Spruch:
1. Die Bezeichnung der zweitbeklagten Partei wird auf „W***** AG *****" berichtigt.
2. Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 686,47 (darin EUR 114,41 USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Zu 1.:
Nach der am 30. 5. 2006 von der Hauptversammlung der zweitbeklagten Partei beschlossenen und am 8. 6. 2006 zu FN ***** im Firmenbuch eingetragenen Satzungsänderung wurde der Firmenwortlaut der zweitbeklagten Partei von „W***** AG" geändert in „W***** AG *****". Die Parteienbezeichnung war daher gemäß § 235 Abs 5 ZPO von Amts wegen zu berichtigen.
Zu 2.:
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen ereignete sich am 17. 6. 2003 in Salzburg an der Kreuzung Schwarzgrabenweg/Moosstraße ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Lenker eines Fahrrades und die Erstbeklagte als Lenkerin ihres bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten Pkws beteiligt waren.
Der Kläger befuhr den - aus seiner Sicht - links neben der Fahrbahn der Moosstraße gelegenen Geh- und Radweg, der in beiden Richtungen durch Gebotszeichen nach § 52 lit b Z 17a StVO gekennzeichnet sowie 30 m und 18 m vor der Kreuzung mit Bodenmarkierungen in Form von gegen seine Fahrtrichtung weisenden Richtungspfeilen samt Fußgänger- und Fahrradsymbolen versehen war. Der Radweg wird in einer Breite von 1,3 m und in roter Farbe über die Kreuzung geführt. Die (nur) am linken, somit dem Schwarzgrabenweg zugewandten Radwegrand vorhandene unterbrochene „Blockmarkierung" ist nicht über die gesamte Kreuzung hinweg ausgeführt. Trotz der Richtungspfeile setzte der Kläger seine Fahrt auf dem Geh- und Radweg fort, um die Kreuzung mit dem von links einmündenden Schwarzgrabenweg geradlinig zu überqueren. Unterdessen fuhr die Erstbeklagte aus dem Schwarzgrabenweg langsam in die Kreuzung mit dem Radweg der Moosstraße ein, wo sie ihr Fahrzeug in einer nicht mehr genau feststellbaren Position zum Stillstand brachte. Vor dieser Kreuzung war im Schwarzgrabenweg das Vorrangzeichen „Vorrang geben" und das Gefahrenzeichen „Andere Gefahren" mit dem Zusatz „Radweg kreuzt" angebracht. Der Kläger leitete angesichts des Pkws eine Vollbremsung ein. Er kam zu Sturz, wodurch er diverse Prellungen und Hautabschürfungen sowie einen Bruch des linken Kahnbeines erlitt.
Das Berufungsgericht, das ein Verschulden der Erstbeklagten verneinte, gelangte unter Berücksichtigung der Gefährdungshaftung nach dem EKHG zu einer Schadensteilung im Verhältnis 3 : 1 zu Lasten des Klägers. Die ordentliche Revision ließ es mit der Begründung zu, dass Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob der Vorrang des Radfahrers nach § 9 Abs 2 StVO bei Benützen der Radfahrerüberfahrt gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung verloren gehe.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Kläger erhobene Revision ist entgegen dem gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Eine solche wird auch dadurch nicht begründet, dass ein völlig gleichgelagerter Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht entschieden wurde (RIS-Justiz RS0107773). Aber auch in der Revision werden keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO dargetan. Wurde ein angeblicher Verfahrensmangel erster Instanz in der Berufung zwar geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint, kann der Mangel nach ständiger Rechtsprechung in der Revision nicht mehr gerügt werden (RIS-Justiz RS0042963 [T45], RS0106371; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 503 ZPO Rz 34 und 121). Dasselbe gilt, wenn ein in der Revision behaupteter erstinstanzlicher Verfahrensmangel in der Berufung nicht gerügt worden ist (RIS-Justiz RS0043111; Zechner aaO Rz 34). Die neuerliche Geltendmachung der unterlassenen Einvernahme eines Zeugen als Verfahrensmangel erster Instanz ist daher ebenso unzulässig, wie die erstmalige Rüge, dass das Erstgericht dem auf die Beischaffung eines verwaltungsbehördlichen Aktes gerichteten Beweisantrag (angeblich) nicht stattgegeben hat. Gemäß § 8a Abs 1 StVO dürfen Radfahranlagen in beiden Fahrtrichtungen befahren werden, sofern sich aus Bodenmarkierungen (Richtungspfeilen) nichts anderes ergibt. Zu den Radfahranlagen zählen auch ein Geh- und Radweg und eine Radfahrerüberfahrt (§ 2 Abs 1 Z 11b StVO). Im vorliegenden Fall war durch die - aus Sicht des Klägers - vor der Unfallkreuzung angebrachten Bodenmarkierungen eindeutig klargestellt, dass der Geh- und Radweg in der Fahrtrichtung des Klägers nicht befahren werden durfte (vgl 2 Ob 172/00h). Gegenteiliges ist auch aus der Kennzeichnung des Geh- und Radweges in beiden Richtungen durch das Gebotszeichen nach § 52 lit b Z 17a StVO nicht ableitbar. Dieses Zeichen zeigt einen Geh- und Radweg an, gibt aber keine Auskunft darüber, in welche Richtung er befahren werden darf. In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach dargelegt, dass selbst aus der Kennzeichnung eines Geh- und Radweges in nur einer Richtung Rückschlüsse auf die zulässige Fahrtrichtung nicht möglich sind (2 Ob 73/95 = EvBl 1997/68 = ZVR 1997/83; 2 Ob 369/97x = ZVR 1999/34; vgl RIS-Justiz RS0105938). Es trifft ferner zu, dass für den Lenker eines einspurigen Fahrrades ohne Anhänger auf Straßen mit einer Radfahranlage die grundsätzliche Pflicht zur Benützung der Radfahranlage besteht; diese gilt jedoch nur, wenn das Befahren der Radfahranlage in der vom Radfahrer beabsichtigten Fahrtrichtung gemäß § 8a StVO erlaubt ist (§ 68 Abs 1 Satz 1 StVO). Der vom Kläger erblickte Widerspruch zwischen den Bodenmarkierungen und der Beschilderung des Geh- und Radweges liegt daher nicht vor. Im Hinblick auf die eindeutige gesetzliche Regelung lässt die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, der Kläger habe die Radfahranlage entgegen der in § 8a Abs 1 StVO vorgeschriebenen Fahrtrichtung befahren, eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung nicht erkennen.
Soweit der Kläger in seinen Revisionsausführungen die Verordnungswidrigkeit der Bodenmarkierungen unterstellt, fehlt es einer solchen Annahme an der entsprechenden Tatsachengrundlage. Der ausführlichen, durch Hinweise auf einschlägige Rechtsprechung und Lehre unterstützten Begründung des Berufungsgerichtes, warum der Verordnungslage im konkreten Fall keine rechtserhebliche Bedeutung zukommen kann, tritt er in der Revision nicht substantiiert entgegen. Er zeigt somit (auch) in diesem Zusammenhang keine erhebliche Rechtsfrage auf.
Die Radfahrerüberfahrt ist in § 2 Abs 1 Z 12a StVO als ein auf beiden Seiten durch gleichmäßig unterbrochene Quermarkierungen gekennzeichneter, für die Überquerung der Fahrbahn durch Radfahrer bestimmter Fahrbahnteil definiert. Nähere Vorschriften über die Ausführung der Bodenmarkierungen finden sich in § 17 BodenmarkierungsVO (dazu ausführlich Hnatek-Petrak, Die Radfahrerüberfahrt, ZVR 1999, 355). Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes war, wie auch durch die aktenkundigen Lichtbilder verdeutlicht wird, eine den gesetzlichen Kriterien entsprechende Radfahrerüberfahrt nicht vorhanden. Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob der Schutz des § 9 Abs 2 StVO auch dem eine Radfahrerüberfahrt gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung befahrenden Radfahrer zukommen solle, stellt sich daher nicht.
Davon abgesehen hat der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren
Fällen den eine Radfahranlage gegen die - nach der jeweiligen
Gesetzeslage - zulässige Fahrtrichtung befahrenden Radfahrern die
erfolgreiche Berufung auf den Vorrang versagt (2 Ob 9/92 = SZ 65/47 =
EvBl 1992/178 = ZVR 1992/142; 2 Ob 2429/96m = ZVR 1998/60; 2 Ob
172/00h).
Die zweitinstanzliche Entscheidung hält sich im Rahmen dieser höchstgerichtlichen Judikatur. Eine Fehlbeurteilung, die der Oberste Gerichtshof zwecks Wahrung der Rechtssicherheit aufgreifen müsste, ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen. Dass bei der Erstbeklagten das Vertrauen auf die Einhaltung der vorgeschriebenen Fahrtrichtung tatsächlich nicht vorhanden war, geht aus den Feststellungen nicht hervor; ihre in den beweiswürdigenden Ausführungen des Erstgerichtes als wörtliches Zitat wiedergegebene Stellungnahme vom Unfallstag spricht vielmehr für das Gegenteil („... kam plötzlich von rechts entgegen der Fahrtrichtung des Radweges fahrend ein Fahrradlenker.").
Das in der Revision vorgetragene Argument, aus der Richtung des Klägers hätte auch ein Fußgänger, ein Läufer oder ein „Rollerblader" kommen können, wirft schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil solche Personen tatsächlich nicht vorhanden waren und das Verhalten eines Verkehrsteilnehmers stets nur unter Berücksichtigung der konkreten Verkehrslage zu beurteilen ist (2 Ob 54/05p; 2 Ob 138/05s; vgl RIS-Justiz RS0073327). Es wäre aber auch inhaltlich verfehlt, hätte doch ein Fußgänger (oder Läufer) in Ermangelung eines Schutzweges nur unter der Voraussetzung des § 76 Abs 4 lit b StVO auf die Fahrbahn treten dürfen, während ein Rollschuhfahrer ebenso wie der Kläger zur Einhaltung der ihm gemäß § 8a Abs 1 StVO vorgeschriebenen Fahrtrichtung verpflichtet war (§ 88a Abs 2 StVO). Da es der Lösung von Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht bedurfte, war die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die beklagten Parteien haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)