Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten.
Text
Begründung
Der Beklagte war Geschäftsführer der K*****-Gesellschaft mbH. Diese stand in ständiger Geschäftsbeziehung zur Klägerin, wobei im Dezember 1991 der Außenstand aufgrund von Warenbezügen etwa S 1 Mill. betrug. Im Zuge einer Bestellung im Dezember 1991 bestand die Klägerin darauf, daß die K*****-Gesellschaft mbH eine Barzahlung (auf den Außenstand) leiste und die auszuliefernden Möbel bar bezahle. Dies wurde dem Beklagten vom Verkaufsleiter der Klägerin telefonisch mitgeteilt. Daraufhin stellte der Beklagte als Geschäftsführer der K*****-Gesellschaft mbH namens dieser einen Scheck über S 294.595,70 aus. Er war der Annahme, daß dieser Scheck gedeckt sei. Zu dieser Zeit hatte die K*****-Gesellschaft mbH bei der V*****bank einen durch Forderungszessionen besicherten Kontokorrentkredit über S 4 Mill. in Anspruch genommen. Zum Zeitpunkt der Scheckausstellung (10.12.1991) stand ein ausnützbarer Kreditbetrag von S 285.957,28 zur Verfügung, der noch vor Vorlage des Schecks durch andere Zahlungen aufgebraucht wurde. Am 18.12.1991 beschloß die V***** *****bank, die Konten der K*****-Gesellschaft mbH zu sperren und keine weiteren Zahlungen zu leisten. Der von der Klägerin am 18. oder 19.12.1991 vorgelegte Scheck wurde mangels Deckung nicht eingelöst. In der Folge wurde über das Vermögen der K*****-Gesellschaft mbH zu AZ *****des Erstgerichtes der Konkurs eröffnet.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Bezahlung der Schecksumme mit der Begründung, daß er ausdrücklich garantiert habe, daß der Scheck gedeckt sei; er habe hiefür die persönliche Haftung übernommen. Er hafte aber auch deshalb, weil er die Klägerin in rechtswidriger und schuldhafter Weise zur Lieferung weiterer Möbel im Dezember 1991 veranlaßt habe.
Der Beklagte wendete ein, er habe nie garantiert oder die persönliche Haftung dafür übernommen, daß der Scheck gedeckt sei. Am 10.12.1991 habe er davon ausgehen können, daß der Scheck seitens der Bank eingelöst werde; die Kündigung des Kontokorrentkredites sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, die Schecksumme (S 294.595,70) sA zu bezahlen. Es stellte fest, der Beklagte habe anläßlich der Scheckausstellung dem Prokuristen und Verkaufsleiter der Klägerin gegenüber erklärt, persönlich dafür einzustehen, daß der Scheck gedeckt sei. Der Prokurist der Klägerin habe diese Äußerung so verstanden, daß der Beklagte für den Scheckbetrag persönlich hafte. Es könne nicht festgestellt werden, ob der Beklagte mit seiner Äußerung eine persönliche Haftung für den Scheckbetrag habe zum Ausdruck bringen wollen. Die Erklärung des Beklagten sei als Schuldbeitritt zu werten. Daraus ergebe sich die Haftung für den gesamten, nicht eingelösten Scheckbetrag.
Das Berufungsgericht gab der vom Beklagten erhobenen Berufung Folge und wies das Klagebegehren ab. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, insbesondere auch dahin, daß der Beklagte anläßlich der Scheckausstellung erklärt habe, persönlich dafür einzustehen, daß der Scheck gedeckt sei. Diese Äußerung sei als Bürgschaftserklärung aufzufassen. Dem Formerfordernis der Schriftlichkeit gemäß § 1346 Abs. 2 ABGB sei aber nicht entsprochen worden. Eine Haftung des Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes käme mangels Verschuldens nicht in Betracht. Selbst wenn man die zitierte Erklärung des Beklagten als Garantieversprechen betrachte, wäre in analoger Anwendung des § 1346 Abs. 2 ABGB Schriftlichkeit dieses Versprechens erforderlich gewesen. Ein Schuldbeitritt sei in der Erklärung des Beklagten jedenfalls nicht zu erblicken. Mangels Einhaltung der Schriftform habe sich der Beklagte nicht wirksam verpflichtet, weshalb das Klagebegehren abzuweisen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist berechtigt.
Auszugehen ist davon, daß der Beklagte der Klägerin gegenüber ausdrücklich erklärte, persönlich dafür einzustehen, daß der Scheck vom 10.12.1991, ausgestellt über einen Betrag von S 294.595,70 (Beilagen A bzw.C), gedeckt sei. Die Auslegung dieser Erklärung ist unter Heranziehung der Auslegungsregeln der §§ 914, 915 ABGB unter Bedachtnahme auf Sinn und Zweck des Geschäftes sowie die Übung des redlichen Verkehrs vorzunehmen (SZ 61/174; 1 Ob 644/86; 8 Ob 506/89; EvBl. 1991/134 ua), wobei bei Unklarheiten insbesondere dem Geschäftszweck und der Interessenlage Bedeutung zukommt (EvBl. 1991/134; 2 Ob 535/82). Die Erklärung des Beklagten konnte von der Klägerin nach redlicher Verkehrssitte als persönliche Haftungserklärung verstanden werden. Diese Haftungserklärung sollte die Klägerin für den Fall absichern, daß eine Einlösung des von der K*****-Gesellschaft mbH ausgestellten Schecks nicht stattfände. Der Beklagte verpflichtete sich (unbeschränkt), für die Einlösung des Schecks einzustehen und für den Schaden, der der Klägerin im Falle der Nichteinlösung entstünde, die persönliche Haftung zu übernehmen. Diese Haftungserklärung des Beklagten ist dann aber als selbständiges Garantieversprechen zu beurteilen, jedenfalls nicht als bloße Verwendungszusage (SZ 53/164), aber auch nicht als Bürgschaftserklärung, weil die Verpflichtung des Beklagten eine von der Verbindlichkeit des ursprünglichen Schuldverhältnisses unabhängige darstellt. Jede andere Auslegung widerspräche dem Sinn und Zweck der Erklärung des Beklagten, die von der Klägerin als auf die Begründung einer selbständigen Schuld gerichtet verstanden werden durfte (8 Ob 506/89 mwH; JBl. 1993, 246; SZ 61/232; 1 Ob 644/86; vgl. EvBl. 1991/134; 2 Ob 535/82; Gamerith in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 1346 uva). Im übrigen geht auch die Revisionswerberin davon aus, daß jedenfalls keine Bürgschaft, sondern allenfalls ein echter Garantievertrag vorliege (AS 167).
Ein Schuldbeitritt ist in der Erklärung des Beklagten nicht zu erblicken. Ein solcher ist insoweit akzessorisch, als die Verpflichtung des Beitretenden nur entsteht, wenn die Schuld, der er beitritt, besteht; in ihrem Fortbestand ist sie aber als Solidarschuld eine selbständige Schuld - ebenso wie die Verpflichtung aus einem echten Garantievertrag -, die ein selbständiges rechtliches Schicksal haben kann (SZ 61/174; Ertl in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 1405; SZ 56/21 uva). Ein Schuldbeitritt hat zur Folge, daß zwischen Urschuldner und Beitretendem ein Gesamtschuldverhältnis im Rahmen der Schuldübernahme entsteht (Ertl in Rummel, aaO, Rz 1 zu § 1405). Der Beklagte wollte bei richtiger Auslegung seiner Erklärung nicht dem Schuldverhältnis der K*****-Gesellschaft mbH beitreten, sondern eine völlig selbständige, von der Hauptschuld unabhängige Haftung übernehmen. Er ging mit seiner Erklärung die Verpflichtung ein, den Scheckbetrag jedenfalls dann an die Klägerin zu bezahlen, wenn der Scheck seitens der K*****-Gesellschaft mbH nicht eingelöst wird. Sowohl beim Schuldbeitritt wie auch bei einem echten Garantievertrag ist es nicht ungewöhnlich, daß der Beitretende bzw. der Garant ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erbringung der Hauptleistung haben. Der Begriff des eigenen wirtschaftlichen Interesses ist selbst bei der Unterscheidung zwischen Bürgschaft und der Verpflichtung als Mitschuldner vielfach nur von beschränktem Wert und nicht stets als Abgrenzungskriterium geeignet. Die Feststellung eines wirtschaftlichen Interesses kann lediglich zur Erforschung des hypothetischen Parteiwillens beitragen und die Tendenz des Rechtsgeschäftes feststellen. Das eigene wirtschaftliche Interesse des Beitretenden bzw. Bürgenden oder Garanten ist nur einer von mehreren für die Auslegung maßgeblichen Faktoren (SZ 61/174; Ertl, aaO, Rz 3 zu § 1405). Der Umstand, daß der Beklagte zweifelsohne ein gewisses wirtschaftliches Interesse am Grundgeschäft zwischen der Klägerin und der Urschuldnerin hatte, ist sohin nicht geeignet, die Erklärung des Beklagten als Schuldbeitritt zu werten.
Ein echter Garantievertrag - wie hier - bedarf ebenso wie eine Bürgschaftsverpflichtung im Gegensatz zum Schuldbeitritt (JBl. 1993, 657; SZ 49/53; SZ 62/160) der Schriftform. Die Formvorschriften für die Bürgschaft gelten nämlich analog auch für den Garantievertrag (JBl. 1993, 246; 6 Ob 572/93). Von der von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung 1 Ob 702/89 (= ÖBA 1990, 843) ist der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung JBl. 1993, 246 ausdrücklich abgegangen; der erkennende Senat hält an der in JBl. 1993, 246 geäußerten Rechtsansicht fest. Da die Garantieerklärung des Beklagten nur mündlich erfolgte, ist sie unwirksam (6 Ob 572/93). Daß die Streitteile von der Gültigkeit des mündlichen Garantieversprechens ausgegangen seien, kann daran nichts ändern.
Letztlich vertritt die Klägerin die Auffassung, es müsse von einer „Eigenhaftung“ des Beklagten ausgegangen werden, weil dieser bei den Vertragsverhandlungen im besonderen Maße das persönliche Vertrauen der Klägerin in Anspruch genommen und die Vertragsverhandlungen dadurch beeinflußt habe.
Hiezu ist auszuführen:
Es entspricht herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Lehre, daß ein Vertragsteil auf Grund des vorvertraglichen Schuldverhältnisses den anderen vor dem Abschluß des Rechtsgeschäftes über die Beschaffenheit des in Aussicht genommenen Leistungsgegenstandes aufzuklären und ihm rechtliche Hindernisse mitzuteilen hat, die einem Vertragsschluß entgegenstehen (Welser, Vertretung ohne Vollmacht 56 ff; derselbe ÖJZ 1973, 281, diesem folgend SZ 48/102, weiters SZ 52/90, SZ 53/13, JBl 1987, 521; RdW 1989, 399; RdW 1991, 352). Es besteht zwar keine allgemeine Rechtspflicht, den Partner über alle Umstände aufzuklären, die auf seinen Entschluß Einfluß haben können, eine Pflicht ist aber dann zu bejahen, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs Aufklärung erwarten durfte (SZ 52/22, SZ 55/51; SZ 59/15; WBl 1988, 341). So ist insbesondere die Konkursreife mitzuteilen, wenn damit gerechnet werden muß, daß sie zur Vereitelung des Vertragszweckes führen wird (JBl 1990, 322 mit Anm. P. Bydlinski = ÖBA 1990, 554 mit Anm. Apathy, weiters Dellinger in ecolex 1990, 341). Auch in der Bundesrepublik Deutschland wird eine Pflicht zur Aufklärung hinsichtlich solcher dem Vertragspartner nicht bekannter Umstände bejaht, die geeignet sind, den Vertragszweck zu vereiteln, insbesondere wenn bei Vorleistung des Vertragspartners damit zu rechnen ist, daß der andere Teil im Zeitpunkt der Fälligkeit seiner vertraglichen Verpflichtung wegen Zahlungsunfähigkeit nicht wird nachkommen können (Schulze-Osterloh in Baumbach-Hueck, GmbHG15 Rz 34 zu § 64; Ulmer in Hachenburg GmbHG7 Rz 66 zu § 64; vgl. auch BGHZ 87, 27, 34). Nach den getroffenen Feststellungen stand der K*****-Gesellschaft mbH am 10.12.1991 noch ein ausnützbarer Kreditbetrag von S 285.957,28 zur Verfügung. An diesem Tag stellte der Beklagte als Geschäftsführer des genannten Unternehmens einen Scheck über S 294.595,90 aus, und zwar in der Annahme, daß der Scheck gedeckt sei. Diese Annahme war - wie sich aus den genannten Beträgen ergibt - unvertretbar, da bereits am 10.12.1991 dem Beklagten bewußt sein mußte, daß der von ihm ausgestellte Scheck auch bei voller Ausnützung des der K*****-Gesellschaft mbH zur Verfügung stehenden Kredits nicht zur Gänze gedeckt ist. Darüber hinaus wurde aber der ausnützbare Kreditbetrag bereits am 11.12.1991, also einen Tag nach Ausstellung des Schecks, zur Begleichung einer Rechnung in der Höhe von S 118.137,-- verwendet, und am 16.12.1991 zur Bezahlung einer Tilgungsrate für ein Darlehen in Höhe von S 174.000,- -. Die Fälligkeit der Tilgungsrate bzw. der Umstand der offenen Rechnung, die am 11.12.1991 bezahlt wurde, mußte dem Beklagten als Geschäftsführer der K*****- Gesellschaft mbH bekannt sein. Der ausnützbare Kreditbetrag wurde sohin noch während der Frist für die Vorlage des vom Beklagten ausgestellten, hier streitgegenständlichen Schecks voll ausgenützt. Spätestens am 16.12.1991 wurde der den Kredit gewährenden V*****bank auch mitgeteilt, daß aller Voraussicht nach eine Umschuldung nicht zustandekommen und der Konkurs angemeldet werde. Bereits im Dezember 1991 beliefen sich Verbindlichkeiten der K*****-Gesellschaft mbH auf etwa S 24,000.000,- -. Tatsächlich wurde im Jahr 1992 über das genannte Unternehmen der Konkurs eröffnet. Dem Beklagten wäre es daher oblegen, die klagende Partei bei Erteilung des Auftrages darauf hinzuweisen, daß die Bezahlung des Kaufpreises nur unter der Voraussetzung der Durchführung einer Umschuldung, die keineswegs als sicher beurteilt werden konnte, gewährleistet war.
Die Verletzung vorvertraglicher Pflichten durch einen Stellvertreter oder sonstiger Vertragsgehilfen ist freilich der Partei zuzurechnen, für die er tätig wird (SZ 52/22, SZ 56/135; JBl 1986, 177 mit Anm. Wilhelm; VersRdSch 1990/210; ecolex 1990, 289). Zur Frage, wann die Verletzung der Aufklärungspflicht dem Vertreter zugerechnet werden kann, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, daß die Haftung des Vertreters dann bejaht werden darf, wenn er ein erhebliches und unmittelbares eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen eines Vertrages hat oder wenn er bei Vertragsverhandlungen im besonderen Maß persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und Vertragsverhandlungen dadurch beeinflußt hat (Welser, Vertretung 102; SZ 56/135; JBl 1986, 49, JBl 1990, 322 mit Anm. B. Bydlinski = ÖBA 1990, 554 mit Anm. Apathy; JBl 1990, 599). Diese Auffassung ist auch in der Bundesrepublik Deutschland herrschend (Schulze-Osterloh aaO Rz 32 f zu § 64; Ulmer aaO Rz 67 zu § 64; BGHZ 87, 27, 32).
Für die Annahme, daß der Geschäftsführer einer Gesellschaft ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nimmt, reicht freilich das Vertrauen nicht aus, das jedermann in seinen Vertrags- oder Verhandlungspartner setzt. Die Haftung ist aber gerechtfertigt, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter anderem in der persönlichen Zuverlässigkeit des Vertreters oder in seiner Einflußmöglichkeit auf die Vertragsabwicklung, vor allem aber in einer Zahlungszusage liegen können. Nach den getroffenen Feststellungen hat sich die Klägerin zweifelsohne lediglich aufgrund der Garantieerklärung des Beklagten zum Vertragsabschluß und zur Auslieferung der Waren am 10.12.1991 entschlossen. Durch seine Garantieerklärung im Zuge der Ausstellung des Schecks hat der Beklagte demnach ein solches besonderes Vertrauensverhältnis zur Klägerin geschaffen, das sie zur Lieferung am 10.12.1991 veranlaßte. Dies läßt es gerechtfertigt erscheinen, seine persönliche Haftung - ungeachtet der Formunwirksamkeit der Garantieerklärung (vgl. Ulmer aaO Rz 67 zu § 64) - auf Grund der von ihm geschaffenen besonderen Vertrauenslage zu bejahen. Der Beklagte haftet aber nur für den Schaden, den die Klägerin aufgrund der Lieferung vom 10. Dezember 1991 erlitten hat. Mit der Schecksumme sollte auch ein Außenstand beglichen werden, nicht nur der auf die Lieferung vom 10. Dezember 1991 entfallende Rechnungsbetrag (vgl. S 9 des Ersturteils). Der hierauf entfallende Betrag wird im fortgesetzten Verfahren zu ermitteln sein.
Aus den dargelegten Gründen ist spruchgemäß zu entscheiden.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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