OGH 1Ob638/95

OGH1Ob638/9511.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Ulrich S*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Franz R*****, wider die beklagte Partei H***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Norbert Scherbaum und Mag.Günther Schmied, Rechtsanwälte in Graz, wegen 2,133.169.05 S sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichts vom 23.Juni 1995, GZ 4 R 150/95-48, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 10.Februar 1995, GZ 4 C 3069/90-33, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Über das Vermögen des bisherigen Klägers und nunmehrigen Gemeinschuldners wurde mit Beschluß des Landesgerichts Klagenfurt vom 5.Juli 1995 der Konkurs eröffnet. Auf Antrag des Masseverwalters ordnete das Berufungsgericht mit Beschluß vom 5.Oktober 1995 die Fortsetzung des Verfahrens an.

Die beklagte Partei hatte am 8.September und 23.Oktober 1986 mit dem Gemeinschuldner schriftlich einen „Handelsvertretervertrag“ abgeschlossen, dessen für diesen Rechtsstreit maßgeblichen Bestimmungen wie folgt lauten:

„I.

Die ... (beklagte Partei) ... befaßt sich mit dem Vertrieb und der Errichtung von Fertighäusern und betraut den Handelsvertreter ... (den Gemeinschuldner) ... mit dem Verkauf der von ihm (richtig wohl: ihr) vertriebenen Häuser für den Bereich Kärnten und Osttirol.

II.

Der Handelsvertreter tritt der ... (beklagten Partei) ... gegenüber als Einzelkaufmann (Handelsvertreter) auf und verkauft die Produkte der ... (beklagten Partei) ... als Handelsvertreter auf Rechnung und im Namen der ... (beklagten Partei) ... .

III.

Der Handelsvertreter erhält von der ... (beklagten Partei) ... für jedes über seine Vermittlung verkaufte Haus eine Gesamtprovision in Höhe von 10 %, welche vom Nettoverkaufspreis des jeweils unausgestatteten verkauften Hauses entsprechend der jeweils gültigen Provision berechnet wird.

Diese Provision wird wie folgt berichtigt:

In den Kaufverträgen ist vorgesehen, daß der Käufer verpflichtet ist, 5 % der Kaufpreissumme innerhalb von 14 Tagen nach Erteilung der Auftragsbestätigung durch die ... (beklagte Partei) ... zu bezahlen. Von dieser Zahlung erhält der Handelsvertreter zunächst die Hälfte der vereinbarten Provision, also 5 % errechnet vom Nettoverkaufspreis des unausgestatteten Hauses, wobei diese Provisionszahlung längstens 14 Tage nach Eingang der Anzahlung bei der ... (beklagten Partei) ... an den Handelsvertreter fällig wird. Die Restprovision in Höhe von ebenfalls 5 % des Nettoverkaufspreises des unausgestatteten Hauses ist nach Übergabe des Hauses fällig. Diese Provisionszahlung wird längstens nach Übergabe des Hauses zur Auszahlung an den Handelsvertreter fällig.

VIII.

Die ... (beklagte Partei) ... übergibt für jeden Kalendermonat längstens bis zum 15.Werktag des folgenden Monates dem Handelsvertreter eine Provisionsabrechnung über die mit Abschluß der Geschäfte erworbenen Provisionsansprüche.

Zu viel oder zu wenig bezahlte Provision wird bei der jeweiligen nächsten Abrechnung berücksichtigt. Kommt die Auslieferung des gekauften Hauses aus alleinigem Verschulden der ... (beklagten Partei) ... nicht vollständig, unrichtig oder zu spät zustande, so gebührt dem Handelsvertreter die volle Provision. Kommt eine Lieferung ohne Verschulden der ... (beklagten Partei) ... nicht oder unvollständig zustande, so hat der Handelsvertreter aus der nicht zustande gekommenen Lieferung keinerlei Provisionsansprüche.

XI.

Für den Fall der Stornierung eines Kaufvertrages durch den Käufer, wie in den Kaufvertragsformularen der ... (beklagten Partei) ... vorgesehen, sind vom Käufer an Stornogebühr ein Betrag von 10 % der Gesamtpreissumme zu bezahlen.

Für den Fall der Stornierung hat der Handelsvertreter Anspruch auf die Hälfte dieser Stornogebühr, berechnet jedoch vom Nettoverkaufspreis des unausgestatteten Hauses.

Die Fälligkeit dieser Provision tritt ebenfalls erst 14 Tage nach Einlangen der Stornogebühr bei der ... (beklagten Partei) ... ein.

XIII.

Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Sie kann von beiden Vertragsteilen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Kalendermonates mittels eingeschriebenem Brief aufgekündigt werden.

XVI.

Sämtliche Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform und ordnungsgemäßer Fertigung.

XV.

Soweit nichts anderes vereinbart ist, gelten für das Vertragsverhältnis die Bestimmungen des Handelsvertretergesetzes.“

Der Gemeinschuldner kündigte dieses Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 24.September 1990 mit sofortiger Wirkung, was von der beklagten Partei „akzeptiert“ wurde (ON 9 S. 5).

In einem vor dem Bezirksgericht für ZRS Graz geführten Verfahren erwirkte der Gemeinschuldner der die Klage am 16.August 1991 eingebracht hatte, gegen die auch im vorliegenden Verfahren beklagte Partei folgendes Teilurteil vom 2.Juni 1992 in der Fassung der Entscheidung des Landesgerichts für ZRS Graz als Berufungsgerichts vom 25.September 1992:

„Die beklagte Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang, dem Kläger in Ansehung

a) der von ihm im Jahre 1990 vermittelten und von der beklagten Partei über ... - Häuser abgeschlossenen Kaufverträge mit ... (bestimmten Käufern) ... bekanntzugeben, wann die erste Anzahlung auf den Kaufpreis durch die Käufer jeweils erfolgt ist;

b) aller von ihm vermittelten und von der beklagten Partei in den Jahren 1986 bis 1990 abgeschlossenen Kaufverträge über ... - Häuser bekanntzugeben, wann die kaufgegenständlichen Häuser jeweils übergeben wurden;

...“.

Die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz wurde dem Gemeinschuldner am 8.Oktober 1992 und der beklagten Partei am 9.Oktober 1992 zugestellt; sie blieb unangefochten und erwuchs daher mit Ablauf des 6.November 1992 in Rechtskraft.

Der Gemeinschuldner begehrte als vormaliger Kläger den Zuspruch einer Provisionsforderung von 2,133.169,05 S sA und brachte - soweit für das Rekursverfahren noch von Bedeutung - im wesentlichen vor, daß ihm die beklagte Partei den Klagebetrag als noch offene und fällige Provision für die in seiner Eigenschaft als Handelsvertreter vermittelten Kaufverträge über Fertigteilhäuser zu bezahlen habe. Der Klageanspruch errechne sich im einzelnen wie folgt:

Gesamtforderung 3,033.551,38 S

abzüglich „die kompensierten

Gegenforderungen“ der

beklagten Partei 1,687.125,10 S

„Nettoforderung“ 1,346.426,28 S

zuzüglich Zinsen 786.742,77 S

Summe 2,133.169,05 S

==============

Die „ursprünglich eingeklagte Forderung“ von 1,134.379,80 S sei im Betrag von 1,124.270,14 S sA an eine Bank abgetreten gewesen. Deren Rückzessionsanbot vom 2.Dezember 1994 sei am 13.Dezember 1994 (Schluß der Verhandlung im Verfahren erster Instanz am 20.Dezember 1994) angenommen worden. Bei dem mit der Bank abgeschlossenen Rechtsgeschäft habe es sich um eine „stille und nur sicherungsweise Zession“ gehandelt. Aufgrund einer „internen Vereinbarung mit der Bank“ sei der Zedent „immer berechtigt“ gewesen, „über diese Forderung zu verfügen und sie vor allem im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen“. Die Bank sei von der Einleitung des Verfahrens und dessen Fortgang ständig unterrichtet worden. Die beklagte Partei weigere sich grob schuldhaft, die fällige Provision zu bezahlen. Sie habe daher aus dem Titel des Schadenersatzes die in Höhe der Klageforderung tatsächlich zu leistenden Bankzinsen zuzüglich Umsatzsteuer zu bezahlen, weil der Gemeinschuldner umsatzsteuerpflichtig sei.

Die beklagte Partei wendete - soweit für das Rekursverfahren noch bedeutsam - im wesentlichen ein, daß dem Gemeinschuldner nach Abzug aller Akontozahlungen und Gegenforderungen nur der während des Verfahrens bezahlte Provisionsbetrag von 227.558,92 S zustehe. Es werde im übrigen „Verjährung der Ansprüche eingewendet“. Der Gemeinschuldner habe nämlich „die klagsgegenständliche Forderung“ an eine Bank abgetreten. Wäre eine Rückzession tatsächlich erfolgt, wäre die Fälligkeit des Klageanspruchs erst in diesem Zeitpunkt eingetreten. Es habe sich auch nicht um eine „stille Zession“ gehandelt, weil die Zessionarin die beklagte Partei im Dezember 1990 von der erfolgten Abtretung verständigt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Der Gemeinschuldner habe die bereits eingeklagte Forderung „sicherungsweise“ an eine Bank abgetreten. Eine „prozessuale Verfügungsbeschränkung“ des Zedenten habe jedoch nicht bestanden. Die Zessionarin habe in Kenntnis des Verfahrens keinen Gebrauch von der für sie bestehenden „Möglichkeit“ gemacht, „in das anhängige Verfahren einzutreten“. Die Parteien hätten über die Berechnungsgrundlagen des Provisionsanspruchs in 65 von insgesamt 68 Geschäftsfällen im Laufe des Verfahrens „Einigung ... erzielt“. Der Klageanspruch sei auch der Höhe nach richtig.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, es könne von einer Verjährung des Klageanspruchs „zufolge Zession“ keine Rede sein. Die Berechnung des Provisionsanspruchs beruhe auf der von den Parteien während des Verfahrens erzielten „Einigung“.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf. Es ordnete eine Verfahrensergänzung und die neuerliche Entscheidung durch das Erstgericht an und sprach im übrigen aus, daß der Rekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, daß sich der Verjährungseinwand nur „auf die (allfälligen) Wirkungen der Zession und Rückzession erstreckt“ habe. Für den Standpunkt des Klägers, daß eine Verjährung seines Provisionsanspruchs nicht eingetreten sei, spreche die Entscheidung SZ 42/105. Die Rechtsprechung anerkenne nämlich die „sogenannte abgeschwächte Zession“. Danach bleibe der Zedent berechtigt und verpflichtet, die Forderung im eigenen Namen, aber als indirekter Stellvertreter einzuklagen. Diese „stille, abgeschwächte Zession“ verliere ihren Charakter auch nicht dadurch, daß der Schuldner etwa infolge einer vereinbarungswidrigen oder zufälligen Verständigung durch den Zessionar von der Abtretung Kenntnis erlange. Die Feststellung des Erstgerichts, daß „die Zession sicherungsweise“ erfolgt sei, sei durch das Beweisverfahren gedeckt. Die materiellrechtliche Beziehung zwischen den Parteien des Abtretungsvertrags spreche auch dafür, „daß eine abgeschwächte Zession vorliegen könnte“. Noch unklar und daher ergänzungsbedürftig seien aber die Details der Rechtsbeziehungen zwischen dem Zedenten und der Zessionarin. Die Rückzessionserklärung sei „insofern widersprüchlich“, als darin „von einer allfälligen künftigen Klagsführung“ die Rede sei. Im Sinne der Entscheidung SZ 42/105 werde daher der Inhalt der Geschäftsbeziehung des Gemeinschuldners mit der Zessionarin festzustellen sein, nämlich weshalb der Zedent „im eigenen Namen“ habe klagen können und müssen. Sollte die Aktivlegitimation des Zedenten ungeachtet der Abtretung zu bejahen sein, wäre der Verjährungseinwand erledigt. Andernfalls müßte der Umfang der Zession geprüft werden. Wäre die Zession erst nach Eintritt der Streitanhängigkeit erfolgt, käme § 234 ZPO zur Anwendung. Die Abtretung wäre dann für die Aktivlegitimation des Zedenten unbeachtlich. Die beklagte Partei übersehe bei ihrem Verjährungseinwand aber auch § 18 HVertrG 1993, wodurch eine besondere Regelung der Verjährungsfrist erfolgt sei. Der Fristlauf beginne „keineswegs mit Ablauf des Fälligkeitstags“. Für erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abrechenbare und abrechnungspflichtige Ansprüche beginne die Verjährungsfrist frühestens mit dem Schluß desjenigen Jahres zu laufen, in dem die Abrechnung hätte stattfinden können. Überdies sei die „Wirkung der Kenntnis (Unkenntnis) des Entstehens der Abrechnungspflicht auf Seiten des Klägers (jetzt Gemeinschuldners) noch offen“. Dazu fehle es an Behauptungen bzw Einwendungen.

Im fortgesetzten Verfahren bedürfe es aber auch noch einer näheren Klärung dahin, welche Bedeutung die vom Erstgericht festgestellte „Einigung“ habe. Diese sei nach dem Akteninhalt anläßlich der Befundaufnahme durch den Gerichtssachverständigen erzielt worden. Der bisher festgestellte Sachverhalt lasse noch keinen rechtlichen Schluß darauf zu, ob die durch deren Machthaber vertretenen Parteien damit nur bestimmte entscheidungswesentliche Tatsachen außer Streit gestellt oder darüber einen „verbindlichen Teilvergleich“ geschlossen hätten. Wäre ein Teilvergleich anzunehmen, wäre der von der beklagten Partei ausgesprochene einseitige Widerruf unbeachtlich, weil ein solcher nur in Ansehung vorerst außer Streit gestellter Tatsachen wirksam erfolgen könnte. Wäre ein Teilvergleich jedoch zu verneinen, wären alle streitigen Tatumstände feststellungsbedürftig. Unklar sei, weshalb das Erstgericht eine von mehreren Varianten eines vom Gerichtssachverständigen erstellten Verrechnungsmodells seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe. Nur wenn sich ein allfälliger Teilvergleich auch auf die Prämissen dieses Verrechnungsmodells bezöge, könnte die Rechtssache auch so weit entscheidungsreif sein. Die beklagte Partei habe keine prozessuale Aurechnungserklärung abgegeben. Die der beklagten Partei zustehenden Gegenforderungen seien bereits vom Klageanspruch abgezogen worden. Ein Verzögerungsschaden in einem den gesetzlichen Zinsfuß übersteigenden Ausmaß sei nur ersatzfähig, wenn die beklagte Partei ihre Verpflichtung zur Provisionszahlung nicht bloß leicht fahrlässig, sondern grob schuldhaft verletzt habe. Soweit Zinsen Schadenersatz seien, unterlägen sie nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keiner Umsatzsteuer, worauf „zufolge des EU-Beitritts Bedacht zu nehmen“ sei.

Der Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht stützt seine Ansicht über die Auswirkung einer „abgeschwächten Zession“ auf die Aktivlegitimation des Klägers auf die Entscheidung SZ 42/105. Dort wurde aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit abgeleitet, daß die Vereinbarung einer „abgeschwächten Abtretung“ möglich sei, nach deren Inhalt der Zedent die Forderung im eigenen Namen als indirekter Stellvertreter des Zessionars einzutreiben und die vom Schuldner erhaltene Leistung an den Zessionar abzuliefern habe. Der Zedent sei wie jeder sonstige indirekte Stellvertreter auch dann „im eigenen Namen legitimiert“, wenn dem anderen Teil bekannt sei, daß er für Rechnung eines anderen auftritt. Dieser Vorgang müsse „keineswegs unbedingt als unzulässige bloße Übertragung des Prozeßführungsrechts angesehen werden“, weil die Vereinbarung einer „stillen (abgeschwächten) Abtretung“ eine ausreichende Rechtsgrundlage in den materiellrechtlichen Beziehungen der Vertragsparteien haben könne.

Der als Ergebnis dieser Auffassung nicht wegzuleugnende Widerspruch, einerseits die Möglichkeit einer bloßen Übertragung des Prozeßführungsrechts zu verneinen, andererseits eine solche aber auf dem Umweg über bestimmte materiellrechtliche Beziehungen der Vertragsparteien zu sanktionieren, veranlaßte den Obersten Gerichtshof zu einer Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung: In der ausführlich begründeten Entscheidung 3 Ob 522/95 (JBl 1995, 721 = ÖBA 1995, 906 = ecolex 1995, 554 = JUS Z 1828) wurde ausgesprochen, daß, gehe man vom klaren Wortlaut des § 1392 ABGB aus, jede Zession zu einer Änderung der Rechtszuständigkeit führe, und zwar unabhängig von einer Verständigung des Schuldners. Es sei aus dogmatischen Gründen geboten, als stille Zession nur ein Rechtsgeschäft zu bezeichnen, bei dem der Schuldner von der Abtretung vorerst nicht verständigt werden solle. Auch eine Zession dieser Art führe aber - vorbehaltlich besonderer Publizitätserfordernisse bei der Sicherungszession - zu einer Übertragung der Rechtszuständigkeit. Es sei daher im Gegensatz zur älteren Lehre und Rechtsprechung eine Vereinbarung, mit der sich der Gläubiger verpflichtet, die Forderung als mittelbarer (indirekter) Stellvertreter eines anderen einzutreiben, jedenfalls nicht als stille Zession zu bezeichnen, weil in einem solchen Fall eine Änderung der Rechtszuständigkeit als zwingende Folge der Forderungsabtretung als eines Verfügungsgeschäfts noch nicht eingetreten sei und zumindest vorläufig auch nicht eintreten solle. Die rechtliche Möglichkeit einer dem Zedenten vom Zessionar nach erfolgter Abtretung erteilten Einziehungsermächtigung sei ausgeschlossen. Die Klagebefugnis stehe nämlich im untrennbaren Zusammenhang mit dem Hauptrecht. Diese öffentlich-rechtliche und unverzichtbare Befugnis könne demnach nicht ohne den ihr zugrunde liegenden materiellrechtlichen Anspruch abgetreten werden, weil eine gewillkürte Prozeßstandschaft - außer den im Gesetz besonders geregelten Fällen - unzulässig sei. Der Übergang der Rechtszuständigkeit lasse sich jedoch kraft Vereinbarung etwa in Gestalt einer bedingt vereinbarten Zession aufschieben. Dann bleibe der Zedent bis zum Eintritt der Bedingung berechtigt, die noch nicht aus seinem Vermögen ausgeschiedene Forderung im eigenen Namen geltend zu machen. Eine Sicherungszession sei aber nur in der für die Pfandrechtsbegründung vorgeschriebenen Form wirksam. Eine Änderung der Rechtszuständigkeit erst nach Streitanhängigkeit sei dagegen im Sinn der herrschenden Irrelevanztheorie für die materiellrechtliche Beurteilung des durch Klage geltend gemachten Anspruchs ohne Bedeutung.

Diese Entscheidung fand im Schrifttum Zustimmung (Iro, Abschied von der „stillen Zession“?, RdW 1995, 375). Die darin zum Ausdruck gekommene neue Linie in der Rechtsprechung wurde in 3 Ob 515/95 (JBl 1996, 51) fortgeschrieben. Dort wurde in deren Ergänzung ausgesprochen, daß bei der Inkassozession die Klagebefugnis vom materiellrechtlichen Anspruch nicht getrennt werde und der Inkassozessionar auch aufgrund einer Rückzession klagen könne. Der erkennende Senat tritt der in 3 Ob 522/95 und 3 Ob 515/95 vertretenen Auffassung bei.

Der nunmehrige Gemeinschuldner brachte in der Verhandlungstagsatzung am 20.Dezember 1994 vor, „die ursprünglich eingeklagte Forderung in Höhe von 1,134.379,80 S“ sei „im Betrag von 1,124.270,14 S sA“ an eine Bank zediert worden; deren Rückzessionsanbot (zum Inkasso - vgl Beil S) vom 2.Dezember 1994 habe er am 13.Dezember 1994 angenommen (ON 31 S. 3). Die beklagte Partei begründete ihre in derselben Verhandlungstagsatzung erhobene Verjährungseinrede damit, daß „die klagsgegenständliche Forderung“ an eine Bank zediert sei. Wäre „tatsächlich eine Rückzession erfolgt“, wären „die Ansprüche des Klägers“ erst „zum Zeitpunkt der Rückzession fällig“ geworden. Deshalb werde „ausdrücklich Verjährung der Ansprüche eingewendet“ (ON 31 S. 10). Die Verjährungseinrede ist als Prozeßhandlung ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen; nicht maßgebend ist dagegen eine davon abweichende Parteiabsicht (JBl 1993, 792; Fasching, LB2 Rz 757; Fucik in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 4 zu § 177). Berücksichtigt man diese Auslegungsgrundsätze, so liegt es - entgegen der Ansicht der Rekurswerberin - auf der Hand, daß die beklagte Partei keine den später ausgedehnten Klageanspruch insgesamt erfassende Verjährungseinrede erhob, sondern ihren Einwand ausdrücklich und unmißverständlich bloß auf den von den behaupteten Zessionsvorgängen betroffenen Teil des Klageanspruchs beschränkte. Die Verjährungseinrede ist daher nur für einen Teilbetrag von 1,124.270,14 S sA der ursprünglich mit 1,134.379,80 S sA eingeklagten Provisionsansprüche von Bedeutung.

Selbst wenn man nun die für den Prozeßstandpunkt der beklagten Partei günstigsten Tatsachen unterstellte, wäre, wie im folgenden noch näher auszuführen sein wird, die eingeklagte Forderung auch nicht teilweise wegen Verjährung abzuweisen, obwohl die Verjährung durch die Einbringung einer Klage dann nicht unterbrochen wird, wenn der (spätere) Zessionar die Forderung zwar vor Ablauf der Verjährungsfrist einklagt, sie aber erst danach wirksam erwirbt (1 Ob 512/88; ImmZ 1985, 295; HS XII/XIII/13):

Wäre ein Teil der eingeklagten Provisionsforderung vor Eintritt der Gerichtshängigkeit mittels (nicht aufschiebend bedingter) Zessionsabrede abgetreten und die Rückzession zum Inkasso erst nach Ablauf der Verjährungsfrist vorgenommen worden, könnte dieser Sachverhalt in Verbindung mit den in 3 Ob 522/95 angestellten grundsätzlichen Erwägungen zur Unzulässigkeit einer gewillkürten Prozeßstandschaft zum Ergebnis haben, daß ein Teil des Klageanspruchs verjährt wäre. Das würde auch dann gelten, wenn die Forderungsabtretung zwar nach Klageeinbringung, aber noch vor Eintritt der Streitanhängigkeit erfolgt wäre, weil gemäß § 234 ZPO nur die Änderung der Rechtszuständigkeit nach Eintritt der Streitanhängigkeit für die materiellrechtliche Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs irrelevant wäre (JBl 1995, 721; Rechberger/Simotta, Grundriß des österreichischen Zivilprozeßrechts4 Rz 232; Fasching, LB2 Rz 1200 f [die herrschende Ansicht referierend] je mwN). Hätte der nunmehrige Gemeinschuldner das Verfahren in Ansehung einer noch vor Eintritt der Streitanhängigkeit veräußerten Forderung fortgesetzt, diese aber erst nach deren Verjährung wieder durch Rückzession erworben, könnte die Verjährung allein durch die Gerichtshängigkeit der Klage noch nicht unterbrochen worden sein. Die Klage äußert nämlich gemäß § 1497 ABGB nur bei gehöriger Fortsetzung Unterbrechungswirkung (vgl im einzelnen: Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 10 zu § 1497 mzN aus der Rsp). Deren Voraussetzung ist aber die Aktivlegitimation des Klägers; diese geht jedoch bei Veräußerung einer eingeklagten Forderung vor Eintritt der Streitanhängigkeit verloren. Wäre also der nunmehrige Gemeinschuldner bis zur allfälligen Rückzession der Forderung jahrelang gar nicht forderungsberechtigt gewesen, wäre in der Verfahrensführung durch ihn auch keine gehörige Fortsetzung der Klage zu erblicken. Bei Veräußerung einer Forderung vor Eintritt der Streitanhängigkeit ist es Sache des Zessionars, rechtzeitig zu klagen und die Klage dann auch gehörig fortzusetzen, um die Verjährung hintanzuhalten. Das Prozeßhindernis der Streitanhängigkeit wirkt zwar im grundsätzlichen auch gegen einen Einzelrechtsnachfolger (SZ 28/265 [grundlegend]; EvBl 1968/77 ua; Rechberger/Simotta, Grundriß des österrreichischen Zivilprozeßrechts4 Rz 530; Fasching, LB2 Rz 1186), das kann jedoch dann nicht gelten, wenn die eingeklagte Forderung noch vor Eintritt der Streitanhängigkeit veräußert wird und damit die Aktivlegitimation des Klägers wegfällt. Für die Rechtsprechung war nämlich die Nahebeziehung der Streitanhängigkeit zur Rechtskraft ausschlaggebend dafür, Parteiidentität für alle Personen anzunehmen, die von der Rechtskraftwirkung der im Erstprozeß gefällten Entscheidung erfaßt werden. Kommt es aber deshalb zur Abweisung des Klagebegehrens, weil der Kläger eine ihm schon vor Eintritt der Streitanhängigkeit nicht mehr zugestandene Forderung weiterhin geltend machte, so erstreckt sich die Rechtskraft dieser abweislichen Entscheidung nicht auch auf den Anspruch des Zessionars. Dieser Gedankengang liegt schon der Entscheidung EvBl 1968/77 zugrunde, soweit dort betont wird, daß sich die Frage der in SZ 28/265 behandelten „Sukzession“ bei der Legalzession gemäß § 332 ASVG bzw § 1542 RVO nicht stelle, weil der Versicherte gar nicht berechtigt sei, einen Schadenersatzanspruch gegen den Ersatzpflichtigen zu erheben und dessen „Klagebegehren .... sofort wegen Fehlens der Aktivlegitimation abgewiesen werden“ müßte.

Für die Beantwortung der Verjährungsfrage wäre dabei gemäß § 29 Abs 1 und 2 HVertrG 1993 noch das vor dem 1.März 1993 geltende Handelsvertreterrecht heranzuziehen. Gemäß § 17 Abs 1 HVG verjährten Provisionsansprüche in drei Jahren. Für Ansprüche, die in die Abrechnung einbezogen worden waren, begann die Verjährung gemäß § 17 Abs 2 HVG mit dem Schluß des Jahres, in dem die Abrechnung stattfand, für Ansprüche dagegen, die in die Abrechnung nicht einbezogen worden waren, erst mit dem Schluß des Jahres, in dem es zur Beendigung des Vertragsverhältnisses kam. Das würde für den Teil des Provisionsanspruchs, dem die beklagte Partei die Einrede der Verjährung entgegensetzte, bedeuten, daß die Verjährung mit Ablauf des 31.Dezember 1993 eingetreten wäre, weil das Vertragsverhältnis im September 1990 aufgelöst und die Verjährung daher am 1.Jänner 1991 in Gang gesetzt wurde.

Alle Erwägungen dieser Art sind aber dann nicht entscheidungswesentlich, wenn die vom nunmehrigen Gemeinschuldner behauptete Rückzession bestimmter Provisionsfoderungen tatsächlich stattgefunden haben sollte. Die klagende Partei erklärte nämlich durch die Berechnung der ausgedehnten Klageforderung in der Verhandlungstagsatzung am 20.Dezember 1994 auch schlüssig, mit einem Teil derselben gegen die der beklagten Partei zustehende Gegenforderung von 1,687.125,10 S aufzurechnen. Um die Aufrechnungswirkung herbeizuführen, bedarf es keiner förmlichen, an den Aufrechnungsgegner gerichteten Erklärung, sondern es genügt bereits der Abzug der Gegenforderung in der Berechnung der Klageforderung (ebenso für den Abzug der Hauptforderung in der Rechnung über die Gegenforderung: SZ 59/137 ua; Rummel in Rummel aaO Rz 12 zu § 1438). Die Aufrechnungserklärung kann auch erst während des Verfahrens abgegeben werden (Rummel aaO). Sie wirkt im übrigen auf jenen Zeitpunkt zurück, in dem die kompensierten Forderungen einander erstmals aufrechenbar gegenüberstanden (JBl 1989, 171; SZ 59/137; SZ 55/121; Koziol/Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts10 I 281; Rummel in Rummel, aaO Rz 14 zu § 1438 je mwN). Das bewirkt nach herrschender Ansicht, daß die Kompensation selbst dann noch zulässig ist, wenn die Forderung des Aufrechnenden im Zeitpunkt seiner Aufrechnungserklärung bereits verjährt gewesen wäre (ecolex 1993, 594 mwN; SZ 59/137 mwN ua; Koziol/Welser aaO; zweifelnd Rummel aaO Rz 15 zu § 1438). Abgesehen von anderen im Gesetz umschriebenen Voraussetzungen einer materiellrechtlichen Kompensation, deren Vorliegen, hätte die aufgerechnete Klageforderung zu Recht bestanden, nicht zweifelhaft wäre, ist die Verfügungsbefugnis des Aufrechnenden über die in das Kompensationsverhältnis einbezogene Forderung im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung für das Eintreten der Tilgungswirkung erforderlich (Rummel aaO Rz 9 f zu § 1438). Eine entsprechende Verfügungsbefugnis des nunmehrigen Gemeinschuldners wäre aber zu bejahen, wäre der an eine Bank abgetreten gewesene Teil der Provisionsforderung wenige Tage vor dem 20.Dezember 1990 (Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung), wie die klagende Partei behauptete, zum Inkasso rückzediert worden. Der Inkassozessionar hat nämlich neben der materiellrechtlichen auch die prozessuale Verfügungsgewalt über den abgetretenen Anspruch (RZ 1991/66; SZ 45/82; 7 Ob 146/75 ua; Ertl in Rummel aaO Rz 5 zu § 1392), kann also etwa mit Wirkung für den Zedenten auf den Anspruch verzichten, diesen an einen gutgläubigen Dritten weiterveräußern (Ertl aaO) oder ihn zur Aufrechnung verwenden.

Die von der klagenden Partei angestellte Berechnung der Klageforderung läßt im übrigen nur die Deutung zu, daß mit deren ältestem Teil gegen die Forderung der beklagten Partei aufgerechnet wurde; dazu gehört aber jedenfalls auch der schon in der Klage geltend gemachte und nach den Prozeßbehauptungen an eine Bank zediert gewesene Provisionsanspruch. Der abgetretene Schuldner kann dem Neugläubiger auch alle Forderungen entgegensetzen, die ihm bis zur Zessionsverständigung gegen den Altgläubiger entstanden (Ertl aaO Rz 1 zu § 1396; Rummel aaO Rz 2 zu § 1442; Koziol/Welser aaO 293). Dabei genügt es, daß die Gegenforderung des Schuldners im Zeitpunkt der Zessionsverständigung dem Grunde nach entstanden war. Der Schuldner kann gegenüber dem Zessionar demnach auch mit im Zeitpunkt der Abtretung bzw der Zessionsverständigung erst bedingt entstandenen oder noch nicht fälligen Gegenforderungen aufrechnen (Ertl aaO; Rummel aaO Rz 3 zu § 1442 je mwN).

Das Erstgericht legte seinen Feststellungen die vom gerichtlichen Sachverständigen dargestellte Abrechnungsvariante I zugrunde. Wäre von diesem Abrechnungsmodell auszugehen, ergäbe die Summe der Gegenforderungen der beklagten Partei den Betrag von 1,687.125,10 S. Dieser wurde vom nunmehrigen Gemeinschuldner als richtig anerkannt und in die Berechnung des restlichen Provisionsanspruchs einbezogen. Die Gegenforderungen 1 bis 5 wären im Zeitraum vom 15.November 1986 bis 15.März 1990 entstanden. Lediglich die Gegenforderung 6 im Betrag von 261.700,34 S würde mit 3.März 1993 zu datieren sein (vgl dazu die Übersicht im ergänzenden SV-Gutachten ON 26). Ginge man nun von den Prozeßbehauptungen der beklagten Partei aus, daß sie im Dezember 1990 von der Zession verständigt worden sei (ON 31 S 17), so wären deren Gegenforderungen die Provisionsforderung im zedierten Umfang von 1,124.270,14 S - unabhängig vom Gläubigerwechsel - immer aufrechenbar gegenübergestanden. Nur auf diesen Teilbetrag der eingeklagten Provisionsforderung bezog sich aber - wie schon erwähnt - die Verjährungseinrede der beklagten Partei. Der durch die Zessionsvorgänge jeweils bewirkte Gläubigerwechsel hätte also nichts an der kontinuierlich fortbestehenden Aufrechnungslage geändert (vgl dazu auch Reiterer, Aufrechnung [1976], 59 und FN 158).

Wegen der in der Verhandlungstagsatzung am 20.Dezember 1994 erklärten materiellrechtlichen Aufrechnung könnte daher, wie zusammenfassend festzuhalten ist, auch nicht jener Teil der Klageforderung als verjährt abgewiesen werden, auf den sich die Verjährungseinrede der beklagten Partei bezog, weil die durch die Kompensation bewirkte Tilgung auch dann eingetreten wäre, wenn ein Teil der Klageforderung im Betrag von 1,124.270,14 S in diesem Zeitpunkt bereits verjährt gewesen wäre. Eine Verjährung schon bei Eintreten der Aufrechnungslage wurde nicht behauptet; eine solche ließe sich aber auch dem bisherigen Akteninhalt nicht entnehmen.

Die erklärte materiellrechtliche Aufrechnung kann jedoch nur soweit Tilgungswirkung entfaltet haben, als die zur Kompensation herangezogene Forderung tatsächlich bestand und der nunmehrige Gemeinschuldner berechtigt war, sie geltend zu machen. Es sind somit im fortgesetzten Verfahren jedenfalls auch Feststellungen zu der von der klagenden Partei behaupteten Rückzession erforderlich, um deren Aktivlegitimation abschließend beurteilen zu können.

Wie schon das Berufungsgericht zutreffend darlegte, läßt die vom Erstgericht getroffene Feststellung, daß die Parteien anläßlich der Befundaufnahme durch den gerichtlichen Sachverständigen in 65 von 68 Geschäftsfällen „Einigung ... auch im Beisein des Beklagtenvertreters“ über die der Berechnung des Klageanspruchs zugrunde zu legenden Prämissen erzielt hätten, noch keine abschließende rechtliche Beurteilung zu; unklar ist nämlich, ob diese „Einigung“ als Tatsachengeständnis und demnach bloß als reine Wissenserklärung oder als rechtsgeschäftliche Willensübereinstimmung anzusehen ist. Läge darin ein außergerichtliches Tatsachengeständnis gemäß § 266 Abs 3 ZPO (vgl dazu: Fasching, LB2 Rz 842), wäre der von der beklagten Partei in der Verhandlungstagsatzung am 20.Dezember 1994 erklärte Widerruf (ON 31 S 1) möglich, der in der Beurteilung seiner Wirksamkeit gemäß § 266 Abs 2 ZPO der freien Beweiswürdigung unterläge (Fasching aaO Rz 848; Rechberger in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 4 zu § 267; vgl auch Ballon, Einführung in das österreichische Zivilprozeßrecht5 Rz 229); entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts müßte es also - je nach den Ergebnissen dieser Beweiswürdigung - etwa dann nicht zu detaillierten Feststellungen über alle nach dem Widerruf wieder strittigen Tatumstände kommen, wenn das Erstgericht zur Überzeugung gelangen sollte, daß der Widerruf willkürlich, somit ohne nähere sachliche Begründung und allenfalls nur deshalb erfolgt sein sollte, um das Prozeßende zu verschleppen.

Nach dem Akteninhalt war zunächst nur von außer Streit gestellten Tatsachen die Rede. Das bezieht sich zum einen auf die Mitteilungen des gerichtlichen Sachverständigen (ON 20, ON 22 S 7), zum anderen aber auch auf das Prozeßvorbringen des nunmehrigen Gemeinschuldners (ON 29 - „prozessual wirksame Außerstreitstellung“, ON 31 S 1 f - „alle jene Kriterien“ seien „außer Streit gestellt“ worden, „die für die Berechnung des Provisionsanspruchs des Klägers gemäß dem Inhalt des zwischen den Streitteilen seinerzeit geschlossenen Vertrages Geltung“ hätten). Erst gegen Schluß der Verhandlungstagsatzung am 20.Dezember 1994 brachte der Klagevertreter vor, es habe seinerzeit keine Erklärung gegeben, „daß die gezielten Außerstreitstellungen rechtlich nicht verbindlich seien“. Es sei „vielmehr der Anschein erweckt“ worden, „daß in jenen Fragen, in denen Einigung erzielt“ und auch „Kompromisse geschlossen“ worden seien, „die erzielten Ergebnisse verbindlich“ seien (ON 31 S 16 f). In diesen Prozeßbehauptungen findet sich zwar nach wie vor der Begriff „Außerstreitstellung“ für die Beschreibung einer erzielten „Einigung“, inhaltlich wurde jedoch eine rechtsgeschäftliche Willensübereinstimmung dargelegt, nämlich daß die zwischen den Parteien strittigen Berechnungsgrundlagen der den Verfahrensgegenstand bildenden Provisionsansprüche aufgrund von „Kompromissen ... rechtlich verbindlich“ vereinbart worden seien. Ein solcher Teilvergleich, der als Vertrag nicht einseitig durch die beklagte Partei widerrufbar wäre, ist entsprechend den Ausführungen des Berufungsgerichts möglich. Ob aber ein einseitig widerrufbares Tatsachengeständnis oder ein auch die beklagte Partei bindendes Rechtsgeschäft vorliegt, läßt sich nur aufgrund der näheren Umständen des Einzelfalls klären. Diese wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren festzustellen haben. Hätten die Prozeßbevollmächtigten „Einigung“ erzielt, wie das die klagende Partei behauptete (ON 29), und wäre darin nach den näheren Umständen des Einzelfalls ein Rechtsgeschäft zu erblicken, wäre der Umfang allfälliger Vollmachten der an den Befunderhebungen des gerichtlichen Sachverständigen sonst noch teilnehmenden Personen nicht maßgebend.

Nicht zu teilen vermag der erkennende Senat die Ansicht des Berufungsgerichts, daß die klagende Partei nur dann „Zinsen in einem die gesetzliche Höhe übersteigenden Ausmaß als Schadenersatz wirksam begehren“ könnte, wenn die beklagte Partei „nicht bloß aus leichter Fahrlässigkeit, sondern aus grobem Verschulden“ in Zahlungsverzug geraten sein sollte. Es ist zwar richtig, daß der 8.Senat des Obersten Gerichtshofs jüngst (8 Ob 14/94 = JBl 1995, 248; kritisch dazu: Apathy, JBl 1995, 249 [Entscheidungsglosse] und Iro, RdW 1995, 169) im Sinn der Darlegungen des Berufungsgerichts und der bisherigen ständigen Rechtsprechung - in Ablehnung gegenteiliger Stimmen im Schrifttum - entschied; das kann aber hier, ohne daß es einer Stellungnahme zur referierten Ansicht des 8.Senats bedarf, schon deshalb nicht maßgebend sein, weil ein Anwendungsfall des Art 8 Nr.2 EVHGB vorliegt. Der dem Klageanspruch zugrunde liegende „Handelsvertretervertrag“, der von Kaufleuten gemäß § 1 Abs 2 Z 7 und § 6 Abs 2 HGB als Handelsgeschäft abgeschlossen wurde, begründete handelsrechtlich zu beurteilende Vertragspflichten. Der Gläubiger einer unbeglichenen fälligen Geldschuld nach Handelsrecht hat aber gemäß Art 8 Nr.2 EVHGB nach herrschender Ansicht Anspruch auf Ersatz jenes die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden wirklichen Schadens und entgangenen Gewinns, der vom Vertragspartner - wenn auch nur leicht fahrlässig - verschuldet wurde (Kramer in Straube, HGB2 Rz 7 zu Art 8 Nr.2 [nach § 346] mzN aus der Rsp; Koziol/Welser aaO 223). Fehlendes Verschulden hätte der säumige Schuldner zu behaupten und zu beweisen (Kramer in Straube aaO). Der klagenden Partei wäre daher selbst bei bloß leicht fahrlässigem Zahlungsverzug der beklagten Partei der tatsächlich entstandene Zinsenschaden zu ersetzen.

Es entspricht herrschender Ansicht, daß bei Ersatzleistungen für die Verursachung eines Schadens oder bei Vorliegen einer Rechtspflicht, für einen solchen einstehen zu müssen, kein Leistungsaustausch erfolgt und demnach ein sogenannter „echter“, nicht der Umsatzsteuer unterliegender Schadenersatz anzunehmen ist. Schadenersatz dieser Art wird nicht als Gegenwert für eine empfangene Lieferung oder Leistung, sondern aus anderen Gründen erbracht (ÖBA 1995, 307 [Arnold]; ecolex 1995, 918 je mwN). Gerade das trifft aber hier für das Begehren auf Bezahlung von Verzugszinsen wegen nach Eintritt deren Fälligkeit schuldhaft unterbliebener Provisionsleistungen zu. Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit der Entscheidungspraxis des Europäischen Gerichtshofs zum Gemeinschaftsrecht, wonach von Verzugszinsen als Schadenersatzleistung keine Umsatzsteuer zu entrichten ist, weil der Zahlung kein Leistungsaustausch zugrunde liegt (1.Juli 1982 - B.A.Z. Bausystem AG/Finanzamt München für Körperschaften, 222/81 - Slg 1982, 2527). Dieser Rechtslage soll künftig auch von der Finanzverwaltung Rechnung getragen werden; derzeit fehlt es noch an einer entsprechenden Regelung durch Erlaß (Scheiner, UStG 1994: Aktuelle Fragen und Erfahrungen aus der Sicht der Finanzverwaltung, FJ 1995, 211 [212]; vgl auch: Takacs, Verzugszinsen und Umsatzsteuer, RdW 1995, 123).

Im übrigen befaßte sich das Berufungsgericht ausführlich mit jenen drei Geschäftsfällen, die von der oben behandelten „Einigung“ nicht betroffen waren. Gleiches gilt für einzelne Geschäftsfälle, die zwar Gegenstand der „Einigung“ waren, aber schon vor dieser zu Tatsachengeständnissen der beklagten Partei führten. Diesen zutreffenden Ausführungen wird im Rekurs, der sich nur mit Fragen der Zession und der Verjährung befaßt, nicht entgegengetreten. Soweit ist demnach auf den angefochtenen Beschluß zu verweisen.

Dem Rekurs ist somit keine Folge zu geben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels gemäß § 40 und § 50 ZPO selbst zu tragen.

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