Spruch:
Die wirtschaftlich eingesetzte Arbeitskraft stellt einen selbständigen Wert dar, der bei Vernichtung dieser Arbeitskraft (zeitweise oder dauernd, gänzlich oder teilweise) vom Schädiger zu ersetzen ist, auch wenn der Verletzte die bisher empfangene Gegenleistung weiterhin von jemandem nicht in der Absicht, damit den Schädiger zu entlasten, erhält (hier: Ordensbruder, der für seine Arbeit aus dem Fonds der Ordensmitglieder erhalten wird)
OGH 6. November 1975, 2 Ob 208/75 (OLG Innsbruck 2 R 216/75; LG Innsbruck 26 Cg 148/73)
Text
Der am 20. August 1974 nach Klagseinbringung - nicht infolge des Unfalles verstorbene Kläger war Angehöriger des Pallottiner-Ordens. Während eines in Osttirol verbrachten Urlaubes wurde er am 30. August 1972 bei einem vom Beklagten verschuldeten Verkehrsunfall am linken Auge schwer verletzt. Nachdem er während des Prozesses auf seinen Schmerzengeldanspruch eine Zahlung von 20.000 S erhalten hatte, verlangte er vom Beklagten unter anderem Zahlung eines restlichen Schmerzengeldes von 50.000 S, Zahlung von 42.000 S als fiktiven Verdienstentgang sowie Ersatz der Kosten des Krankentransportes von Innsbruck nach Limburg an der Lahn von 2174.16 S je samt Anhang. Die Forderung auf Ersatz des fiktiven Verdienstentganges begrundete er damit, daß er Leiter der Gärtnerei des Provinzialates der Pallottiner in Limburg an der Lahn sei, in welcher Eigenschaft ihm 10 Beschäftigte unterstanden seien; er sei drei Monate arbeitsunfähig gewesen.
Die Beklagten bestritten die Angemessenheit eines 20.000 S übersteigenden Schmerzengeldes. Gegen den Anspruch auf Ersatz eines Verdienstentganges machten sie geltend, als Ordensmitglied stehe der Kläger nicht im Erwerbsleben; da er für seine Tätigkeit vom Orden kein Entgelt erhalte, sei ihm ein Verdienst nicht entgangen; abgesehen davon habe sich der Unfall im Urlaub des Klägers ereignet und er sei nur kurze Zeit arbeitsunfähig gewesen, so daß Ersatz eines Verdienstentganges für drei Monate auch aus diesem Grund nicht in Frage käme. Auch die Transportkosten seien nicht erstattungsfähig. Ein Transport mittels Kraftwagens sei nicht erforderlich gewesen; im übrigen wäre der Kläger auch ohne Unfall wieder nach Limburg an der Lahn zurückgefahren; die Fahrt von Innsbruck nach Limburg an der Lahn sei mit einem Fahrzeug des Ordens durchgeführt worden, die Kosten habe der Orden getragen, der sie vom Kläger nicht verlangt habe und auch nicht hätte verlangen können.
Demgegenüber behauptete der Kläger, der Orden habe ihm die Ansprüche zur Geltendmachung abgetreten, die aus Auslagen des Ordens im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Unfall resultieren.
Das Erstgericht sprach dem Kläger 9013.45 S samt Anhang zu und wies ein Mehrbegehren von 94.174.16 S samt Anhang ab. Es hielt ein Schmerzengeld von 20.000 S für angemessen und sprach daher mit Rücksicht auf die erfolgte Teilzahlung aus diesem Titel keinen weiteren Betrag zu. Den Anspruch auf Ersatz eines Verdienstentganges und der Transportkosten verneinte es aus rechtlichen Gründen.
Die Berufung des Klägers, die die Abweisung eines Teilbetrages von 1044.40 S samt Anhang (Differenz zwischen den Transportkosten und den Kosten einer Bahnfahrt) unangefochten ließ und sich nur gegen die Abweisung von 93.129.76 S samt Anhang richtete, hatte teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hielt die Berufung nur hinsichtlich des Schmerzengeldes für berechtigt und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es dem Kläger an Schmerzengeld weitere 20.000 S samt Anhang, somit insgesamt 29.013.45 S samt Anhang zuerkannte.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision teilweise Folge. Die Urteile der Untergerichte wurden hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von 42.000 S samt Anhang an Verdienstentgang sowie im Kostenpunkt aufgehoben. Die Sache wurde im Umfange der Aufhebung an das Prozeßgericht erster Instanz zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen; im übrigen wurde der Revision nicht Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wurde hinsichtlich der Abweisung von 30.000 S und 1129.76 S je samt Anhang bestätigt.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Entscheidung des Berufungsgerichtes liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der damals 61jährige Kläger erlitt bei dem Unfall vom 30. August 1972 eine schwere Verletzung des linken Auges, und zwar eine etwa 1 cm lange durchbohrende Verletzung von Hornhaut und Lederhaut verbunden mit einer Linsenluxation. Er wurde in der Augenklinik in Innsbruck operativ versorgt und befand sich dort vom 30. August 1972 bis 14. September 1972 in stationärer Pflege. Vom 15. September 1972 bis 9. Oktober 1972 war er in stationärer Behandlung einer Augenklinik in Frankfurt am Main. Er hatte vor dem Unfall auf beiden Augen gut gesehen und brauchte erst seit etwa 1967 altersbedingt eine Nahbrille (Lesebrille). Als Dauerfolge des Unfalles blieb, daß von der normalen Sehkraft des linken Auges nur etwa ein Fünftel erhalten werden konnte.
Der Kläger hatte am Tag des Unfalles starke und in der Folge - im Sinne einer Komprimierung der diesbezüglichen Schmerzperioden drei Tage mittelstarke und drei Wochen hindurch leichte Schmerzen zu erdulden.
Durch die stark herabgesetzte Sehkraft seines linken Auges trat eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 20% ein. Das Sehvermögen des verletzten Auges hätte sich nicht mehr gebessert, es bestand vielmehr die Gefahr einer Verschlechterung. Die Augenverletzung war äußerlich sichtbar. Außerdem hatte der Kläger bei dem Unfall Splitterungen und Schmelzrisse an mehreren Frontzähnen des Oberkiefers erlitten.
Der Kläger gehörte als Bruder dem Pallottiner-Orden, Provinzialat Limburg an der Lahn, an. Die Mitglieder dieses Ordens legen keine feierlichen, öffentlichen, sondern nur private Gelübde ab. Der Kläger war Leiter der Ordensgärtnerei und beaufsichtigte 10 Beschäftigte. Als Ordensangehöriger erhielt er kein Entgelt. Er hatte dem Orden versprochen, diesem seine ganze Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen; er bekam dafür den gesamten Lebensunterhalt einschließlich allfälliger späterer Altersversorgung. Der Kläger war bis 11. November 1972 unfallsbedingt arbeitsunfähig. Von Innsbruck aus wurde er mit einem Kraftwagen des Ordens auf dessen Kosten vorerst nach Limburg an der Lahn gebracht. Der Unfall hatte sich während eines Urlaubes des Klägers ereignet, der bis 3. September 1972 gedauert hätte. Die Heimfahrt mit der Eisenbahn hätte 149.20 DM gekostet, was 1044.40 S entspricht. Der Kläger hatte mit letztwilliger Verfügung vom 22. Jänner 1949 das Provinzialat der Pallottiner in Limburg an der Lahn zu seinem Alleinerben eingesetzt. Eine Abtretung von dem Provinzialat der Pallottiner im Zusammenhang mit dem Unfall des Klägers entstandenen Forderungen an den Kläger ist nicht erwiesen.
Diesen Sachverhalt würdigte das Berufungsgericht in rechtlicher
Beziehung folgendermaßen:
I. Schmerzengeld: Berücksichtige man die Schwere der Verletzung, deren äußerliche Sichtbarkeit, die damit verbundenen Dauerfolgen und daß der Kläger auch wegen des Zahnschadens Schmerzen zu erdulden gehabt habe, dann erscheine ein Schmerzengeld von 20.000 S wohl zu gering. Angemessen erscheine ein Betrag von 40.000 S.
II. Verdienstentgang: Unter "Verdienst" im Sinne des § 1325 ABGB sei grundsätzlich nur ein Arbeitserwerb zu verstehen, so daß von einem Verdienstentgang nach dieser Gesetzesstelle nur bei einem Geschädigten die Rede sein könne, der ohne die eingetretene Verletzung überhaupt einen Verdienst oder einen höheren Verdienst hätte bzw. gehabt hätte. Zu ersetzen sei also nur jener Entgang, den der Verletzte an Arbeitsentgelt wegen der Verletzung bis zur Heilung nicht verdienen konnte und der wegen der Verletzungsfolgen allenfalls auch weiterhin entstehe. Der Geschädigte könne nur insoweit Ersatz verlangen, als ihm tatsächlich ein Schaden entstanden sei, also soweit er von seiner Erwerbsfähigkeit ohne die Verletzung hätte Gebrauch machen können und infolge der Verletzung einen Einnahmeentfall gehabt hätte. Der Verdienstentgang sei also nicht abstrakt, sondern nur konkret nach der tatsächlichen Erwerbsminderung zu ersetzen. Nach den vorliegenden Feststellungen habe der Kläger aber keinen Arbeitserwerb ausgeübt, der ihm einen Verdienst im dargelegten Sinn gebracht hätte. Der Anspruch auf Zahlung von 42.000 S als Verdienstentgang sei daher schon aus diesem Gründe nicht gerechtfertigt.
Zu einem anderen Ergebnis könne man aber auch nicht durch analoge Anwendung jener Grundsätze gelangen, die die Rechtsprechung für denFall der Ehegattin und Hausfrau entwickelt habe, die vor dem Eintritt des Schadenfalles, ohne über eigenes Einkommen zu verfügen, ihrem Mann nur die Wirtschaft geführt hat, dann aber durch die Unfallsfolgen so beeinträchtigt ist, daß sie ihrer Verpflichtung zur Führung des ehelichen Haushaltes überhaupt nicht mehr oder nur noch in eingeschränktem Maß nachkommen kann. Zum Unterschiede vom vorliegenden Fall werde dort davon ausgegangen, daß sich die in ihrer Tätigkeit verhinderte oder eingeschränkte Hausfrau einer Hilfskraft im Haushalt bedienen dürfe und daß die Auslagen für eine solche praktisch für beide Ehegatten, also auch die nicht im Erwerbsleben stehende Frau, eine unmittelbare Verminderung ihrer Einkommensverhältnisse bedeuten und zwischen der Hausarbeit der Frau und ihrem daraus unmittelbar gezogenen eigenen Nutzen eine Wechselwirkung bestehe. Dieser Gesichtspunkt treffe aber auf den Fall des Klägers nicht zu.
Ebenso sei der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, daß ein infolge eines Unfalles vorübergehend Arbeitsunfähiger, der bisher seine volle Arbeitskraft, wenn auch unentgeltlich, seinen Verwandten zur Verfügung gestellt habe, persönlich den Schädiger auf Ersatz des Wertes dieser Arbeitsleistungen als Verdienstentgang klagen kann, hier nicht anwendbar. Dort sei darauf abgestellt worden, daß es im freien Belieben des betreffenden Verletzten gestanden hätte, seine unzweifelhaft einen bestimmten Wert darstellende - Arbeitsleistung anderswo gegen angemessenes Entgelt einzusetzen. Gerade das aber komme beim Kläger nicht in Betracht, der auch gar nicht behauptet habe, daß er in dem hier in Betracht kommenden Zeitraum außerhalb seiner Ordensgemeinschaft eine Erwerbstätigkeit hätte aufnehmen können oder wollen.
Schließlich setze der Ersatzanspruch aus dem Titel des Verdienstentganges wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit in der Regel voraus, daß der Verletzte zur Zeit der Verletzung tatsächlich in einem verdienstbringenden Erwerb gestanden sei oder daß wenigstens angenommen werden könne, daß er künftighin Erwerb in diesem Sinne gesucht und auch gefunden hätte. Beim Kläger liege aber weder die eine noch die andere dieser Voraussetzungen vor.
III. Transport-Mehrkosten: Diesbezüglich sei der Kläger jeden Hinweis schuldig geblieben, aus welchem Rechtsgrund ihm ein Anspruch auf Ersatz dieser Mehrkosten entstanden sein sollte. Nach den Feststellungen seien diese Kosten vom Orden freiwillig getragen worden, dem Kläger sei insoweit an seinem Vermögen kein Schaden entstanden.
Was der Kläger dagegen in der Revision vorbringt, ist nur zum Teil gerechtfertigt.
Zur Frage des Schmerzengeldes. Der Revision kann nicht gefolgt werden, daß ein Schmerzengeld von 40.000 S als Abgeltung für die gesamten mit der Verletzung des Klägers verbundenen physischen und psychischen Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Schwere der Verletzung und die damit verbundenen Dauerfolgen zu niedrig erscheint. Daß die Augenverletzung äußerlich sichtbar war, was offenbar auf eine gewisse nachteilige Veränderung des äußeren Aussehens des Klägers hindeutet, fällt angesichts seines Alters und seiner Eigenschaft als Ordensbruder sicher nicht ins Gewicht. Schwerwiegender ist zweifellos der weitgehende Verlust der Sehkraft eines Auges und die dadurch verminderte Arbeitsfähigkeit als Leiter der Ordensgärtnerei, womit gewiß auch eine seelische Alteration verbunden war. Richtig ist wohl, daß bei Augenverletzungen in letzter Zeit auch höhere Beträge zuerkannt wurden (2 Ob 9/75; 8 Ob 82/75), doch können diese Fälle nicht zum Vergleich herangezogen werden, weil mit den Augenverletzungen jeweils auch noch andere schwere Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen verbunden waren. Auch im Falle der angezogenen Entscheidung 2 Ob 117/66 lag als zusätzliche schwere Unfallsfolge das Auftreten eines Glaukoms vor. Auch dann, wenn man berücksichtigt, daß bei der Bemessung des Schmerzengeldes die Währungsverhältnisse zur Zeit des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz maßgebend sind (ZVR 1974/222; ZVR 1975/15 u. v. a.), erscheint im vorliegenden Fall, in dem die Perioden der körperlichen Schmerzen verhältnismäßig kurz sind, ein Schmerzengeld von 40.000 S als angemessen und ausreichend, insbesondere wenn man in Betracht zieht, daß der Kläger infolge seines inzwischen erfolgten Ablebens an dem mit den Verletzungen verbundenen Ungemach nur etwa 2 Jahre zu leiden hatte. Insoweit erweist sich die Revision somit als nicht gerechtfertigt.
Dasselbe gilt, soweit die Abweisung von 1129.76 S samt Anhang an Transport-Mehrkosten bekämpft wird. Wenn hiezu ausgeführt wird, diese Kosten seien auf den Unfall zurückzuführen und es wäre der Orden nicht verpflichtet gewesen, diese Kosten einstweilen zu übernehmen, sondern es hätte für diesen Aufwand in erster Linie der Schädiger aufzukommen, so ist dem beizupflichten. Unrichtig ist nur die daraus gezogene Folgerung, daß auch der Verletzte, der diese Kosten nicht selbst getragen hat, deren Ersatz verlangen kann. Es handelt sich dabei um Heilungskosten, zu denen jeder durch die Körperverletzung und die dadurch hervorgerufene Krankheit verursachte Aufwand zählt (ZVR 1957/61), die der Schädiger nach § 1325 ABGB zu bestreiten hat. Ersatzberechtigt ist derjenige, der sie getragen hat, auch wenn es sich dabei um eine vom Verletzten verschiedene Person handelt (vgl. dazu Wolff in Klang[2] VI, 130; JBl. 1953, 547; SZ 29/72 u. a. m.). Im vorliegenden Fall steht der Ersatzanspruch daher dem Pallottiner-Orden zu, der diese Kosten getragen hat, nicht aber dem Kläger, dem der Beweis einer Abtretung dieser Ersatzforderung an ihn nicht gelungen ist.
Demzufolge war das Urteil des Berufungsgerichtes hinsichtlich der Abweisung von weiteren 30.000 S Schmerzengeld und 1129.76 S samt Anhang zu bestätigen.
Anders verhält es sich mit dem Anspruch des Klägers auf Ersatz eines Verdienstentganges. Der Kläger hält der Argumentation des Berufungsgerichtes mit Recht entgegen, daß er nach den Feststellungen eine Gärtnerei mit 10 Beschäftigten geleitet habe; als Ordensangehöriger habe er dafür zwar kein Entgelt bekommen, weil er dem Orden seine ganze Arbeitskraft zu widmen gehabt habe, doch habe er dafür vom Orden den gesamten Lebensunterhalt einschließlich allfälliger Altersversorgung zu bekommen gehabt. Bei dieser Sachlage könne daher keineswegs gesagt werden, daß auf Seiten des Klägers der Entfall eines ihm durch seinen Arbeitseinsatz selbst unmittelbar zukommenden Nutzens nicht entstanden sei.
Der Kläger hat, möge seine Absicht auch in erster Linie auf ideelle Zwecke, auf eine Förderung seines Ordens gerichtet gewesen sein, nichtsdestoweniger eine Tätigkeit ausgeübt, wie sie sonst in der Regel auch von bezahlten Arbeitskräften verrichtet wird. Die Früchte dieser Tätigkeit sind zunächst dem Orden zugekommen, der anderseits aber wieder aus den Ergebnissen der Tätigkeiten seiner Mitglieder deren Unterhalt bestritten hat. Es kann daher schon nicht einmal gesagt werden, daß der Kläger seine Tätigkeit ohne Gegenleistung erbracht hätte. Der wirtschaftliche Kern des Verhältnisses zwischen Orden und seinen Mitgliedern war eben der, daß sich die Ordensangehörigen ihren Unterhalt einschließlich der Altersversorgung durch ihre für den Orden verrichteten Tätigkeiten selbst verdient haben. Richtig ist wohl, daß von einem Verdienstentgang im allgemeinen nur dann gesprochen wird, wenn der Geschädigte ohne die eingetretene Verletzung überhaupt einen Verdienst oder einen höheren Verdienst gehabt hätte, weil ein Verdienstentgang nicht abstrakt, sondern nur nach der tatsächlichen Erwerbsminderung zu ersetzen sei. Es darf aber nicht übersehen werden, daß die Anwendung dieser für den Regelfall zutreffenden Grundsätze in besonderen Fällen zu unbilligen Ergebnissen und insbesondere zu einer durch nichts begrundeten Entlastung des Schädigers und zu einer nicht zu rechtfertigenden Belastung anderer Personen führt, die zufolge ihrer Stellung zu dem Verletzten den Schaden vorläufig zu tragen haben und denen nichts ferner liegt als eine Entlastung des Schädigers. Dies wird von der Rechtsprechung für den Fall der Ehefrau und Hausfrau, die vor dem Eintritt des Schadensfalles, ohne über eigenes Einkommen zu verfügen, ihrem Mann nur die Wirtschaft geführt hat, dann aber durch die Unfallsfolgen so beeinträchtigt ist, daß sie ihrer Verpflichtung zur Führung des ehelichen Haushaltes überhaupt nicht mehr oder nur noch in eingeschränktem Maß nachkommen kann, ohne weiteres anerkannt (so schon GlU 4152; GlUNF 1925; GlUNF 2655; jetzt ZVR 1961/315; ZVR 1963/174; ZVR 1964/253; ZVR 1967/147 u. v. a.). Ebenso behandelt die Rechtsprechung den Fall des vorübergehend Arbeitsunfähigen, der seine volle Arbeitskraft, wenn auch ohne in Geld bestehendes Entgelt, seinen Verwandten zur Verfügung stellt (ZVR 1963/173; SZ 41/58; ZVR 1971/157 u. a. m.). In diesen Fällen wird davon ausgegangen, daß die wirtschaftlich eingesetzte Arbeitskraft einen selbständigen Wert darstellt, der bei Vernichtung dieser Arbeitskraft (zeitweise oder dauernd, gänzlich oder teilweise) vom Schädiger zu ersetzen ist, auch wenn der Verletzte die bisher empfangene Gegenleistung weiterhin von jemandem, nicht in der Absicht, damit den Schädiger zu entlasten, erhält. Diese Gesichtspunkte treffen uneingeschränkt auch auf den Fall des Klägers zu. Wie schon oben gezeigt, besteht auch hier die Wechselwirkung zwischen dem Ausfall der Arbeitskraft eines Ordensmitgliedes und dem Fonds, aus dem der Unterhalt der Ordensmitglieder zu bestreiten ist. Hier wie dort trifft zu, daß der Kläger seine Arbeitskraft, hätte er sie nicht dem Orden zur Verfügung gestellt, anderweitig hätte einsetzen können. Daß er in dem hier in Betracht kommenden Zeitraum eine Erwerbstätigkeit außerhalb seiner Ordensgemeinschaft nicht auszuüben beabsichtigte, ist unerheblich.
Es ist daher der Revision beizupflichten, daß dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz des Wertes seiner Arbeitsleistungen zusteht, die er wegen der Unfallsfolgen nicht erbracht hat.
Da darüber aber keine Feststellungen getroffen wurden, weil die Vorinstanzen solche zufolge ihrer gegenteiligen Rechtsansicht nicht für erforderlich hielten, liegt ein auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhender Feststellungsmangel vor, der zur Aufhebung der Urteile der Untergerichte hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von 42.000 S samt Anhang und der Kostenentscheidungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung führen mußte.
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