Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 465,96 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Im Verfahren 14 Cg 136/07y des Landesgerichts Salzburg wurde die Klage einer vom Kläger vertretenen GmbH & Co KG rechtskräftig abgewiesen und die Mandantin des Klägers zum Kostenersatz verurteilt. Der Kläger war deren frei gewählter Vertreter. Für das Verfahren erster Instanz bestand eine Rechtsschutzversicherungsdeckung. Nach dem Versicherungsvertrag war ein Selbstbehalt von 20 % vereinbart, der nicht nur die Kosten des eigenen Anwalts (des Klägers), sondern die gesamten Verfahrenskosten erfasste. Die Rechtsschutzversicherung trug daher nur einen Teil der Kosten des Klägers.
In dem vor dem Bezirksgericht Salzburg geführten Verfahren 32 C 1477/08s begehrte der Kläger vom Rechtsschutzversicherer seiner Mandantin unter Berufung auf die an ihn abgetretene Forderung die restlichen Kosten seiner Vertretung. Die Selbstbehaltklausel verstoße gegen § 158k VersVG. Das Bezirksgericht Salzburg wies das Klagebegehren ab. Der dagegen erhobenen Berufung gab das Landesgericht Salzburg als Berufungsgericht nicht Folge.
Im vorliegenden Verfahren begehrte der Kläger aus dem Titel der Amtshaftung die restlichen Kosten seines Einschreitens im ersten Verfahren zuzüglich der von ihm im Verfahren 32 C 1477/08s des Bezirksgerichts Salzburg getragenen Kosten der Gegenseite. Die Rechtsansicht der Instanzen im Vorverfahren sei mit § 158k VersVG und der Entscheidung 7 Ob 32/02k des Obersten Gerichtshofs nicht in Einklang zu bringen und daher unvertretbar.
Die Beklagte wendete ein, die vom Bezirksgericht Salzburg herausgearbeiteten Unterschiede im Sachverhalt zu den der Entscheidung 7 Ob 32/02k zugrunde liegenden Feststellungen würden die vorgenommene rechtliche Beurteilung der Instanzen im Anlassverfahren tragen, weswegen deren Rechtsansicht nicht unvertretbar sei.
Über Berufung der Beklagten änderte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass es die Klage abwies, wobei es von einer vertretbaren Rechtsansicht der Instanzen im Verfahren 32 C 1477/08s des Bezirksgerichts Salzburg ausging. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen in der Rechtsschutzversicherung ein Selbstbehalt vereinbart werden dürfe, nur eine, nicht unmittelbar übertragbare höchstgerichtliche Entscheidung aufgefunden werden habe können.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.
1. Amtshaftung für ein rechtswidriges Verhalten eines Organs tritt nur ein, wenn es auch schuldhaft ist (§ 1 Abs 1 AHG). Geht es um die (unrichtige) rechtliche Beurteilung von Rechtsfragen, ist ein Verschulden grundsätzlich nur dann zu bejahen, wenn die beanstandete Entscheidung nicht auf einer nach den Umständen vertretbaren Rechtsanwendung beruhte (RIS-Justiz RS0050216 [insb T5]). Dazu wird judiziert, dass ein Abweichen von einer klaren Rechtslage oder der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Höchstgerichts, das nicht erkennen lässt, dass es auf einer sorgfältigen und bei geforderter Schriftlichkeit auch begründeten Überlegung unter Auseinandersetzung mit der herrschenden Rechtsprechung beruht, in der Regel als rechtswidrig und schuldhaft zu beurteilen sein wird (RIS-Justiz RS0049912 [insb T7, T8]; RIS-Justiz RS0049969 [T2], zuletzt 1 Ob 6/11f; weitere Nachweise bei Schragel, AHG³ Rz 159). Es begründet aber noch keine Unvertretbarkeit und damit kein Verschulden, wenn ein Entscheidungsorgan deshalb eine von der höchstgerichtlichen Judikatur abweichende Auffassung vertritt, weil es meint, Argumente ins Treffen führen zu können, die stärker seien als jene des Höchstgerichts (1 Ob 10/79 = SZ 52/56; 1 Ob 199/04b).
2. Ob die im Anlassverfahren getroffene Entscheidung auch richtig war, ist nicht Gegenstand der Prüfung im Amtshaftungsprozess (RIS-Justiz RS0050216 [T7]). Es bedarf im vorliegenden Verfahren daher auch keiner inhaltlichen Stellungnahme zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei der Rechtsschutzversicherung ein Selbstbehalt vereinbart werden darf. Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage stellt sich damit nicht. Darüber hinaus ist die Prüfung der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung als Verschuldenselement ganz von den Umständen des Einzelfalls abhängig und entzieht sich deshalb regelmäßig einer Beurteilung als erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0110837). Das gilt auch für die Beurteilung, ob ein Abweichen von einer klaren Gesetzeslage oder ständigen Rechtsprechung als unvertretbar anzusehen ist (RIS-Justiz RS0049912 [T5]). Eine gravierende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, die auch im Einzelfall aufzugreifen wäre, liegt hier aber nicht vor (vgl RIS-Justiz RS0110837 [T2]).
3. Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 32/02k (SZ 2002/69) aussprach, dass bei einem Selbstbehalt von 20 % die Gefahr bestehe, dass der von § 158k VersVG intendierte Schutz des Versicherungsnehmers durch freie Vertreterwahl unterlaufen würde. Die Instanzen im Anlassverfahren haben sich mit dieser Entscheidung, die als bislang einzige die Frage des Selbstbehalts in der Rechtsschutzversicherung im Spannungsverhältnis zur freien Vertreterwahl nach § 158k Abs 1 VersVG behandelte, ausführlich auseinandergesetzt. Sie haben ihre abweichende Ansicht nicht nur mit Unterschieden im Sachverhalt begründet, sondern sich auch auf eine Lehrmeinung berufen, worauf bereits das Berufungsgericht zutreffend hinwies (vgl dazu Kronsteiner, Rechtsschutz-Richtlinie, Interessenkollision und freie Anwaltswahl, VR 2003, 36 ff; vgl auch Grassl-Palten, Rechtsschutzversicherung: Darf die freie Anwaltswahl etwas kosten?, RdW 2002, 646 ff). Die Beurteilung dieser Rechtsansicht als vertretbar ist damit nicht zu beanstanden. Von einer klaren Gesetzeslage, wie der Kläger meint, kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil § 158k VersVG selbst zur Zulässigkeit eines Selbstbehalts keine Aussage trifft (vgl Grassl-Palten aaO 648) und auch die Entscheidung 7 Ob 32/02k zu dieser Frage eine Prüfung der sachlich gerechtfertigten Grenzen vornahm.
4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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