European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00160.23W.0130.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiete: Internationales Privat- und Zivilverfahrensrecht, Unionsrecht, Unternehmens-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
[1] Die Klägerin ist eine auf den Britischen Jungferninseln (British Virgin Islands) registrierte Gesellschaft. Ihr Gesellschaftszweck besteht in der Verwaltung des eigenen Vermögens. Ihr wirtschaftlicher Eigentümer ist der russische Staatsbürger A* K*. Dieser hatte sich 2015 in Wien eine Wohnung gekauft und im Jänner 2016 eine Aufenthaltserlaubnis für Österreich erhalten. Geschäftsführer der Klägerin waren ab 2016 G* N* und V* K*, ab 2019 zusätzlich der in Liechtenstein zugelassene Rechtsanwalt und Treuhänder Dr. T* N*. G* N* und Dr. T* N* sind Angestellte einer in Liechtenstein ansässigen Treuhand- und Verwaltungsanstalt, die tatsächlich die Vermögensverwaltung der Klägerin führt.
[2] In den Jahren 2016 und 2017 investierte die Klägerin insgesamt 14,5 Mio USD in die P* Fund I Ltd (kurz PGP Fund I). Davon gewährte sie dieser Gesellschaft 3,5 Mio USD als „Darlehen“. Dem wirtschaftlichen Eigentümer der Klägerin war wichtig, dass der PGP Fund I eine Vertretung in Wien hat; dessen „Director“ S* H* verwies ihn darauf, dass es den Zweitbeklagten als „Director“ in Österreich gebe.
[3] Der PGP Fund I war eine seit März 2014 auf den Cayman Islands registrierte Fondsgesellschaft, deren „Director“ von Beginn an S* H* war. Aufgrund des „Investment‑Managementvertrags“ war die ebenfalls auf den Cayman Islands domizilierte Gesellschaft P* Ltd als „Investment Manager“ – „vorbehaltlich der Gesamtkontrolle und ‑aufsicht des Verwaltungsrates“ – damit betraut, „das Portfolio nach seinem eigenen Ermessen in Verfolgung des Anlagezieles und unter Einhaltung der Anlagebeschränkungen“ zu verwalten und zu investieren, und etwa berechtigt, „Anlagen zu kaufen, zu erwerben, zu akquirieren, zu verkaufen ..., Wertpapierleihen und Einlagen zu tätigen ..., Transaktionen durchzuführen, unabhängig davon, ob sie an einem anerkannten Markt oder einer Börse gehandelt werden oder nicht ..., falls vom Fonds gefordert, Darlehensvereinbarungen zu verhandeln und, falls vom Fonds genehmigt, diese Vereinbarungen umzusetzen“ (Punkt 3). In Punkt 6 enthält der „Investment‑Managementvertrag“ die Ermächtigung des Managers, seine Funktionen, Befugnisse und Pflichten an eine beliebige Person zu delegieren. Punkt 8.1 regelt, dass der „Investment Manager“ keine Kundengelder halten und auch keine Beteiligungen oder sonstigen Vermögenswerte des Fonds und solche auch nicht besitzen wird. Geschäftsführer („Director“) dieser Managementgesellschaft waren S* H* und eine weitere Person.
[4] Die Erstbeklagte ist eine österreichische Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung.
[5] Der Zweitbeklagte ist (österreichischer) Rechtsanwalt und geschäftsführender Gesellschafter der Erstbeklagten. Von Frühjahr 2015 bis Oktober 2018 war er neben S* H* „Director“ des PGP Fund I. S* H* hatte den Zweitbeklagten im Frühjahr 2015 gefragt, ob er bereit wäre, die Funktion eines „Non-Executive Directors“ zu übernehmen, und ausgeführt, dass der Fonds in Europa mehr Aktivitäten entfalten, mehr Immobilientransaktionen abwickeln und (dazu) die Expertise des Zweitbeklagten in einer beratenden Funktion ins Board des Fonds geholt werden soll. Aus Anlass der dann erfolgten Ernennung des Zweitbeklagten zum „Director“ wurde eine „Charta of the Non-Executive Director of the P* Fund I Ltd“ (Charta des nicht-geschäftsführenden Verwaltungsratsmitglieds der P* Fund I Ltd) erstellt. Darin ist festgehalten, dass sich die Rolle des Zweitbeklagten auf die eines nicht geschäftsführenden, unabhängigen Verwaltungsratsmitglieds beschränkt und er in keiner Angelegenheit in das operative Geschäft des Fonds involviert sein und/oder operative Aufgaben übernehmen soll. Der Zweitbeklagte hat die Klägerin nicht auf die Einschränkung seines Geschäftsbereichs hingewiesen. Dass im Fall der Aufklärung über diese Tatsache die Klägerin den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen hätte, ist nicht feststellbar.
[6] Nachdem ein ursprünglich geplantes Investment der Klägerin in Form eines Darlehens direkt an die lokale Projektgesellschaft und Liegenschaftseigentümerin PGP * Inc, eine 100%ige Tochtergesellschaft des PGP Fund I mit Sitz in Kanada, als Darlehensnehmerin im Februar 2017 nicht zustande gekommen war, wurde der Zweitbeklagte Anfang März 2017 von S* H* über die zwischen diesem mit A* K* getroffene Einigung informiert, wonach nunmehr Darlehensnehmer der PGP Fund I sein soll. Die Verträge wurden von der Erstbeklagten entsprechend der neuen Vereinbarung geändert, versendet und in der Folge noch überarbeitet.
[7] Am 22. 3. 2017 unterzeichneten die Klägerin und der PGP Fund I einen Gewinnbeteiligungsvertrag. Dieser hat auszugsweise folgenden Inhalt:
„2.2 Verwendung
Das Kapital wird von PGP verwendet, um die Liegenschaft direkt und/oder indirekt zu erwerben, zu halten, instandzuhalten, zu betreiben, zu verbessern, auszubauen, zu renovieren, zu erweitern, zu entwickeln, zu nutzen, zu finanzieren, zu verwalten und zu veräußern, sowie um alle mit den vorgenannten Tätigkeiten verbundenen oder einhergehenden Tätigkeiten wahrzunehmen [...].
2.3 Zahlung
Die Zahlung des Kapitals erfolgt spesen- und abzugsfrei auf ein von PGP in der Inanspruchnahmeanzeige bezeichnetes Konto (wofür ungeachtet Klausel 8 dieses Vertrags eine E‑Mail formal ausreicht) (das 'PGP-Konto').“
[8] Die Unterfertigung des Vertrags durch S* H* (für den PGP Fund I) erfolgte in der Kanzlei der Erstbeklagten. Im Zuge dessen bat diesen ein Geschäftsführer der Erstbeklagten um die Kontodaten für die Überweisung des Darlehensbetrags. S* H* übermittelte daraufhin ein E‑Mail an den Geschäftsführer der Erstbeklagten, worin er folgende Daten nannte: „P*, *bank, ABA Routing# ..., Account# ..., SWIFT code: *“. Der Geschäftsführer der Erstbeklagten kopierte diese Daten und setzte sie in ein E‑Mail ein, das er an Dr. T* N* und dessen Mitarbeiterin richtete. Gesendet wurde dieses Mail vom Account des Zweitbeklagten, auf den der Geschäftsführer der Erstbeklagten – in Absprache mit dem Zweitbeklagten – Zugriff hatte.
[9] Bei diesem Konto handelt es sich nicht um eines des PGP Fund I, sondern um eines der P* LLC, einer Gesellschaft mit Sitz in New York. Diese Gesellschaft war vom Fondsmanager („Investment Manager“) als „(On-Shore) Investmentmanager“ subbeauftragt worden. Der Geschäftsführer der Erstbeklagten kannte dieses Konto, weiles bereits für Fondstätigkeiten verwendet worden war. Auch dem Zweitbeklagten war das Konto aus Transaktionen bekannt. Dass die Bekanntgabe des Kontos des „On‑Shore‑Managers“ insbesondere mit Nennung des Kontoinhabers ohne den identifizierenden Zusatz „LLC“ durch die Beklagten in der Absicht erfolgte, die Klägerin über die Identität des Empfängers des Geldes in die Irre zu führen und dadurch zu schädigen, kann nicht festgestellt werden. Dem Zweitbeklagten erschien es plausibel, dass der (US‑amerikanische) „On‑Shore‑Manager“ für die in Kanada stattfindende Transaktion als Empfänger verwendet wird.
[10] Auf das genannte Konto überwies die Klägerin den Darlehensbetrag (von 3,5 Mio USD). Zuvor wurde noch der Anteilsverpfändungsvertrag vom 28. 3. 2017 zwischen dem PGP Fund I, der Klägerin und der kanadischen PGP * Inc geschlossen, aufgrund dessen die Anteile an der PGP * Inc an die Klägerin verpfändet wurden. Unterfertigt wurde der Vertrag vom Zweitbeklagten für den PGP Fund I und von S* H* für die PGP * Inc.
[11] Hätte die Klägerin nicht das gegenständliche Investment vorgenommen, hätte sie den Betrag von 3,5 Mio USD in einanderes Projekt investiert. Wie sich dieses (andere) Projekt entwickelt hätte, kann nicht festgestellt werden.
[12] „Es kann nicht festgestellt werden, dass die klagende Partei keinen Verlust erlitten hätte, wenn der Darlehensbetrag direkt auf das Konto des Vertragspartners, sohin des PGP Fund I, überwiesen worden wäre.“ Nicht feststellbar ist, dass im Fall der Überweisung auf ein Konto bei einer EWR‑Bank diese eine Geldwäscheverdachtsmeldung erstattet hätte.
[13] Der PGP Fund I geriet bereits 2017 mit den Zinszahlungen an die Klägerin in Verzug. Nach dem Verkauf der in Toronto gelegenen „*“‑Liegenschaft Anfang 2019 wurde über das Vermögen des PGP Fund I ein Insolvenzverfahren auf den Cayman Islands eröffnet. Aus dieser Insolvenz erhielt die Klägerin bislang keine Zahlungen.
[14] Die Klägerinbegehrt von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von 3,5 Mio USD. Trotz Absicherung ihres „*“‑Investments durch die an sie erfolgte Verpfändung der Anteile des PGP Fund I an dessen Tochtergesellschaft, die Eigentümerin der „*“‑Liegenschaft gewesen sei, habe sie aus dem Erlös des von den finanzierenden Banken betriebenen Verkaufs dieser Liegenschaft nichts erhalten. Die Werbung der Beklagten mit ihrer Stellung als Rechtsanwälte habe besonderes Vertrauen in die Seriosität und Verlässlichkeit des Geschäftsmodells und der Prospekte geschaffen und bei ihr auch tatsächlich erzeugt. Die Beklagten hätten als Rechtsanwälte besondere Warn‑, Aufklärungs‑ und Informationspflichten getroffen. Das vom Zweitbeklagten genannte Empfängerkonto sei keines des PGP Fund I gewesen, sondern habe auf eine „P* LLC“ gelautet, die weder mit dem PGP Fund I noch mit der (kanadischen) PGP * Inc zu tun gehabt habe. Der Darlehensbetrag sei daher nicht beim Investitionsvehikel angekommen. Dies hätten die Beklagten listig veranlasst. Wäre sie darüber aufgeklärt worden, hätte sie nicht investiert. Alternativ hätte sie in andere (näher genannte) Projekte investiert oder den Betrag auf dem Sparkonto belassen. Die Beklagten hätten auch gegen § 8b Abs 3 RAO verstoßen. Wäre die Zahlungsabwicklung gemäß dieser Bestimmung über das Konto einer EWR‑Bank sichergestellt worden, hätte diese eine Geldwäscheverdachtsmeldung erstattet und die Darlehensmittel wären nicht verschwunden.
[15] Die Beklagten wendeten – soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz – ein, der Zweitbeklagte habe das Investment der Klägerin nicht angebahnt, weder bei der Klägerin dafür geworben noch diese darauf aufmerksam gemacht. Beidewären nur als anwaltliche Vertreter von „P*“ gegenüber der Klägerin aufgetreten, hätten Informationen weitergeleitet, die Informationsbroschüren aber nicht erstellt und seien darin nicht in Erscheinung getreten. Als Rechtsberater von „P*“ hätten sie nur die Verträge zu verfassen, insbesondere das Pfandrecht der Klägerin wirksam zu begründen gehabt. Die Organfunktion des Zweitbeklagten beim PGP Fund I habe sich auf die eines „Non-Executive Directors“ beschränkt. Nach dem Recht der Cayman Islands sei ein „Director“ nur der Gesellschaft verpflichtet, hafte aber nicht den Gesellschaftsgläubigern. Die Verhandlungen über die Konditionen des Investments in den PGP Fund I habe A* K* ausschließlich mit S* H* geführt. Die Investitionsentscheidung der Klägerin habe nichts mit einem Vertrauen in sie beide zu tun gehabt. Auch eine Überweisung im Sinn des § 8b Abs 3 RAO hätte nicht zu einer Geldwäscheverdachtsmeldung und einer Blockade der Zahlung geführt. Anwendbar sei das Recht der British Virgin Islands, weil die Klägerin dort ihren Sitz habe und der Schaden dort eingetreten sei.
[16] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Hinsichtlich einer allfälligen Prospekthaftung sei gemäß Art 4 Abs 2 Rom II‑VO infolge des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt des Schadenseintritts – sowohl die Beklagten als auch der als wirtschaftlicher Eigentümer der Klägerin tatsächlich Geschädigte hatten diesen in Österreich – österreichisches Sachrecht anzuwenden. Die Beklagten treffe keine Haftung für einen Schaden der Klägerin aus dem „*“‑Investment, weil der Zweitbeklagte und ein weiterer Geschäftsführer der Erstbeklagten (nur) anwaltliche Tätigkeiten erbracht hätten. Auch eine Sachverständigenhaftung scheide aus, weil die Beklagten keine gutachterliche Bestätigung über Vermögenswerte verfasst hätten. Eine Haftung wegen eines Verstoßes gegen § 8b Abs 3 RAO scheitere, unabhängig davon, ob diese Bestimmung auch geschädigte Anleger schütze und überhaupt ein Ferngeschäft vorliege, schon an der Negativfeststellung zur Frage, ob die Überweisung auf ein Konto bei einer EWR‑Bank zu einer Geldwäscheverdachtsmeldung geführt hätte.
[17] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge.
[18] Es stellte ergänzend fest, dass die Beklagten die Klägerin nicht darüber aufgeklärt hätten, dass der Darlehensbetrag nicht an den Fonds (auf ein Konto des PGP Fund I), sondern an einen Submanager überwiesen wurde, und zwar auf ein Konto der (US-amerikanischen) P* LLC. Das Darlehen sei nicht für das Immobilienprojekt „*“‑Liegenschaft verwendet worden, wofür es nach dem Gewinnbeteiligungsvertrag bestimmt gewesen sei, zu dessen (weiterer) Ausführung es aber nach Überlassung des Darlehens gar nicht gekommen sei.
[19] Rechtlich führte es aus, die Klägerin bemängle die Anwendung österreichischen Rechts nicht. Auf die diesbezügliche „Rüge“ der Beklagten in der Berufungsbeantwortung sei nicht einzugehen, weil die Berufung ohnedies mit ihrer Rechtsrüge (auf der Grundlage der Anwendung österreichischen Sachrechts) keinen Erfolg habe. Als Organ der Darlehensnehmerin (PGP Fund I) sei der Zweitbeklagte in keinem vertraglichen oder vorvertraglichen Verhältnis zur Klägerin gestanden. Eine zivilrechtliche Prospekthaftung treffe die Beklagten nicht.
[20] Sowohl nach dem „*“‑Memorandum als auch nach dem Gewinnbeteiligungsvertrag hätte der Darlehensbetrag direkt an den PGP Fund I fließen und an die PGP * Inc weitergeleitet werden sollen. Die Angaben in den Vertragsurkunden zum Empfänger des Darlehens seien weder unrichtig noch irreführend. Davon zu trennen sei die Frage, ob die spätere – von den Beklagten initiierte – Überweisung des Darlehensbetrags auf ein nicht dem Fonds gehöriges Konto vertragskonform gewesen sei oder nicht und ob sie diesfalls zum Schadenseintritt (einer zweckwidrigen Verwendung der Darlehensmittel) beigetragen hätten. Mit der Zuzählung eines Darlehens an den Darlehensnehmer verliere dieses seine Eigenschaft als „Fremdgeld“, sodass das in Punkt 8.1 des „Investment‑Managementvertrags“ für Kundengelder statuierte Verbot für den Manager, Kundengelder zu halten, nicht mehr zum Tragen kommen könne. Die Bekanntgabe eines Kontos des Submanagers für die Überweisung der Darlehensvaluta erweise sich „daher als nicht (erkennbar) vertragswidrig“, sodass unbeantwortet bleiben könne, zu wessen Lasten es gehe, dass nicht festgestellt werden habe können, ob der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn die Überweisung auf ein Konto des Darlehensnehmers erfolgt wäre.
[21] § 8b Abs 3 RAO in der Fassung BGBl I 2007/111 habe bei den besonders „geldwäschegeneigten“ Ferngeschäften sicherstellen sollen, dass die Identität der Partei verlässlich festgestellt werden könne, und dafür gesorgt werde, dass die erste Zahlung der Partei im Rahmen des Geschäfts über ein auf den Namen der Partei „laufendes“ Konto bei einem in den Anwendungsbereich der Dritten Geldwäsche‑Richtlinie fallendes Kreditinstitut abgewickelt werde, das gleichzeitig auch als Identitätszeuge dienen könne. Der Schutzzweck dieser Bestimmung bestehe in der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, erstrecke sich aber nicht auf Schäden aus anderen (strafbaren) Handlungen wie Betrug oder Veruntreuung, sodass sich aus einem Verstoß gegen diese Bestimmung der geltend gemachte Ersatzanspruch nicht ergeben könne.
[22] Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung nicht zu beantworten gewesen seien.
[23] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[24] Die Beklagten begehren in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung die Zurückweisung des Rechtsmittels der Prozessgegnerin, hilfsweise diesem nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[25] Die Revision ist zulässig, weil die Vorinstanzen erforderliche Feststellungen zur Beurteilung der allfälligen Haftung der beklagten Rechtsanwälte als Vertragserrichter unterließen. Die Revision ist auch im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsbegehrens berechtigt.
[26] 1. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche im Revisionsverfahren nur mehr auf zwei Umstände. Einerseits argumentiert sie, dass die Darlehensvaluta nicht an den Fonds selbst, sondern auf das Konto einer dritten Gesellschaft überwiesen worden sei, wobei die Beklagten Aufklärungspflichten verletzt sowie für diesbezüglich falsche und irreführende Prospektangaben zu haften hätten. Andererseits behauptet sie, dass die Beklagten entgegen § 8b Abs 3 RAO die Überweisung auf ein Konto außerhalb des EWR‑Raumes veranlasst hätten. Die Klägerin geht – wie schon in erster Instanz – von der Anwendung österreichischen Sachrechts aus. Ihre Revision enthält keine Darlegungen, wie sie zu dieser Annahme gelangt. Auch die Revisionsbeantwortung nimmt zur Frage des anzuwendenden Rechts nicht Stellung.
[27] 2. Auf einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter hat die Klägerin ihren Anspruch im erstinstanzlichen Verfahren nicht gestützt, sodass ihre Behauptung, ein Beratungsvertrag der Beklagten mit dem PGP Fund I würde zu ihren Gunsten Schutzwirkungen entfalten, gegen das Neuerungsverbot verstößt (§ 504 Abs 2 ZPO).
3. Zum anwendbaren Recht:
[28] 3.1. Es liegt ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vor, sodass eine kollisionsrechtliche Prüfung erforderlich ist. Maßgebend dafür sind die Rom I‑VO und die Rom II‑VO. Beide Verordnungen verlangen nicht, dass der Sachverhalt einen Bezug zu mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufweist, sondern gelten auch dann, wenn der Sachverhalt Bezüge nur zu einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat aufweist (RS0129416 zur Rom II‑VO; Staudinger in Schulze, BGB11 Rom I‑VO Art 1 Rn 1; Kieninger in Ferrari/Kieninger/Mankowski ua, Internationales Vertragsrecht3 VO [EG] 593/2008 Art 1 Rn 1 zur Rom I‑VO). Ausnahmen vom Anwendungsbereich der beiden Verordnungen (vgl Art 1 Rom I‑VO sowie Art 1 Rom II‑VO) ergeben sich aus dem im Revisionsverfahren zu beurteilenden Sachverhalt nicht (vgl Neumayr in KBB7 Art 1 Rom II‑VO Rz 8 [Prospekthaftung]). Aufgrund des Sitzes der Klägerin im Ausland ist das anzuwendende Recht damit jedenfalls nach den genannten europäischen Verordnungen zu bestimmen.
[29] 3.2. Die Streitparteien haben im Verfahren keine schlüssige Rechtswahl getroffen. Vielmehr ist die Anwendung österreichischen Sachrechts aufgrund entsprechender Einwendungen der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren strittig.
4. Auf Prospekthaftung gestützte Ansprüche:
[30] 4.1. Die Klägerin nimmt die Beklagten als vermeintliche Prospekthersteller in Anspruch. Sie leitet ihren Prospekthaftunganspruch allein aus der Anwendung österreichischen Sachrechts ab. Darauf, dass dieser Anspruch nach der Rom II‑VO zu beurteilen ist (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht2 [2015] § 12 II. Prospekthaftung Rz 7 f; Heindler in Rummel/Lukas/Geroldinger 4 Art 1 Rom II‑VO Rz 12, 48 [Stand 1. 3. 2023, rdb.at]) und österreichisches Recht danach nur dann zur Anwendung gelangt, wenn die Voraussetzungen des Art 4 Rom II‑VO erfüllt wären, geht sie nicht ein.
[31] Da sich die Klägerin ausdrücklich nur auf österreichisches Recht stützt und die von den Beklagten behauptete Anwendbarkeit des Rechts ihres Sitzstaates (Britische Jungferninseln) – als möglichen Ort des Schadenseintritts (Art 4 Abs 1 Rom II‑VO) – bestreitet, kann sich die Prüfung ihres Anspruchs vorerst auf österreichisches Recht beschränken. Ob dieses Recht (nach Art 4 Abs 2 oder Abs 3 Rom II‑VO) tatsächlich anwendbar ist, wäre nur dann zu prüfen, wenn der Anspruch danach bestünde. Denn nur dann könnte die von den Beklagten eingewendete Anwendbarkeit des Rechts der Jungferninseln zu einem anderen Ergebnis führen.
[32] 4.2. Prospekthaftungsansprüche bestehen nach österreichischem Recht dann, wenn ein Anleger durch falsche, unvollständige oder irreführende Prospektangaben zur Zeichnung einer Kapitalanlage bewogen wird. Es handelt sich dabei um eine typisierte Vertrauenshaftung aus Verschulden bei Vertragsabschluss. Der Prospekt bildet im Regelfall die Grundlage für den wirtschaftlich bedeutsamen und mit Risken verbundenen Beteiligungsentschluss. Aus diesem Grund muss sich der potentielle Kapitalanleger grundsätzlich auf die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der im Prospekt enthaltenen Angaben verlassen dürfen (RS0107352 [insb T1]).
[33] Ein Prospekt muss nicht eine gewisse Form haben, um die Prospekthaftung auszulösen, der Prospektbegriff ist vielmehr im umfassenden Sinn zu verstehen. Maßgeblich ist, ob der Werbeprospekt des freien Kapitalmarkts dem Vertrieb einer Anlage dient und dabei generell geeignet ist, den Anlageentschluss eines potentiellen Anlegers in Ansehung einer konkreten Anlage zu beeinflussen, indem er den Anschein ausreichender und objektiver Anlageinformation erweckt (RS0108623).
[34] 4.3. Unter Zugrundelegung der Ansicht der Klägerin, österreichisches Sachrecht sei anzuwenden, zeigt sie nicht auf, dass sie Prospekthaftungsansprüche gegenüber den Beklagten hätte. Die Beklagten errichteten keinen Prospekt, der dem Vertrieb einer Anlage des PGP Fund I dienen hätte sollen. Sie waren in die Errichtung der Verträge eingebunden, ohne dass sie die Klägerin zur Kapitalanlage bewogen hätten. Die unvollständige und irreführende Information der Klägerin über das Konto des Darlehensempfängers resultiert nicht aus unvollständigen oder irreführenden Prospektangaben der Beklagten. Da die Beklagten keinen Prospekt erstellten und in die Anlageentscheidung der Klägerin auch nicht eingebunden waren, scheidet eine darauf gegründete Haftung aus.
[35] 5. Zur behaupteten Verletzung einer Aufklärungspflicht bei Vertragsabschluss (Nennen eines „falschen“ Kontos):
[36] 5.1. Es kann dahinstehen, ob dieser Anspruch aus kollisionsrechtlicher Sicht vertraglich oder außervertraglich zu qualifizieren ist. Diese Frage wäre zwar verordnungsautonom zu beurteilen (von Hein in Rauscher,EuZPR/EuIPR [2023] Art 1 Rom I‑VO Rn 5; Scheller in Rauscher,EuZPR/EuIPR [2023] Art 1 Rom II‑VO Rn 17, beide mwN). Beide Verordnungen führen aber zur Anwendung österreichischen Rechts:
[37] (a) Der Auftrag zur Vertragserrichtung wurde zwar offenkundig vom PGP Fund I oder einer Person aus dessen Sphäre erteilt. Die Klägerin stützt sich aber dennoch (im Ergebnis) auf einen vertraglichen Anspruch, weil sie unter Hinweis auf Rechtsprechung zum österreichischen Recht die konkludente Übernahme von Aufklärungspflichten auch ihr gegenüber behauptet. In diesem Fall folgt die Anwendung österreichischen Rechts aus Art 4 Abs 1 lit b Rom I‑VO:
[38] Der Anwaltsvertrag ist ein Dienstleistungsvertrag im Sinn von Art 4 Abs 1 lit b Rom I‑VO, der mangels zulässiger Rechtswahl zur Anwendung des Rechts des Ortes des gewöhnlichen Aufenthalts des Anwalts führt, also gemäß Art 19 Rom I‑VO zum Recht des Ortes der Hauptniederlassung des Anwalts, was grundsätzlich mit dem Recht des Kanzlei‑ oder Praxisorts gleichzusetzen ist (Ferrari in Ferrari/Kieninger/Mankowski ua, Internationales Vertragsrecht3 [2018] VO [EG] 593/2008 Art 4 Rn 105; Magnus in Staudinger, Kommentar zum BGB [2021] Art 4 Rom I‑VO Rn 40, 298, 301; Spickhoff in Hau/Poseck, BeckOK BGB 67. Edition [Stand 1. 8. 2023], VO [EG] 593/2008 Art 4 Rn 13; vgl Pilshofer, Anzuwendendes Recht bei Honorarvereinbarungen – Auslandsberührung für Rechtswahl nötig, NetV 2008, 122 [123]). Da die Beklagten ihren Sitz in Österreich haben, käme für die von der Klägerin relevierte Aufklärungspflichtverletzung aufgrund eines (behaupteten) Vertrags mit den österreichischen Rechtsanwälten österreichisches Recht zur Anwendung. Dass die Erstbeklagte Vertragserrichterin war, steht fest. In die Vertragserrichtung war auch der Zweitbeklagte eingebunden. Ob er ebenfalls beauftragter Vertragsverfasser war oder nur als Geschäftsführer der Erstbeklagten einschritt, kann aus dem Vorbringen und den Feststellungen nicht klar entnommen werden. Diesbezüglich wären im fortzusetzenden Verfahren nach Erörterung mit den Parteien aussagekräftige Feststellungen zu treffen.
[39] (b) Qualifizierte man den Anspruch demgegenüber außervertraglich, wäre zwar grundsätzlich nach Art 4 Abs 1 Rom II‑VO der Ort des Schadenseintritts maßgebend. Nähere Feststellungen dazu fehlen, insbesondere steht nicht fest, wo und ausgehend von welchem Konto die Überweisung auf das „falsche“ Konto erfolgte. Allerdings ist nach Art 4 Abs 3 Rom II‑VO dann, wenn die unerlaubte Handlung nach der Gesamtheit der Umstände eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Absätzen 1 oder 2 bezeichneten Staat aufweist, das Recht dieses anderen Staats anzuwenden. Eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat könnte sich nach Art 4 Abs 3 Satz 2 Rom II‑VO insbesondere aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis zwischen den Parteien – wie einem Vertrag – ergeben, das mit der betreffenden unerlaubten Handlung in enger Verbindung steht.
[40] Im vorliegenden Fall wäre zwar bei außervertraglicher Qualifikation gerade nicht ein zwischen den Parteien bestehendes Rechtsverhältnis anzunehmen. Dabei handelt es sich aber nach Art 4 Abs 3 Satz 2 Rom II‑VO nur um ein Beispiel für eine offensichtlich engere Verbindung der unerlaubten Handlung mit einem anderen Staat als jenem des Schadenseintritts (Pabst in Rauscher,EuZPR/EuIPR [2023] Art 4 Rom II‑VO Rn 120b). Für das Vorliegen einer solchen Verbindung ist vielmehr auf die Gesamtheit der Umstände abzustellen, sodass kein Element des Sachverhalts von vornherein ausgeschlossen ist (Heindler in Rummel/Lukas/Geroldinger 4 Art 4 Rom II‑VO Rz 78 mwN [Stand 1. 3. 2023, rdb.at]).
[41] Eine solche offensichtlich engere Verbindung liegt hier vor: Sowohl der „wirtschaftliche Eigentümer“ der Klägerin als auch die Beklagten sind in Österreich ansässig. Dem „wirtschaftlichen Eigentümer“ war eine Vertretung des PGP Fund I in Österreich wichtig, was durch den Zweitbeklagten sichergestellt war. Die (behauptete) Aufklärungspflicht bestand im Zusammenhang mit der in Österreich erfolgten Errichtung des Gewinnbeteiligungsvertrags zwischen der Klägerin und dem PGP Fund I. Dieser Vertrag unterlag, wie sich aus seinem Punkt 12. ergibt, österreichischem Recht; gleiches galt offenkundig auch für den Auftrag zur Errichtung dieses Vertrags durch den PGP Fund I. Das (angeblich) schädigende Verhalten wurde in Österreich gesetzt.
[42] Aufgrund einer Zusammenschau dieser Elemente besteht kein Zweifel an einer offensichtlich engeren Verbindung des (angeblich) schädigenden Verhaltens – der „unerlaubten Handlung“ im Sinn von Art 4 Abs 3 Rom I‑VO – zu Österreich. Da sich aus dem klaren Wortlaut von Art 4 Abs 3 Rom I‑VO ergibt, dass diese Frage ausschließlich von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ist (auch) insofern kein Vorabentscheidungsersuchen erforderlich.
[43] (c) Im Folgenden ist der auf eine Aufklärungs- bzw Informationspflichtverletzung (Nennen eines „falschen“ Kontos) gestützte Anspruch der Klägerin daher nach österreichischem Recht zu beurteilen. Eine vertiefte Prüfung, ob sich das nach der Dogmatik des Europäischen Kollisionsrechts aus der Anwendung der Rom I‑VO, der Rom II‑VO oder auch beider Verordnungen ergibt, kann – da nur von theoretischem Interesse (vgl RS0111271) – unterbleiben.
[44] 5.2. Der als Vertragserrichter und Vertrauensperson mehrerer Vertragspartner einschreitende Rechtsanwalt ist – selbst wenn er im Übrigen nur Bevollmächtigter eines Teils ist (RS0026428 [T1, T8]; RS0023549 [T6]; vgl RS0026380 [T7 = T11]; 9 Ob 30/07p) – allen Vertragspartnern gegenüber zur sorgfältigen Wahrung ihrer Interessen verpflichtet. Er hat daher alle Vertragsparteien mit gleicher Sorgfalt zu behandeln und vor Interessengefährdung zu bewahren; Belehrungspflichten oder Aufklärungspflichten treffen ihn somit allen Vertragspartnern gegenüber. Allerdings darf die Pflicht zur Beratung und Belehrung nicht überspannt werden (RS0023549 [T17]; RS0026349; RS0026584; vgl RS0026403 [Durchführung von Darlehensangelegenheiten]).
[45] 5.3. Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten sie zu einer Überweisung nicht auf ein Konto des PGP Fund I veranlasst, sondern auf ein Konto des US-amerikanischen Submanagers und darüber nicht aufgeklärt. Sie hätte den Gewinnbeteiligungsvertrag nicht abgeschlossen und den Darlehensbetrag nicht investiert, wenn sie darüber aufgeklärt worden wäre.
[46] Nach den Feststellungen haben die Beklagten – ohne den vollständigen Firmenwortlaut („LLC“) zu nennen – der Klägerin ein Konto des Submanagers genannt und sie nicht darüber aufgeklärt, dass damit der Darlehensbetrag nicht auf ein Konto des PGP Fund I, sondern an den Submanager überwiesen wird. Der Klägerin hat aufgrund des bekannt gegebenen Teils des Firmenwortlauts nicht bekannt sein müssen, dass sie den Darlehensbetrag nicht an den Fonds selbst überweist, weil der genannte Name des „On‑Shore‑Investmentmanagers“ mit „P*“ einen identen Firmenbestandteil aufweist. Zu ihrer Behauptung, dass sie dann überhaupt nicht überwiesen hätte, wenn sie darüber aufgeklärt worden wäre, dass sie nicht an den PGP Fund I überweist, fehlen Feststellungen.
[47] 5.4. Entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Bekanntgabe des Kontos des Submanagers „nicht (erkennbar) vertragswidrig“ gewesen sei. Nach Punkt 2.3 des Gewinnbeteiligungsvertrags hatte die Zahlung der Klägerin „auf ein von PGP in der Inanspruchnahmeanzeige bezeichnetes Konto [...] (das 'PGP-Konto')“ zu erfolgen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist darunter nicht irgendein vom PGP Fund I genanntes Konto zu verstehen, sondern – wie sich aus dem Ausdruck „PGP‑Konto“ klar ergibt – ein solches des PGP Fund I.
[48] Zu berücksichtigen ist auch Punkt 8.1 des „Investment‑Managementvertrags“, der vorsieht, dass der „Investment‑Manager“ nicht nur keine Kundengelder hält, sondern auch, dass er keine Vermögenswerte des Fonds besitzt. Damit durfte der „Investment-Manager“ auch nicht das Kapital des von der Klägerin gezahlten „Mezzanindarlehens“ auf seinem Konto halten. Zudem erfolgt nach dem vom Berufungsgericht herangezogenen Punkt 3.3 des „Investment‑Managementvertrags“ die Umsetzung von Darlehensvereinbarungen durch den Manager (nur), wenn dies vom Fonds genehmigt wird.
[49] Der erstmals in der Revisionsbeantwortung erhobene Einwand der Beklagten, dass der PGP Fund I infolge eines Größenschlusses aus Punkt 15. Abs 2 des Gewinnbeteiligungsvertrags berechtigt gewesen wäre, die Zuzählung des Darlehens an eine dritte Gesellschaft zu verlangen, verstößt gegen das Neuerungsverbot und ist daher schon aus diesem Grund unbeachtlich (§ 504 Abs 2 ZPO). Abgesehen davon, dass das Konto eines Subinvestmentmanagers mit der dort geregelten Abtretung sämtlicher Rechte und Pflichten aus dem Vertrag nichts zu tun hat, ist nach Punkt 15. Abs 1 des Gewinnbeteiligungsvertrags die Abtretung oder Übertragung (einzelner) Rechte und Pflichten ohne schriftliche Zustimmung des Vertragspartners gerade nicht zulässig. Dass die Klägerin der Zahlung nicht auf ein Konto des PGP Fund I, sondern auf eines des Subinvestmentmanagers schriftlich zugestimmt hätte, behaupten die Revisionsgegner nicht.
[50] Ob eine (spätere hypothetische) Überweisung auf ein nicht dem Fonds gehöriges Konto vertragskonform gewesen wäre oder nicht, sagt nichts darüber aus, ob die Beklagten die Klägerin vor der Überweisung über den Inhaber des Kontos aufklären hätten müssen. Für die Bekanntgabe des Kontos kann es nicht ausreichen, dass dieses Konto – so das Berufungsgericht – „nicht (erkennbar) vertragswidrig“ war, muss doch der Rechtsanwalt über solche bedeutsamen und wesentlichen Umstände aufklären, von denen er mit Grund annehmen kann, dass sie vom Vertragspartner und dessen Rechtsvertreter nicht überblickt werden können (siehe RS0026474). Eine solche Aufklärung war hier erforderlich, weil der US‑amerikanische Inhaber des von den Beklagten genannten Kontos, auf das der Darlehensbetrag überwiesen werden sollte, für die Klägerin nicht erkennbar war und mit der Überweisung auf ein anderes Konto als dem des PGP Fund I eine Risikoerhöhung für die Verwendung und Rückführung ihres „Mezzanindarlehens“ verbunden ist.
[51] Nach den getroffenen Feststellungen war jedenfalls die erstbeklagte Rechtsanwaltsgesellschaft bei der Errichtung und Abwicklung der Verträge (für beide Vertragsparteien) tätig. Sie übernahm dadurch auch schlüssig gegenüber der Klägerin die Verpflichtung zur Interessenwahrung, wozu gehört, dass dieser kein vertragswidriges Überweisungskonto bekannt gegeben wird. Unabhängig davon, ob die Klägerin beim Vertragsabschluss anwaltlich vertreten war, durften die Beklagten vor dem Hintergrund von Punkt 8.1 des (ihnen bekannten) „Investment‑Managementvertrags“, wonach der „Investment Manager“ keine Vermögenswerte des Fonds besitzen darf, nicht davon ausgehen, dass einem (allfälligen) anwaltlichen Vertreter der Klägerin ausreichend klar gewesen sein musste, dass die Darlehensmittel an den Subinvestmentmanager gehen könnten.
[52] Zur Frage der Kausalität dieser unterlassenen Aufklärung für die Investition fehlen daher erforderliche Feststellungen, die das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren nachzuholen hat.
6. Zur behaupteten Haftung der Beklagten nach § 1311 ABGB iVm § 8b Abs 3 RAO in der Fassung BGBl I 2007/111:
[53] 6.1. Die Klägerin brachte dazu im erstinstanzlichen Verfahren vor, bei Abwicklung der Zahlung über eine EWR‑Bank hätte diese eine Geldwäscheverdachtsmeldung erstattet und die Mittel wären nicht verschwunden.
[54] 6.2. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass bei Überweisung auf ein Konto bei einer EWR‑Bank diese eine Geldwäscheverdachtsmeldung erstattet hätte. Der Klägerin ist daher der Nachweis ihres Vorbringens nicht gelungen.
[55] 6.3. Wenn die Revisionswerberin in ihren Darlegungen zu § 8b Abs 3 RAO idF BRÄG 2008, BGBl I 2007/111, den Begriff der „Geldwäsche“ verwendet, so setzt dieser – stark vereinfacht – eine kriminelle Vortat und das Verheimlichen, Verschleiern bzw „Waschen“ von Vermögen aus diesen Straftaten voraus. Sofern sie nicht behaupten möchte, dass die von ihr investierten Beträge aus solchen bereits begangenen Straftaten stammen, kann im gegenständlichen Fall nicht von Geldwäsche die Rede sein. Sie behauptet ja eine erst nach ihrer Überweisung stattgefundene Veruntreuung des Geldes. Die gegenständliche Finanztransaktion betrifft nach dem Vorbringen der Klägerin keine Vermögensbestandteile aus kriminellen Vortaten. Die behaupteten Schäden können damit umso weniger vom Schutzzweck von Geldwäschebestimmungen wie § 8b Abs 3 RAO aF umfasst sein, die ganz allgemein nicht darauf abzielen, das Überweisen von Mitteln zu verhindern, die später allenfalls veruntreut werden.
[56] 6.4. Einen Verstoß der Beklagten gegen § 8b Abs 3 RAO aF kann die Klägerin nicht aufzeigen.
[57] 7. Da Feststellungen zur Beurteilung, ob die Klägerin bei Aufklärung über das Konto des Submanagers den Darlehensbetrag nicht überwiesen hätte, fehlen, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht ist eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht auch zu erörtern haben, aus welchem Grund auch der Zweitbeklagte für einen allfälligen Schaden haften soll.
[58] 8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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