Spruch:
I. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird von „M*****GmbH" auf „X***** GmbH" berichtigt.
II. 1. Der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Revisionsverhandlung wird abgewiesen.
2. Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Zu I.:
Nach der am 24. 10. 2001 von den Generalversammlungen beider Gesellschaften beschlossenen und am 23. 11. 2001 zu FN ***** und FN ***** im Firmenbuch eingetragenen Verschmelzung der übertragenden M***** GmbH mit der übernehmenden L***** GmbH (nach einer Firmenänderung nunmehr: X***** GmbH) wurde diese gemäß § 96 Abs 1 Z 1 und Abs 2 GmbH-Gesetz iVm § 225a Abs 3 AktG Gesamtrechtsnachfolgerin der übernommenen GmbH. Die Parteienbezeichnung war daher gemäß § 235 Abs 5 ZPO von Amts wegen zu berichtigen.
Zu II.:
Am 24. 3. 1998 lieferte der Kläger als Dienstnehmer der von einem in Deutschland ansässigen Unternehmen beauftragten I***** GmbH Möbelteile an die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei (im Folgenden: beklagte Partei). Die Entladung des LKWs fiel in den Aufgabenbereich des Klägers. Dieser bediente sich aus nicht feststellbaren Gründen dazu jedoch weder der auf dem Firmengelände der beklagten Partei vorhandenen Laderampe noch der hydraulischen Ladebordwand des LKWs. Auf sein „Andringen" wurde ihm von einem Angestellten der beklagten Partei ein Gabelstapler und ein Ladecontainer zur Verfügung gestellt. Dieser Angestellte, der zum Unfallszeitpunkt noch über keinen Staplerschein, aber doch über „ausreichende Kenntnisse hinsichtlich der Bedienung eines Gabelstaplers" verfügte, platzierte den Container quer auf den Gabeln des Staplers und hob ihn bis zur Kante der Ladefläche des LKWs an. Dadurch konnte der Ladecontainer direkt von der Ladefläche des LKWs aus begangen werden. Ein Fixieren des Containers auf den Gabeln des Staplers war bei dieser Positionierung nicht möglich; nur bei einer Platzierung der Länge nach hätte er durch Klammern gesichert werden können. Der Container war somit gegen ein Kippen nicht abgesichert. Der Kläger, der mit einem Kippen nicht rechnete, begann den Entladevorgang, indem er die einzelnen Möbelstücke von der Ladefläche des LKWs in den Container trug. Diese Arbeit verrichtete er allein, ohne Hilfeleistung durch Angestellte der beklagten Partei. Als der Kläger gerade ein weiteres Möbelstück in den Container stellen wollte, kippte dieser infolge einseitiger Verteilung der Last von den Gabeln des Staplers. Dabei wurde der Kläger am Kopf, an der Hüfte und am rechten Fuß verletzt.
Mit der am 20. 3. 2001 eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der beklagten Partei zum Ersatz seines mit insgesamt EUR 11.203,30 (Schmerzengeld: EUR 10.900,93; Kosten des Krankentransports: EUR 302,37) samt Anhang bezifferten Schadens sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für sämtliche, auch derzeit noch nicht vorhersehbare Folgen aus dem Unfall vom 24. 3. 1998. Die beklagte Partei habe den Unfall grob fahrlässig verschuldet, weil sie keine geeignete Laderampe zur Verfügung gestellt und einen Angestellten als Staplerfahrer beschäftigt habe, der damals weder über einen Staplerschein noch über ausreichende Kenntnisse für die Bedienung eines Staplers, insbesondere den Transport von Ladecontainern, verfügt habe. Die ihm zuteil gewordene 15- bis 20-minütige Unterweisung habe sich nur auf die Funktionalität des Staplers, nicht aber auf das zu transportierende Gut, geschweige denn auf die Sicherheitsvorrichtungen an Ladekörben bezogen. Dies habe dazu geführt, dass der Staplerfahrer den Ladecontainer in Quer- statt in Längslage transportiert habe, wodurch der Unfall ausgelöst worden sei. Der beklagten Partei sei auch als Verschulden anzulasten, dass es der Staplerfahrer unterlassen habe, den Kläger über die sachgerechte Beladung des Containers zu belehren. Es sei zwar die Aufgabe des Klägers gewesen, die Ware in das von der Empfängerin zur Verfügung gestellte Behältnis zu laden; die Art des Behältnisses und des Transportes in ihr Lager habe aber ausschließlich die beklagte Partei bestimmt.
Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und wandte ein, den Kläger treffe das alleinige Verschulden an dem Unfall. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger beim Abladen behilflich zu sein oder ihm Hilfsmittel beizustellen. Ihr Mitarbeiter habe dem Kläger einen Stapler samt Ladekorb über dessen Wunsch bloß aus Gefälligkeit zur Verfügung gestellt. Es sei Sache des Klägers gewesen, für die ordnungsgemäße Verteilung der Ware im Container Sorge zu tragen.
Das Erstgericht, welches das Verfahren auf den Grund des Anspruches eingeschränkt hatte, wies das Klagebegehren im zweiten Rechtsgang ab. Es ging hiebei von dem eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt aus und verneinte in rechtlicher Hinsicht eine vertragliche Haftung der beklagten Partei. Gabelstapler und Ladecontainer seien nicht aus reiner Gefälligkeit, sondern auf Verlangen des Klägers zur Verfügung gestellt worden. In solchen Fällen greife § 1313a ABGB nicht ein, wenn aus der nicht geschuldeten Handlung Schäden resultieren (JBl 1982, 654). Eine deliktische Haftung der beklagten Partei käme nur dann in Betracht, wenn sie einen Lagerangestellten als Staplerfahrer eingesetzt hätte, von dem sie wusste oder wissen hätte müssen, dass er für diese Tätigkeit nicht geeignet sei. Da aber der Staplerfahrer mit der Bedienung eines Gabelstaplers ausreichend vertraut gewesen sei, könne der beklagten Partei keine Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflichten zur Last gelegt werden.
Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt EUR 4.000, nicht aber EUR 20.000 übersteige, und dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen mit einer (bei der Wiedergabe des Sachverhaltes bereits berücksichtigten) Ausnahme und verneinte wie das Erstgericht eine vertragliche Haftung der beklagten Partei für das Verhalten ihres Angestellten. Aber auch eine Haftung nach § 1315 ABGB komme nicht in Betracht: Danach hafte derjenige, der sich einer untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen Person zur Besorgung seiner Angelegenheiten bediene, für den Schaden, den sie in dieser Eigenschaft einem Dritten zufüge. Untüchtigkeit im Sinne dieser Bestimmung sei die fehlende Eignung zu der zu verrichtenden Tätigkeit. Neben der Art der Tätigkeit seien auch die besonderen Umstände, unter denen die Verwendung erfolgen solle, in Betracht zu ziehen. Die Ursachen der Untüchtigkeit könnten sachliche Eigenschaften, wie zB das Fehlen von Fachkenntnissen oder persönliche Anlagen sein. Dabei komme es allein darauf an, ob die erforderlichen Eigenschaften vorhanden seien oder nicht. Die Frage, ob ein gesetzlich vorgeschriebener Ausbildungslehrgang durchgemacht oder eine vorgeschriebene Prüfung - wie zB die Staplerscheinprüfung - abgelegt worden oder die gebotene behördliche Zulassung zur Tätigkeit gegeben sei, spiele keine Rolle. Es könne daher keine Rede davon sein, dass der Nachweis der entsprechenden Fachkenntnisse im Zivilprozess nur durch das Staplerfahrerzeugnis geführt werden könne und der Einsatz einer Person ohne dieses Zeugnis als Staplerfahrer für sich allein eine Verletzung des Arbeitnehmerschutzrechts darstelle. Die erstgerichtlichen Feststellungen ließen bereits eine abschließende rechtliche Beurteilung der Tüchtigkeit des Staplerfahrers zu. Ausreichende Kenntnisse zur Bedienung eines Gabelstaplers umfassten nämlich nicht nur die Fähigkeit, dieses Gerät zu lenken, sondern darüber hinaus auch jene, dessen Gabeln zu bedienen und Behältnisse darauf zu transportieren. Damit gehe auch der Einwand ins Leere, die beklagte Partei habe den Staplerfahrer im Bewusstsein der fehlenden Ausbildung eingesetzt und damit vorzubeugende Gefahren billigend in Kauf genommen. Darauf, dass bereits aus dem einmaligen Versagen des Staplerfahrers auf dessen Untüchtigkeit zu schließen sei, habe sich der Kläger nicht berufen. Ein solcher Schluss komme aber ohnehin nicht in Betracht, weil dieses einmalige Versagen weder auf einer groben Unkenntnis betriebswichtiger Vorschriften beruhe, noch eine besonders gravierende berufliche Sorgfaltsverletzung darstelle.
Auf Antrag des Klägers änderte das Berufungsgericht mit Beschluss vom 24. 5. 2005 seinen Ausspruch, mit dem es die ordentliche Revision nicht zugelassen hatte, dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Zur Begründung führte es aus, die Rechtsansicht des Klägers, die beklagte Partei habe durch die Beschäftigung eines Arbeitnehmers ohne bestandene Staplerscheinprüfung als Staplerfahrer gegen ihr obliegende Verkehrssicherungspflichten sowie gegen Schutzgesetze verstoßen, sei nicht völlig von der Hand zu weisen. Es handle sich um eine Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung.
Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die deliktische Haftung der beklagten Partei unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen ungeprüft ließ; sie ist im Sinne des Eventualantrages auch berechtigt.
Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Den Ausführungen zur Rechtsrüge ist vorauszuschicken, dass der Kläger die Verneinung einer vertraglichen Haftung der beklagten Partei durch die Vorinstanzen in seiner Revision nicht mehr bekämpft. Er steht jedoch auf dem Standpunkt, das Berufungsgericht hätte die deliktische Haftung der beklagten Partei nicht nur nach § 1315 ABGB, sondern auch unter den rechtlichen Aspekten der Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht, der Gefährdung absoluter Rechte und der Verletzung von Schutzgesetzen, nämlich der die Fachkenntnisse von Staplerfahrern und deren Nachweis regelnden Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes 1994 (ASchG) und der Verordnung BGBl Nr 441/1975 beurteilen müssen. Jedermann müsse sich darauf verlassen können, dass ein als Staplerfahrer zum Einsatz gelangender Arbeitnehmer im Rahmen der dafür vorgesehenen Ausbildung die erforderlichen Fachkenntnisse erworben habe und nach erfolgreich abgelegter Prüfung über ein Staplerfahrerzeugnis verfüge. Das Berufungsgericht habe das geltende Arbeitnehmerschutzrecht insoweit gröblich verkannt.
Hiezu wurde erwogen:
Arbeitnehmerschutzvorschriften, deren Adressat grundsätzlich der Arbeitgeber ist (RIS-Justiz RS0052197 [T 7]; Heider/Schramhauser, ASchG4, 22), sind öffentlich-rechtliche Arbeitsrechtsnormen, die - in erster Linie - dem Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung dienen, auf unmittelbarem staatlichen Eingriff basieren und typischerweise als Sanktionsinstrumentarium die Verwaltungsstrafe vorsehen (SZ 65/79; SZ 73/49; RIS-Justiz RS0084412). Umfasst wird davon vor allem der „technische Arbeitnehmerschutz" (Gefahren- oder Betriebsschutz; SZ 73/49 mwN; RIS-Justiz RS0050631), dessen Vorschriften sich insbesondere auf die Arbeitsvorgänge, die Gestaltung der Arbeitsplätze, die Beschaffenheit und Ausstattung der Arbeitsräume und sonstigen Räumlichkeiten, auf die in der Arbeitsstätte verwendeten technischen Geräte, die anderen Arbeitsmittel sowie auf die verarbeiteten bzw verwendeten Arbeitsstoffe beziehen (Heider/Schramhauser aaO 25). Derartige Regelungen enthalten auch die §§ 60 ff ASchG (vgl Heider/Schramhauser aaO 172).
Die §§ 62 („Fachkenntnisse und besondere Aufsicht") und 63 („Nachweis der Fachkenntnisse") Abs 1 ASchG, auf die sich der Kläger in seinem Rechtsmittel stützt, treten gemäß § 113 Abs 1 ASchG allerdings erst mit der Geltung einer - bisher noch nicht erlassenen (Dittrich/Tades, ArbR 712/137 § 113 ASchG Fn 2) - Durchführungsverordnung in Kraft (Heider/Schramhauser aaO 178). Bis zum Inkrafttreten dieser Verordnung gelten für die unter das ASchG fallende Beschäftigung von Arbeitnehmern - soweit hier relevant - die im Gesetzesrang stehenden §§ 2 bis 9 der Verordnung über den Nachweis der Fachkenntnisse für bestimmte Arbeiten, BGBl Nr 441/1975, mit der Maßgabe, dass in § 7 Abs 2 der letzte Satz entfällt (§ 113 Abs 2 Z 1 ASchG).
§ 2 dieser Verordnung, der regelt, bei welchen (durchwegs gefahrenträchtigen) Arbeiten Arbeitnehmer die für die sichere Durchführung dieser Arbeiten notwendigen Fachkenntnisse nachweisen müssen, nennt in Abs 1 lit b das Führen von Staplern mit motorischem Antrieb für die Fahr- und Hubbewegung, wobei Stapler, die ihre Last ausschließlich innerhalb der Radbasis aufnehmen und befördern, sowie Stapler, die nur mittels Deichsel geführt werden, ausgenommen sind. § 2 Abs 2 leg cit definiert Stapler als Fahrzeuge für den innerbetrieblichen Verkehr mit für Stapelvorgänge bewegbarem Lastträger.
§ 4 leg cit („Fachkenntnisse für das Führen von Staplern") lautet wie folgt:
„Die notwendigen Fachkenntnisse im Sinne des § 2 für das Führen von Staplern umfassen Kenntnisse auf den nachstehend angeführten Gebieten, soweit diese für eine solche Tätigkeit von Bedeutung sind:
a) Grundbegriffe der Mechanik und der Elektrotechnik,
b) Aufbau und Arbeitsweise, mechanische und elektrische Ausrüstung von Staplern,
c) Sicherheitseinrichtungen von Staplern,
d) Betrieb und Wartung von Staplern,
e) Rechtsvorschriften und Richtlinien, die den Betrieb von Staplern betreffen,
f) praktische Bedienung von Staplern."
Der Nachweis der Fachkenntnisse ist durch ein Zeugnis einer der im § 7 Abs 1 leg cit genannten Universitäten, Lehr- oder Unterrichtsanstalten oder einer anderen Einrichtung, die vom Bundesminister für soziale Verwaltung, unter Umständen auch vom Bundesminister für Verkehr, zur Ausstellung solcher Zeugnisse ermächtigt worden ist, zu erbringen. Gemäß § 7 Abs 2 erster und zweiter Satz leg cit dürfen die in Abs 1 angeführten Einrichtungen Zeugnisse nur an Personen ausstellen, die nach einer entsprechenden Ausbildung eine Prüfung über die jeweils notwendigen Fachkenntnisse mit Erfolg abgelegt haben; die Prüfung muss sich auch auf die praktische Durchführung der Arbeiten erstrecken. Im Rahmen der nach einheitlichen Grundsätzen gestalteten Ausbildung müssen mindestens die für die betreffenden Arbeiten in den §§ 3 bis 6 vorgeschriebenen Fachkenntnisse vermittelt werden. § 8 Abs 1 leg cit verpflichtet Arbeitgeber und deren Beauftragte, dafür zu sorgen, dass zu den in § 2 Abs 1 genannten Arbeiten nur Arbeitnehmer herangezogen werden, die das Vorliegen der für die sichere Durchführung dieser Arbeiten notwendigen Fachkenntnisse durch ein Zeugnis nach § 7 nachweisen und die erforderliche körperliche und geistige Eignung sowie die notwendigen Berufserfahrungen besitzen; soweit Arbeitnehmer über die geforderten Erfahrungen noch nicht verfügen, dürfen sie zu derartigen Arbeiten erst nach entsprechender Unterweisung beigezogen werden. Nach § 9 leg cit ist in jedem Betrieb ein Verzeichnis der für diesen nach § 2 in Betracht kommenden Arbeiten zu führen. In dieses Verzeichnis sind die Namen jener Arbeitnehmer einzutragen, die diese Arbeiten durchführen und die Art, in der sie die notwendigen Fachkenntnisse nachgewiesen haben (zur Ausbildung eines Staplerfahrers vgl auch 10 ObS 336/02p mwN).
Bei diesen Vorschriften handelt es sich um Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB, deren Zweck - wie bereits dargelegt - primär dem Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer bei ihrer beruflichen Tätigkeit dient (in diesem Sinne auch RIS-Justiz RS0029542; Reischauer in Rummel, ABGB² § 1311 Rz 13). Es entspricht ferner der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass sich der Zweck einer Schutzvorschrift auf den Schutz solcher Personen bezieht, die befugterweise in den Gefahrenbereich gelangen (SZ 43/132; SZ 63/38; 7 Ob 2377/96a = VersE 1721; RIS-Justiz RS0027526; Reischauer aaO; vgl Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II² 104). Dieser Grundsatz wurde bei der Vernachlässigung von Arbeitnehmerschutzvorschriften auch in Fällen angewandt, in denen nicht (nur) ein Arbeitnehmer des verantwortlichen Arbeitgebers, sondern (auch) eine andere Person in ihrem absoluten Recht auf körperliche Unversehrtheit verletzt worden ist (vgl etwa zur Bauarbeiterschutzverordnung: MietSlg 31.253; 7 Ob 2377/96a = VersE 1721; 8 Ob 84/02i; jüngst 2 Ob 276/04h = ARD 5628/11/2005; zur Arbeitsstättenverordnung: 1 Ob 205/02g, wobei allerdings nach dem dort beurteilten Sachverhalt der Gefahrenbereich unbefugt betreten worden war; allgemein zu Arbeitnehmerschutzgesetzen: Reischauer aaO; ebenso Feil, ASchG [1994] 24).
Nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen ist davon auszugehen, dass die unsachgemäße Positionierung des Ladecontainers auf den Gabeln des Staplers für den Unfall (mit)ursächlich war. Es steht ferner fest, dass der als Staplerfahrer eingesetzte Arbeitnehmer der beklagten Partei zum Zeitpunkt des Unfalles noch nicht über den sog „Staplerschein" verfügte. Die Betrauung dieses Arbeitnehmers mit der Tätigkeit eines Staplerfahrers begründete somit einen Verstoß gegen die Schutznorm des § 8 Abs 1 leg cit, die im konkreten Fall jedenfalls der Sicherheit des betrauten Arbeitnehmers sowie aller ihren Beruf in einem räumlichen Naheverhältnis zu ihm ausübenden sonstigen Arbeitnehmer der beklagten Partei diente. Da aber, wie der vorliegende Vorfall zeigt, auch andere Personen als die Arbeitnehmer der beklagten Partei befugtermaßen in den von der Tätigkeit des Staplerfahrers ausgehenden Gefahrenbereich gelangen konnten, erstreckt sich der Schutzzweck des § 8 Abs 1 leg cit auch auf sie. Somit gehörte auch der Kläger, der auf dem Betriebsgelände der beklagten Partei Liefer- und Entladetätigkeiten zu verrichten hatte, zum geschützten Personenkreis.
Hat der Geschädigte - wie hier der Kläger - den Schadenseintritt und die Verletzung des Schutzgesetzes unter Beweis gestellt, liegt es am Schädiger, den Nachweis zu erbringen, dass ihm die objektive Übertretung des Schutzgesetzes nicht als schutzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist, etwa weil ihn (bei einer juristischen Person deren Repräsentanten) an der Übertretung kein Verschulden traf oder der Schaden auch bei vorschriftsmäßigem Verhalten eingetreten wäre (rechtmäßiges Alternativverhalten; vgl ZVR 1999/97; 2 Ob 230/04z; 2 Ob 204/05x ua). Letzteres wäre insbesondere dann zu erwarten, wenn der Staplerfahrer ungeachtet des Fehlens der formalen Berechtigung zur Bedienung des Staplers im Zeitpunkt des Unfalles bereits über die in § 4 leg cit angeführten Fachkenntnisse verfügte (vgl zB die bei Karner in KBB, § 1311 ABGB Rz 5 zum Verstoß gegen Führerscheinvorschriften zitierte Judikatur), ohne dass es darauf ankäme, auf welche Weise er sie erlangte.
Ob dies zutraf, lässt sich aber anhand der vom Berufungsgericht zu extensiv interpretierten, weil substratlosen Feststellung, der Staplerfahrer habe über „ausreichende Kenntnisse hinsichtlich der Bedienung eines Gabelstaplers verfügt", nicht mit der erforderlichen Sicherheit beurteilen. Schon aus diesem Grund, aber auch, um die Parteien mit der dargelegten Rechtsansicht nicht zu überraschen, bedarf es einer Ergänzung des Verfahrens erster Instanz. Das Erstgericht wird die Rechtslage mit den Parteien zu erörtern und nach allfälligen weiteren Beweisaufnahmen präzise Feststellungen über die tatsächlichen Fachkenntnisse des Staplerfahrers im Unfallszeitpunkt zu treffen haben. Erst danach wird beurteilt werden können, ob und - im Hinblick auf den (Mit-)verschuldenseinwand der beklagten Partei - in welchem Umfang der Ersatzanspruch des Klägers dem Grunde nach zu Recht besteht.
Da im vorliegenden Fall ein konkretes Schutzgesetz existiert, dem die beklagte Partei (ihr Repräsentant) nicht entsprochen hat, erübrigt es sich hiebei, auf das allgemeine Ingerenzprinzip und die darin wurzelnden Verkehrssicherungspflichten einzugehen (2 Ob 107/98v = RdW 1998, 664 = JBl 1998, 713).
Die Abhaltung einer Revisionsverhandlung steht im Ermessen des Obersten Gerichtshofes (SZ 66/97; SZ 67/215; RIS-Justiz RS0043679 [T 4]). Da der erkennende Senat eine mündliche Revisionsverhandlung nicht für erforderlich hielt, war der darauf gerichtete Antrag des Klägers abzuweisen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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