European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00180.15Z.0917.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshofs nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig. Die Zurückweisung des Revisionsrekurses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 Satz 4 AußStrG).
1. Dass zu einer konkreten Fallgestaltung keine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht, begründet unter anderem dann keine erhebliche Rechtsfrage, wenn die relevanten rechtlichen Grundsätze in der Rechtsprechung des Höchstgerichts geklärt sind. Das ist hier der Fall. Die Begründung des Rekursgerichts, dass zu den Besonderheiten des vorliegenden Falls („des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens [...] eines geldunterhaltspflichtigen Elternteils in seiner Stellung als Mitgesellschafter einer in Form einer GmbH gekleideten Rechtsanwaltsgesellschaft“) noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege, spricht gerade gegen die Notwendigkeit einer richtungsweisenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (vgl RIS‑Justiz RS0042405 [T1]; RS0102181 [T15]). Auch sonst wird im Revisionsrekurs keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgezeigt.
2. Der vom Vater inhaltlich angesprochene Verfahrensmangel erster Instanz, weil zwei Zeugen vom Erstgericht nicht einvernommen worden seien, wurde bereits vom Rekursgericht begründet verneint. Auch im Außerstreitverfahren gilt, dass eine vom Rekursgericht verneinte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS‑Justiz RS0050037).
3. Zur Berücksichtigung von Kredit-verbindlichkeiten bei der Ermittlung der Höhe der Unterhaltsbemessungsgrundlage besteht eine ständige Rechtsprechung dahin, dass Kreditrückzahlungsraten grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Kreditrückzahlungen verringern die Unterhaltsbemessungsgrundlage daher nur ausnahmsweise, so insbesondere, wenn sie zur Bestreitung existenznotwendiger Aufwendungen oder unabwendbarer außergewöhnlicher Belastungen dienen (RIS‑Justiz RS0007202 [T10, T11]; RS0047491; RS0047508). Für eine Interessenabwägung, inwieweit Schulden eine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage darstellen, sind der Zeitpunkt und die Art der Entstehung, der Zweck, für den sie aufgenommen worden sind, das Einverständnis des Ehepartners zu dieser Schuldaufnahme, die Dringlichkeit der Bedürfnisse des Unterhaltspflichtigen und des Unterhaltsberechtigten sowie das Interesse an einer Schuldentilgung, um die Verbindlichkeit nicht weiter anwachsen zu lassen und dadurch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen weiter herabzudrücken, maßgebend. Eine Berücksichtigung von Schulden ist unter diesen Gesichtspunkten nach billigem Ermessen vorzunehmen (RIS‑Justiz RS0079451). Besondere Umstände, die einen Abzug ermöglichen, hätte der Vater darzulegen (RIS‑Justiz RS0007202 [T2]; RS0047491 [T1]). Ob und in welchem Ausmaß bei einem Unterhaltspflichtigen berücksichtigungs-würdige Kreditverbindlichkeiten vorliegen, wirft in der Regel keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0007202 [T8]; RS0079451 [T9]).
Die Liegenschaft, auf der sich die ehemalige Ehewohnung befindet und die der Vater im Zuge des Scheidungsverfahrens übertragen erhielt, dient nicht mehr der Deckung seines Wohnbedarfs. Er ist dort nur noch aus steuerrechtlichen Gründen gemeldet. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass es sich beim Haus damit um ein Vermögensobjekt handelt und die Kreditverbindlichkeiten nicht als Abzugspost anzusetzen seien, ist nicht zu beanstanden. Selbst wenn es für das im Umland der Bundeshauptstadt liegende Grundstück „keinen Käufermarkt“ geben sollte, liegen keine tauglichen Gründe für die Berücksichtigung der ‑ im Revisionsrekurs nicht näher genannten ‑ Kreditraten vor.
4. Als Unterhaltsbemessungsgrundlage ist der tatsächlich verbliebene Reingewinn heranzuziehen, wie er sich aus den realen Einnahmen nach Abzug realer Betriebsausgaben sowie der Zahlungspflicht für einkommens- und betriebsgebundene Steuern und öffentliche Abgaben ergibt. Für selbständige Unternehmer, die Unterhaltsschuldner sind, gilt jedoch grundsätzlich, dass auch Rücklagen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sind. Derartige Rücklagen sind vermögensbildend und erhöhen den Wert des Unternehmens. Dies kann dann nicht zu Lasten des Unterhaltsberechtigten gehen, wenn keine unternehmerischen Gründe für eine Rücklagenbildung sprechen. Werden etwa Gewinne einer KG (oder GmbH) freiwillig nicht ausgeschüttet, ist dies nicht als jedenfalls gerechtfertigt und damit unterhaltsmindernd anzusehen, weil die Belassung von Kapital in einem Unternehmen nicht unbedingt eine besonders gewinnbringende Art der Kapitalveranlagung sei (3 Ob 134/10t mwN). Investitionen zur Schaffung einer zusätzlichen Erwerbsmöglichkeit können unter bestimmten Voraussetzungen als Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage anerkannt werden (RIS‑Justiz RS0106933). Maßgebend dafür sind die Marktlage sowie eine realistische Zukunftsprognose und die Frage nach Einhaltung des Maßstabs eines pflichtbewussten Elternteils in der Lage des Unterhaltspflichtigen (RIS‑Justiz RS0047421; RS0047590; 8 Ob 63/13t = RS0106933 [T3]).
Auch im Bereich des vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahrens außer Streitsachen sind subjektive Behauptungs‑ und Beweislastregeln jedenfalls dann heranzuziehen, wenn über vermögensrechtliche Ansprüche, in denen sich die Parteien in verschiedenen Rollen gegenüberstehen, zu entscheiden ist. Der Unterhaltspflichtige hat die seine Unterhaltsverpflichtungen aufhebenden oder verminderten Umstände zu behaupten und zu beweisen. Im Zweifel ist behauptungs‑ und beweispflichtig, wem die Beweise leichter zugänglich sind (RIS‑Justiz RS0006261 [T1, T8, T10]; vgl 10 Ob 2416/96h = RS0008752 [T6]).
Konkrete Gründe, warum die vom Sachverständigen ermittelten Reingewinne, die das Erstgericht seinen Feststellungen zugrunde legte, zu thesaurieren gewesen wären, führt der Vater im Revisionsrekurs nicht an. Mit seinen vagen Behauptungen, aufgrund einer „Vielzahl von Abspaltungen, Umgründungen und der derzeitigen Banksituation [könne] nicht einfach auf 'Kredit' ausgeschüttet werden“, es hätten „hohe Geldmittel aufgewendet werden“ müssen, im Rahmen einer Spaltung habe ein Gesellschafter „offene Posten mitgenommen“, diese Spaltung habe „einen großen Schaden und auch ein großes finanzielles Risiko“ hinterlassen und „aufgrund der Abspaltung und des hohen Finanzierungsaufwands“ sei eine vollständige Ausschüttung eines möglichen Gewinnanspruchs nicht möglich gewesen, legt er nicht näher dar, dass eine Thesaurierung aus unternehmerischen Gründen überhaupt notwendig gewesen ist.
Die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung haben Anspruch auf Ausschüttung des gesamten Jahresgewinns nach dem Verhältnis der einbezahlten Stammeinlagen. Der gesamte Jahresgewinn einschließlich eines allfälligen Gewinnvortrags ist unter den Gesellschaftern zu verteilen. Ein Beschluss über die Ergebnisverwendung ist nur dort zu fassen, wo der Gesellschaftsvertrag dies besonders vorsieht. Auf diesem Weg können die Gesellschafter vom Grundsatz der „Vollausschüttung“ abweichen. Es liegt dann in ihrer Entscheidungsmacht, ob sie ihren Interessen auf Gewinnausschüttung Rechnung tragen wollen oder im Interesse der Gesellschaft eine kaufmännisch gebotene Rücklagenbildung vornehmen (3 Ob 134/10t mwN).
Der Vater behauptet nicht, dass es einen Thesaurierungsbeschluss der Gesellschafter gab. Er war bereits 2012 mit einem Geschäftsanteil, dem 96,08 % des Stammkapitals der GmbH entsprechen, beteiligt. In diesem Jahr trat er 27 % der Geschäftsanteile an seine jetzige Ehefrau ab, die zuletzt nur zusammen mit ihm an der Rechtsanwälte‑GmbH beteiligt ist. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass für die Gewinnverteilung ein einstimmiger Beschluss der Gesellschafter gefasst werden muss (was sich aus den vorgelegten Gesellschaftsverträgen nicht ergibt), wies das Rekursgericht zutreffend darauf hin, dass der Unterhaltsschuldner als pflichtbewusster Familienvater jedenfalls verpflichtet war, auf seine Mitgesellschafter und seine nunmehr alleinige Mitgesellschafterin (Ehefrau) dahin hinzuwirken, dass er seiner Unterhaltspflicht nachkommen kann. Wenn er meint, er könne von seiner Ehefrau und alleinigen Mitgesellschafterin nicht verlangen, dass sie ihr „eigenes Versorgungsinteresse“ und das der gemeinsamen Kinder hintanstelle, spricht gerade dieser Umstand für die Ausschüttung, hätten doch diese Personen von einbehaltenen Gesellschaftsgewinnen nichts. Dass die Mitgesellschafter - trotz Einwirkens ‑ einer vermehrten Gewinnausschüttung „aus haftungstechnischen Gründen“ nicht zugestimmt hätten, wird erstmals im Revisionsrekurs behauptet und ist eine unbeachtliche Neuerung (§ 66 Abs 2 AußStrG). Welche „Kapitalvorschriften oder Kapitalausstattungsvorschriften“ durch die Ausschüttung verletzt würden, wird nicht aufgezeigt.
5. Der Vater erzielt ein überdurchschnittlich hohes Einkommen, weshalb die Prozentkomponente bei Ausmessung des Kindesunterhalts nicht voll auszuschöpfen ist. Es sind den Kindern Unterhaltsbeträge zuzusprechen, die zur Deckung ihrer ‑ an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen orientierten ‑ Lebensbedürfnisse erforderlich sind (RIS‑Justiz RS0007138). Zur Vermeidung einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung ist in einem solchen Fall eine Angemessenheitsgrenze als Unterhaltsstopp zu setzen (RIS‑Justiz RS0047447; RS0007138 [T20]). Bei überdurchschnittlichem Einkommen des Unterhaltspflichtigen wird diese „Luxusgrenze“ im Allgemeinen als im Bereich des Zwei‑ bis Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs liegend angenommen, wobei überwiegend die Meinung vertreten wird, dass dies keine absolute Obergrenze darstellt (RIS‑Justiz RS0007138 [T15]). Wann und zu welchen Voraussetzungen ein „Unterhaltsstopp“ zur Vermeidung einer Überalimentierung anzunehmen ist, ist keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS‑Justiz RS0007138 [T16, T17]). Die Ausmittlung der konkreten Unterhaltsbeträge unter Berücksichtigung der „Luxusgrenze“ hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Weicht ‑ wie hier ‑ eine Unterhaltsvereinbarung vom gesetzlichen Unterhalt ab und sind die von den Parteien zugrunde gelegten Bemessungsfaktoren („Vergleichsrelationen“) erkennbar, dann sind diese Bemessungsfaktoren auch bei der Anpassung bei der Unterhaltsvereinbarung an die geänderten Verhältnisse vorrangig zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0019018 [T15]). Dem pflegschaftsgerichtlich genehmigten Unterhaltsvergleich im Scheidungsverfahren lag zugrunde, dass den Kindern Unterhalt im Ausmaß des Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs unter Anrechnung der von der Mutter bezogenen Familienbeihilfe zur Verfügung gestellt werden sollte. Die Beurteilung der Vorinstanzen, aus dieser Vereinbarung sei ableitbar, dass den Kindern beim festgestellten Nettoeinkommen des Vaters das Zweieinhalbfache des Regelbedarfs (unter Berücksichtigung der Familienbeihilfe) auch in der Zukunft gesichert werden sollte, ist nicht korrekturbedürftig.
6. Der Revisionsrekurs des Vaters ist daher zurückzuweisen.
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