European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00090.16S.0621.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Klägerin meldete im Konkursverfahren über das Vermögen ihres (früheren) Ehegatten für den Zeitraum vom 1. 3. 1991 bis zum 10. 7. 2003 im über dessen Vermögen eröffneten Konkursverfahren Unterhaltsforderungen von insgesamt 578.178,21 EUR an, die vom Insolvenzverwalter bestritten wurden. Im Revisionsstadium des daraufhin angestrengten Feststellungsprozesses ist noch ein Teilbetrag von 108.185,45 EUR strittig. Dazu hatte die Klägerin vorgebracht, der Unterhaltsschuldner (im Folgenden: Schuldner) hätte im maßgeblichen Zeitraum erhebliches Vermögen angehäuft und heimlich auf die Seite geschafft, und zwar in den Jahren 1991 bis 1995 rund 30 Mio S und danach 60 Mio S, wobei Teile davon im Jahr 1995 von der Z*****bank zur H*****bank in der Schweiz transferiert worden seien. Es sei anzunehmen, dass aus diesen Vermögenswerten jährlich ca 4 % Zinsen erwirtschaftet worden seien, welche in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen wären.
Der Beklagte bestritt nicht, dass der Schuldner bei den beiden genannten Banken erhebliche Vermögenswerte angelegt hatte, wandte jedoch ein, er sei in diesem Zusammenhang lediglich als Treuhänder für Dritte tätig geworden, weshalb das Vermögen wirtschaftlich nicht ihm zugerechnet werden könne. Im Übrigen habe die Behauptung eines jährlichen Zinsertrags von rund 4 % keine nachvollziehbare Grundlage und sei willkürlich.
Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren auch im Umfang des auf diese behaupteten Kapitaleinkünfte gestützten Unterhaltsanspruchs von 108.185,45 EUR ab. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Schuldner im Zeitraum 1. 3. 1991 bis 10. 7. 2003 zusätzlich Einkünfte aus Vermögen oder Ersparnissen erzielt habe; insbesondere könne nicht festgestellt werden, dass er Zinseinkommen aus Wertpapieren, Fonds oder anderen Anlageformen für in der Schweiz (oder in Australien) veranlagtes Vermögen in nennenswertem Umfang für sich erwirtschaftet bzw bezogen habe. Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde dazu unter anderem ausgeführt, es seien zwar „Vermögenskonvolute“ bei den beiden genannten Schweizer Banken offenkundig, die einen Zusammenhang mit dem Schuldner gehabt hätten, doch erscheine dessen Version, es habe sich um von ihm verwaltetes Treuhandgeld gehandelt, nicht von der Hand zu weisen. Zumindest sei dies nicht wesentlich unwahrscheinlicher als die Behauptung der Klägerin, es habe sich um eigenes Vermögen gehandelt. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, die Klägerin sei ihrer Beweispflicht nicht ausreichend nachgekommen, weshalb aufgrund der Negativfeststellung zu allfälligem Zinseinkommen des Schuldners aus veranlagtem Vermögen kein Unterhaltsanspruch der Klägerin aus dieser Position berechtigt sei.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die Revision für nicht zulässig. Die Klägerin zeige in ihrer Beweisrüge keine ausreichenden Anhaltspunkte auf, die Grundlage dafür geboten hätten, die Feststellung, dass es sich bei den bei den Banken gefundenen Geldern nicht um Treuhandkonten gehandelt habe und der Schuldner Zinseinkünfte von jährlich mindestens 28.000 EUR bezogen habe, zu treffen. Die Rechtsrüge sei nicht gesetzeskonform ausgeführt. Dem Berufungsgericht sei die Überprüfung verwehrt, wenn die Rechtsrüge nur aus dem Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung abgeleitet und dieser Berufungsgrund als nicht gegeben angesehen werde. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, zumal sich das Berufungsgericht an die zitierte höchstgerichtliche Judikatur halten habe können; im Übrigen beschränke sich die Berufungsentscheidung hauptsächlich auf die Erledigung nicht revisibler Verfahrens‑ und Beweisrügen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erörtert wird.
An sich zutreffend unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erörtert die Revisionswerberin Fragen der Beweislast bzw der Zulässigkeit des Anscheinsbeweises. Sie übersieht dabei aber, dass eine im Berufungsverfahren unterlassene (prozessordnungsgemäße) Rechtsrüge in der Revision nicht nachgeholt werden kann (RIS‑Justiz RS0043480). Das Berufungsgericht hatte eine Behandlung der Rechtsrüge abgelehnt, weil sie nicht am festgestellten Sachverhalt ausgerichtet und damit nicht gesetzeskonform ausgeführt worden sei. Dieses Vorgehen hat die nunmehrige Revisionswerberin auch nicht etwa als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens gerügt und bekämpft (RIS‑Justiz RS0043231). Die von den Vorinstanzen angenommene Beweislastverteilung kann daher vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden.
Unter der Überschrift „Verstoß gegen die Rechtseinheit und Transparenz von Gerichtsentscheidungen“ legt die Revisionswerberin einerseits dar, unter welchen Voraussetzungen ein Beweis im Zivilprozess als erbracht anzusehen ist, und moniert anschließend, dass sich die Vorinstanzen „hauptsächlich mit Negativfeststellungen begnügt“ haben, obwohl – wenn auch grundsätzlich keine Bindungswirkung anderer zivilgerichtlicher Entscheidungen existiere – in zahlreichen ausführlichst begründeten Entscheidungen in Verfahren zwischen den Parteien entgegenstehende Ergebnisse erzielt worden seien. Welchen denkbaren Revisionsgrund die Klägerin mit diesen Ausführungen im Auge hat, ist schwer nachvollziehbar. Die Beweiswürdigung der Vorinstanzen – und wäre sie möglicherweise auch unrichtig – ist der Beurteilung durch das Revisionsgericht jedenfalls entzogen (RIS‑Justiz RS0043371). Dies gilt auch für jene Fälle, in denen der Vorwurf, die Tatsacheninstanzen hätten bestimmte Beweismittel unrichtig gewürdigt oder zu Unrecht gar nicht beachtet, unrichtigerweise – wie auch hier – als Aktenwidrigkeit gerügt wird (RIS‑Justiz RS0117019).
Die behaupteten Revisionsgründe der Nichtigkeit (wegen angeblich widersprüchlicher Begründung) sowie der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen schon nach den dazu erstatteten Ausführungen nicht vor, soweit sie vermeintliche Fehler bei der Überprüfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung betreffen. Vom Berufungsgericht nach ausreichender Prüfung verneinte Verfahrensmängel können in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963).
Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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