Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger ist Weinbauer- und händler. Die Erstbeklagte ist ein im Bereich der Kunststoffverarbeitung tätiges Unternehmen, die Zweitbeklagte deren persönlich haftende Gesellschafterin. Zwischen den Streitteilen bestand kein Vertragsverhältnis.
Die Erstbeklagte hatte 1998 von einer Handelsgesellschaft den Auftrag zur Herstellung von Kunststoffstoppeln (für Weinflaschen) erhalten, die die Handelsgesellschaft an Weinbauern weiterveräußern wollte. Vereinbart war, dass die Erstbeklagte die Kunststoffstoppel entwickelt, die erforderlichen Testverfahren sollte die auftraggebende Handelsgesellschaft durchführen. Dies geschah derart, dass der Geschäftsführer dieser Gesellschaft im Weinbaubetrieb seines Bruders mit den von der Erstbeklagten hergestellten und nach den Wünschen der Handelsgesellschaft abgeänderten Musterstoppeln „Probeverkorkungen" vornahm. Nach mehreren Testläufen erachtete der Geschäftsführer der Handelsgesellschaft die Stoppel als für den Verkauf geeignet. Nach deren Ankauf veräußerte er 1999 fünftausend Stück an den Kläger, der diese in seinem Betrieb verwendete. Die damit verschlossenen Flaschen verkaufte der Kläger und lieferte sie aus. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Kunststoffstoppel nicht luftdicht schlossen, sodass der Wein bei den Kunden brach bzw aus den Flaschen ausfloss. Daraufhin sah sich der Kläger mit zahlreichen Reklamationen konfrontiert und musste einen Teil „der Weinflaschen" austauschen bzw Ersatzleistungen erbringen. Der Erstbeklagten war mangels Einbindung in den Prüfungsvorgang nicht erkennbar, dass die Eignung der Stoppel vom Geschäftsführer der Handelsgesellschaft falsch beurteilt worden war und die Stoppel bereits in den Verkauf gelangten.
Der Kläger begehrte EUR 8.250,33 sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten „gemäß dem Produkthaftungsgesetz" zur ungeteilten Hand für sämtliche zukünftig aus der Verwendung der „Kunststoffkorken" entstehenden Schäden. Nach der Abfüllung des Weins und der Verstoppelung der Flaschen seien diese zum Großteil sogleich an die Kunden ausgeliefert worden. Etwa einen Monat nach der Abfüllung und Verstoppelung habe er feststellen müssen, dass sich unter den Banderolenkapseln, mit denen der Flaschenkopf überzogen war, Schimmel gebildet hatte und der in den Flaschen verbliebene Wein oxydiert und ungenießbar geworden war. Die Beklagten seien die Erzeuger der Stoppel. Die Undichtheit der Stoppel sei darauf zurückzuführen, dass beim Produktionsvorgang in der Kunststoffmasse infolge ungleichmäßigen Ausströmens eines Gases Haarrillen entstanden seien. Auf Grund der Kapillarwirkung dieser Haarrillen sei der Wein ausgetreten. Geltend gemacht werde der Schaden aus dem Verkauf von
1.974 Flaschen, den der Kläger seinen Kunden habe ersetzen müssen, indem er den Wein - je nach Kundenwunsch - ausgetauscht oder den Kaufpreis rückerstattet habe. Es müsse damit gerechnet werden, „dass auch die weiteren 3.026 ausgelieferten Flaschen von den Kunden noch als schadhaft reklamiert" würden. Die Beklagten hätten schuldhaft und rechtswidrig gehandelt, indem sie im Wissen, die Stoppel seien fehlerhaft und würden nicht dem Stand der Technik entsprechen, diese dennoch produziert und in den Verkehr gebracht hätten. Der Klagsanspruch werde nicht nur auf das Produkthaftungsgesetz (insbesonders § 12 PHG), sondern auch das ABGB und jede erdenkliche Rechtsgrundlage gestützt.
Erstmals in der Berufung brachte der Kläger vor, die Schädigung des Weins habe bereits im Zeitpunkt der Verstoppelung begonnen. Jedenfalls bei einem Teil des ausgelieferten Weins, sei der Schaden bereits vor dem Eigentumsübergang an die Kunden eingetreten, sodass nicht nur ein bloßer Vermögensschaden vorliege.
Die Beklagten wendeten ein, die Kunststoffstoppel seien ordnungsgemäß entsprechend den Wünschen des Geschäftsführers der auftraggegebenden Handelsgesellschaft produziert worden. Die Erstbeklagte habe der Handelsgesellschaft etwa 20.000 Stück Musterstoppel zu Testzwecken überlassen. Möglicherweise habe die Handelsgesellschaft diese Stoppel entgegen ausdrücklicher Vereinbarung dem Kläger verkauft. Nicht die Erstbeklagte, sondern diese Gesellschaft sei daher als Produzent anzusehen. Die Stoppel seien mängelfrei; zumindest sei deren Fehlerhaftigkeit nicht erkennbar gewesen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es verneinte Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz mit der Begründung, der Kläger habe als gewerbsmäßig tätiger Weinbauer und -händler den Schaden an einer unternehmerisch genutzten Sache erlitten. Es scheide aber auch ein Regressanspruch nach § 12 PHG aus, weil nur nach diesem Gesetz Haftpflichtige regressberechtigt seien, der Kläger aber nicht als solcher anzusehen sei. Da die Erstbeklagte keine Verpflichtung getroffen habe, die Stoppel zu überprüfen, sei deren Verschulden zu verneinen; Anhaltspunkte dafür, dass im Produktionsvorgang selbst Fehler passiert seien, ergäben sich nicht. Ein „vertraglicher Ersatzanspruch" auf Grund des zwischen der Handelsgesellschaft und der Erstbeklagten bestandenen Vertrags, der Schutzwirkungen zu Gunsten des Klägers entfalten könnte, bestehe somit nicht. Ein deliktischer Schadenersatzanspruch scheitere nicht nur am mangelnden Verschulden, sondern überdies daran, dass der Kläger einen „bloßen Vermögensschaden" erlitten habe: Zum Zeitpunkt der Schädigung seien die Weinflaschen bereits verkauft gewesen, weswegen das Eigentumsrecht des Klägers als absolutes Recht nicht betroffen sei. Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung des Klägers, die die Abweisung des Feststellungsbegehrens unangefochten ließ, nicht Folge und ließ die ordentliche Revision zu. Ob nur ein bloßer Vermögensschaden anzunehmen sei, weil der Wein erst bei den Kunden „schlecht geworden" sei, oder ob - wie nunmehr in der Berufung behauptet - es zumindest teilweise auch zu einer Schädigung des Weins gekommen sei, solange dieser noch im Eigentum des Klägers stand, könne dahingestellt bleiben, weil ein Fall der Schadensverlagerung vorliege, sodass auch bloße Vermögensschäden zu ersetzen wären. Ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sei dann nicht anzunehmen, wenn der Dritte gegen seinen Vertragspartner einen deckungsgleichen Anspruch aus dem mit diesem geschlossenen Vertrag habe. Der vertragliche Schadenersatzanspruch gegen den Vertragspartner gehe einem aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter abgeleiteten Schadenersatzanspruch vor. Der Kläger sei daher auf die vertraglichen Ersatzansprüche gegen seinen Vertragspartner (die Verkäuferin der Stoppel) zu verweisen. Deliktisch hafteten die Beklagten deshalb nicht, weil der Erstbeklagten kein Verschulden am Inverkehrsetzen der Stoppel angelastet werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist nicht zulässig.
Von den Parteien nicht mehr in Frage gestellt ist die Nichtanwendbarkeit des Produkthaftungsgesetzes sowie der Umstand, dass ein Fall der Schadensverlagerung vorliegt.
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Kläger könne seinen Schaden wegen Vorhandenseins eines deckungsgleichen Anspruchs gegen seinen Vertragspartner nicht aus dem als Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter anzusehenden Werkvertrag zwischen der Handelsgesellschaft und der Erstbeklagten geltend machen, ist zutreffend:
Die Lehre vom Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter wird in nunmehr ständiger Rechtsprechung angewendet (6 Ob 250/01k; RIS-Justiz RS0020884; RS0022814; RS0023168; RS0021681). Die vertragliche Schadenersatzhaftung wird insoweit auf Dritte erstreckt, die der vertraglichen Hauptleistung nahestehen, weil sie ein Vertragspartner erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigt oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat oder denen er zur Fürsorge verpflichtet ist (SZ 64/76 mwN; 6 Ob 250/01k uva; Harrer in Schwimann ABGB2 § 1295 Rz 94; Reischauer in Rummel ABGB2 § 1295 Rz 30 ff mwN). Dem Geschädigten wird somit das Recht zuerkannt, den eigenen Schaden aus fremdem Vertrag geltend zu machen (RIS-Justiz RS0037785). Der begünstige Personenkreis wird im Zuge objektiver Auslegung des Vertrages bestimmt (4 Ob 203/00g; 6 Ob 250/01k). Dass ein Käufer (Weinbauer oder -händler) von Kunststoffstoppeln in den Schutzbereich des vom Verkäufer der Stoppeln mit deren Produzenten geschlossenen Werkvertrags fällt, ist unzweifelhaft, kommt doch dieser gerade typischerweise mit der geschuldeten Hauptleistung in Berührung und war dies hier bei Vertragsabschluss auch voraussehbar. Zum Zweck der Vermeidung einer uferlosen Ausweitung der Vertragshaftung hat die Rechtsprechung den Kreis der geschützten Personen, denen statt deliktsrechtlicher auch vertragsrechtliche Schadenersatzansprüche zustehen, jedoch begrenzt. Voraussetzung für die Einbeziehung des (geschädigten) Gläubigers in den Schutzbereich eines Vertrags ist ein schutzwürdiges Interesse. Ein solches wird dann verneint, wenn der Gläubiger kraft eigener rechtlicher Sonderverbindung mit seinem Vertragspartner, der seinerseits den späteren Schädiger vertraglich als Erfüllungsgehilfen beizog, einen deckungsgleichen Anspruch auf Schadenersatz hat (JBl 1994, 331 [zustimmend Karollus]; 4 Ob 325/98t; 1 Ob 93/00h). Der eigene Anspruch gegen den Geschäftsherrn hindert somit die Geltendmachung der Vertragshaftung gegen den Gehilfen. Die Lehre von Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber einem der Vertragsleistung nahestehenden Dritten soll nämlich nicht dazu dienen, dem Erfüllungsgehilfen die Vertragshaftung mit den Folgen der Beweislastumkehr des § 1298 ABGB aufzubürden (SZ 51/176; RS0017043).
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Handelsgesellschaft hafte dem Kläger vertraglich, ist im Lichte obiger Ausführungen nicht zu beanstanden:
Dem Argument des Revisionswerbers, nicht die Erstbeklagten sei Erfüllungsgehilfin der Handelsgesellschaft, sondern sei diese „umgekehrt" Erfüllungsgehilfin der Erstbeklagten, ist nicht zuzustimmen:
Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt darin, dass die Handelsgesellschaft nicht allein als Händler anzusehen ist, sondern sie zugleich als Hersteller fungierte und ihr die Stellung eines Produzenten zukommt. Der Geschäftsführer der Handelsgesellschaft erstellte nicht nur die Vorgaben für die Produktion der Kunststoffstoppeln (etwa die Materialspezifikationen hinsichtlich deren gewünschten Härte), die dann in den Produktionsprozess Eingang fanden, sondern wirkte an der Herstellung des Produktes insofern mit, als er die Entscheidung traf, die zur Brauchbarmachung vor der Inverkehrsetzung notwendigen Kontrollen und Testläufe an den Musterstoppeln von ihm selbst in ausreichender Weise vorzunehmen, weitere Kontrollen (insbesonders auf Dichtheit) seien nicht nötig. Diese wesentliche Produkteigenschaften bestimmende und für den Produktionsprozess maßgebliche gestaltende Entscheidung betrifft die Herstellung des Produktes selbst. Die Handelsgesellschaft war daher in eigener Verantwortung am Produktionsprozess beteiligt und repräsentierte daher eine nicht wegzudenkende Stufe im Fertigungsprozess (vgl 9 Ob 20/00g). Letztendlich war sie es, die die (fehlerhaften) Stoppeln in Verkehr gebracht hat. Im Hinblick auf diese Überlegungen ist die Annahme zutreffend, die Handelsgesellschaft habe sich zwecks Produktion der Stoppeln der Erstbeklagten als Erfüllungsgehilfin bedient. Das Interesse des Dritten (des Klägers) ist sohin bereits durch eigene vertragliche Ansprüche - Schadenersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung gegen die Handelsgesellschaft - gedeckt, sodass die Schutzbedürftigkeit des Klägers in Ansehung des Drittvertrags entfällt (SZ 51/176). Jene Rechtsprechung, wonach der Produzent, der die Ware zunächst dem Verkäufer (Händler) liefert, der sie seinerseits an seinen Käufer weitergibt, nicht Erfüllungsgehilfe iSd § 1313a ABGB ist (RIS-Justiz RS0101969; SZ 55/31; JBl 1987, 185), ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf die im Vordergrund stehende Produzenteneigenschaft der Handelsgesellschaft nicht anwendbar. Der Kläger muss somit seinen unmittelbaren Vertragspartner (die Handelsgesellschaft) in Anspruch nehmen; gegenüber dem Erfüllungsgehilfen (die Erstbeklagte) ist er auf deliktische Schadenersatzansprüche verwiesen.
Deliktische Schadenersatzansprüche verneinten die Vorinstanzen mangels Verschuldens unter Hinweis auf die Feststellung, der Erstbeklagten sei nicht erkennbar gewesen, dass der Geschäftsführer der Handelsgesellschaft die Eignung der Stoppeln falsch beurteilt habe; sie habe schließlich gar nicht vom (vorzeitigen) Inverkehrsetzen des Produkts gewusst. Von diesem festgestellten Sachverhalt entfernt sich das Revisionsvorbringen, der Erstbeklagten habe klar sein müssen, dass der Geschäftsführer der Handelsgesellschaft „keine Ahnung" von einer ordnungsgemäßen Überprüfung von Kunststoffprodukten gehabt habe und die vorgenommene Überprüfung „jedenfalls" unzureichend gewesen wäre, um auch geheime Mängel zu entdecken.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vor; eine solche wurde in der Revision auch nicht aufgezeigt. Dies führt zur Zurückweisung der Revision.
Da die Beklagten auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen haben - der Antrag allein, die Revision zurückzuweisen, ist kein ausreichender Hinweis -, sind ihnen die Kosten der Revisionsbeantwortung nicht zuzusprechen (RIS-Justiz RS0035962).
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