OGH 1Ob49/18i

OGH1Ob49/18i19.6.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. DI. (FH) Mag. Dr. C*****, vertreten durch die Grasch + Krachler Rechtsanwälte OG in Leibnitz, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Feststellung (Streitwert 7.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 11. Jänner 2018, GZ 5 R 205/17d‑15, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Graz-West vom 31. Oktober 2017, GZ 5 C 329/17f‑11, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00049.18I.0619.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben und das angefochtene

Urteil mit der Maßgabe bestätigt, dass der erste Absatz des Urteilsspruchs zu lauten hat: „Es wird mit Wirkung zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt, dass der beklagten Partei keine Leitungsdienstbarkeit betreffend eine 5 KV-Freileitung über das Grundstück der klagenden Partei Nr. *****, einliegend in der EZ *****, zukommt.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 626,52 EUR (darin enthalten 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Eigentümerin einer 5 KV‑Freileitung, die über das Grundstück des Klägers führt, auf dem auch ein Strommast steht. Die Überspannungsleitung besteht seit annähernd einem Jahrhundert. Im Jahr 1926 wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G***** nach den Bestimmungen des damals geltenden Elektrizitätswegegesetzes 1922 zu Lasten des Grundstücks des Klägers ein (öffentlich‑rechtliches) Leitungsrecht zur Errichtung, zum Betrieb und zur Wartung dieser Freileitung eingeräumt. Die Beklagte erwarb das begünstigte Grundstück und die Leitung im Jahr 1955. Ihre Organe gingen davon aus, dass insoweit eine (privatrechtliche) Dienstbarkeit zu ihren Gunsten bestehe. Der Kläger erwarb das im Spruch genannte Grundstück im Jahr 2012. Mit Bescheid vom 5. 4. 2017 wurde der Beklagten das öffentlich‑rechtliche Leitungsrecht auf dem Grundstück Nr ***** (nicht rechtskräftig) entzogen.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte – entgegen ihrer im Verfahren über den Entzug des Leitungsrechts geäußerten Rechtsansicht – kein Leitungsrecht betreffend eine 5 KV-Freileitung über sein Grundstück ersessen hat. Die Beklagte sei lediglich aufgrund eines ihr mittlerweile (nicht rechtskräftig) entzogenen öffentlich-rechtlichen Leitungsrechts nach dem Bundesgesetz über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken (Starkstromwegegrundsatzgesetz BGBl 1968/71; kurz „StWGG“), nicht an der Benützung dieser Stromleitung gehindert worden. Außerdem sei nach diesem Gesetz eine Ersitzung von Leitungsrechten ausgeschlossen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es ging davon aus, dass die Beklagte mehr als 60 Jahre lang echter und redlicher (Rechts-)Besitzer des Leitungsrechts gewesen sei und dieses daher ersessen habe. Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung Folge und der Klage mit der Begründung statt, dass eine Ersitzung von Leitungsrechten gesetzlich ausgeschlossen sei. Es ließ die ordentliche Revision zu, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob bei fehlender Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen eines durch Bescheid eingeräumten Leitungsrechts und dessen ungehinderter Ausübung ohne Kenntnis der Rechtsgrundlage der Bestand und Betrieb dieser Leitung als Dienstbarkeit ersessen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1.1. Bei der Beurteilung der Frage, ob die behaupteten Leitungsrechte von der Beklagten ersessen wurden, gingen die Vorinstanzen zutreffend von der besonderen Rechtslage nach dem StWGG aus. Nach dessen § 18 ist die Ersitzung von Leitungsrechten ausgeschlossen. Diese Bestimmung entspricht § 15 Abs 3 Satz 2 des auf zwei oder mehrere Bundesländer berührende Leitungsanlagen anwendbaren Starkstromwegegesetzes 1968 (BGBl 1968/70; kurz „StWG“), wonach Leitungsrechte nicht durch Ersitzung erworben werden können. Zuvor normierte bereits § 13 Abs 3 des Elektrizitätswegegesetzes 1922 (BGBl 1922/348), dass die Ausübung von Leitungsrechten keinen Ersitzungstitel bilde.

1.2. Das StWG und das StWGG (sowie das zuvor geltende Elektrizitätswegegesetz 1922) unterscheiden hinsichtlich der Inanspruchnahme eines fremden Grundes durch elektrische Leitungsanlagen zwischen Leitungsrechten und Dienstbarkeiten. Während die Leitungsrechte in § 9 StWGG und den §§ 11 ff StWG eigenständig umschrieben werden, knüpfen die § 19 StWG und § 11 StWGG hinsichtlich der Dienstbarkeiten erkennbar an das allgemeine Zivilrecht an. Demnach handelt es sich bei einer Dienstbarkeit um ein beschränktes dingliches Nutzungsrecht an einer fremden Sache, bei welchem dem Recht auf Nutzung die Pflicht des jeweiligen Eigentümers zur Duldung dieser Nutzung oder Unterlassung einer eigenen Nutzung gegenübersteht (RIS‑Justiz RS0011523). Das Leitungsrecht ist nach § 12 Abs 1 lit a StWG und § 9 StWGG auf die Errichtung, die Erhaltung und den Betrieb elektrischer Leitungsanlagen gerichtet. Sowohl das Leitungsrecht als auch die (Leitungs-)Dienstbarkeit stellen Beschränkungen bzw Eingriffe in das Eigentum des Grundeigentümers dar und sind – im gegebenen Zusammenhang – jeweils auf die Errichtung und den Betrieb einer elektrischen Leitungsanlage auf fremdem Grund gerichtet. Leitungsrechte verschaffen dem Berechtigten jedoch eine schwächere Position als Dienstbarkeiten. Zwar sind beide Rechte auf Seite des Verpflichteten an das Eigentum an der Liegenschaft gebunden. Leitungsrechte bilden jedoch – im Unterschied zu Dienstbarkeiten – keinen Gegenstand grundbücherlicher Eintragung (vgl § 15 Abs 3 Satz 1 StWG). Außerdem weist das behördliche Leitungsrecht eine geringere Bestandskraft als die privatrechtliche Dienstbarkeit auf, weil das Leitungsrecht seinem Wesen nach widerruflich ist (Neubauer/Onz/Mendel, Starkstromwegerecht [2010] § 11 StWG Rz 8 und Rz 24; zur Widerrufsmöglichkeit vgl allgemein § 14 StWG). Zusammengefasst weist das Leitungsrecht also einige, aber nicht alle Merkmale einer Dienstbarkeit auf (Neubauer/Onz/Mendel aaO § 15 StWG Rz 2). Es kann daher nicht mit jener gleichgesetzt werden, was sich neben einer an Wortlaut und Systematik orientierten Auslegung auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt (ErlRV 625 BlgNR 11. GP ; die Rechtsprechung ging auf diese Unterscheidung etwa in 7 Ob 563/76 ein; zur Differenzierung vgl auch Orglmeister, Leitungsrechte und Leitungsdienstbarkeiten, NZ 1969, 33; Lindner, Starkstromwege, in Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz [Hrsg], Beiträge zum Elektrizitätsrecht [2009] 235). Nach herrschender Ansicht handelt es sich beim bescheidmäßig (§ 9 Abs 1 StWGG; § 16 Abs 2 StWG) einzuräumenden Leitungsrecht um eine Berechtigung eigener Art (sui generis) zur Inanspruchnahme fremder Liegenschaften (Neubauer/Onz/Mendel aaO § 11 StWG Rz 24 und § 15 Rz 2; vgl aber auch Th. Rabl, Leitungsrechte und Unbundling von Netzbetreibern, ecolex 2004, 84, der Leitungsrechte – allerdings ohne Begründung – als Servituten bezeichnet; Winkler, Das Elektrizitätsrecht [2000] 60, spricht insgesamt von öffentlichen Servituten im weitesten Sinn). Leitungsrechte begründen im Vergleich zu Dienstbarkeiten den weniger weitreichenden Titel zur Errichtung und zum Betrieb einer Leitungsanlage. Die zwangsweise Begründung einer Dienstbarkeit ist im Verhältnis zur Bewilligung eines Leitungsrechts subsidiär (§ 18 StWG; § 19 StWGG).

1.3. Ausgehend von der gesetzlichen Differenzierung zwischen dem öffentlich-rechtlichen Leitungsrecht einerseits und einer Dienstbarkeit andererseits schließen die § 18 StWGG und § 15 Abs 3 Satz 2 StWG jedenfalls die Ersitzung eines Leitungsrechts aus. Dies entspricht auch der herrschenden Literatur, die aber überwiegend nicht zwischen Leitungsrecht und Dienstbarkeit zur Errichtung und zum Betrieb einer Stromleitung unterscheidet (etwa Mader/Janisch in Schwimann/Kodek 4 § 1455 ABGB Rz 8; Meissel in KBB5 § 1455 ABGB Rz 3; Gusenleitner‑Helm in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 1455 ABGB Rz 28; Perner in Kletečka/Schauer § 1455 ABGB Rz 10; Hofmann in Rummel³ § 480 ABGB Rz 4; M. Bydlinski in Rummel³ § 1455 ABGB Rz 1). Soweit eine solche Differenzierung erfolgt, wird der Ausschluss der Ersitzung auf das (öffentlich‑rechtliche) starkstromrechtliche Leitungsrecht beschränkt und die Möglichkeit einer Ersitzung privatrechtlicher (Leitungs‑)Dienstbarkeiten befürwortet (Neubauer/Onz/Mendel aaO § 15 StWG Rz 12 und § 19 Rz 25; Sladecek/Orglmeister, Österreichisches Starkstromwegerecht [1968] 114).

1.4. Das negative Feststellungsbegehren des Klägers bezieht sich hier (nach dem gesamten Klagsvorbringen erkennbar) auf eine privatrechtliche Leitungsdienstbarkeit und nicht auf ein der Beklagten bzw ihrer Rechtsvorgängerin ohnehin mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz vom 8. 3. 1926 eingeräumtes öffentlich‑rechtliches Leitungsrecht iSd § 9 StWGG (zuvor §§ 4 ff Elektrizitätswegegesetz 1922). Der Kläger hält aber auch der behaupteten Ersitzung einer solchen Dienstbarkeit das Ersitzungsverbot des § 18 StWGG entgegen. Ob sich diese Bestimmung nur auf das öffentlich-rechtliche Leitungsrecht bezieht oder auch auf eine (darüber hinausgehende) privatrechtliche Dienstbarkeit, kann hier jedoch dahingestellt bleiben, weil die behauptete Ersitzung bereits aus anderen Gründen nicht stattfand.

2.1. Nach der Konzeption des ABGB und insbesondere dessen § 1455 („Was sich erwerben lässt, kann auch ersessen werden“) umfasst die Ersitzung alle privatrechtlichen vermögenswerten Rechte, die erworben und besessen werden können, sofern diese nicht generell unveräußerlich sind. Voraussetzung für die Ersitzung sind neben dem Zeitablauf echter und redlicher Besitz eines Rechts, das seinem Inhalt nach dem zu erwerbenden Recht entsprochen hat, sowie Besitzwille (RIS‑Justiz RS0034138). Der für die Ersitzung einer Servitut erforderliche Rechtsbesitz (vgl etwa RIS‑Justiz RS0009762 [T2]) wird dadurch erworben, dass ein wirkliches oder angebliches Recht gegen jemanden gebraucht wird und sich dieser

fügt (RIS‑Justiz RS0108666). Es ist eine für den Eigentümer des belasteten Guts erkennbare Rechtsausübung – auf privatrechtlicher Grundlage – erforderlich (RIS‑Justiz RS0033018), wobei es auf die objektive Erkennbarkeit (nicht auf die subjektive Kenntnis) durch denjenigen ankommt, in dessen Recht eingegriffen wird (RIS‑Justiz RS0010135 [T3, T4]). Für diesen muss erkennbar sein, welches individuelle Recht konkret in Anspruch genommen wird (RIS‑Justiz RS0010135 [T8]).

2.2. Sachen, an denen dem Berechtigten die Gewahrsame rechtsgeschäftlich (auch jederzeit widerruflich: 6 Ob 18/18t) überlassen wurde, können grundsätzlich nicht ersessen werden (RIS‑Justiz

RS0034095), auch wenn derjenige, der die Ersitzung anstrebt, zwischendurch einen eigenen Besitzwillen gefasst hat (RIS‑Justiz

RS0034095 [T11]). Dies gilt insbesondere auch für Dienstbarkeiten (5 Ob 30/14v mwN). Dahinter steht der Gedanke, dass es bei einer rechtsgeschäftlichen Überlassung eines Gebrauchsrechts am Ersitzungsbesitz und an der Redlichkeit fehlt (idS 2 Ob 119/13h mwN). In jüngeren Entscheidungen wurde der Rechtssatz, dass rechtsgeschäftlich überlassene Sachen nicht ersessen werden können, zwar insoweit präzisiert, als es an der für die Ersitzung erforderlichen Redlichkeit regelmäßig nur dann fehlt, wenn dem Nutzer der Umstand der bloß obligatorischen Gebrauchsüberlassung bekannt ist oder bei ausreichender Sorgfalt bekannt sein muss (RIS‑Justiz RS0034095 [T14]). Dies ändert aber nichts daran, dass bei Inanspruchnahme eines Rechts an einer fremden Sache für den Ersitzungsgegner erkennbar sein muss, dass das ausgeübte Recht über die ohnehin eingeräumte Gebrauchsüberlassung hinaus geht. Demnach kommt nach ständiger Rechtsprechung etwa bei einem bestehenden Gemeingebrauch an einer Sache eine Ersitzung nur dann in Betracht, wenn die Benutzung (Ausübung des Rechtsbesitzes) außerhalb des Rahmens des als öffentlich‑rechtliche Dienstbarkeit zu qualifizierenden (RIS‑Justiz RS0009757 [T5]) Gemeingebrauchs erfolgt und erkennbar ist, dass ein von diesem verschiedenes Privatrecht in Anspruch genommen wird (vgl RIS‑Justiz RS0010135 [T9]), dessen Ausübung vom Eigentümer wie die Erfüllung einer Schuld geduldet wird (RIS‑Justiz RS0009785 [T2]). Eine Ersitzung ist also ausgeschlossen, wenn sich das ausgeübte Gebrauchsrecht innerhalb der Grenzen dessen bewegt, was dem Einzelnen ohnehin bereits gestattet ist oder jedermann zusteht. Eine Ersitzung wurde daher etwa auch dann verneint, wenn bloß ein subjektiv-öffentliches (Nutzungs‑)Recht ausgeübt wird und sich der Berechtigte im Rahmen dieses Rechts bewegt (5 Ob 30/14v zur Nutzung eines nichtöffentlichen Bahnübergangs aufgrund einer eisenbahnrechtlichen Berechtigung).

2.3. Im vorliegenden Fall erfolgte die Benutzung der Liegenschaft des Klägers aufgrund eines mit Bescheid zuerkannten Leitungsrechts, das die Errichtung, den Betrieb und die Wartung der über den Grund des Klägers führenden Freileitung umfasste. Da sich aus den Feststellungen insgesamt ableiten lässt, dass das Grundstück des Klägers nur im Umfang dieses Leitungsrechts in Anspruch genommen wurde (eine darüber hinausgehende Benutzung wurde auch nicht behauptet), musste der Kläger dies bereits aufgrund der ihn treffenden öffentlich‑rechtlichen Verpflichtung gestatten. Davon, dass sich der Kläger bzw sein Rechtsvorgänger einer über dieses Leitungsrecht hinausgehenden Rechtsausübung gefügt hätten, kann hier nicht gesprochen werden, weil keine für den Eigentümer des belasteten Grundstücks erkennbare Ausübung einer privatrechtlichen Servitut (im Unterschied zum öffentlich‑rechtlichen Leitungsrecht) erfolgte. Es fehlt daher an den Ersitzungsvoraussetzungen einer für den Ersitzungsgegner objektiv erkennbaren und über das ohnehin bestehende öffentlich‑rechtliche Leitungsrecht hinausgehenden Rechtsausübung, weshalb es bei dem vom Berufungsgericht erzielten Ergebnis zu bleiben hat.

3.1. Auch zur bereits in erster Instanz aufgeworfenen Frage, ob die von der Beklagten behauptete Dienstbarkeit konkludent eingeräumt wurde, geht die Revision ins Leere. Ein Dienstbarkeitsvertrag kann zwar auch durch schlüssiges Verhalten im Sinne des § 863 ABGB zustande kommen. An eine solche schlüssige Servitutsbegründung sind aber grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen, weil dies einem Teilrechtsverzicht gleichkommt (RIS‑Justiz RS0114010 [T6]). Die sonst an die Ersitzung anknüpfenden Erfordernisse des rechtmäßigen, redlichen und echten Besitzes, einschließlich des Ablaufs der Ersitzungszeit, sollen nicht dadurch einfach umgangen werden können, dass man aus der Nichtausübung eines Rechts oder der

stillschweigenden Duldung der Nutzung des Grundstücks durch eine andere Person während eines kürzeren Zeitraums als jenem für die Ersitzung bereits einen konkludenten Rechtsverlust durch rechtsgeschäftliche konkludente Einräumung von Dienstbarkeitsrechten bejaht (RIS‑Justiz RS0114010 [T6]). Ein schlüssiger Dienstbarkeitsvertrag kommt daher nicht schon durch die bloße Duldung eines bestimmten Gebrauchs des dienenden Guts, sondern erst dann zustande, wenn zusätzliche Sachverhaltselemente den Schluss erlauben, der aus einem bestimmten Verhalten abzuleitende rechtsgeschäftliche Wille der (jeweils) Belasteten habe sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht bezogen (RIS‑Justiz RS0111562; vgl auch RS0011661). Die konkludente Einräumung einer Servitut wäre etwa in jenen Fällen anzunehmen, in denen der Liegenschaftseigentümer die Errichtung einer kostspieligen Anlage zu ihrer Ausübung duldet, weil der Liegenschaftseigentümer wissen musste, dass der Begünstigte solche Aufwendungen nicht getätigt hätte, wenn ihm das Gebrauchsrecht jederzeit entzogen werden könnte. In diesen Fällen wäre der Schluss erlaubt, dass der aus einem bestimmten Verhalten abzuleitende Wille des Belasteten sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht bezog (RIS‑Justiz RS0011661 [T3]).

3.2. Im vorliegenden Fall hatten die Beklagte bzw deren Rechtsvorgängerin zwar Leitungsanlagen auf der Liegenschaft des Klägers errichtet. Da deren Errichtung und Betrieb auf einem behördlich eingeräumten Leitungsrecht beruhte, kann aus der Duldung durch den Grundeigentümer aber von einem redlichen Errichter oder Erwarber gerade nicht der Schluss gezogen werden, dieser hätte der Einräumung einer privatrechtlichen Leitungsdienstbarkeit zustimmen wollen.

4. Wie bereits ausgeführt, bezieht sich das diesbezüglich weit formulierte (negative) Feststellungsbegehren inhaltlich auf eine privatrechtliche Leitungsdienstbarkeit und nicht auf ein öffentlich‑rechtliches Leitungsrecht. Es kann dem Klagsvorbringen außerdem entnommen werden, dass der Kläger festgestellt haben möchte, dass der Beklagten die von ihr behauptete und primär auf eine Ersitzung, später (erkennbar hilfsweise) aber auch auf eine stillschweigende Vereinbarung gestützte Dienstbarkeit aus welchem Rechtsgrund auch immer nicht zusteht. Auch die Beklagte versteht das Begehren ersichtlich in diesem Sinn, hätte sie sich doch sonst nicht auf einen (stillschweigenden) vertraglichen Erwerb berufen. Dem begehrten Spruch war daher eine dem Gesetz (§ 228 ZPO) und dem materiellen Rechtsschutzziel entsprechende, klarere und deutlichere, Fassung zu geben (RIS‑Justiz RS0039357; RS0041254).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 ZPO iVm § 41 Abs 1 ZPO.

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