OGH 1Ob40/01s

OGH1Ob40/01s27.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Elmar L*, vertreten durch Mag. Robert Peisser, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Peter L*, vertreten durch Dr. Bernhard Stanger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Ausschließung aus einer Kommanditgesellschaft (Streitwert 500.000 S) infolge ordentlichen Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 3. Jänner 2001, GZ 4 R 325/00a‑25, womit infolge Rekurses der beklagten Partei und Gegners der gefährdeten Partei der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 14. November 2000, GZ 41 Cg 155/00p‑19, abgeändert wurde,

I. durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter am 27. März 2001 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2001:E61317

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Verstärkter Senat

 

Spruch:

Es liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs 1 Z 2 OGHG vor; zur Entscheidung über die Revision ist deshalb ein verstärkter Senat berufen.

II. durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Maier, Dr. Angst, Dr. Petrag, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Ehmayr sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter den weiteren

Beschluss

gefasst:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, der beklagten Partei und Gegner der gefährdeten Partei die mit 6.086,40 S (darin 1.014,40 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

 

 

Begründung:

 

Die klagende und gefährdete Partei (im Folgenden nur: Kläger) ist Kommanditist einer Kommanditgesellschaft (KG) mit insgesamt drei Gesellschaftern. Der Nachlass des am 4. 12. 1999 verstorbenen Vaters des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei (im Folgenden nur: Beklagter) sowie Großvaters des Klägers ist der zweite Kommanditist. Bislang wurden im Verlassenschaftsverfahren keine Erbserklärungen abgegeben. Der Nachlass wird als Gesellschafter jedoch durch den Kläger als Kurator vertreten. Der Beklagte, der Vater des Klägers, ist als Komplementär geschäftsführender Gesellschafter der KG, deren Unternehmensgegenstand der Großhandel mit Wein und Spirituosen ist. Der Kläger war Prokurist der KG.

Der Kläger begehrte den Ausspruch, dass der Beklagte aus der KG ausgeschlossen und der Kläger ermächtigt werde, dessen "Geschäftsanteile" zu übernehmen; hilfsweise begehrte er, dem Beklagten "die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht an der" KG zu entziehen. Damit verband er den Antrag, dass der Beklagte zur Sicherung dieser Begehren mittels einstweiliger Verfügung "von der Geschäftsführung und Vertretung" der Gesellschaft ausgeschlossen und der Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Rechtsstreits als einstweiliger Geschäftsführer bestellt werde. Unterhalb des Urteilsbegehrens der Klage findet sich folgender, vom Kläger unterfertigter Nachsatz:

"AV. 10. 08. 2000: Zustimmung zur Klage für die Gesellschaftsanteile des verstorbenen ... (Gesellschafters) ... durch den Nachlasskurator erteilt."

Der Kläger brachte vor, er habe das Unternehmen der Gesellschaft wegen einer schweren Alkoholkrankheit des Beklagten als Prokurist geleitet. Nach der grundlosen Entziehung der Prokura sei eine erhebliche Schädigung des Unternehmens zu befürchten, weil der Beklagte infolge seines Gesundheitszustands, aber auch wegen seiner Untätigkeit nicht mehr geeignet sei, das Unternehmen zu leiten. Die Beibehaltung der Geschäftsführung durch ihn würde das Unternehmen "zugrunde" richten. Die Sicherung des "Firmenerfolgs" erfordere die Bestellung des Klägers zum einstweiligen Geschäftsführer, sei er doch als vormaliger Prokurist mit den Unternehmensbelangen vertraut.

Der Beklagte bestritt (auch) im Sicherungsverfahren, einen Ausschließungsgrund verwirklicht zu haben. Als einziger Komplementär könne er überdies gar nicht ausgeschlossen werden. Die Ausschließungsklage erfordere "mindestens drei Personen" als Gesellschafter. Nach einer letztwilligen Verfügung des verstorbenen Kommanditisten solle dessen Gesellschaftsanteil auf den Kläger übergehen. Dann verblieben nur mehr zwei Gesellschafter. Das Eventualklage- und das Sicherungsbegehren hätten beide Kommanditisten geltend machen müssen. Der Nachlass sei jedoch am Verfahren nicht beteiligt. Er - der Beklagte - sei nicht alkoholkrank und im Gegensatz zum Kläger, der über keine kaufmännische Ausbildung verfüge, befähigt, das Unternehmen zu leiten. Dem Kläger mangle es auch an den gewerberechtlichen Voraussetzungen zur Betriebsführung. Er habe Alkoholprobleme, sei auch sonst "psychisch und physisch starken Problemen ausgesetzt", erbringe seit Jahren keine Arbeitsleistung mehr, bediene sich aber "gerne an Firmenkonten". Zur Beendigung dieses Zustands sei ihm die Prokura entzogen worden, weil er "für die Firma untragbar" sei. Der Kläger könne entgegen § 170 HGB auch nicht zum Vertreter der Gesellschaft bestellt werden. Ein Erfolg des Sicherungsbegehrens wäre mit dem "baldigen Untergang des Unternehmens" gleichzusetzen.

Das Erstgericht hielt im Wesentlichen nachstehenden Sachverhalt für bescheinigt:

Der Beklagte sei seit vielen Jahren Alkoholiker; er sei mehrmals - so etwa vom 8. bis 22. 11. 1994 - wegen schwerer Leberzirrhose und Ösophagusvarizenblutungen im Krankenhaus gewesen und dort "auch längere Zeit im Koma" gelegen. Er konsumiere aber weiterhin Alkohol. Das führe zu "Wahnvorstellungen". Der Genuss von Alkohol sei jedoch seit 1997 zurückgegangen. Seither wiesen auch die Laborbefunde "eine leichte Tendenz zur Besserung" aus. Der Beklagte sei aber "nicht in der Lage, die Firma ... ordnungsgemäß zu führen". So sei er etwa nicht bereit, "mit Kunden und Geschäftsleuten Kontakte zu knüpfen und zu erhalten". Er schulde der Gesellschaft - auch infolge Privatentnahmen über den Gewinnanteil hinaus - 5,609.040,66 S (Stand Ende des Geschäftsjahrs 1998 am 30. 9. 1998). Eine Tilgung dieser Forderung sei nicht feststellbar. Dementgegen schulde die Gesellschaft dem Kläger 1,773.92963 S (Stand Ende des Geschäftsjahrs 1998 am 30. 9. 1998). In deren Unternehmen sei nach einem Verlust von 939.160,55 S im Geschäftsjahr 1997 ein Gewinn von 889.038,76 im Geschäftsjahr 1998 erwirtschaftet worden. 1996, 1998 und 1999 sei der Kläger als Prokurist "auf sich allein gestellt" gewesen. Seit 1986 sei er - mit einer durch einige Studiensemester bedingten Unterbrechung - Angestellter der Gesellschaft und seit 1996 auch Prokurist gewesen. Mit Schreiben vom 25. 7. 2000 habe der Beklagte dessen Dienstverhältnis zum 31. 12. 2000 gekündigt. Nicht feststellbar sei, dass der Kläger übermäßig dem Alkohol zuspreche.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Zur Sicherung eines Ausschließungsanspruchs sei die vorläufige Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis und die einstweilige Betrauung eines anderen Gesellschafters mit diesen Aufgaben zulässig. Die Ausschließung des einzigen Komplementärs einer KG sei gleichfalls möglich. Die Gesellschaft trete dadurch ins Abwicklungsstadium, könne aber bis zu deren Beendigung jederzeit "revitalisiert" werden. Das Ausschließungsbegehren hätten beide Kommanditisten erhoben. Eine Anspruchsgefährdung sei zu bejahen.

Das Gericht zweiter Instanz wies das Sicherungsbegehren ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 52.000 S, aber nicht 260.000 S übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Der Ausschließung eines Gesellschafters aus einer Personenhandelsgesellschaft, der Übernahme des Gesellschaftsanteils eines Komplementärs sowie der Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis liege ein Gestaltungsrecht der übrigen Gesellschafter zugrunde, das nur klageweise geltend gemacht werden könne. Nach dem Gesetzeswortlaut müssten sich am Verfahren aber alle übrigen Gesellschafter als Kläger einer notwendigen Streitgenossenschaft beteiligen. Im Anlassfall habe die KG drei Gesellschafter. Der Nachlass als Kommanditist sei jedoch nicht Prozesspartei. Die bloße Zustimmung des Klägers zur Klageführung als Nachlasskurator genüge - ungeachtet der Frage nach dem allfälligen Erfordernis einer Genehmigung durch das Verlassenschaftsgericht - nicht. Das habe der Oberste Gerichtshof in der - soweit überblickbar - einzigen einschlägigen Entscheidung 5 Ob 208/61 (= RZ 1962, 39) auch schon ausgesprochen. Der in Teilen des Schrifttums vertretenen gegenteiligen Ansicht trete das Rekursgericht nicht bei. Demnach seien die Klagebegehren auch nicht sicherungsfähig, seien doch am Rechtsgestaltungsprozess nicht alle übrigen Gesellschafter als Kläger beteiligt. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur maßgebenden Frage nur eine fast vierzig Jahr alte höchstgerichtliche Entscheidung vorliege und es einer Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zu den ihr widersprechenden Lehrmeinungen bedürfe.

Der Revisionsrekurs ist zulässig.

 

Rechtliche Beurteilung

I. Verstärkungsbeschluss.

Nach Ansicht des Klägers reicht die von ihm als Kurator namens des Nachlasses als Kommanditist erteilte Zustimmung zur Klageführung und zum Sicherungsantrag aus, um seine Aktivlegitimation zu bejahen. Diese Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wurde in der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht einheitlich beantwortet. Allerdings wurde in jüngeren Entscheidungen eine schon durch die Grundgedanken der älteren Judikatur geprägte Linie wiederaufgegriffen. Diese Rechtsprechung, von der der erkennende Senat abzugehen gedenkt, bedarf der Überprüfung. Es sind daher die Voraussetzungen für eine Senatsverstärkung nach § 8 Abs 1 Z 2 OGHG verwirklicht.

II. Erwägungen des verstärkten Senats.

1. Ausschließung des Gesellschafters - Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht:

Gemäß § 140 Abs 1 HGB kann das Gericht die Ausschließung eines Gesellschafters aus einer Personenhandelsgesellschaft auf Antrag der "übrigen Gesellschafter" aussprechen, wenn in dessen Person ein Umstand eintrat, der für die übrigen Gesellschafter nach § 133 HGB das Recht begründet, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen. Überdies kann einem Gesellschafter gemäß § 117 und § 127 HGB bei Vorliegen eines wichtigen Grunds - jeweils "auf Antrag der übrigen Gesellschafter" - die Befugnis zur Geschäftsführung und die Vertretungsmacht durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden.

1. 1. Rechtsprechung:

Allein auf den Gesetzeswortlaut gestützt, sprach der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 5 Ob 208/61 (= RZ 1962, 39) aus, dass die Ansprüche nach den §§ 117, 127 und 140 HGB von den übrigen Gesellschaftern als Kläger geltend zu machen seien und das bloße Einverständnis eines Gesellschafters mit der Klageführung durch andere nicht genüge.

Derselbe Senat gelangte später in der für das Rekursgericht nicht auffindbaren Entscheidung 5 Ob 501/96 (= SZ 70/186), der eine Klage auf Feststellung der Nichtauflösung einer OHG nach dem Tod eines Gesellschafters und unter anderem auch ein Hilfsbegehren auf Ausschließung der Erben als Gesellschafter zugrundelag, ohne Erörterung der eingangs zitierten Vorentscheidung zum Ergebnis, die Ansprüche auf Entziehung der Geschäftsführungs- bzw Vertretungsbefugnis (§§ 117 und 127 HGB), auf Auflösung der Gesellschaft vor Ablauf ihrer Vertragsdauer (§ 133 Abs 1 HGB) und auf Ausschließung eines Gesellschafters (§ 140 Abs 1 HGB) bezweckten als Rechtsgestaltungsansprüche die Änderung oder Aufhebung eines Rechtsverhältnisses. Das über einen solchen Anspruch erlassene Urteil wirke konstitutiv. Die Rechtsgestaltung sei mit Eintritt seiner materiellen Rechtskraft bewirkt. Diese Wirkung erstrecke sich nicht nur auf die Prozessparteien, sondern trete für und gegen alle Gesellschafter ein und schaffe - auch gegenüber Außenstehenden - Recht. Somit erfordere der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs die Einbeziehung aller Gesellschafter in den Gestaltungsprozess, weshalb der Gesetzgeber gemäß den §§ 117, 127 und 140 HGB die Mitwirkung der übrigen Gesellschafter an der Klageführung vorgesehen habe. Die Kläger bildeten eine notwendige Streitgenossenschaft. Da das Urteil über einen der erwähnten Ansprüche, aber auch ein Urteil auf Auflösung der Gesellschaft deren Rechtsverhältnisse durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags gestalteten, fordere ein Teil der Lehre - bei sonstiger Klageabweisung - die unmittelbare Beteiligung aller Gesellschafter am Verfahren. Doch müsse sich derjenige Gesellschafter, der sich mit dem Klageziel bindend einverstanden erklärt habe bzw mit der Klage nachweislich einverstanden sei, - nach der im Schrifttum nunmehr überwiegenden Auffassung - nicht am Verfahren beteiligen. Verweigere ein Gesellschafter pflichtwidrig seine Mitwirkung an der Klageführung, könne er klageweise auf Zustimmung in Anspruch genommen werden.

In der Entscheidung 1 Ob 611/91 (= SZ 64/138 = GesRZ 1992, 203), deren Sachverhalt sich auf eine dreigliedrige Personenhandelsgesellschaft bezieht, sprach der erkennende Senat als einfacher Senat aus, die Rechtsgestaltungsklage auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nach § 117 HGB und der Vertretungsmacht gemäß § 127 HGB sei von allen "übrigen" Gesellschaftern, also von jenen, deren Befugnisse nicht beschränkt werden sollen, zu erheben. Die Kläger bildeten eine notwendige Streitgenossenschaft. Als Ausfluss der gegenseitigen Treuebindung der Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft und der daraus im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft resultierenden Verpflichtung, an einer Klage nach § 117 und § 127 HGB mitzuwirken, könne die Teilnahme im Klageweg erzwungen werden. Die Verbindung der Zustimmungsklage gegen einen Gesellschafter mit der Entziehungsklage gegen den anderen Gesellschafter sei schon aus prozessökonomischen Gründen zulässig. Da jedoch erst die Zustimmung zur Klageführung die Verfahrensteilnahme auf Klägerseite ersetze, müsse bei der Verbindung solcher Prozesse durch Teilurteil zunächst die Zustimmungspflicht rechtskräftig bejaht werden, ehe eine klagestattgebende Entscheidung im Entziehungsverfahren denkbar sei. Die Beklagten bildeten wegen der Verschiedenheit der Streitgegenstände keine einheitliche Streitpartei. Der Rechtsstreit jedes Streitgenossen sei vielmehr ein selbständiger Prozess. Das Gericht dürfe aber die Entziehungsklage vor der Entscheidung über die Zustimmungsklage nicht schon deshalb abweisen, weil am Verfahren nicht alle "übrigen" Gesellschafter als Kläger beteiligt seien. Könne das Verfahren gegen den auf Zustimmung in Anspruch genommenen Gesellschafter wegen eines faktischen Verfahrensstillstands nicht beendet werden, so sei jedoch das gegen den anderen Gesellschafter erhobene Entziehungsbegehren wegen mangelnder Aktivlegitimation abzuweisen. Diese Konsequenz sei im Anlassfall zu ziehen, weil der Kläger gegen die auf Zustimmung zur Entziehungsklage belangte Zweitbeklagte, die keine Klagebeantwortung erstattet habe, vorerst kein Versäumungsurteil beantragt habe und die Zweitbeklagte somit bei Schluss der Verhandlung über die Entziehungsklage nicht rechtskräftig zur Zustimmung verurteilt gewesen sei.

Zur Belegung der Mitwirkungspflicht der übrigen Gesellschafter an der Klageführung berief sich der erkennende Senat auf die Entscheidung 6 Ob 695/87 (= SZ 60/285), die die Zustimmung zur Abberufung eines Gesellschafter‑Geschäftsführers einer GmbH zum Gegenstand hat. Dort begegnete der Oberste Gerichtshof dem Einwand des Beklagten, es seien nicht alle die Abberufung des Gesellschafter‑Geschäftsführers anstrebenden anderen Gesellschafter als Kläger aufgetreten, mit dem der deutschen Praxis entlehnten Argument, dass "am Rechtsstreit über die Mitwirkungsklage - im Gegensatz zum Verfahren über die auf Gestaltung gesellschaftlicher Rechtsverhältnisse abzielende Entziehungs‑ bzw Abberufungsklage (Anm: nach der angeführten Belegstelle offenkundig auch gemäß §§ 117, 127 HGB) - nicht alle Gesellschafter (mit Ausnahme des Abzuberufenden als Kläger oder Beklagte) beteiligt sein" müssten, weil der Mitwirkungsanspruch nicht allen Gesellschaftern gemeinsam zustehe, sondern ein aus dem Gesellschaftsvertrag herzuleitender Individualanspruch sei, der von jedem GmbH‑Gesellschafter als Partner des Gesellschaftsvertrags geltend gemacht werden könne.

Der Gedanke, dass einzelne der übrigen Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, die sich an einer Ausschließungsklage gemäß § 140 Abs 1 HGB in Missachtung der zuvor erörterten Mitwirkungspflicht nicht beteiligen wollen, klageweise auf Zustimmung in Anspruch genommen werden könnten, kam übrigens - ohne spezifische Begründung - schon in älteren Entscheidungen zum Ausdruck (SZ 27/81 [1954]; HS 1382 [1952]).

Sollte ein rechtskräftiges Urteil, mit dem der beklagte Gesellschafter zur Zustimmung verurteilt wurde, die Prozessbeteiligung als Mitkläger ersetzen, so müsste auch die außergerichtliche Zustimmungserklärung die Beteiligung als Prozesspartei substituieren, weil die exekutive Fiktion einer Willenserklärung nichts bewirken kann, was nicht auch eine tatsächliche Willenserklärung bewirken könnte (K. Schmidt in Schlegelberger, HGB5 § 140 Rz 45). Dieses Ergebnis gilt es zu überprüfen.

1. 2. Schrifttum:

1. 2. 1. Herrschende Meinung:

Die soeben referierte Ansicht, die freiwillige außergerichtliche oder gerichtlich erzwungene Zustimmung einzelner der "übrigen Gesellschafter" zur Klageführung bzw die gerichtlich durchgesetzte Mitwirkung an einer solchen ersetze deren Prozessbeteiligung nach den §§ 117, 127 und 140 HGB auf Seiten der Kläger, wird auch von der diese Rechtsprechung billigenden überwiegenden neueren Lehre in Österreich (Enzinger, Ausschluss aus Personengesellschaften und das Wohl des Unternehmens, in FS Frotz 217, 238 f; Hämmerle/Wünsch, Handelsrecht II4 234 f; Holzhammer/Roth, Gesellschaftsrecht2 78; Doralt in Kastner/Stoll, Die GmbH & Co KG 303; Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts5 121; Koppensteiner in Straube, HGB I2 § 127 Rz 5, § 140 Rz 12; Paschinger, Die Gesellschaften und Genossenschaften im Zivilprozess 126, 132, 135; Torggler/Kucsko in Straube aaO § 117 Rz 16 f; Nowotny, Der "lästige" Gesellschafter in der GmbH & Co KG, NZ 1982, 81, 91) und dem auf die Entscheidungspraxis des Bundesgerichtshofs (siehe NJW 1998, 146; BGHZ 68, 81) gestützten überwiegenden Schrifttum in Deutschland vertreten (Baumbach/Duden/Hopt, HGB30 § 117 Rz 7, § 127 Rz 8, § 140 Rz 17, 20; Emmerich in Heymann, HGB2 § 117 Rz 13 [dort unter Berufung auf die Entscheidung 1 Ob 611/91 = GesRZ 1992, 203], § 140 Rz 25 [bereits zweifelnd - siehe dort FN 81]; von Gerkan in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB § 117 Rz 11, § 140 Rz 15; Martens in Schlegelberger, HGB5 § 117 Rz 24).

Wie schon aus den eingangs referierten Entscheidungen folgt (siehe ferner HS 1382; vgl im Übrigen auch 7 Ob 606/90 [Klage auf Feststellung der Beteiligungsverhältnisse an einer Personengesellschaft]), sind die übrigen Gesellschafter als Kläger im Gestaltungsprozess notwendige Streitgenossen. Das wird im Schrifttum von niemandem in Zweifel gezogen (Baumbach/Duden/Hopt aaO § 117 Rz 7, § 140 Rz 17; Emmerich aaO § 117 Rz 11, § 140 Rz 23a; Fasching, Lehrbuch2 Rz 364, 374; von Gerkan aaO § 117 Rz 11, § 140 Rz 15; Holzhammer/Roth aaO 78; Jabornegg in Jabornegg, Kommentar zum HGB § 117 Rz 24, § 140 Rz 37; Koppensteiner aaO § 127 Rz 5, § 140 Rz 12; Martens aaO § 117 Rz 24; Paschinger aaO 126, 136; Torggler/Kucsko aaO § 117 Rz 18).

1. 2. 2. Kritische Stimmen:

Gegendie Ansicht, dass eine außergerichtliche Zustimmung zur Klageführung durch einzelne der übrigen Gesellschafter genüge bzw ein Zustimmungsurteil die Teilnahme des Verurteilten am Gestaltungsprozess als Mitkläger ersetze, wenden sich vor allem K. Schmidt (Die sogenannte Zustimmungsklage bei Ausschließungs- und Entziehungsprozessen [§§ 140, 117, 127 HGB]: eine Fehlkonstruktion, JBl 1993, 165; in Schlegelberger aaO § 140 Rz 43 ff) und Ulmer (in Großkommentar HGB § 140 Anm 31, 32, 34, 35). Jabornegg (aaO § 117 Rz 23 ff und § 140 Rz 38 f) hält dagegen nur die außergerichtliche Zustimmung zur Klageführung aus dem Kreis der übrigen Gesellschafter für nicht ausreichend.

K. Schmidt (JBl 1993, 165) beruft sich zunächst auf den klaren Wortlaut der §§ 117, 127 und 140 HGB. Die dort behandelten Gestaltungsklagen und -urteile über Gesellschaftsverhältnisse erforderten die Beteiligung aller Gesellschafter an den Gestaltungsprozessen als notwendige Streitgenossen einer einheitlichen Streitpartei. Verweigere einer der übrigen Mitgesellschafter die Beteiligung an einer Ausschließungs‑ oder Entziehungsklage, so sei in der klagbaren Mitwirkungs‑ oder Zustimmungspflicht eines solchen Mitgesellschafters an sich ein pragmatischer Kompromiss zwischen einander widerstreitenden Zielvorstellungen zu erblicken. Einerseits solle der Ausschließungs‑ oder Entziehungsanspruch nicht an der Passivität eines der übrigen Gesellschafter scheitern, anderseits sollten die Kläger aber - über das Ziel hinausschießend - auch nicht gezwungen werden, ein Ausschließungsbegehren auch gegen einen solchen Gesellschafter zu erheben. Das zu billigende Ergebnis der herrschenden Meinung kranke jedoch an "dogmatischen Provisorien". Daher bedürfe es eines widerspruchsfreien dogmatischen Konzepts, das zwar nicht am erörterten Ergebnis rüttle, sich aber gleichzeitig durch Sachnähe und (prozessuale) Einfachheit auszeichne. Das Nebeneinander von Ausschließungs‑ bzw Entziehungsklage als Gestaltungsklagen und Zustimmungsklage als Leistungsklage sei in sich widersprüchlich. Die vom Bundesgerichtshof konstruierte Mitwirkungs- bzw Zustimmungsklage (siehe BGHZ 68, 81) ersetze in Wahrheit nicht eine außerprozessuale Willenserklärung, sondern sei nur die Methode, mit deren Hilfe ein Mitgesellschafter in den Gestaltungsprozess hineingezogen werde. Nach dem § 894 dZPO (§ 367 EO) gelte eine eingeklagte Willenserklärung erst nach Rechtskraft des Leistungsurteils als abgegeben. Nach der Praxis des Bundesgerichtshofs könne jedoch die Ausschließungs- mit der Zustimmungsklage verbunden und über beide Klagen auch gemeinsam entschieden werden. Beiden Klagen sei aber nur stattzugeben, wenn ein wichtiger Grund für die Ausschließung vorliege und "zusätzlich eine - unter besonderen Vorausetzungen zu bejahende - Verpflichtung des mitverklagten Gesellschafters zur Zustimmung" bestehe (BGHZ 68, 81, 84). Gleichwohl müsse die Rechtskraft eines solchen Urteils über den Zustimmungsanspruch nach der in der Lehre überwiegend gebilligten Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht abgewartet werden. Das sei inkonsequent. Tatsächlich werde in einem Prozess entschieden und die Klage sei gegenüber beiden Beklagten "gleichzeitig spruchreif". Der vom Bundesgerichtshof angestrebte Ergebnisgleichlauf beider Prozesse werde mit einem prozessualen Provisorium erkauft. Der Gerichtshof verweise selbst auf die Möglichkeit der getrennten Anfechtung des Auschließungs- und des Zustimmungsurteils. Werde nur dieses bekämpft, könnte jenes in Rechtskraft erwachsen, obgleich die Zustimmungsklage noch abgewiesen werden könnte. Die gerichtliche Empfehlung an den zur Zustimmung Verurteilten, dem auf Ausschließung in Anspruch genommenen Gesellschafter "unter Einlegung eines Rechtsmittels als Streithelfer" beizutreten, bedeute im Ergebnis, dass ein gegen beide Beklagte gleichzeitig spruchreifer, dogmatisch jedoch in zwei Verfahren mit verschiedenen Streitgegenständen aufgeteilter Prozess über den Beitritt als Streithelfer wiederum zur Einheit verbunden werden müsse.

Die herrschende Meinung in Österreich lehne sich eng an die Praxis des Bundesgerichtshofs an: Die außerprozessuale Zustimmung eines der übrigen Gesellschafter zur Klageführung ersetze dessen Mitwirkung als Kläger am Gestaltungsprozess. Es bestehe jedoch ein signifikanter Unterschied. Anders als die Lösung des Bundesgerichtshofs sei das vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 611/91 erzielte Ergebnis "in sich konsistent", weil ihm eine konsequente Anwendung des § 367 EO zugrunde liege und das Urteil im Ausschließungs‑ bzw Entziehungsprozess demnach nicht vor Rechtskraft der Entscheidung im Zustimmungsprozess gefällt werden dürfe. Der Preis für diese Folgerichtigkeit sei ein unpraktischer Prozessverlauf, der den Verfahrensaufwand für alle Voraussetzungen des Gestaltungsurteils in den Zustimmungsprozess verlagere und zudem, wie der Sachverhalt der Entscheidung 1 Ob 611/91 bezeuge, zu sachfernen Lösungen führen könne.

Der Schlüssel zur Lösung der Probleme aus der deutschen und österreichischen Rechtsprechung sei in einer anderen Sicht des Streitgegenstands beider Prozesse zu finden. Die Rechtsgestaltung nach den §§ 117, 127 und 140 HGB werde durch Gerichtsurteil und nicht durch die Parteien und auch nicht im Wege der Zwangsvollstreckung bewirkt. Die nicht auf Seite der Kläger einschreitenden übrigen Gesellschafter seien deshalb mitzuklagen, weil "das angestrebte Gestaltungsurteil in die Rechte aller Gesellschafter" eingreife. Die vermeintliche Kombination der Gestaltungsklage mit der Mitwirkungs- als Leistungsklage bei angeblich unterschiedlichen Streitgegenständen sei in Wahrheit ein mehrseitiger Gestaltungsprozess. Werde gegen den einen Gesellschafter ein Ausschließungs- und gegen den anderen ein Zustimmungsbegehren erhoben, so hätten beide den gleichen Streitgegenstand. Gegen beide Gesellschafter werde auf Ausschließung eines von ihnen geklagt. Es handle sich also nicht um die Verbindung einer Gestaltungs- mit einer Leistungsklage, sondern um einen einheitlichen Rechtsgestaltungsanspruch, der - in unterschiedlicher Weise - in die Rechtsverhältnisse beider Beklagten eingreife. Demnach sei die Frage nach der Mitwirkungspflicht nicht isoliert im Rahmen eines gesonderten Leistungsprozesses, sondern anlässlich der Prüfung des im Gestaltungsprozess behaupteten wichtigen Grundes zu beurteilen. Es könne in der mehrgliedrigen Gesellschaft nicht das Gleiche sein, ob ein Mitgesellschafter nur für den Kläger als Gesellschafter oder, was entscheidend sei, für die Gesellschaft untragbar geworden sei. Somit sei vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 611/91 unzutreffend unterstellt worden, dass die beiden dort Beklagten "im Hinblick auf die Verschiedenheit der Streitgegenstände keine einheitliche Streitpartei" bildeten. Richtigerweise verhalte es sich vielmehr genau umgekehrt: Gegenüber beiden Beklagten als einheitliche Streitpartei sei "einzig und allein darüber zu entscheiden" gewesen, "ob dem Erstbeklagten die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entzogen werden solle", weshalb die Prozesshandlungen des Erstbeklagten trotz der Säumnis der Zweitbeklagten auch für und gegen sie gewirkt hätten. Ein Versäumungsurteil gegen die Zweitbeklagte hätte daher, wäre es beantragt worden, wegen der Einheitlichkeit des Streitgegenstands gar nicht erlassen werden dürfen. Behandle man die Beklagten als einheitliche Streitpartei, so sei gleichzeitig zu entscheiden. Dann werde der Prozess auch nicht durch das Rechtsmittel nur eines der Beklagten zerrissen, bleibe doch der Streitgegenstand in allen Instanzen identisch, gleichviel ob nur der Erstbeklagte oder nur der Zweitbeklagte ein Rechtsmittel eingelegt habe. An anderer Stelle räumt der Autor (in Schlegelberger aaO § 140 Rz 44) unter Berufung auf Rechtsprechung und Lehre ein, ein Mitgesellschafter habe nur dann an einer Ausschließungsklage mitzuwirken, wenn die angestrebte Veränderung im Gesellschaftsverhältnis aus der Sicht der Gesellschaft erforderlich und aus der Sicht der Mitgesellschafter zumutbar sei. An einer solchen Zumutbarkeit könne es in "krassen Ausnahmefällen", etwa bei engen verwandtschaftlichen Bindungen oder auch im Falle einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung der Gesellschafter durch die Ausschließung eines von ihnen mangeln.

Ulmer (aaO § 140 Anm 31) lehrt, als Kläger einer Ausschließungsklage müssten alle übrigen Gesellschafter als notwendige Streitgenossen "aus materiellen Gründen" auftreten, weil ihnen der Ausschließungsanspruch nur gemeinschaftlich zustehe. Die außergerichtliche Erklärung eines der übrigen Gesellschafter, das Klageziel bindend zu billigen, mache dessen Beteiligung als Kläger nicht entbehrlich, weil der Ausschließungsanspruch ein "Gemeinschaftsrecht" sei. Insofern scheitere auch eine gewillkürte Prozessstandschaft am höchstpersönlichen Charakter der Mitgliedschaftsrechte (aaO § 140 Anm 32). Die Pflicht zur Mitwirkung an der Ausschließungsklage der übrigen Gesellschafter sei dann zu bejahen, wenn das Interesse an der Erhaltung der gemeinsam geschaffenen Werte die Klage dringend nahelege und die Mitwirkung daran den widerstrebenden Gesellschaftern zumutbar sei. Sehe der Gesellschaftsvertrag einen Mehrheitsbeschluss für die Erhebung einer Ausschließungsklage vor, so sei es denkbar, hierin eine Ermächtigung an die Mehrheit zu sehen, die Klage "im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft zugleich für die überstimmten Gesellschafter zu erheben" (aaO § 140 Anm 34). Die Verbindung der Mitwirkungs- mit der Ausschließungsklage begegne Bedenken. Durch die gleichzeitige Verurteilung der Beklagten werde weder die durch das Gesetz gebotene "persönliche Beteiligung des widerstrebenden Gesellschafters" an der Ausschließungsklage noch die Fiktion der Mitwirkung im Zeitpunkt der Erhebung dieser Klage erreicht. Es liege daher nahe, die Ausschließungsklage bei Unzumutbarkeit unveränderter Fortführung der Gesellschaft gleich auch gegen die ihre Mitwirkungspflicht verletzenden Mitgesellschafter zu erheben oder sie unter Auflösung der Gesellschaft nach § 133 HGB auf Ersatz des durch die Pflichtverletzung verursachten Schadens in Anspruch zu nehmen. Solche Maßnahmen würden durch die Anerkennung einer gerichtlich durchsetzbaren Mitwirkungspflicht nicht ausgeschlossen.

Jabornegg (aaO § 117 Rz 23 ff, § 140 Rz 38 f) tritt der Ansicht, das außergerichtlich erklärte Einverständnis der am Entziehungs‑ bzw Ausschließungsverfahren nicht als Mitkläger beteiligten übrigen Gesellschafter mit dem Klageziel reiche aus, als mit dem Gesetz unvereinbar entgegen. Deshalb habe die Entscheidung 5 Ob 208/61 zutreffend ausgesprochen, das bloße Einverständnis eines der übrigen Gesellschafter mit der Klageführung genüge zur Begründung der Aktivlegitimation der klagewilligen Gesellschafter nicht. Die herrschende Meinung mache ohne zwingenden Grund "aus einem kollektiv auszuübenden Gestaltungsrecht ein - allenfalls zustimmungsbedürftiges - individuelles Gestaltungsrecht" und übersehe das Erfordernis gemeinsamer Klageführung "als materielles Korrektiv zugunsten Klagsunwilliger und zur Vermeidung übereilter" Entziehungs‑ bzw Ausschließungsprozesse. Dagegen sei die Ansicht, die Zustimmung zur Klage sei aufgrund eines insoweit zu bejahenden Individualanspruchs gerichtlich erzwingbar und der Entziehungs‑ bzw Ausschließungsprozess könne mit dem Zustimmungsverfahren verbunden werden, ohne dass die Beklagten wegen der Unterschiedlichkeit der Streitgegenstände eine einheitliche Streitpartei bildeten, ein sachgerechter Mittelweg zwischen den gegensätzlichen Polen und als "gut begründbare teleologische Reduktion des gesetzlich vorgeschriebenen Erfordernisses kollektiver Klageführung aller übrigen Gesellschafter" anzusehen. Das gelte, wenn und soweit im Rahmen der Zustimmungsklage geprüft werde, "ob nicht die Verweigerung der Mitwirkung an der Klagsführung geradezu schon ein Ermessensmissbrauch" sei, weil angesichts der vereinbarten gemeinschaftlichen Zweckverfolgung die Grenze des für die Kläger "noch Erträglichen und Tolerierbaren eindeutig überschritten" sei. Die herrschende Ansicht bedürfe in diesem Punkt nur insofern einer Korrektur, als - dem gesetzlichen Erfordernis der Prozessbeteiligung entsprechend - nicht die Zustimmung zur Klageführung, sondern die "Teilnahme bzw Mitwirkung" an der Entziehungs- bzw Ausschließungsklage zu begehren sei. Der Streitgegenstand einer solchen Klage sei eine unvertretbare Handlung. Ein rechtskräftiges Urteil hierüber wäre somit an sich nur nach § 354 EO vollstreckbar, "was freilich sehr unzweckmäßig wäre". Man könne sich daher "mit der materiellrechtlichen Lage behelfen und auf eine Exekution verzichten: So wie ein pflichtwidriger Widerspruch gegen oder die pflichtwidrige Verweigerung der Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme vom Geschäftsführenden vernachlässigt werden" dürfe, könne "hier über die fehlende Klagsteilnahme des sich trotz urteilsmäßig geklärter Mitwirkungspflicht weigernden Gesellschafters hinweggegangen werden".

2. Wertende Beurteilung des Meinungsstands:

2. 1. Schrifftum:

Nach Jabornegg (aaO § 117 Rz 25, § 140 Rz 37) besticht die Ansicht K. Schmidts (JBl 1993, 165) "durch ihre Einfachheit und große Praktikabilität". Sie gehe jedoch ganz klar über das geltende Recht hinaus, weil sie nach dem "völlig eindeutigen Gesetzeswortlaut" nur kollektiv ausübbare Gestaltungsrechte "durch ein Individualrecht jedes einzelnen Gesellschafters" ersetze und damit auch den Sinn des speziellen Erfordernisses der Zustimmung, der "in der Gewährleistung einer gewissen Ermessensentscheidung der übrigen Gesellschafter" liege, vereitle. Gesellschaftern stehe es frei, auf die Geltendmachung wichtiger Gründe für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis bzw die Ausschließung eines Gesellschafters zu verzichten.

K. Schmidt wird von Jabornegg indes missverstanden, soweit ihm dieser unterstellt, er wolle kollektive Gestaltungsrechte der übrigen Gesellschafter durch individuelle Gestaltungsbefugnisse jedes einzelnen von ihnen ersetzen; das Gegenteil trifft zu: Da K. Schmidt bei der gerichtlichen Rechtsgestaltung nach § 117, § 127 und § 140 Abs 1 HGB an sich die Klage aller nicht beklagten übrigen Gesellschafter voraussetzt, sich also am Ausgangspunkt seiner Argumentation mit der außergerichtlichen Zustimmung zur Klageführung gerade nicht begnügt (JBl 1993, 167) und den Streitgegenstand des Begehrens gegen den auf Zustimmung belangten, nicht klagewilligen Gesellschafter mit dem der gleichzeitig erhobenen Ausschließungs- bzw Entziehungsklage identifiziert (aaO 171), bringt er deutlich genug zum Ausdruck, dass die erörterten Gestaltungsrechte als Kollektivrechte der Gesellschafter zu beurteilen seien, die einer Rechtsgestaltung durch Gerichtsurteil nur im mehrseitigen Gestaltungsprozess unter Beteiligung sämtlicher Gesellschafter zugänglich sind. Im Übrigen betont K. Schmidt (aaO 170) das Erfordernis der Prüfung der Mitwirkungspflicht bei Beurteilung des wichtigen Gestaltungsgrunds, also nicht im Rahmen einer Leistungsklage aufgrund eines Individualanspruchs.

Die These dieses Autors überzeugt in ihrem Kern: Die Frage nach der Mitwirkungs- bzw Zustimmungspflicht stellt sich danach - entgegen Jabornegg (aaO § 117 Rz 25, § 140 Rz 40) - nicht gesondert. Keiner der übrigen Gesellschafter hat insoweit einen Ermessensspielraum, der seine Grenze erst im Ermessensmissbrauch fände, weil es im mehrseitigen Gesellschaftsverhältnis gerade nicht darauf ankommt, ob ein Mitgesellschafter nur für den Kläger oder für einen anderen Mitgesellschafter untragbar wurde; maßgebend ist vielmehr, ob er für die Gesellschaft und in deren wohlverstandenem Interesse für alle übrigen Gesellschafter nicht mehr weiter tragbar ist (K. Schmidt, JBl 1993, 170ders in Schegelberger aaO § 140 Rz 44). Somit haben die durch den Gesellschaftszweck determinierten Interessen Vorrang vor den Partikularinteressen einzelner Gesellschafter (Enzinger aaO 238; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht3 1451 [idS auch 1386 f]). Die aus der Treuebindung der Gesellschafter ableitbare Mitwirkungspflicht (Baumbach/Duden/Hopt aaO § 117 Rz 6, § 140 Rz 20; Fischer in Großkommentar HGB § 117 Anm 15; Jabornegg aaO § 117 Rz 24, § 140 Rz 39; Martens aaO § 117 Rz 25; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht3 1386 f [idS auch 1451]; Nowotny, NZ 1982, 91; Paschinger aaO 126, 135; Torggler/Kucsko aaO § 117 Rz 17) lässt kein freies Ermessen zu (Baumbach/Duden/Hopt aaO § 117 Rz 6; Martens aaO § 117 Rz 25 [mH auf dem widersprechende Stimmen im Schrifttum]), weil jeder Gesellschafter seine rein persönlichen (ideellen [vgl etwa Paschinger aaO 126: Unbeachtlichkeit "freundschaftlicher Gefühle"] und wirtschaftlichen) Interessen dem Gesellschaftszweck unterzuordnen hat. Daher kann sich die Weigerung, an einer erfolgversprechenden Entziehungs- bzw Ausschließungsklage mitzuwirken, nur dann als gerechtfertigt erweisen, wenn die dafür ins Treffen geführten Beweggründe vor dem Hintergrund der wohlverstandenen Interessen der Gesellschaft und der anderen Gesellschafter angesichts einer besonderen Struktur der Gesellschaft - so etwa einer Familiengesellschaft - oder wegen möglicher empfindlicher wirtschaftlicher Belastungen als Folge eines Entziehungs- bzw Ausschließungsurteils (auch) für nicht mitwirkungswillige Gesellschafter bzw für die Gesellschaft berechtigt sind (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht3 1386 f; ders in Schlegelberger aaO § 140 Rz 44; Ulmer aaO § 140 Anm 34). Die Frage, ob den übrigen Gesellschaftern die Mitwirkung an einer Entziehungs- bzw Ausschließungsklage zugemutet werden kann, ist daher bei jedem von ihnen im Zuge der Prüfung der Frage, ob ein wichtiger Grund für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis bzw Vertretungsmacht oder für die Ausschließung vorliegt, mitzuprüfen, weil die kollektiven Gestaltungsrechte der übrigen Gesellschafter angesichts deren gegenseitigen Treuebindung nur insoweit durchgesetzt werden können, als deren Wahrnehmung jedem einzelnen der übrigen Gesellschafter unter Bedachtnahme auf die gesellschaftsspezifischen - somit überindividuellen - Interessen zumutbar ist. Aus dieser Sicht entspricht die Mitwirkungspflicht nicht etwa einem vom kollektiven Gestaltungsrecht abgelösten Individualanspruch gegen nicht klagewillige Gesellschafter, sondern ist untrennbarer Bestandteil des durch den Entziehungs- bzw Ausschließungsgrund definierten Streitgegenstands, greift doch das auch nur gegen einen Gesellschafter gerichtete Entziehungs- bzw Ausschließungsurteil in die Rechtsverhältnisse aller Gesellschafter ein (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht3 1386 f, 1452).

Wird die Mitwirkungspflicht - wie letztlich von Jabornegg (aaO § 117 Rz 25, § 140 Rz 40) - vom typischen Gesellschaftszweck der allen Gesellschaftern gemeinsamen Interessenverfolgung losgelöst, so könnte die Wahrnehmung eines gesellschaftsspezifischen kollektiven Gestaltungsrechts durch Berufung auf reine Individualinteressen vereitelt werden. So gesehen ist auch der Ansicht Jaborneggs entgegenzutreten, die erörterten kollektiven Gestaltungsrechte würden in Individualrechte verwandelt, würde die Weigerung zur Mitwirkung an einem Gestaltungsprozess als Kläger nicht erst bei Ermessensmissbrauch, sondern stets schon dann als rechtswidrig beurteilt werden, wenn der Entziehungs- bzw Ausschließungsklage ein Erfolg beschieden sein müsste; das Gegenteil trifft zu. Hätte es einer der übrigen Gesellschafter in der Hand, die Durchsetzung eines kollektiven Gestaltungsrechts unter Berufung auf rein individuelle Interessen, die mit dem Gesellschaftsvertrag als Grundlage gemeinsamer Zweckverfolgung nicht (mehr) im Einklang stehen, zu durchkreuzen, so wäre die Ausübung des kollektiven Entziehungs- bzw Ausschließungsrechts von rein individuellen Interessen dieses Gesellschafters abhängig. Jabornegg ist aber auch insoweit Inkonsequenz vorzuwerfen, als er zwar das außergerichtlich erklärte Einverständnis der am Entziehungs- bzw Ausschließungsprozess nicht als Kläger beteiligten übrigen Gesellschafter mit der Klageführung nicht genügen lassen will, nichtsdestoweniger aber die Rechtsprechung, die die Durchsetzbarkeit der Zustimmungs‑ bzw Mitwirkungspflicht aufgrund eines gerichtlich geltend zu machenden Individualanspruchs bejaht, billigt. Denn wie bereits unter 1. 1. erörtert wurde, kann die exekutive Fiktion einer Willenserklärung nichts bewirken, was nicht auch eine tatsächliche Willenserklärung bewirken könnte. Auf ein weiteres Argument gegen die Ansicht Jaborneggs wird noch weiter unten einzugehen sein.

Enzinger (aaO 238 ff; diesem folgend Koppensteiner aaO § 140 Rz 12) hält K. Schmidt (JBl 1993, 169 ff) entgegen, die durch Urteil ersetzbare Einwilligung eines der übrigen Gesellschafter in die Ausschließung eines anderen Gesellschafters sei wohl nicht der "Normalfall eines Leistungsurteiles"; "vor dem Hintergrund des Gestaltungsurteils nach § 140 HGB (sei) zunächst festzustellen", "ob eine Verpflichtung des/der übrigen Gesellschafter" zur Verfahrensteilnahme bestehe. "Über diesen feststellenden Teil jedes Leistungsurteils hinausgehend" habe "das Urteil weiters eine Leistungskomponente" in der "Substituierung der Teilnahme am Verfahren". Es sei "nicht denkbar, einen Gesellschafter zwangsweise in ein Prozessrechtsverhältnis einzubeziehen". Die "Reduzierung der Mitwirkungspflicht auf die Substituierung der Zustimmung zur Klagsführung" sei deshalb "völlig genügend", weil auch eine außergerichtliche Zustimmung ausreiche. Bedenken wegen der Beschränkung der Urteilswirkungen auf die Prozessparteien seien unbegründet, weil die Ausschließung aus einer Gesellschaft auch privatautonom durch Gesellschafterbeschluss erfolgen könne und daher der richterlichen Rechtsgestaltung nicht "exklusiv" vorbehalten sei. Das Ausschließungsurteil müsse somit auch für den am Verfahren nicht beteiligten Gesellschafter verbindlich sein.

Enzinger (aaO 238 ff) verkennt die aus der Entscheidung 1 Ob 611/91 auch für den Ausschließungsanspruch zu ziehenden Konsequenzen: Danach ist zunächst über das Klagebegehren auf Zustimmung zur Ausschließung abzusprechen; das ‑ stattgebende ‑ Leistungsurteil kann daher nicht "vor dem Hintergrund des Gestaltungsurteils nach § 140 HGB" ergehen. Wollte der Autor aber mit der Formulierung: "vor dem Hintergrund... (ist) zunächst festzustellen..., ob eine Verpflichtung...besteht, am Verfahren teilzunehmen." nur auf die dem Leistungsurteil innewohnende, hier das Vorliegen eines berechtigten Ausschließungsgrundes betreffende Feststellungskomponente (vgl JBl 1989, 452; Rechberger in Rechberger, ZPO3 § 405 Rz 3) hinweisen, so ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser Teil des materiell rechtskräftigen Leistungsurteils für den Ausschließungsbeklagten schon deshalb keine Bindungswirkung entfalten kann, weil er im Zustimmungsprozess nicht Partei ist. Das gilt ebenso, wenn der Zustimmungs- mit dem Ausschließungsprozess verbunden wurde. Dann könnten zwar die während der Verbindungsphase aufgenommenen Beweise in beiden Prozessen verwertet werden, wäre jedoch der Anspruch auf Zustimmung zur Ausschließungsklage im Lichte der Grundsätze der Entscheidung 6 Ob 695/87, auf die sich die Entscheidung 1 Ob 611/91 beruft, tatsächlich als ein Individualanspruch gegen den eine außergerichtliche Einwilligung in das Ausschließungsbegehren verweigernden Gesellschafter zu beurteilen, so könnte der Ausschließungsbeklagte ungeachtet der Rechtskraft des Urteils über das Zustimmungsbegehren neue Tatsachen behaupten und weitere Beweise anbieten, um den im Zustimmungsprozess gegenüber einer anderen Partei - sofern es dort nicht überhaupt nur um die Lösung einer Vorfrage des eigentlichen Individualanspruchs (Zumutbarkeit der Zustimmung) gegangen sein sollte - rechtskräftig geklärten wichtigen Ausschließungsgrund doch noch zu widerlegen. Es könnten die Urteile über den Zustimmungs- und über den Ausschließungsanspruch also auch bei einer derartigen Verfahrensgestaltung auseinanderklaffen.

Mit dem Argument, es bedürfe keiner ‑ im Übrigen als solche auch gar nicht "denkbaren" ‑ "zwangsweisen" Einbeziehung eines der übrigen Gesellschafter in den Gestaltungsprozess, weil einer gerichtlichen Rechtsgestaltung auch außergerichtlich zugestimmt und eine solche Rechtsgestaltung auch privatautonom durch Gesellschafterbeschluss herbeigeführt werden könne, verkennt Enzinger das Wesen des Gestaltungsprozesses aufgrund eines im Gerichtsverfahren nur kollektiv ausübbaren Gestaltungsrechts. So erfordert etwa auch die mit einem Miteigentumsanteil verbundene Gestaltungsbefugnis zur Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft (Gamerith in Rummel, ABGB3 § 830 Rz 3) nicht zwingend eine gerichtliche Rechtsgestaltung durch ein Teilungsurteil, sind doch sowohl Realteilungs- als auch Zivilteilungsverträge zulässig (Gamerith aaO § 831 Rz 8, § 843 Rz 11). Dennoch entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass - in Ermangelung einer solchen Vereinbarung - die außergerichtliche Einwilligung bestimmter Miteigentümer in ein klageweise erhobenes Teilungsbegehren nicht ausreicht, sondern am Gestaltungsprozess alle Miteigentümer beteiligt sein müssen (immolex 2000, 1824 Ob 527/91 uva). Es geht auch dort nicht um eine unnötige "zwangsweise" Einbeziehung der dem Teilungsbegehren ohnehin zustimmenden Miteigentümer in den Gestaltungsprozess, sondern um die Erstreckung der in Ermangelung einer Teilungsvereinbarung - infolge eines noch zu erörternden Grundes - nur durch Urteil erreichbaren Gestaltungswirkung auf alle Miteigentümer. Jabornegg (aaO § 140 Rz 38) führt in diesem Zusammenhang zutreffend aus, die richterliche Rechtsgestaltung könne bei der Ausschließung eines Gesellschafters aus der Gesellschaft wohl "durch das Einvernehmen aller Gesellschafter (entweder schon im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder auch nachträglich durch Vertragsänderung) abbedungen werden, aber nicht durch einen einzelnen Gesellschafter allein und auch nicht durch alle übrigen Gesellschafter ohne den Ausschließungsbeklagten". Diese Differenzierung ist auch Nowotny (NZ 1982, 90) entgegenzuhalten, soweit er meint, "die am Verfahren nicht Beteiligten" würden sich "durch ihr erklärtes Einverständnis der durch das Gestaltungsurteil bewirkten Vertragsänderung im Vorhinein unterwerfen", ist doch in Ermangelung einer schon zuvor einvernehmlich paktierten Vertragsänderung die Rechtsgestaltung durch Urteil nur in einem Verfahren erzwingbar, an dem nach der österreichischen Rechtslage, wie sogleich zu erörtern sein wird, alle Glieder des mehrseitigen Gesellschaftsverhältnisses als Prozessparteien beteiligt sein müssen.

Die Autoren, die sich mit einer verbindlichen außergerichtlichen Einwilligung eines der übrigen Gesellschafter in das Ziel einer Gestaltungsklage nach den §§ 117, 127 und 140 HGB als ausreichende Grundlage für die Aktivlegitimation der als Kläger auftretenden restlichen Gesellschafter begnügen bzw die Teilnahme am Gestaltungsprozess als Mitkläger durch ein Zustimmungs‑ bzw Mitwirkungsurteil substituieren wollen, übergehen dabei einen wesentlichen Unterschied zwischen der österreichischen und der deutschen Verfahrensrechtslage:

Die Prozessstandschaft ist die Prozessführung im eigenen Namen über ein fremdes Recht. Das Gesetz kann sie zwar anordnen und ordnete sie in manchen Fällen auch an, unzulässig ist nach österreichischem Recht aber die gewillkürte Prozessstandschaft, weil die Klagebefugnis als unverzichtbarer öffentlich‑rechtlicher Anspruch nicht von dem ihr zugrunde liegenden materiellen Recht abtrennbar ist. Nach der deutschen Lehre ist die gewillkürte Prozessstandschaft (Prozessgeschäftsführung) dagegen aus Zweckmäßigkeitsgründen immer dann zulässig, wenn der Kläger einen berechtigten eigenen Grund zur Geltendmachung des fremden Rechts, also insofern ein eigenes rechtliches Interesse hat, oder ein eigenes Interesse des Ermächtigenden an einer solchen Prozessgestaltung besteht. Nach der österreichischen Rechtslage findet das grundsätzliche Verbot der gewillkürten Prozessstandschaft seine materiellrechtliche Begründung hingegen - wie zuvor erwähnt - darin, dass die Klagebefugnis in untrennbarem Zusammenhang mit dem Hauptrecht steht, das Eintreibungsrecht das Wesen des Anspruchs ausmacht, von diesem deshalb nicht getrennt werden kann und auch aus Gründen des sachenrechtlichen Typenzwangs die reine Klagebefugnis aus dem Forderungsrecht - oder hier dem kollektiven Gestaltungsrecht - nicht ausscheidbar ist. Somit sind aber die für den deutschen Rechtsbereich entwickelten Grundsätze der gewillkürten Prozessstandschaft auf den österreichischen Rechtsbereich nicht übertragbar (grundlegend zuletzt SZ 68/36 mwN; dieser Entscheidung folgend 1 Ob 279/99g; SZ 71/115; 3 Ob 2432/96k; SZ 69/57; SZ 68/114).

Die herrschende Ansicht in Deutschland - und ihr folgend auch die bisher in Österreich herrschende Meinung - zur Substituierbarkeit der Beteiligung eines der übrigen Gesellschafter an einem Gestaltungsprozess nach den §§ 117, 127 und 140 HGB durch die verbindliche außergerichtliche Einwilligung in das Klageziel bzw durch die gerichtlich erzwungene Zustimmung zur bzw Mitwirkung an der Klageführung beruht in ihren dogmatischen Grundlagen auf der Rechtsfigur der gewillkürten Prozessstandschaft (siehe etwa BGH NJW 1998, 146; BGHZ 68, 81, 85; Martens aaO § 117 Rz 25; Ulmer aaO § 140 Rz 32, 34), obgleich das Gesetz mit der notwendigen Beteiligung aller nicht beklagten Gesellschafter am jeweiligen Gestaltungsprozess als Kläger gerade das Gegenteil anordnet. Die klagenden Gesellschafter sollen danach also auf der Basis einer gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen ermächtigt sein, (auch) fremde Rechtspositionen, die sich von der Gesellschafterstellung der nicht klagewilligen Gesellschafter nicht abtrennen lassen, geltend zu machen, um auf diese Weise die Aktivlegitimation zur Geltendmachung eines nur kollektiv ausübbaren Gestaltungsrechts zu erlangen. Die Kritik K. Schmidts (JBl 1993, 165) an der in Österreich herrschenden Ansicht findet demnach in den Erwägungen über die gewillkürte Prozessstandschaft, wie zusammenzufassen ist, eine zusätzliche Stütze.

2. 2. Rechtsprechung:

Der 5. Senat nahm die Kritik K. Schmidts (JBl 1993, 165) an der unter 1. 1. referierten Rechtsprechung des 1. Senats in seiner Entscheidung 5 Ob 501/96 zwar zur Kenntnis, setzte sich mit ihr jedoch nicht auseinander. Ob dessen Ansicht nicht erörterungswürdig oder etwa gar unwiderlegbar sei, ist dieser Entscheidung nicht zu entnehmen.

Der Bundesgerichtshof berief sich jüngst (NJW 1998, 146) zur Verteidigung seiner Ansicht gegen die im Schrifttum, vor allem von K. Schmidt, erhobenen Einwände (nur) auf den Grundsatz der Prozessökonomie, sprach aber (nunmehr) auch noch aus, Gesellschafter, die ihr bindendes Einverständnis mit der Ausschließungsklage gemäß § 140 HGB bereits außergerichtlich erklärt hätten, müssten sich an einem solchen Rechtsgestaltungsprozess nicht mehr als Kläger beteiligen; die Entscheidung BGHZ 68, 81 sei "nur scheinbar einschränkend", auch die Entscheidung BGHZ 64, 253 widerspreche dem nicht, weil dort die Ausschließungs- mit der Zustimmungsklage verbunden gewesen sei. Dem Wortlaut des § 140 Abs 1 HGB könne "keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden", werde dort doch nicht ausdrücklich vorgeschrieben, wie die "'übrigen Gesellschafter' ... die gemeinsame Wahrnehmung dieses Rechts sicherzustellen" hätten. Eine sachliche Auseinandersetzung mit der prozessualen und materiellrechtlichen Kritik an dieser Rechtsprechung unterblieb. Dem Argument des BGH, die Entscheidung BGHZ 68, 81 sei "nur scheinbar einschränkend", liegt offenkundig der Hinweis K. Schmidts (JBl 1993, 167 FN 11) zugrunde, "ein Grundsatz, wonach die Prozessbeteiligung eines Mitgesellschafters durch dessen pure Zustimmungserklärung ersetzt werden" könne, sei "für § 140 HGB nie, auch nicht durch das vom Bundesgerichtshof angeführte Urteil RGZ 146, 169 praktiziert" worden, weil in jenem Judikat - unter Berufung auf die Entscheidung RGZ 146, 169 - nur ausgesprochen worden sei, dass sich einer der übrigen Gesellschafter jedenfalls dann nicht an einer Ausschließungsklage nach § 140 Abs 1 HGB als Kläger beteiligen müsse, wenn er sich "vorweg für den Fall eines Erfolges der Klage seinerseits verbindlich zum Ausscheiden aus der Gesellschaft verpflichtet" habe.

Zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist festzuhalten, dass sie in ihren sonstigen Grundlagen auf der nach deutschem Recht an sich zulässigen gewillkürten Prozessstandschaft aufbaut (siehe zur Kritik K. Schmidt, JBl 1993, 167, der die Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft in solchen Fällen verneint). Es ist allerdings nicht erkennbar, weshalb das für die Zustimmungsklage entwickelte Konzept prozessökonomische Erwägungen für sich haben soll, sollten etwa die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHZ 68, 81 aufgezeigten prozessualen Komplikationen tatsächlich eintreten, zumal der Gerichtshof - abgesehen von den in der Kritik K. Schmidts (JBl 1993, 168) erörterten Umständen - selbst noch auf die - auch nach der österreichischen Rechtslage bestehende - Möglichkeit verwies, dass der Beklagte des Ausschließungsverfahrens das Rechtsmittel seines (auf Zustimmung geklagten) allfälligen Streithelfers gegen das Ausschließungsurteil auch gegen dessen Willen zurückziehen könnte. So gesehen könnten selbst auf dem Weg über die Streithilfe divergierende Entscheidungen in der Ausschließungs- und in der Zustimmungsfrage nicht in jedem denkbaren Fall vermieden werden.

Das bisherige österreichische Modell, nach dem erst nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils über die Zustimmungs‑ bzw Mitwirkungsklage über den Entziehungs- bzw den Ausschließungsanspruch abgesprochen werden kann, läuft der Prozessökonomie aber noch mehr als die deutsche Praxis zuwider. Das verdeutlicht der der Entscheidung 1 Ob 611/95 zugrunde liegende Sachverhalt: Danach beantragte der Kläger erst während des Verfahrens über die Berufung gegen die Abweisung des Entziehungsklagebegehrens nach § 117 und § 127 HGB die Erlassung eines Versäumungsurteils (nach § 398 ZPO) gegen die auf Zustimmung in Anspruch genommene Zweitbeklagte. Ein solches Urteil wurde schließlich erlassen und erwuchs auch in Rechtskraft. Das kam dem Kläger im Entziehungsprozess jedoch nicht mehr zugute, sodass er, um den behaupteten Entziehungsanspruch allenfalls doch noch durchzusetzen, wohl ein zweites Mal hätte klagen müssen. Das österreichische Modell ist, wie unter 2. 1. erörtert wurde, jedenfalls auch nicht geeignet, divergierende Entscheidungen über den Zustimmungsanspruch einerseits und den Entziehungs- bzw Ausschließungsanspruch andererseits zu verhindern. Es finden sich aber auch sonst keine zwingenden Gründe dafür, die in Wahrheit auf eine gewillkürte Prozessstandschaft gestützte Rechtsprechung in Abkehr vom unmissverständlich gegenteiligen Wortlaut des Gesetzes fortzuschreiben.

3. Ergebnisse:

Nach der überzeugenden Lehre K. Schmidts soll das von der Praxis schon bisher verfolgte durchaus erstrebenswerte Ziel durch eine verlässlichere rechtliche Grundlage abgesichert werden. Das erfordert eine Beteiligung aller Gesellschafter - sei es als Kläger, sei es als Beklagte - an Gestaltungsprozessen nach den §§ 117, 127 und 140 HGB. Das steht zum einen mit dem Gesetzeswortlaut im Einklang, zum anderen beruht es auf den weiter oben erörterten Grundsätzen zur Rechtsgestaltung durch Urteil im mehrseitigen Gesellschaftsverhältnis. Gesellschafter, die sich an einem Entziehungs- bzw Ausschließungsprozess nicht als Mitkläger beteiligen wollen, aber auch nicht ausgeschlossen werden sollen, sind auf der Seite des auf Entziehung bzw Ausschließung belangten Gesellschafters in das Prozessrechtsverhältnis einzubeziehen (K. Schmidt in Schlegelberger aaO § 140 Rz 46; ders, Gesellschaftsrecht3 1387, 1452). Dabei besteht nicht nur auf der Aktiv‑, sondern auch auf der Passivseite eine notwendige Streitgenossenschaft; dem Verfahren liegt als einheitlicher Streitgegenstand die Ausschließung eines (oder einzelner) der Beklagten aus der Gesellschaft oder die Entziehung der Befugnis zur Geschäftsführung bzw der Vertretungsmacht in Verbindung mit deren im mehrseitigen Gestaltungsprozess zu erzwingenden Duldung durch den (die) anderen Beklagten zugrunde (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht3 1386 f, 1452).

Der verstärkte Senat formuliert daher folgende Rechtssätze:

1. Die außergerichtliche Einwilligung einzelner der übrigen Gesellschafter in eine Klageführung gemäß § 117, § 127 oder § 140 Abs 1 HGB gegen einen anderen Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft verschafft den als Kläger auftretenden übrigen Gesellschaftern noch nicht die Aktivlegitimation zur Erwirkung der jeweils angestrebten gerichtlichen Rechtsgestaltung.

2. Am Gestaltungsprozess müssen vielmehr alle übrigen Gesellschafter beteiligt sein. Jene, die nicht als Mitkläger auftreten wollen, aus der Gesellschaft aber auch nicht ausgeschlossen werden sollen, sind als Mitbeklagte in das Prozessrechtsverhältnis einzubeziehen und auf Duldung der geltend gemachten Rechtsgestaltung in Anspruch zu nehmen. Sie bilden mit dem Entziehungs- bzw Ausschließungsbeklagten - vor dem Hintergrund eines einheitlichen Streitgegenstands - eine notwendige Streitgenossen- schaft.

Demnach könnte etwa das Begehren einer Ausschließungsklage gegen einen der Gesellschafter einer dreigliedrigen Gesellschaft sowie einen nicht klagewilligen und daher mitzubelangenden zweiten Gesellschafter wie folgt lauten:

"Der Erstbeklagte wird mit Wirkung auch gegen den Zweitbeklagten aus der Gesellschaft ausgeschlossen."

4. Im Anlassfall ist einer der Gesellschafter der KG am Rechtsgestaltungsprozess weder als Kläger noch als Beklagter beteiligt. Dem Kläger mangelt es daher an der Aktivlegitimation für das Haupt- und das Eventualbegehren. Ansprüche, die im Titelprozess - sei es als Haupt‑, sei es als Eventualbegehren - nicht durchsetzbar sind, können mittels einstweiliger Verfügung nicht gesichert werden. Das Rekursgericht hat den Sicherungsantrag daher im Ergebnis zutreffend abgewiesen, ohne dass die Zustimmung des Klägers zur Klageführung in Vertretung des Nachlasses noch weitere in diesem Verfahren zu lösende Rechtsfragen aufwürfe.

Dem Revisionsrekurs, mit dem sich der Kläger einzelne vom verstärkten Senat nicht gebilligte Lehrmeinungen über das Zureichen einer außergerichtlichen Einwilligung in die Klageführung durch einen der übrigen Gesellschafter zu eigen macht, ist somit nicht Folge zu geben.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO iVm § 402 Abs 4 und § 78 EO.

 

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