European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E125301
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Das Erstgericht erhöhte die beschlussmäßig festgesetzte Unterhaltsverpflichtung des Vaters gegenüber seiner mittlerweile zehnjährigen Tochter – soweit für das Revisionsrekursverfahren von Relevanz – für die Zeit vom 1. 7. 2016 bis 31. 12. 2017 auf insgesamt monatlich 620 EUR.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es den Vater für die Zeit vom 1. 7. 2016 bis 31. 12. 2017 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von insgesamt 450 EUR gegenüber seiner Tochter verpflichtete. Es sprach nachträglich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil einerseits ein „Gleichklang“ zwischen den Entscheidungen im streitigen Verfahren (Klage des Vaters gegen die Mutter auf Zahlung von 129.247,18 EUR sA) und im Unterhaltsverfahren „gewährleistet werden“ solle und ihm andererseits inhaltlich eine unvertretbare Rechtsauffassung zur Last gelegt werde.
Der nachträglich zugelassene (§ 63 AußStrG) Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts mangels einer erheblichen Rechtsfrage (§ 62 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig. Die Zurückweisung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Rechtliche Beurteilung
1. In die Unterhaltsbemessungsgrundlage sind insbesondere auch Erträge von Vermögen einzubeziehen (RIS‑Justiz RS0013386 [T4]; RS0122837), während der Stamm des Vermögens grundsätzlich nicht heranzuziehen ist (RS0113786; vgl RS0122838). Erlöse aus dem Verkauf eines privaten Vermögensgegenstands sind daher regelmäßig nicht als Einkommen zu behandeln, weil sie nur eine Umschichtung der Vermögenssubstanz bewirken (RS0113786 [T10]). Deckt ein Unterhaltspflichtiger allerdings die Kosten seiner Lebensführung teils auch aus der Substanz seines Vermögens, dann muss er den Unterhaltsberechtigten daran angemessen teilhaben lassen (RS0117850 [T5]). Das Vermögen ist jedenfalls dann in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn und soweit der Unterhaltspflichtige dessen Substanz angreift oder bereits in der Vergangenheit regelmäßig angegriffen hat, um damit die Kosten der „von ihm gewählten Lebensführung“ zu decken (RS0122836 [T3, T4]; RS0117850 [T1, T7]).
2. Die Mutter „flüchtete“ im Jahr 2015 ohne Vorankündigung mit der Minderjährigen ins Ausland und tauchte dort unter; eine genaue Aufenthaltsadresse gab sie monatelang nicht bekannt. Der Vater stellte einen Antrag nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen. Nachdem er seine Unterhaltszahlungen mit dem Argument eingestellt hatte, dass er nicht wisse, ob seine Tochter überhaupt noch am Leben ist, ließ die Mutter vom zuständigen österreichischen Generalkonsulat im Jänner 2016 eine sogenannte „Lebensbestätigung“ ausstellen, gab aber weiterhin den genauen Aufenthaltsort nicht bekannt. Der Vater reiste im Jahr 2016 zwei Mal zu Gerichtsverhandlungen, Besprechungen und zur Kontaktrechtsausübung ins Ausland. Seit den Sommerferien 2016 befindet sich die Minderjährige – gemeinsam mit ihrer Mutter – wieder in Österreich. Der Vater löste in den Jahren 2016 und 2017 mehrere Wertpapierdepots auf. Im Zeitraum 1. 7. 2016 bis 31. 1. 2017, in dem er zwei Mal zu Gerichtsverhandlungen/Besprechungen ins Ausland reiste und auch um dort sein Kontaktrecht zur Minderjährigen auszuüben, hatte er dafür Aufwendungen in der Höhe von insgesamt 58.401,55 EUR.
3. Die Beurteilung des Rekursgerichts ist nicht zu beanstanden, dass der Vater nach der Verbringung seiner Tochter „alle Hebel in Bewegung setzte“, um ins Ausland zu fahren und dort den Kontakt zu ihr aufzunehmen, was dem Verhalten eines pflichtgetreuen Elternteils entspreche (vgl RS0047421); ihm sei zuzubilligen, dass er den Erlös seines damals vorhandenen Wertpapier- und Aktiendepots zur Finanzierung seiner zwei Auslandsreisen sowie der Übersetzungs‑, Besprechungs‑, Erziehungsberatungs- und Rechtsanwaltskosten verwendete. Die vom Erstgericht dem Einkommen des Vaters (im Zeitraum 1. 7. 2016 bis 31. 12. 2017) hinzugerechneten Kosten der beiden Auslandsreisen in Höhe von 58.401,55 EUR seien aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage herauszurechnen.
Die Minderjährige geht selbst davon aus, dass der Vater sein Vermögen nicht zur Deckung der Kosten seiner allgemeinen Lebensführung angriff, sondern den Erlös aus der Veräußerung der Wertpapiere für Rechtsanwalts‑ und Übersetzungskosten sowie psychosoziale Begleitung durch eine Lebensberaterin etc ausgab. Selbst wenn im Zusammenhang mit der Verbringung der Minderjährigen ins Ausland und deren Rückholung einzelne Aufwendungen des Vaters nicht unbedingt erforderlich oder sinnvoll gewesen sein sollten, vermag die Revisionsrekurswerberin weder aufzuzeigen, dass er die Substanz seines Vermögens angriff, um damit die Kosten eines von ihm gewählten höheren Lebensstandard zu decken, oder dieses gar (ertragslos) für „luxuriöse“ Anschaffungen verwendete (vgl dazu RS0047643). Da somit kein Ansatzpunkt dafür besteht, Vermögen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, ist der Revisionsrekurs mangels Darlegung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückzuweisen.
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