschätzt werden können und eventuell noch folgende operative Eingriffe mit Komplikationen behaftet sein können. Bei einer angenommenen Normalentwicklung - Verschlechterung der Arthrosesituation und Implantation einer Kniegelenksprothese mit komplikationslosem Verlauf - wären zusätzlich zu den aus orthopädischer Sicht künftig zu erwartenden Schmerzperioden noch zumindest 50 bis 100 Tage leichte Schmerzen zu erwarten.

Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht ist hingegen eine endgültige Beurteilung und Abschätzung der in Zukunft zu erwartenden Schmerzen möglich. Zukünftige seelische Belastungen sind nicht mehr zu erwarten.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass die Teilbemessung des Schmerzengeldes für den klagsgegenständlichen Zeitraum mangels endgültiger Überschaubarkeit der zukünftigen Schmerzen zulässig sei. Die Rechtsprechung, wonach mehrere Teilbemessungen für verschiedene Zeiträume nicht zum Zuspruch eines höheren Schmerzengeldes an den Kläger führen dürfe, als dieser bei einer einzigen Globalbemessung erhalten hätte, sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Da die vom Kläger künftig zu erduldenden Schmerzen ungeklärt seien, könne auch noch nicht beurteilt werden, welches Schmerzengeld er bei einer Globalbemessung insgesamt erhalten würde. Für den Zeitraum 1. 1. 2000 bis 31. 12. 2002 sei ein Schmerzengeld von EUR 39.700 angemessen, weshalb dem Kläger unter Berücksichtigung der Akontozahlung noch ein weiteres Schmerzengeld von EUR 32.432,56 gebühre.

Das nur von der beklagten Partei hinsichtlich des klagsstattgebenden Teiles des erstinstanzlichen Urteiles angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach mit Teilbemessung des Schmerzengeldes vorzugehen sei. Der bisherige Behandlungsverlauf sei wiederholt durch weitreichende Komplikationen gekennzeichnet gewesen, sodass auch für die künftig zu erwartenden Operationen nicht ohne weiteres ein komplikationsloser Verlauf unterstellt werden könne. Eine Globalbemessung werde erst nach Überschaubarkeit der Unfallsfolgen möglich sein. Erst von dem dann ausmittelbaren globalen Schmerzengeld könnten unter Berücksichtigung der Geldentwertung jene Beträge in Abzug gebracht werden, die der Kläger bereits zur Abgeltung seiner Schmerzen erhalten habe. Ein Vergleich mit ähnlichen Verletzungen und deren Folgen sei derzeit nicht zielführend, weil keine vergleichbaren Sachverhalte zu derart nicht überschaubaren Verletzungsfolgen ermittelbar seien. Eine allfällige Limitierung des Schmerzengeldanspruches ungeachtet der Unüberschaubarkeit der Verletzungsfolgen anhand der in der Rechtsprechung Schwerstbehinderten zuerkannten Beträge würde dem Gesetz, welches abstrakte Höchstgrenzen nicht vorsehe, und der Judikatur widersprechen, nach der das Schmerzengeld bezogen auf den konkreten Einzelfall in Relation zu vergleichbaren Schadensfällen auszumitteln sei. Darüber hinaus würden zugesprochene Beträge für vergleichbare ursprüngliche Verletzungen letztendlich nicht darüber Aufschluss geben, welche Entschädigungszahlungen den Geschädigten im Laufe ihres Lebens insgesamt zugekommen seien, zumal mit den publizierten Globalbemessungen die späteren, zum Zeitpunkt der Globalbemessung noch nicht vorhersehbaren Entwicklungen, wie sie auch hier entstanden seien, noch nicht abgegolten worden seien. Es könne daher immer wieder zu weiteren Leistungen auch in jenen Fällen kommen, bei denen zunächst eine Globalbemessung vorgenommen worden sei. Auch dieser Umstand verbiete es, sich - im Bewusstsein des Vorliegens noch nicht überschaubarer Verletzungsfolgen - an Globalbemessungen zu orientieren, die unter der Voraussetzung eines konkret überschaubaren Sachverhaltes ausgemittelt worden seien.

Zur Begründung des Ausspruches über die Zulässigkeit der Revision führte das Berufungsgericht aus, es habe zur Frage, ob ungeachtet von unabsehbaren Folgen einer erlittenen Verletzung und der Unmöglichkeit der Prognose eines weiteren Verlaufs dennoch eine Höchstgrenze an Schmerzengeld bestehe, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes aufgefunden werden können.

Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die zweitinstanzliche Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung erkennbar, die Revision als verspätet bzw unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist rechtzeitig und auch zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den Voraussetzungen der Teil- und Globalbemessung des Schmerzengeldes abgewichen ist; sie ist auch im Sinne des in jedem Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrages der beklagten Partei berechtigt.

Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

In ihrer Rechtsrüge geht die beklagte Partei weiterhin davon aus, dass eine abschließende Globalbemessung des Schmerzengeldes möglich sei. Die noch ungewisse Durchführung einer weiteren Operation stelle das „worst-case-Szenario" dar und sei als Basis für einen großzügigen Schmerzengeldzuspruch heranzuziehen, der durch einen günstigeren und schnelleren Genesungsverlauf als angenommen nicht beeinflusst werde. Jedenfalls aber habe sich die Gesamthöhe des Schmerzengeldes an vergleichbaren, bereits entschiedenen Fällen zu orientieren. Frühere Teilzahlungen seien aufzuwerten und anzurechnen. Es werde zu beurteilen sein, ob nicht mit den bis dato geleisteten EUR 81.393,57 das Ziel des Schmerzengeldes, dem Kläger Annehmlichkeiten zu verschaffen und ihm die Möglichkeit zu geben, den über 20 Jahre zurückliegenden Unfall zu vergessen und sein persönliches Gleichgewicht wiederherzustellen, bereits erreicht worden sei.

Hiezu wurde erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind bei der Bemessung des Schmerzengeldes die Art und Schwere der Körperverletzung, die Art, Intensität und Dauer der Schmerzen sowie die Dauer der Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes des Verletzten überhaupt und die damit verbundenen Unlustgefühle zu berücksichtigen (2 Ob 154/03s; 2 Ob 8/05y = ZVR 2006/43; 2 Ob 150/06g). Das Schmerzengeld stellt grundsätzlich eine Globalabfindung für alle eingetretenen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen durch die Unfallsfolgen dar. Für seine Bemessung ist das Gesamtbild der Verletzungsfolgen maßgebend. Dabei müssen auch künftige, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende körperliche und seelische Schmerzen einbezogen werden. Ausgenommen von der Globalbemessung bleiben nur solche künftige Schmerzen, deren Eintritt noch nicht vorhersehbar ist, oder deren Ausmaß auch nicht soweit abgeschätzt werden kann, dass eine Globalbemessung möglich ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine mehrmalige (ergänzende) Schmerzengeldbemessung nur dann zulässig, wenn eine Globalbemessung zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz versagt,

1. weil noch kein Dauer(end)zustand vorliegt, weshalb die Verletzungsfolgen noch nicht oder nicht in vollem Umfang und mit hinreichender Sicherheit überblickt werden können;

2. wenn Schmerzen in ihren Auswirkungen für den Verletzten zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz noch gar nicht oder nicht endgültig überschaubar erscheinen;

3. wenn der Kläger nachweist, dass ihm gegenüber dem Vorprozess und der dort vorgenommenen Globalbemessung weitere, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge vorerst nicht zu erwartende, aus der damaligen Sicht daher nicht abschätzbare, aber dennoch kausale Unfallsfolgen verbunden mit weiteren Schmerzbeeinträchtigungen, mit deren Eintritt nicht oder nicht ernstlich zu rechnen war, entstanden sind (2 Ob 255/01s = RZ 2002, 64; 2 Ob 154/03s; 7 Ob 270/04p; 2 Ob 8/05y; 2 Ob 150/06g; RIS-Justiz RS0031082; Danzl in Danzl/Gutierrez-Lobos/Müller, Schmerzengeld8 170 f).

Den weiteren Ausführungen ist voranzustellen, dass die Streitteile mit dem zwischen ihnen abgeschlossenen Abfindungsvergleich vom 6. 2. 1989 eine Globalbemessung des Schmerzengeldes angestrebt hatten, während die folgenden Vergleichsabschlüsse auf die Teilabfindung der vom ersten Vergleich nicht erfassten, weil (damals) nicht voraussehbaren Schmerzen gerichtet waren. Durch diese Vorgangsweise blieb dem Kläger jeweils die Möglichkeit der Geltendmachung weiterer, auf spätere Zeiträume bezogener Schmerzengeldansprüche gewahrt (vgl ZVR 1979/308; 2 Ob 150/06g; RIS-Justiz RS0031035; Danzl aaO 183 mwN in FN 594).

Über den Zeitraum ab 1. 1. 2000 wurde von den Streitteilen jedoch keine vergleichsweise Einigung mehr erzielt. Es steht nicht im Belieben des Verletzten, Schmerzengeld nur für einen bestimmten Zeitraum zu begehren (ZVR 1990/158; RIS-Justiz RS0031307 [T6], RS0031082 [T5]). Ob mit einer weiteren Teilbemessung vorzugehen ist, wie dies die Vorinstanzen bejahten, oder ob eine abschließende Globalbemessung geboten ist, unterliegt daher ausschließlich der Beurteilung nach den dargelegten Grundsätzen und hängt somit entscheidend davon ab, ob das Gesamtbild der physischen und psychischen Beeinträchtigungen des Geschädigten nunmehr überschaubar ist (ZVR 1990/158; 2 Ob 254/98m = ZVR 1999/63; 2 Ob 255/01s; 2 Ob 150/06g). Die früheren vergleichsweisen Teilbemessungen stellen jedenfalls kein Hindernis für eine Globalbemessung dar.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen soll das Ausmaß der künftigen Schmerzen des Klägers deshalb noch nicht endgültig beurteilbar sein, weil nicht klar ist, ob sich der Kläger in einigen Jahren einem weiteren operativen Eingriff (zum Zwecke der Entfernung des Osteosynthesematerials und der Implantation einer Kniegelenksprothese) unterziehen will.

Wie der erkennende Senat zuletzt in der Entscheidung 2 Ob 8/05y im Zusammenhang mit künftigen therapiebedingten Schmerzen ausgeführt hat, hängt die Durchführung jeglicher Heilbehandlung grundsätzlich davon ab, ob sich der Geschädigte ihr unterwirft. Es muss aber danach unterschieden werden, ob ihre Inanspruchnahme nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge vorauszusehen ist oder nicht. Nur in letzterem Fall könnten die mit der Heilbehandlung (hier: mit der Operation) verbundenen Schmerzen, die nicht schicksalsbedingt eine unmittelbare Folge des Schadensereignisses sind und deren Eintritt erst durch einen Willensentschluss des Geschädigten ausgelöst wird, wegen der dabei bestehenden Ungewissheit ihres Eintrittes im Rahmen einer Globalbemessung nicht berücksichtigt werden (vgl RIS-Justiz RS0031405).

In der Entscheidung ZVR 1990/158 hatte der Oberste Gerichtshof die Voraussetzungen einer Teilbemessung des Schmerzengeldes mit der Begründung bejaht, dass nicht abgeschätzt werden könne, ob und wann sich der Kläger angesichts seines (geringen) Alters zu einer zwar medizinisch indizierten, aber erst nach Eintritt faktischer Gehunfähigkeit anzuratenden Totalendoprothesenoperation entschließen werde und es daher ungewiss sei, wie lange er noch an leichten Schmerzen leiden wird.

Während dort also der mögliche Eintritt bzw das Ausmaß künftiger Schmerzen nicht schon nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge beurteilt werden konnte wurde dies etwa in dem zu 2 Ob 154/03s beurteilten Fall bejaht. In dieser Entscheidung hat der Senat - trotz der „Feststellung", dass eine genaue abschließende Zukunftsprognose noch nicht möglich sei - die Einschätzung als für eine Globalbemessung ausreichend angesehen, dass der Kläger bei einer Zunahme der Hüftgelenksabnützung im Laufe der nächsten Jahrzehnte mit einer datumsmäßig noch nicht abschätzbaren Implantation einer Hüftprothese rechnen müsse und dass rezidivierende Subileusbeschwerden mit Sicherheit wieder auftreten und mit großer Wahrscheinlichkeit weitere Operationen notwendig machen würden.

Die dem orthopädischen Sachverständigengutachten folgenden Feststellungen können im Zusammenhalt mit dem ungekürzten Wortlaut dieses Gutachtens (insbes ON 17 S 12: „Erfahrungsgemäß muss bei Vorliegen einer Kniegelenksarthrose wie im gegenständlichen Fall innerhalb von fünf bis zehn Jahren mit der Notwendigkeit eines künstlichen Kniegelenkersatzes gerechnet werden. ...") nur im Sinne der Prognose verstanden werden, dass im Falle des Klägers in etwa acht Jahren „erfahrungsgemäß" mit dem Implantat eines Kniegelenksersatzes gerechnet werden muss, wobei der Leidenszustand des Klägers vor und nach der Operation bereits abschätzbar ist (ON 25 S. 3: „...in Form einer praxisnahen Verlaufsannahme...") Auch aus unfallchirurgischer Sicht können die bei komplikationslosem Verlauf der postoperativen Phase zu erwartenden Schmerzen bereits grob eingeschätzt werden. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sind keine weiteren seelischen Belastungen mehr zu erwarten.

Bei dieser Sachlage liegen aber bereits die Voraussetzungen für eine abschließende Globalbemessung des Schmerzengeldes vor. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass der bisherige langwierige und komplizierte Heilungsverlauf auch bei der zukünftigen Operation Komplikationen erwarten lässt, findet in den Feststellungen keine Grundlage. Die bloße Möglichkeit ihres Eintrittes hindert aber die Globalbemessung nicht, steht es dem Kläger doch auch danach noch frei, bei unvorhergesehenen Verschlechterungen seines Zustandes eine ergänzende Ausmessung des Schmerzengeldes innerhalb der Verjährungszeit gerichtlich geltend zu machen (vgl 2 Ob 154/03s).

Nach ständiger Rechtsprechung darf eine Schmerzengeldergänzung insgesamt zu keinem höheren Zuspruch als bei einer einmaligen Globalbemessung führen (ZVR 1990/158; 2 Ob 242/98x = ZVR 1999/50; 2 Ob 8/05y; RIS-Justiz RS0031064, RS0031323; Danzl aaO 173; Reischauer in Rummel, ABGB³ II/2b § 1325 Rz 49). Frühere Teilzahlungen sind bei der endgültigen Bemessung des Schmerzengeldes entsprechend der inzwischen gesunkenen Kaufkraft des Geldes aufzuwerten (2 Ob 242/98x; 2 Ob 255/01s; 2 Ob 8/05y; 2 Ob 150/06g; RIS-Justiz RS0031242; Danzl aaO 200; Reischauer aaO Rz 50).

Die Feststellungen der Vorinstanzen reichen für eine ergänzende Bemessung des Schmerzengeldes aber noch nicht aus, weil ihnen nur das Schmerzgeschehen ab 1. 1. 2000, nicht aber das Gesamtbild der physischen und psychischen Beeinträchtigungen, die der Kläger als Folge des Unfalles erlitten hat, entnommen werden kann. Es bedarf daher noch einer (allenfalls unter Beiziehung der Sachverständigen vorzunehmenden) Verfahrensergänzung. Erst danach wird eine Globalbemessung des Schmerzengeldes möglich sein und nach Abzug der bisher schon geleisteten, aufgewerteten Teilzahlungen unter Heranziehung von Vergleichsfällen beurteilt werden können, ob dem Kläger noch Schmerzengeld gebührt.

Auf das (verfehlte) „Eventualbegehren" war nicht einzugehen, weil das Vorliegen der Voraussetzungen einer Globalbemessung nicht zur Abweisung des „Hauptbegehrens" führen kann. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass einem Kläger, der trotz möglicher Globalbemessung lediglich Teilschmerzengeld begehrt, im Rahmen seines ziffernmäßigen Begehrens Globalschmerzengeld zuzusprechen ist (2 Ob 68/92 = ZVR 1993/168; 2 Ob 8/05y; RIS-Justiz RS0031055).

Die vorinstanzlichen Urteile waren daher aufzuheben und die Rechtssache war an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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