European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0010OB00020.13T.0429.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung
Das Erstgericht entzog dem Vater die Obsorge für beide Minderjährigen und übertrug diese allein der Mutter. Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Vaters teilweise Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass es den Vater mit der alleinigen Obsorge für K***** betraute, und bestätigte dessen Entscheidung hinsichtlich J*****.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters, der keine Rechtsfragen von der Erheblichkeit des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigt.
1. Ein Aufhebungsgrund im Sinn des § 58 Abs 4 Z 1 AußStrG und damit ein Revisionsrekursgrund nach § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG läge vor, wenn die Ablehnung des Erstrichters durch den Vater erfolgreich gewesen wäre (vgl RIS‑Justiz RS0042046 [T4]; RS0007462). Mittlerweile sind aber auch dessen weitere Ablehnungsanträge rechtskräftig (mit inhaltlicher Begründung) zurückgewiesen worden. Ein im Revisionsrekursverfahren noch zu berücksichtigender Verfahrensmangel ist damit nicht gegeben (vgl RIS‑Justiz RS0046044).
2.1 Die Bestimmungen der ZPO über die Ablehnung von Sachverständigen finden auch im Außerstreitverfahren Anwendung (RIS‑Justiz RS0040722). Danach kann ein Sachverständiger unter den Voraussetzungen des § 355 Abs 2 zweiter Satz ZPO zwar auch noch im Verfahren zweiter Instanz abgelehnt werden (RIS‑Justiz RS0040667). In einem solchen Fall würde das Rekursgericht funktionell als erste Instanz über die Ablehnung entscheiden und der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof wäre zulässig. Einen solchen Fall macht der Revisionsrekurswerber aber gar nicht geltend, wenn er ‑ im Übrigen unzutreffend ‑ behauptet, das Rekursgericht hätte über seinen in erster Instanz gestellten Antrag auf Ablehnung der Sachverständigen erstmals entschieden. Das Rekursgericht hat zu Recht eine inhaltliche Entscheidung des Erstgerichts über den vom Vater gestellten Ablehnungsantrag angenommen und die von diesem gerügte Verwerfung der Ablehnung der Sachverständigen und damit das Vorliegen eines Verfahrensmangels erster Instanz begründet verneint. Auch im Verfahren außer Streitsachen gilt, dass eine vom Rekursgericht verneinte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS‑Justiz RS0030748; RS0050037). Eine Beeinträchtigung der Interessen von J*****, die zur Durchbrechung dieses Grundsatzes führen könnte, ist bei dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht erkennbar.
2.2 Der Oberste Gerichtshof ist nicht
Tatsacheninstanz. Dieser Grundsatz gilt auch im Verfahren außer Streitsachen. Soweit sich der Vater inhaltlich gegen die von den Tatsacheninstanzen ihren Entscheidungen zugrunde gelegte Sachverständigengutachten wendet, spricht er Fragen der Beweiswürdigung an, die vom Obersten Gerichtshof daher nicht mehr überprüft werden können (RIS‑Justiz RS0007236 [T2, T3 und T4]).
3.1 Die Entscheidung über die Übertragung der Obsorge an einen Elternteil ist immer eine solche des Einzelfalls. Ihr kommt regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zu, wenn dabei ausreichend auf das Kindeswohl Bedacht genommen wurde (RIS‑Justiz RS0115719; RS0007101). Eine Fehlbeurteilung dieser Frage durch das Rekursgericht, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste, liegt nicht vor.
3.2 Die Forderung nach Kontinuität der Lebensverhältnisse entspringt dem Gedanken des Kindeswohls, weil nach der Lebenserfahrung Stetigkeit und Dauer Grundbedingungen für eine erfolgreiche und damit dem Wohl des Kindes dienende Erziehung sind (RIS‑Justiz RS0047928). Die Entscheidung des Rekursgerichts trägt diesem Grundsatz Rechnung und entspricht damit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Nach der Aktenlage ist die Mutter zweifellos die Hauptbezugsperson für die Minderjährige. Ihre Erziehungsfähigkeit ist nach den Feststellungen uneingeschränkt gegeben. Soweit der Vater offensichtlich aus der Obsorgeübertragung hinsichtlich seiner Tochter K***** ableitet, auch seine Erziehungsfähigkeit sei erwiesen, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt, aus dem sich gerade Gegenteiliges ergibt. Dass ihm das Rekursgericht dessen ungeachtet die Obsorge über seine ältere Tochter übertrug, trägt ausschließlich dem Willen der mündig Minderjährigen Rechnung (vgl RIS‑Justiz RS0115962), ist aber nicht Ausdruck seiner persönlichen Eignung.
Der unzulässige Revisionsrekurs ist damit zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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