Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die am 9. 11. 2000 geschlossene Ehe der Streitteile, der eine am 1. 12. 2002 geborene Tochter entstammt, wurde mit Urteil vom 10. 9. 2009, das am 21. 12. 2009 in Rechtskraft erwuchs, geschieden.
Nachdem die Ehegatten zu Beginn der Ehe vereinbart hatten, dass der (aus Australien stammende) Kläger eine Arbeit suchen solle, kamen sie nach Geburt der Tochter überein, dass er bis zum Kindergarteneintritt deren Betreuung und Pflege sowie die Haushaltsführung übernehmen solle, was er vorerst auch tat. Er lebte über die Jahre völlig isoliert und hatte wenig Kontakt zur Außenwelt. Sein Verhalten veränderte sich zunehmend, wenn er Alkohol konsumiert hatte. Nachdem der Kläger am 11. 5. 2006 die Beklagte und die Tochter mit dem Umbringen bedroht hatte, wurde er verhaftet und befand sich bis 25. 7. 2006 in Untersuchungshaft. Es stellte sich heraus, dass beim Kläger seit zumindest Anfang 2006 ein psychotisches Zustandsbild und eine geistige Störung mit paranoiden Wahnideen vorliegt, die ihn daran hindert, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Durch eine entsprechende Behandlung könnte zwar eine Besserung der Symptomatik erzielt werden. Beim Kläger besteht allerdings keine Krankheitseinsicht und keine Behandlungsbereitschaft, was im Wesen seiner Erkrankung liegt.
Vom 28. 11. 2006 bis 4. 5. 2007 nutzte der Kläger die frühere Ehewohnung alleine bis im Zuge des Scheidungsverfahrens eine Wegweiseanordnung und ein Rückkehrverbot erlassen wurden. Die Kosten für die Wohnung bezahlte die Beklagte, und zwar Betriebskosten von monatlich 132,63 EUR, Stromkosten von vierteljährlich zumindest 174 EUR und die Prämie für eine Haushaltsversicherung von monatlich 120 EUR. Bis zum 1. 7. 2009 hatte sie weiters an Kreditrückzahlungen für die Ehewohnung vierteljährlich 488,06 EUR und monatlich 51,34 EUR zu zahlen.
Nach seiner Wegweisung benutzte der Kläger teilweise eine unbebaute Liegenschaft der Beklagten als „Hauptwohnsitz“, wofür er ein Zelt aufstellte.
Die Beklagte verfügte im Zeitraum vom 11. 5. 2006 bis zum 30. 6. 2007 über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 3.066,09 EUR, vom 1. 7. 2007 bis zum 30. 6. 2009 von 3.132,80 EUR und ab 1. 7. 2009 von 3.307,16 EUR. Im gesamten Zeitraum erhielt sie zusätzlich eine Lehrauftragsremuneration von 1.500 bis 2.000 EUR pro Semester. Weiters erhielt sie bis zum 1. 7. 2007 eine Aufwandsentschädigung von 83,61 EUR und ab 1. 7. 2007 von 88,92 EUR; dazu eine Kinderzulage von 14,50 EUR [gemeint offenbar jeweils im Monat].
Der Kläger begehrte Unterhalt ab 11. 5. 2006 in Höhe von monatlich 870 EUR. Die Beklagte verdiene zumindest 3.000 EUR netto im Monat, wogegen er nicht arbeitsfähig sei.
Die Beklagte wandte - soweit dies im aktuellen Verfahrensstadium noch von Belang ist - im Wesentlichen ein, der Kläger habe durch sein Verhalten einen Zustand geschaffen, in dem ihr das Zusammenleben nicht mehr zumutbar sei. Angesichts der Umstände könne er keineswegs den gesamten nach der üblichen Prozentmethode berechneten Unterhalt verlangen. Durch die Zurverfügungstellung der Ehewohnung habe sie im Übrigen erheblichen Naturalunterhalt geleistet.
Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger monatliche Unterhaltsbeträge von 855 EUR für die Zeit vom 11. 5. 2006 bis 27. 11. 2006, von 765 EUR vom 28. 11. 2006 bis 4. 5. 2007, von 855 EUR vom 5. 5. 2007 bis zum 30. 6. 2007 und von 870 EUR ab 1. 7. 2007 zu zahlen. Gemäß § 94 Abs 2 Satz 3 ABGB stehe ein Unterhaltsanspruch auch jenem Ehegatten zu, der keinen ausreichenden Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung zu leisten im Stande sei. Die Unterhaltshöhe orientiere sich an den für den Unterhalt des Haushaltsführers geltenden Durchschnittsquoten von 33 % des Nettoeinkommens des unterhaltspflichtigen Ehegatten abzüglich 4 Prozentpunkten für die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber der Tochter, sodass dem Kläger insgesamt für die Zeit der aufrechten Ehe Unterhalt in Höhe von 29 % der Bemessungsgrundlage zustünde. Als Bemessungsgrundlage sei das jeweilige Nettoeinkommen in den einzelnen zeitlichen Abschnitten zuzüglich der anteiligen durchschnittlichen Lehrauftragsremuneration abzüglich der Hälfte der Kosten zum Erhalt der Ehewohnung, der Kinderzulage und der Aufwandsentschädigung heranzuziehen. Für die Zeit des alleinigen Bewohnens der Ehewohnung durch den Kläger, während der der Beklagten ein Verbleib in der Wohnung unzumutbar gewesen sei, seien die gesamten Zahlungen der Klägerin für die Wohnung von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Kein Abzug komme hingegen für die von der Beklagten zu zahlenden Kosten eines Krankenhausaufenthalts des Klägers in Betracht, zumal es sich hiebei um einen eigens abzudeckenden Sonderbedarf handle. Der Unterhaltsanspruch sei auf die Zeit bis zur rechtskräftigen Scheidung beschränkt.
Das Berufungsgericht änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, dass es die Unterhaltsverpflichtung für die Zeiträume 26. 7. 2006 bis 27. 11. 2006 und 1. 7. 2007 bis 30. 6. 2009 mit monatlich 390 EUR, für den Zeitraum 1. 7. 2009 bis 20. 12. 2009 mit monatlich 75 EUR festsetzte, wogegen es das darüber hinausgehende Klagebegehren abwies; die ordentliche Revision erklärte es für zulässig. Im Tatsachenbereich ergänzte es die Feststellungen - ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - dahin, dass der Kläger „zu Beginn des Bemessungszeitraums“ über ein Barvermögen in Höhe von 21.322,05 EUR verfügt habe, das aus einer Zahlung seiner Schwester resultiere, die diese im Hinblick auf seine Festnahme geleistet und dabei der Beklagten ihre (weitere) finanzielle Unterstützung zugesagt habe. Rechtlich beurteilte das Gericht zweiter Instanz den seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Sachverhalt dahin, dass dem Kläger grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 29 % der Bemessungsgrundlage zustehe, wobei keine Bedenken dagegen bestünden, die festgestellte Lehrauftragsremuneration von 1.500 bis 2.000 EUR pro Semester als Nettoeinkommen zu berücksichtigen. Der aus der Ganztagsbetreuung des Kindes seit 2007 erwachsende finanzielle Aufwand sei nicht als Abzugsposten zu berücksichtigen, resultiere er doch aus der nach der Geburt des Kindes getroffenen Vereinbarung der Streitteile. Der Unterhaltsberechtigte bedürfe allerdings nicht des gesamten (prozentuell berechneten) Geldunterhalts, wenn er - in bestimmten Perioden - nicht für die Kosten der Wohnversorgung und/oder der Verköstigung aufzukommen gehabt habe. So habe sich etwa der Lebensbedarf des Klägers während der Zeit seiner Untersuchungshaft so deutlich reduziert, dass mit einem Taschengeld das Auslangen gefunden habe werden können. Auch die dem Kläger durch die alleinige Nutzung der Ehewohnung zwischen 28. 11. 2006 und 4. 5. 2007 zugekommenen Naturalleistungen seien vom an sich geschuldeten Geldunterhaltsbetrag in Abzug zu bringen, nicht aber von der Unterhaltsbemessungsgrundlage. Bei diesem Abzug seien die Kreditrückzahlungen sowie sämtliche weitere Aufwendungen für die Wohnung im entsprechenden Zeitraum zu berücksichtigen. Gleiches gelte für die Zeit vom 4. 5. bis 30. 6. 2007, während der der Beklagten im Hinblick auf die Bedrohung durch den Kläger bis zur Zustellung der rechtskräftigen Entscheidung über das Betretungs- und Rückkehrverbot eine Rückkehr in die Wohnung nicht habe zugemutet werden können. Im Zeitraum vom 26. 7. bis 27. 11. 2006, in dem der Kläger die Wohnung aufgrund seiner Wegweisung nicht habe nutzen können, seien die halben Aufwendungen der Beklagten auf die Ehewohnung von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug zu bringen, ebenso in der Zeit von Juli 2007 bis Juni 2009. Da die Beklagte ab Juli 2009 keine Tilgungsraten mehr für die eheliche Wohnung zu zahlen gehabt habe, jedoch die unbebaute Liegenschaft unstrittigermaßen ausschließlich vom Kläger genutzt worden sei, seien die mit diesem Liegenschaftseigentum verbundenen Kreditraten als Naturalleistung wiederum von der zu erbringenden Unterhaltsleistung in Abzug zu bringen, wogegen die verbleibenden halben Aufwendungen auf die Ehewohnung weiterhin von der Bemessungsgrundlage abzuziehen seien.
Auch wenn in der Inanspruchnahme des ehelichen Unterhaltsanspruchs angesichts der psychischen Erkrankung des Klägers kein Missbrauch erblickt werden könne, lasse doch eine Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände nach Ansicht des Berufungsgerichts den Zuspruch des vollen Unterhaltsanspruchs als „unangemessen und rechtsmissbräuchlich“ erscheinen. Es seien daher auch die von seiner Schwester als Unterstützung zur Verfügung gestellten „Eigenmittel“ von rund 21.000 EUR entsprechend aliquot zu berücksichtigen. Die Zweckbestimmung, nämlich für den Lebensunterhalt des Bruders zu sorgen, lasse es als zulässig erscheinen, dieses Barvermögen bei der Unterhaltsbemessung im „Bemessungszeitraum“, also aufgeteilt auf 44 Monate, vom zu erbringenden Unterhalt in Abzug zu bringen. Der ordentliche Revisionsrekurs [gemeint wohl: die ordentliche Revision] sei zulässig, weil das Berufungsgericht in diesem Einzelfall das dem Kläger von seiner Schwester zugewandte Vermögen als von ihm heranzuziehendes Einkommen gewertet habe und somit von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.
Der vom Revisionswerber behauptete Nichtigkeitsgrund (Verspätung der Berufung) wurde vom erkennenden Senat geprüft; er liegt nicht vor. Das Urteil des Erstgerichts wurde der Beklagten (erst) am 17. 3. 2010 zugestellt.
Vorweg ist festzuhalten, dass gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dem Kläger stehe ungeachtet der auf sein (krankheitsbedingtes) Verhalten zurückgehenden Zerrüttung der Ehe gemäß § 94 Abs 2 Satz 3 ABGB ein Unterhaltsanspruch zu, der ihn in die Lage versetzt, seine - an den Lebensverhältnissen der Ehegatten orientierten - Bedürfnisse zu decken, keine Bedenken bestehen. Dem Grunde nach wird der Anspruch auch von der Revisionsgegnerin nicht mehr in Frage gestellt. Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, den von den Vorinstanzen angenommenen Prozentwert von 29 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage als Ausgangswert für die weiteren Überlegungen heranzuziehen, wobei allerdings zu betonen ist, dass bei Vorliegen „untypischer“ Begleitumstände oft erhebliche Korrekturen vorzunehmen sind (vgl nur RIS-Justiz RS0047419, bes [T17]), wie dies die Vorinstanzen im Ansatz ohnehin getan haben, wenn auch zum Teil in einer vom erkennenden Senat nicht geteilten Weise. Richtig ist es jedenfalls, bei der Unterhaltsbemessung einerseits von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und andererseits vom Bedarf des Unterhaltsberechtigten auszugehen. Steht dem Unterhaltspflichtigen aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht sein gesamtes Einkommen zur Befriedigung des eigenen Unterhalts und das seiner Familie zur Verfügung, ist von vornherein von einer niedrigeren Bemessungsgrundlage auszugehen. Werden die Lebensbedürfnisse des Unterhaltspflichtigen teilweise bereits aufgrund von Leistungen des Unterhaltspflichtigen - oder etwa der öffentlichen Hand - naturaliter befriedigt, ist ein entsprechender Abzug vom global berechneten Geldunterhaltsanspruch vorzunehmen (RIS-Justiz RS0047254, RS0080373). Im Einzelnen ergeben sich insbesondere folgende Aspekte, die vom Berufungsgericht nicht in einer dem Gesetz entsprechenden Weise berücksichtigt worden sind:
Im Zusammenhang mit der für die Berechnung des Geldunterhaltsanspruchs herangezogenen Bemessungsgrundlage haben die Vorinstanzen ohne ausreichende Deckung in den Tatsachenfeststellungen ohne Weiteres angenommen, dass die von der Beklagten bezogene Lehrveranstaltungsremuneration in Höhe von 1.500 EUR bis 2.000 EUR pro Semester einen Nettobetrag darstellt. Dafür gibt es nun aber nicht die geringsten Anhaltspunkte. Insoweit werden im fortgesetzten Verfahren nach Erörterung mit den Parteien exakte Feststellungen zu treffen sein.
Nicht gefolgt werden kann auch der Auffassung des Berufungsgerichts, die festgestellten Kosten der ganztägigen Betreuung der Tochter in einem Kindergarten von rund 5.700 EUR jährlich seien überhaupt nicht als Abzug von der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Die Argumentation des Berufungsgerichts, die Ganztagsbetreuung entspreche einer Vereinbarung der Eltern, greift schon deshalb zu kurz, weil die Vereinbarung darüber hinaus vorsah, dass der Vater ab einem bestimmten Alter des Kindes wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen werde. Ist der Vater aber nun weder in der Lage, einem Erwerb nachzugehen, noch die Tochter zu betreuen, und muss die Mutter wegen ihrer vollen Berufstätigkeit erheblich höhere Kinderbetreuungskosten aufwenden, als sie einem Alleinverdiener gewöhnlich entstehen, dessen einkommensloser Ehepartner die Kinderbetreuung übernimmt, kann es nicht zweifelhaft sein, dass dadurch ihre finanzielle Leistungsfähigkeit gegenüber den „Durchschnittsfällen“ herabgesetzt ist. Die Frage nach der Höhe der insoweit anfallenden Mehrkosten - die allenfalls auch nicht allein in den Kosten des Kindergartens bestehen - wird im weiteren Verfahren mit den Parteien zu erörtern sein; gegebenenfalls ist bei der Betragsfestsetzung letztlich § 273 ZPO anzuwenden. Dasselbe gilt für sonstige „ungewöhnliche“ Mehrkosten, die der Beklagten aufgrund der besonderen Lebensumstände, insbesondere aufgrund der bedrohlichen Situation durch das - wenn auch nicht als Verschulden zurechenbare - Verhalten des Klägers, entstanden sind.
Keine Abzugspost von der Bemessungsgrundlage bilden entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die laufenden Aufwendungen der Beklagten für die Ehewohnung. Derartige Kosten sind vielmehr regelmäßig von den die Wohnung nutzenden Familienmitgliedern zu tragen und aus dem verbleibenden Eigeneinkommen bzw dem Unterhaltsanspruch zu finanzieren. Da ein Zusammenleben mit dem Kläger in der früheren Ehewohnung nach den Feststellungen ausgeschlossen war, diente die Ehewohnung während erheblicher Zeiträume ausschließlich der Beklagten und der Tochter als Wohnmöglichkeit. Der Gedanke, derjenige, der sich der Nutzungsmöglichkeit durch sein Verhalten begebe, müsse sich seinen Kopfteil an den Wohnungskosten weiterhin anrechnen lassen (vgl etwa 9 Ob 49/04b, 6 Ob 5/08s, 2 Ob 39/08m ua), hat hier wegen der mangelnden Beherrschbarkeit des Verhaltens des Klägers aufgrund seiner psychischen Erkrankung keine Bedeutung. Dass der Beklagten während der Zeit der Nutzung durch den Kläger bzw des Leerstehens zusätzliche Wohnkosten entstanden wären, ist dem festgestellten Sachverhalt nicht zu entnehmen und wird auch von ihr nicht behauptet. Als Abzugspost kämen insoweit unter Umständen erhöhte Fahrtkosten für die Zeiten in Betracht, in denen die Beklagte auswärts wohnte und einen weiteren Arbeitsweg zurücklegen musste.
Nach entsprechender Erörterung und Verfahrensergänzung wird das Erstgericht unter Beachtung der dargelegten Ansätze die für die verschiedenen Zeiträume verbleibende endgültige Unterhaltsbemessungsgrundlage zu ermitteln haben.
Zur Frage, inwieweit die sich danach ermittelten Geldunterhaltsbeträge wegen teilweiser Deckung des Unterhaltsbedarfs des Klägers allenfalls reduzieren, ist Folgendes zu bemerken:
Zu Unrecht steht der Revisionswerber auf dem Standpunkt, er habe auch für die Zeit seiner Untersuchungshaft den vollen Geldunterhaltsanspruch, unabhängig vom konkreten Lebensbedarf. Richtig ist vielmehr, dass er in dieser Zeit keine weitergehenden Wohnbedürfnisse haben konnte, sodass die in jedem Geldunterhaltsanspruch enthaltene Wohnkostenkomponente (1 Ob 514/94) jedenfalls zu entfallen hat. Weitgehend gilt dies auch für die Verpflegungskosten, doch kann dem Kläger ein gewisser Geldbetrag zu einer den ehelichen Lebensverhältnissen einigermaßen entsprechenden Ergänzung des Nahrungsangebots nicht abgesprochen werden. Es besteht auch kein Anlass, jene Unterhaltskomponente, die für nur in größeren zeitlichen Abständen erforderliche Anschaffungen (zB Bekleidung) heranzuziehen ist, für die (nicht erhebliche) Dauer der Haft zu verweigern (vgl auch 3 Ob 536/91, RIS-Justiz RS0047429). In diesem Zusammenhang wird letztlich eine Betragsermittlung unter Anwendung des § 273 ZPO erforderlich sein.
Dass der Kläger für die Zeit des alleinigen Bewohnens der ehemaligen Ehewohnung (für etwa mehr als fünf Monate) keinen Geldbedarf zur Bestreitung von Kosten der Wohnversorgung hatte, hat das Berufungsgericht an sich richtig erkannt. Dabei ist allerdings nicht ohne weiteres jener Geldbetrag in Abzug zu bringen, der von der Beklagten in diesem Zeitraum für die Wohnung aufgewendet wurde, zumal es insbesondere häufig von Zufälligkeiten abhängt, ob und in welcher Höhe (noch) Kreditrückzahlungen zu leisten sind (vgl nur 6 Ob 5/08s, 2 Ob 39/08m, 4 Ob 42/10w). Richtigerweise ist daher in Fällen wie dem vorliegenden auf den objektiven „Mietwert“ der Wohnung abzustellen (so jüngst 2 Ob 246/09d mwN), der um die vom Unterhaltspflichtigen getragenen Betriebskosten und Energiekosten zu erhöhen ist. Dabei ist allerdings auch eine gewisse Obergrenze zu beachten, sofern der erwähnte „Gesamtmietwert“ jenen Betrag übersteigt, der dem Unterhaltsberechtigten ausgehend vom gesamten rechnerischen Geldunterhalt anteilig für die Wohnversorgung zur Verfügung steht; andernfalls bliebe dem Unterhaltsberechtigten kein ausreichender Geldbetrag für die Befriedigung seiner weiteren Bedürfnisse (7 Ob 529/93 = EvBl 1993/161, 7 Ob 550/95, 4 Ob 42/10w, 2 Ob 246/09d ua). Der für bestimmte Konstellationen entwickelte Ansatz, Rückzahlungen von für die Ehewohnung aufgenommenen Krediten zur Hälfte auf den Geldunterhaltsanspruch anzurechnen, weil mit der Schuldentilgung eheliches Vermögen geschaffen werde, welches letztlich zwischen den Ehegatten aufzuteilen sei (vgl nur 6 Ob 5/08s mwN), kann hier schon deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil der Kläger in den zu beurteilenden Zeiträumen überhaupt keine Beiträge iSd § 83 EheG leistete, sodass er auch bei einer Vermögensaufteilung am in dieser Phase eingetretenen Vermögenszuwachs nicht partizipieren kann.
Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts kann auch keine Rede davon sein, dass dem Kläger durch das (zeitweilige) Wohnen in einem Zelt auf einem unbebauten Grundstück der Beklagten ein ins Gewicht fallender Naturalunterhalt verschafft worden wäre, der wertmäßig in Abzug zu bringen wäre. Ein notdürftiges Wohnen in einem Zelt kann keine Minderung des Unterhaltsanspruchs wegen teilweiser Bedarfsdeckung begründen.
Mit Recht wendet sich der Revisionswerber gegen die aliquote Berücksichtigung von „Eigenmitteln“, die ihm zum 21. 6. 2006 in Höhe von rund 21.300 EUR auf einem Bankkonto zur Verfügung gestanden sein sollen. Feststellungen über das Vorhandensein eines solchen Geldbetrags hat das Erstgericht ebenso wenig getroffen wie über die Herkunft des Geldes bzw dessen allfällige Widmung. Das Nachholen von Feststellungen durch das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung und außerhalb einer mündlichen Verhandlung stellt einen Verfahrensmangel dar (RIS-Justiz RS0043026), der aufgrund der entsprechenden Rüge in der Revision aufzugreifen ist. Auch zu diesem Themenkomplex wird das Erstgericht nach Erörterung mit den Parteien entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Wie der letztlich festzustellende Sachverhalt rechtlich zu beurteilen sein wird, kann nicht vorweg genommen werden. Festzuhalten ist jedenfalls, dass der Unterhaltsberechtigte grundsätzlich eigenes Vermögen zur Finanzierung seines laufenden Lebensbedarfs nicht heranziehen muss (3 Ob 575/82, 10 Ob 53/00t ua). Dies gilt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch unter (vermeintlich) besonderen Umständen, wie sie in der Entscheidungsbegründung angeführt wurden.
Sollte die Beklagte im fortgesetzten Verfahren das in der Berufung angekündigte Vorbringen zu ihren Aufwendungen für die Mitversicherung des Klägers (vgl Beilage ./9) bzw den ihr vorgeschriebenen Kosten eines Krankenhausaufenthalts erstatten, werden auch dazu Feststellungen zu treffen sein. Soweit die Beklagte tatsächlich Aufwendungen für eine Krankenversicherung des Klägers getragen haben sollte, wird sich insoweit sein Geldunterhaltsanspruch für die entsprechenden Versicherungszeiten mindern, weil er sich so den Aufwand für eine eigene Krankenversicherung erspart hätte. Ob bzw inwieweit Kosten einer Spitalsbehandlung als unterhaltsrechtlicher Sonderbedarf zu behandeln und vom Unterhaltspflichtigen zusätzlich zum laufenden Unterhalt zu tragen sind, hängt insbesondere auch von der Höhe des (rechnerischen) Unterhaltsanspruchs ab, der noch nicht ausreichend geklärt ist (zum „Deckungsmangel“ jüngst etwa 3 Ob 144/10p). Entscheidend wird vor allem sein, ob und in welcher Höhe die Beklagte überhaupt mit den Kosten des Krankenhausaufenthalts belastet war oder ob diese von der Krankenversicherung beglichen wurden.
Das Erstgericht wird daher im aufgezeigten Sinne das Verfahren zu ergänzen und neu zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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