OGH 2Ob133/24h

OGH2Ob133/24h10.9.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende und die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger sowie die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am * 2022 verstorbenen A*, wegen Feststellung des Erbrechts zwischen den Antragstellern 1. E*, 2. H*, beide vertreten durch Mag. Hannes Arneitz und Mag. Eva Dohr, Rechtsanwälte in Villach, 3. D*, 4. B*, und 5. S*, Dritt‑ bis Fünftantragsteller vertreten durch Mag. Dr. Otto Ranzenhofer, Rechtsanwalt in Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erstantragstellerin und des Zweitantragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. Juni 2024, GZ 45 R 122/24k‑78, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0020OB00133.24H.0910.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz kann grundsätzlich keinen Revisionsrekursgrund bilden (RS0050037). Die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen von diesem Grundsatz (vgl RS0043086) liegen im Anlassfall nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).

[2] 2. Wie eine letztwillige Verfügung auszulegen ist, ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt daher nicht schon dann vor, wenn eine andere Auslegung möglich gewesen wäre, sondern nur dann, wenn das von der zweiten Instanz gefundene Auslegungsergebnis bestehenden Auslegungsregeln widerspricht, unlogisch oder mit den Sprachregeln unvereinbar ist (2 Ob 18/22v Rz 9 mwN).

[3] 2.1. Ob der Erblasser eine Erbseinsetzung oder ein Vermächtnis wollte, ist durch Auslegung zu ermitteln. Es ist zu prüfen, ob der Erblasser den Bedachten zum Gesamtrechtsnachfolger oder Einzelrechtsnachfolger machen wollte, ob er ihn dem direkten Zugriff der Nachlassgläubiger aussetzen und ob er ihm einen direkten Zugriff auf das Nachlassvermögen einräumen wollte oder nicht (RS0012237). Wenn der Erblasser einer oder mehreren bestimmten Personen alle wesentlichen Stücke seines Vermögens hinterlässt, liegt im Zweifel Erbseinsetzung und kein Vermächtnis vor, wobei für die Beurteilung der Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung entscheidend ist (RS0012245 [insb auch T2]; vgl auch RS0014968). Hingegen spricht die Aufzählung einzelner Sachen für die Annahme eines Vermächtnisses (RS0012250 [T2]). Immer dann, wenn (bloß) einzelne Sachen oder Rechte zugewendet werden, ist daher im Zweifel ein Vermächtnis anzunehmen (2 Ob 145/18i). Die Bezeichnung einer letztwilligen Verfügung als „Testament“ ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung, kann aber ein Indiz für die Einsetzung eines Erben sein (RS0012236 [T2]).

[4] 2.2. Dass das Rekursgericht die Verfügung (bloß) über zwei Eigentumswohnungen bei weiterem maßgeblichem Vermögen im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung als Aussetzen von Vermächtnissen und nicht als Erbseinsetzung ansah, stellt auf Grundlage dieser Rechtsprechung keine im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

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