European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0020OB00133.24H.0910.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz kann grundsätzlich keinen Revisionsrekursgrund bilden (RS0050037). Die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen von diesem Grundsatz (vgl RS0043086) liegen im Anlassfall nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).
[2] 2. Wie eine letztwillige Verfügung auszulegen ist, ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt daher nicht schon dann vor, wenn eine andere Auslegung möglich gewesen wäre, sondern nur dann, wenn das von der zweiten Instanz gefundene Auslegungsergebnis bestehenden Auslegungsregeln widerspricht, unlogisch oder mit den Sprachregeln unvereinbar ist (2 Ob 18/22v Rz 9 mwN).
[3] 2.1. Ob der Erblasser eine Erbseinsetzung oder ein Vermächtnis wollte, ist durch Auslegung zu ermitteln. Es ist zu prüfen, ob der Erblasser den Bedachten zum Gesamtrechtsnachfolger oder Einzelrechtsnachfolger machen wollte, ob er ihn dem direkten Zugriff der Nachlassgläubiger aussetzen und ob er ihm einen direkten Zugriff auf das Nachlassvermögen einräumen wollte oder nicht (RS0012237). Wenn der Erblasser einer oder mehreren bestimmten Personen alle wesentlichen Stücke seines Vermögens hinterlässt, liegt im Zweifel Erbseinsetzung und kein Vermächtnis vor, wobei für die Beurteilung der Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung entscheidend ist (RS0012245 [insb auch T2]; vgl auch RS0014968). Hingegen spricht die Aufzählung einzelner Sachen für die Annahme eines Vermächtnisses (RS0012250 [T2]). Immer dann, wenn (bloß) einzelne Sachen oder Rechte zugewendet werden, ist daher im Zweifel ein Vermächtnis anzunehmen (2 Ob 145/18i). Die Bezeichnung einer letztwilligen Verfügung als „Testament“ ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung, kann aber ein Indiz für die Einsetzung eines Erben sein (RS0012236 [T2]).
[4] 2.2. Dass das Rekursgericht die Verfügung (bloß) über zwei Eigentumswohnungen bei weiterem maßgeblichem Vermögen im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung als Aussetzen von Vermächtnissen und nicht als Erbseinsetzung ansah, stellt auf Grundlage dieser Rechtsprechung keine im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.
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