Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit EUR 3.280,10 (darin enthalten EUR 546,68 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Der am 6. 5. 1999 geschlossenen Ehe entstammen zwei Söhne, geboren am 14. 12. 2000 und am 14. 11. 2002. Die Ehe ist seit 29. 9. 2005 rechtskräftig geschieden. Ehewohnung war eine im November 1999 vom Antragsgegner um ATS 3,5 Mio gekaufte Dachgeschosswohnung. Anlässlich der Eheschließung hatte die Antragstellerin von ihrem Vater Geldgeschenke von ATS 700.000,-- und ATS 250.000,-- erhalten. Für den Rest des Kaufpreises nahm der Antragsgegner einen Kredit von ATS 2,8 Mio auf, den er 1999 bis 2002 in unregelmäßigen Raten aus seinen Einkünften zurückzahlte.
Die Antragstellerin war während der Ehe nicht berufstätig, sie widmete sich ihrem Studium, dem Haushalt und der Kindererziehung. Beide Geburten waren kompliziert und mit gesundheitlichen Problemen für die Antragstellerin verbunden; nach der Geburt des ersten Kindes litt die Antragstellerin an einer Gehirnhautentzündung. Bei der Haushaltsführung wurde die Antragstellerin durch eine Haushaltshilfe unterstützt, die zweimal wöchentlich für je vier Stunden die Wohnung putzte und die Wäsche bügelte. Um der Antragstellerin das Studium zu erleichtern, kamen die beiden Söhne jeweils im Alter von einem Jahr in den Kindergarten.
Der Antragsgegner arbeitete ab Frühjahr 1998 als Partner in der Rechtsanwaltskanzlei seines Bruders. Seine monatlichen Nettoeinkünfte betrugen in den Jahren 1999 bis 2001 zwischen ATS 152.000,-- und ATS 237.000,- -. 2002 brachte der Antragsgegner die mit seinem Bruder betriebene Rechtsanwaltskanzlei in eine neu gegründete Rechtsanwälte GmbH ein. Für diese Einbringung, die steuerbegünstigt nach dem Umgründungssteuergesetz erfolgte, erhielt der Antragsgegner von der GmbH „unbare Entnahmen" ausbezahlt, die quasi den Kaufpreis für die eingebrachte Rechtsanwaltskanzlei darstellten. Als Rechtsanwalt hatte der Antragsgegner einen 14 bis 15 Stunden langen Arbeitstag.
Am 7. 9. 2003 erlitt der Antragsgegner eine Gehirnblutung, die ihn zu einem Dauerpflegefall (komplette halbseitige Lähmung) machte. Seit diesem Zeitpunkt ist die eheliche Haus- und Lebensgemeinschaft aufgehoben. Die Antragstellerin weigerte sich, den Antragsgegner nach seinen Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalten selbst zu Hause zu pflegen. Der Grund war der Aufwand mit den beiden Kleinkindern und die ungünstige Lage der Ehewohnung, die vom Straßenniveau nicht direkt mit dem Lift erreichbar ist: Zwischen Hauseingang und Aufzug müssen zunächst 15 Stufen überwunden werden; vom letzten Liftstock führt eine Wendeltreppe zur Dachgeschosswohnung. Der Antragsgegner lebt in einer 2005 gekauften Eigentumswohnung. Der Kaufpreis wurde aus dem Erlös einer während der Ehe erworbenen Liegenschaft finanziert.
Im Revisionsrekursverfahren sind drei Punkte strittig:
1.) Einbeziehung „unbarer Entnahmen" von EUR 148.725,71 in die Aufteilungsmasse; dieser Betrag wurde auf ein Girokonto des Antragsgegners, von dem auch sämtliche laufenden Zahlungen während der Ehe getätigt wurden, überwiesen.
2.) Aufteilungsquote 1 : 3 zu Gunsten des Antragsgegners, der eine solche von 1 : 5 zu seinen Gunsten anstrebt.
3.) Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin, die derzeit - ohne Rechtstitel - mit den beiden Kindern bei ihrem Freund wohnt.
Das Rekursgericht begründete die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses mit fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu der Frage, ob derartige „unbare Entnahmen" der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG unterliegen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes nicht zulässig.
1.) Die „unbaren Entnahmen" im Sinn des § 16 Abs 5 Z 2 Umgründungsteuergesetz (UmgrStG) bewirkten eine nach der Einbringung der Rechtsanwaltskanzlei zu erfüllende Verbindlichkeit der übernehmenden Rechtsanwälte GmbH gegenüber dem Antragsgegner als einbringenden Gesellschafter (6 Ob 196/03x mwN = SZ 2003/137 = RIS-Justiz RS0118214; Gruber, Unbare Entnahmen und verdeckte Sacheinlagen, GesRZ 2004, 315); als Gegenleistung für das eingebrachte und veräußerte Unternehmen verpflichtete sich die übernehmende Rechtsanwälte GmbH zu einer Geldleistung an den einbringenden Antragsgegner (Gruber aaO). Die Anteile an dem eingebrachten Unternehmen (der Rechtsanwaltskanzlei) waren zwar nach § 82 Abs 1 Z 4 EheG der Aufteilung entzogen, was genauso für die Anteile an der 2002 gegründeten Rechtsanwälte GmbH gilt. Nach der höchstgerichtlichen Judikatur zählen aber sowohl der Erlös aus der Veräußerung eines Unternehmens oder von Unternehmensanteilen - soferne der Erlös nicht zur Anschaffung eines neuen Unternehmens verwendet oder in ein anderes Unternehmen investiert wird - (RIS-Justiz RS0057567) als auch „gewöhnliche" Geldforderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft (vgl 1 Ob 643/82 = SZ 55/163) zur Aufteilungsmasse.
Hier ist kein Fall von Erträgen eines Unternehmens zu beurteilen, welche solange unternehmenszugehörig und damit nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG der Aufteilung entzogen sind, als sie nicht für unternehmensfremde (private) Zwecke umgewidmet wurden; erst mit der Umwandlung in Gemeinschaftsvermögen oder der Umwidmung in Ersparnisse gehören derartige Erträge als eheliche Ersparnisse zur Aufteilungsmasse (1 Ob 57/98h; 9 Ob 99/01a = RIS-Justiz RS0057713 [T1]); 3 Ob 122/04v = SZ 2005/62; RIS-Justiz RS0057752). Vielmehr geht es um eine Forderung eines Ehegatten aus der Verwertung eines der Aufteilung entzogenen Vermögens. Derartige Erträge sind aber in die Aufteilung einzubeziehen (RIS-Justiz RS0057486). Die Forderung des Antragsgegners ist während aufrechter Ehe begründet worden, weshalb nicht relevant ist, ob die strittigen „unbaren Entnahmen" erst nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft ausbezahlt wurden und eine Umwidmung in eheliche Ersparnisse nach diesem, für die Zugehörigkeit zur Aufteilungsmasse entscheidenden (RIS-Justiz RS0033877 [T1]; RS0057331) Zeitpunkt grundsätzlich ausgeschlossen gewesen wäre.
2.) Oberster Grundsatz bei der Aufteilung der Vermögenswerte ist die Billigkeit (RIS-Justiz RS0079235 [T1]). Nach diesem Prinzip ist die Vermögensauseinandersetzung zwischen vormaligen Ehegatten nicht streng rechnerisch nach dem Wert des aufzuteilenden Vermögens im Verhältnis von grundsätzlich 50 : 50 vorzunehmen (RIS-Justiz RS0057501), wenn auch in der Regel bei gleichwertigen Beiträgen der früheren Ehegatten eine Aufteilung in diesem Verhältnis im Allgemeinen als gerechtfertigt gesehen wird, sofern nicht gewichtige Umstände im Einzelfall die Aufteilung in einem anderen Verhältnis angezeigt erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0057501 [T3]). Eine alleinige Erwerbstätigkeit eines Ehegatten und die Haushaltsführung und/oder Kinderbetreuung des anderen Ehegatten werden in der Regel als gleichwertige Beiträge gewertet, vorbehaltlich einer abweichenden Beurteilung auf Grund der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles (RIS-Justiz RS0057969). Ein erheblich größerer Beitrag eines Ehegatten rechtfertigt in der Regel eine Aufteilung im Verhältnis von rund 2 : 1 zu seinen Gunsten (RIS-Justiz RS0057501 [T8]).
Die einzelfallbezogenen (RIS-Justiz RS0057925) Entscheidungen der Vorinstanzen zur Aufteilungsquote lassen nach diesen Kriterien keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung erkennen. Die Beschäftigung einer Haushaltshilfe im Ausmaß von 8 Stunden wöchentlich und die relativ früh einsetzende Betreuung der Kleinkinder im Kindergarten führten nicht zwingend zu einer Vernachlässigung des Beitrages der Antragstellerin, zumal diese sich neben Haushaltsführung und Kinderbetreuung auch ihrem Studium widmete. Dem enormen beruflichen Einsatz des Antragsgegners, der dadurch seiner Familie einen entsprechenden Lebensstandard und die Schaffung der aufzuteilenden Vermögenswerte ermöglichte, haben die Vorinstanzen in vertretbarer Weise durch eine Quote von 1 : 3 zu seinen Gunsten Rechnung getragen.
3.) Die Frage nach einem dringenden, eine Existenzfrage bildenden (RIS-Justiz RS0058370) Wohnbedürfnis an der Ehewohnung (§ 82 Abs 2 EheG) würde sich nur dann stellen, wenn der Antragsgegner die Ehewohnung in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder geschenkt erhalten hätte und damit die Ehewohnung nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG grundsätzlich nicht der Aufteilung unterläge.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor: Die Ehewohnung wurde während aufrechter Ehe erworben, die überwiegenden Mittel zum Ankauf stammten aus einem vom Antragsgegner aufgenommenen Kredit. Die Ehewohnung fiel somit unabhängig von den in § 82 Abs 2 EheG genannten Voraussetzungen in die Aufteilungsmasse. Die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin, welche die beiden Kinder versorgt, bedeutet keine auffällige Überschreitung des den Vorinstanzen im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung eingeräumten Ermessensspielraumes, zumal die Dachgeschosswohnung für die Bedürfnisse des pflegebedürftigen Antragsgegners völlig ungeeignet ist, was der Revisionsrekurs auch nicht bezweifelt. Die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin wurde bei der Aufteilung ohnehin berücksichtigt, indem der Wert dieser Eigentumswohnung samt Inventar von jenem Betrag in Abzug gebracht wurde, der sich bei der quotenmäßigen Aufteilung zu Gunsten der Antragstellerin ergeben hatte.
Aus diesen Erwägungen war der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG. Das in dieser Bestimmung enthaltene Erfolgsprinzip rechtfertigt einen Kostenzuspruch an die Antragstellerin, die in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen hat (Fucik/Kloiber, AußStrG § 78 Rz 9).
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