OGH 1Ob145/12y

OGH1Ob145/12y6.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers Hubert K*****, vertreten durch Dr. Dominikus Schweiger, Rechtsanwalt in Linz, gegen die Antragsgegnerin A*****genossenschaft *****, vertreten durch Hämmerle Steinrisser Hämmerle Rechtsanwälte GmbH in Schladming, wegen Einräumung eines Notwegs, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 17. April 2012, GZ 1 R 49/12s-38, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Schladming vom 30. Juni 2011, GZ 1 Nc 69/10k-33, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist grundbücherlicher Alleineigentümer der Grundstücke 739/2 (unbebaut) sowie 739/8 eines näher bezeichneten Grundbuchs. Auf dem Grundstück 739/8 ist ein Einfamilienhaus errichtet, das der Antragsteller derzeit als Nebenwohnsitz nutzt. Im Grundbuch ist beim Grundstück 739/2 als herrschendem Gut die Grunddienstbarkeit des Gehens und Fahrens zu Lasten des unmittelbar nördlich angrenzenden Grundstücks 739/13 ersichtlich gemacht. Dem grundbücherlichen Eigentümer des Grundstücks 739/13 steht das Recht zu, über die auf Grundstück 918/69 bestehende asphaltierte Weganlage von der Landesstraße aus zu seinem Grundstück zu gelangen.

Der Antragsteller ist weiters zu einem Viertel grundbücherlicher Miteigentümer des Grundstücks 739/11, welches in der Natur eine Straßenanlage ist, und zu einem Zehntel Miteigentümer des ebenfalls in der Natur eine Straßenanlage darstellenden Grundstücks 739/15.

Die Antragsgegnerin ist Alleineigentümerin der Grundstücke 918/69 und 918/75. Das Grundstück 918/69 ist, abgesehen von der asphaltierten Weganlage, landwirtschaftlich genutzt. Das Grundstück 918/75 ist in der Natur eine Straßenanlage.

Um auf das dem Antragsteller gehörende Grundstück 739/8 insbesondere mit einem Kraftfahrzeug zu gelangen, ist es erforderlich, von einer Landesstraße über ein im öffentlichen Gut stehendes asphaltiertes Weggrundstück und das Grundstück 918/75 sowie in weiterer Folge über die Grundstücke 739/15 und 739/11 aus südlicher Richtung zuzufahren.

Das Grundstück 739/2 entbehrt einer „rechtlich gesicherten“ Zufahrt. Seitens der Antragsgegnerin bestehen keine Bedenken gegen eine Benutzung des Grundstücks 918/75 für ein „Zugehen und Zufahren“ sowohl zu Grundstück 739/8 als auch 739/2.

Keines der genannten Grundstücke liegt in einem Schutzgebiet nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz. Hinsichtlich der Grundstücke 739/11 und 739/15, deren Miteigentümer der Antragsteller ist, besteht zwischen den Grundeigentümern weder eine Vereinbarung über die Tragung der Erhaltungskosten noch eine Benützungsregelung. Die Mehrheit der Miteigentümer spricht sich gegen eine allfällige Benützung dieser Parzellen als Zufahrt für das Grundstück 739/2 aus.

In geradliniger Verlängerung der nicht asphaltierten Verkehrsfläche des Grundstücks 739/11 in Richtung Norden befindet sich auf Grundstück 739/8 eine gepflasterte Fläche, welche unter anderem als Abstellmöglichkeit für Kraftfahrzeuge dient. Diese Fläche reicht nicht bis zur nördlichen Grenze dieses Grundstücks. Bei der in der Südostecke des Grundstücks 739/2 gelegenen Holzhütte „handelt es sich keinesfalls um ein Objekt nach §§ 1 oder 3 Denkmalschutzgesetz oder um Kulturgut“. In diesem Bereich „überschneiden sich die Grenzen“ zwischen den Grundstücken 739/8 und 739/2 um 3,69 m. Die genannte Holzhütte erstreckt sich exakt auf diesen Überschneidungsbereich, ohne jedoch über die Grenze des Grundstücks 739/2 hinauszuragen. Unmittelbar südlich der Hütte befindet sich entlang der nördlichen Grenze des Grundstücks 739/8 eine durchgehende Fichtenhecke.

Die Grundstücke im Bereich südlich des Grundstücks 739/2 sind durch eine im öffentlichen Gut stehende Wegparzelle an die Landesstraße angebunden. Im Grundbuch sind ob dem im Anschluss an dieses öffentliche Weggrundstück befindlichen Grundstück 918/75 (der Antragsgegnerin) keine Geh- oder Fahrrechte zu Gunsten dieser Grundstücke, insbesondere hinsichtlich Grundstück 739/8, einverleibt.

Bereits am 28. 11. 2001 hatte Helmut G***** um die Bewilligung der Errichtung eines Appartementhauses auf Grundstück 739/2 angesucht. Die am 13. 12. 2001 an Ort und Stelle abgehaltene Bauverhandlung war wegen Überschreitung der Bebauungsdichte abgebrochen worden. Bei der am 16. 1. 2002 erneut abgehaltenen Bauverhandlung wurde unter anderem auf die schriftliche Stellungnahme der Antragsgegnerin verwiesen, welche wie folgt lautet:

Bei der Jahreshauptversammlung 2001 wurde für das Zufahrtsrecht für die Villa St***** Parzelle Nr. 739/13 (evt. für 2 Besitzer) und für den dahinterliegenden Bauplatz, Parzelle Nr. 739/2 auf der bestehenden Zufahrt in einer Breite von 5 Meter auf dem Grundstück 918/69 (Straßenstück) mit einer einmaligen Abfindung von ATS 150.000,- - (EUR 10.900,93) (Index 96 Stichtag 30. 4. 2002) genehmigt.

Dieser Betrag ist spätestens bei Baubeginn auf dem Grundstück 739/2 fällig. ...

Bisher hat nur die Villa St***** auf den Namen Helmut G***** ein Zufahrtsrecht gehabt.

Sollte die [Antragsgegnerin] oder ein Rechtsnachfolger diese Zufahrt ebenfalls nützen, kann kein Baukostenzuschuss für dieses Grundstück von Seiten des Besitzers St***** und den dahinterliegenden Baugrund gefordert werden. Wegerhalter müssen die Weginteressenten sein.

Zu Einwendungen einer Nachbarin wegen der Hütte im südöstlichen Grundstückseck der Parzelle 739/2 führte die Baubehörde aus:

Der Forderung auf Entfernung der auf dem südöstlichen Bereich des Grundstückes stehenden Hütte wird gemäß § 26 Abs. 1 Ziff. 6 StBauG stattgegeben. Für dieses Nebengebäude liegt keine Baubewilligung vor und ein Feststellungsverfahren auf rechtmäßigen Bestand im Sinne § 40 StBauG wurde nicht beantragt. Es wird daher der Eigentümer beauftragt, das konsenslose Gebäude zu entfernen. Eine nachträgliche Genehmigung wäre allein deshalb nicht möglich, da die höchstzulässige Bebauungsdichte durch den geplanten Neubau bereits erreicht wird.

Weiters findet sich folgender Hinweis in diesem Protokoll:

Vor Erteilung der Baubewilligung sind der Baubehörde folgende Unterlagen zur Beurteilung nachzureichen:

...

Ein geeigneter Nachweis in Form einer privatrechtlichen Vereinbarung oder einer Bestätigung der [Antragsgegnerin], wonach die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechtes über das Grundstück Nr. 918/69 zugunsten des Baugrundstückes 739/2 erstreckt wird.

Eine Baubewilligung wurde seinerzeit nicht erteilt, weil im Jänner 2002 die gerichtliche Zwangsversteigerung insbesondere des Grundstücks 739/2 bewilligt wurde. In weiterer Folge zog Helmut G***** nach erfolgtem Verkauf dieses Grundstücks an den Antragsteller am 21. 3. 2002 sein Bauansuchen zurück.

Auch das Grundstück 739/8 hatte der Antragsteller 1988 von Helmut G***** erworben.

Im Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks 739/2 durch den Antragsteller existierte der Weg auf Grundstück 918/69 bereits als Schotterweg und war in der Natur klar als solcher erkennbar. Auch war dem Antragsteller die „Überlappung“ der Grundstücke 739/2 und 739/8 bewusst und Helmut G***** wies ihn sogar darauf hin, dass dort eine theoretische Zufahrtsmöglichkeit zu Grundstück 739/2 bestünde. Im Zeitpunkt des Kaufabschlusses oder davor überprüfte der Antragsteller nicht die Weganbindung des Grundstücks 739/2 in rechtlicher Hinsicht, etwa durch Einsichtnahme in das Grundbuch. Vom Vertragserrichter wurde er auf diesen Umstand nicht hingewiesen.

Mit Schreiben vom 11. 11. 2003 teilte die Gemeinde R***** dem Antragsteller mit, dass im Sinn der aktiven Bodenpolitik innerhalb des Geltungszeitraums des nächsten Flächenwidmungsplans das Grundstück 739/2 bebaut oder zum Kauf angeboten werden solle, widrigenfalls eine entschädigungslose Rückführung ins Freiland oder die Entrichtung einer Investitionsabgabe von 1 EUR (pro m²)/Jahr vorgenommen werde.

Mit Schreiben vom 30. 3. 2006 ersuchte der Antragsteller die Antragsgegnerin um die „Erteilung einer Zufahrtsbewilligung über den bestehenden Weg zu Parzelle 739/13“ gegen Leistung eines Benutzungsentgelts und um Erledigung dieses Ansuchens bis längstens 21. 4. 2006, nach abgehaltener Genossenschaftssitzung. Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 13. 5. 2006 mit, dass sein Ansuchen bis zur Konkretisierung des Bauvorhabens vorerst zurückgestellt worden sei. Die Höhe der Ablöse werde sich danach richten.

Mit Schreiben vom 28. 1. 2010 gab der Antragsteller der Antragsgegnerin bekannt, dass er beabsichtige, in nächster Zeit ein Einfamilienhaus zu errichten und ersuchte um Erteilung einer Zufahrtsbewilligung und Vorschreibung der einmal jährlich zu entrichtenden Benützungsgebühr. Auf die Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Antragstellers erfolgte keine Zustimmung der Antragsgegnerin.

Am 1. 3. 2010 suchte der Antragsteller bei der Gemeinde um die Baubewilligung für das Grundstück 739/2 an. Dem Einreichplan lag eine Zufahrtsmöglichkeit aus nördlicher Richtung zu Grunde. Die Bauverhandlung am 13. 4. 2010 wurde in Ermangelung einer geeigneten und rechtlich gesicherten Zufahrt abgebrochen.

In ihrer am 16. 4. 2010 abgehaltenen Vollversammlung traf die Antragsgegnerin die Entscheidung, dass ihr Ausschuss mit dem Antragsteller Verhandlungen über die Zufahrt führen solle und die Vollversammlung darüber im folgenden Jahr abstimme. In der am 30. 11. 2010 abgehaltenen Sitzung des Ausschusses der Antragsgegnerin wurde einstimmig der Entschluss gefasst, „die Zufahrt für [den Antragsteller] von Süden her, zu seinem Grundstück gegen entsprechendes Entgelt zu befürworten, vorbehaltlich daß die Vollversammlung dieses dann bei der Jahreshauptversammlung beschließt“. (Unstrittig ist, dass die Vollversammlung der Antragsgegnerin am 15. 4. 2011 einstimmig beschloss, den jeweiligen Eigentümern sowohl der Weggrundstücke 739/15 und 739/11 als auch der Grundstücke 739/8 und 739/2 eine „immerwährende“ Geh- und Fahrwegdienstbarkeit über ihr Grundstück 918/75 einzuräumen, welche nach jeweiliger Aufforderung durch die Grundeigentümer auch bücherlich sichergestellt werden könne. Für das Grundstück 739/2, welches der Antragsteller neu zu bebauen beabsichtige, müsse ein ortsüblicher Betrag - wie auch bisher von den anderen Grundeigentümern - bezahlt werden.)

Von der Baubehörde besteht kein Einwand gegen eine Zufahrt zu Grundstück 739/2 aus südlicher Richtung, somit unter anderem über die Grundstücke 739/15, 739/11 und 739/8. Im Hinblick auf eine Eignung als Zufahrt besteht diesbezüglich kein Unterschied zur Nordvariante über Grundstück 918/69.

Faktisch besteht derzeit eine durchgehend befestigte Zufahrtsmöglichkeit von der Landesstraße aus über die Grundstücke 918/69 und 739/13 bis zur nördlichen Grenze des Grundstücks 739/2. Andererseits besteht eine zum Teil unbefestigte Zufahrtsmöglichkeit von der Landesstraße aus über ein im öffentlichen Gut stehendes Weggrundstück über die weiteren Grundstücke 918/75, 739/15, 739/11 und 739/8 bis zum Bereich südlich der im südöstlichen Eck des Grundstücks 739/2 befindlichen Holzhütte. Aus Sicht des Antragstellers ist ein Zufahren auf Grundstück 739/2 über sein Grundstück 739/8 technisch durch Entfernung des entsprechenden Heckenteils und der Hütte möglich, jedoch würde dies eine Umplanung zumindest eines Teils seines auf Grundstück 739/2 zu errichtenden Hauses bedingen. Der Antragsteller trägt sich mit dem konkreten Gedanken, das Grundstück 739/8 samt darauf errichtetem Einfamilienhaus zu veräußern. Die Antragsgegnerin bevorzugt eine Zufahrt zu Grundstück 739/2 aus südlicher Richtung, weil die dortige Frequenz aufgrund der zahlreichen „Anlieger“ schon derzeit hoch ist.

Für die nördliche Zufahrt über Grundstück 918/69 „ergebe“ sich eine „Gesamtrente“ von 6.000 EUR. Die Mitbenützung der bestehenden Wegtrasse durch den Eigentümer des Grundstücks 739/2 würde keine über das ortsübliche Ausmaß hinausgehende Immission für die Anrainer der bebauten Grundstücke darstellen.

Für die südliche Zufahrt sind unter anderem 23 m Betonsteinpflaster/Wiese auf Grundstück 739/8 zu überwinden. Erschwerend tritt bei dieser Zufahrtsvariante auf Grundstück 739/2 die Entfernung der rund 2,5 m hohen Hecke auf einer Länge von 3,7 m, die Entfernung des Holzstadels sowie die Errichtung einer befestigten Zufahrt in der Länge von 7 m und einer Breite von 3,8 m ab dem nördlichen Ende des Betonsteinpflasters hinzu. Darüber hinaus muss wegen der Durchfahrtsmöglichkeit auf Grundstück 739/8 ein neuer Pkw-Abstellplatz errichtet werden. Auf Grundstück 739/8 bestünden sodann zwei Berechtigte. Bei dieser Variante „ergebe“ sich eine „Gesamtrente“ von 2.000 EUR. Die Mitbenützung der bestehenden Wegtrasse durch den Eigentümer des Grundstücks 739/2 (Antragsteller) würde keine über das ortsübliche Ausmaß hinausgehende Immission für die Anrainer der bebauten Grundstücke darstellen. Die auf Grundstück 739/8 vorzunehmenden baulichen Veränderungen erfordern einen Aufwand von 2.500 EUR. Dazu kommen weitere 4.000 EUR für „die Verrückung“ der Holzhütte um 4 m. Mit der Schaffung einer Zufahrtsmöglichkeit über Grundstück 739/8 ist eine Wertminderung dieses Grundstücks von 2.700 EUR verbunden. Der diesbezügliche Gesamtaufwand ist sohin mit 11.200 EUR anzusetzen. Die Kosten der durch die Wahl einer Zufahrtsmöglichkeit von Süden bedingten Umplanung des Bauvorhabens des Antragstellers auf Grundstück 739/2 sind grob mit 7.500 EUR anzusetzen.

Ausgehend vom öffentlichen Gut (Landesstraße bei der „Nordvariante“ und ein im öffentlichen Gut stehendes Grundstück bei der „Südvariante“) beträgt die Zufahrtslänge 121 m bzw 90 m. Die rein auf den Grundstücken 918/69 bzw 918/75 der Antragsgegnerin zurückzulegende Wegstrecke beträgt 95 m bzw 5 m, wobei in beiden Fällen diese Wegstücke asphaltiert sind.

Der Antragsteller begehrte, ihm die Einverleibung des Rechts des unbeschränkten Gehens und Fahrens zugunsten des Grundstücks 739/2 als herrschendes Grundstück und zu Lasten des im Eigentum der Antragsgegnerin befindlichen dienenden Grundstücks 918/69 einzuräumen. Da für ihn über das Grundstück 739/13 ein Zufahrtsrecht bestehe, begehre er bloß ein Geh- und Fahrrecht über das Grundstück 918/69 der Antragsgegnerin. Bei seinem Grundstück handle es sich um ein gewidmetes Baugrundstück. Er sei von der Gemeinde aufgefordert worden, bis spätestens 2010 dieses Grundstück zu bebauen. Für das eingereichte Bauansuchen zur Bebauung des Grundstücks 739/2 mit einem Einfamilienhaus benötige er eine Zu- und Abfahrtsmöglichkeit; die Bauverhandlung sei abgebrochen worden, weil keine Verbindung an das öffentliche Verkehrsnetz bestehe. Seine Begehren in den Jahren 2006 und 2010 gegenüber der Antragsgegnerin, ihm die Dienstbarkeit des unbeschränkten Gehens und Fahrens über das Grundstück 918/69 einzuräumen, seien nicht erfolgreich gewesen. Das Grundstück 739/2 verfüge über keine rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche. Die Schaffung einer baulichen Zufahrtsmöglichkeit am weiteren in seinem Eigentum befindlichen Grundstück 739/8 sei nicht möglich, weil dieses ebenfalls über eine rechtlich nicht gesicherte Zufahrt verfüge, müsse doch das Grundstück 918/75, welches im Eigentum der Antragsgegnerin stehe, befahren werden. Diesbezüglich habe er von der Antragsgegnerin kein Geh- und Fahrrecht eingeräumt erhalten. Sollte sein Antrag auf Einräumung eines Notwegerechts abgewiesen werden, sei auch für die Zukunft von der Südseite her eine nicht bestehende Dienstbarkeit über ein Grundstück der Antragsgegnerin erforderlich. Weiters stünden die zu befahrenden Grundstücke 739/11 und 739/15 im Miteigentum des Antragstellers sowie weiterer drei bzw 10 Miteigentümer. Eine Regelung über die Benutzung der jeweils im Miteigentum stehenden Straßenanlage sei nicht getroffen worden. Eine zusätzliche Nutzung der Weganlage als Zufahrt für das Grundstück 739/2 stelle jedenfalls eine Erweiterung der Nutzung und damit einen Eingriff in die Anteilsrechte der anderen Miteigentümer dar. Einige Eigentümer seien mit einer derartigen Erweiterung der Nutzung nicht einverstanden. Ihm sei keine auffallende Sorglosigkeit beim Ankauf des Grundstücks 739/2 vorzuwerfen. Die Einräumung eines Notwegs über die bestehende Weganlage auf dem Grundstück 918/69 sei die zeitlich, wirtschaftlich und finanziell einfachste Lösung zur Schaffung einer Zufahrtsmöglichkeit und zudem die einzige Möglichkeit zur Schaffung einer rechtlich gesicherten Zufahrt. Zwar habe die Antragsgegnerin in ihrer Vollversammlung die Einräumung einer Zufahrt über das Grundstück 918/75 beschlossen, dies ändere jedoch nichts daran, dass er eine gesicherte Zufahrtsmöglichkeit von der Südseite her über die Grundstücke 739/11 und 739/15 nicht habe. Zudem führe die Einräumung einer Zufahrt von der Südseite ohne Berücksichtigung der Umplanungskosten zu einer doppelten Kostenbelastung gegenüber der Einräumung einer Zufahrt von der Nordseite, wobei für die Antragsgegnerin beide Varianten gleich belastend seien.

Die Antragsgegnerin wendete ein, dass für den Antragsteller eine andere Zufahrtsmöglichkeit über das südöstlich an Grundstück 739/2 angrenzende Grundstück 739/8 bestehe. Von seinem Grundstück 739/8 könne man ohne größere Probleme durch einfache Verlängerung der Zufahrtsmöglichkeit das Grundstück 739/2 erreichen. Für das Grundstück 739/8 bestehe eine Zufahrtsmöglichkeit. Sie habe sich noch nie gegen eine Zufahrt über ihr Grundstück 918/75 gegen ein geringes Entgelt ausgesprochen. Sollte der Antragsteller seine bereits bebaute Liegenschaft 739/8 einmal verkaufen wollen, habe er die Möglichkeit, sich über dieses Grundstück selbst eine entsprechende Zufahrt und einen entsprechenden Zugang zum Grundstück 739/2 zu sichern und könne auch von seinen bestehenden Miteigentumsanteilen an den Grundstücken 739/11 und 739/15 jeweils entsprechende Miteigentumsanteile mitverkaufen. Er habe sich weder beim Ankauf des Grundstücks 739/2 noch später durch mehrere Jahre hindurch um eine geeignete Zufahrt gekümmert, was einer auffallenden Sorglosigkeit gleichkomme. Die Zufahrt von Süden her sei für die Antragsgegnerin weniger belastend, weil über diese bereits mehr als 20 Anrainer fahren würden. Der Antragsteller habe beim Ankauf des Grundstücks gewusst bzw wissen müssen, dass von Norden her keine gesicherte Zufahrtsmöglichkeit bestehe.

Das Erstgericht wies das Begehren des Antragstellers auf Einräumung eines Notwegs ab. Dem Antragsteller sei eine auffallende Sorglosigkeit im Sinn des § 2 Abs 1 NWG anzulasten, weil er bei Ankauf des Grundstücks 739/2 im Frühjahr 2002 nicht die notwendigen und ihm rechtlich zumutbaren Erhebungen hinsichtlich der Überprüfung einer gesicherten rechtlichen Weganbindung durchgeführt habe. Darüber hinaus bestehe für ihn die faktische Möglichkeit, die „Südvariante“ zu verwirklichen. Die dadurch anfallenden Mehraufwendungen (Verlängerung der Wegtrasse auf Grundstück 739/8, Entfernung von Hecke und Hütte, Umplanung des Gebäudes auf Grundstück 739/2) sowie der auf Grundstück 739/8 eintretende Wertverlust wögen im Sinn der nach § 4 NWG vorzunehmenden Interessenabwägung weniger schwer als die Beeinträchtigung des Grundstücks 918/69 der Antragsgegnerin. Eine Benutzung ihres weiteren Grundstücks 918/75 sei faktisch und rechtlich gesichert, habe sie sich doch ausdrücklich mit der Mitbenützung dieses Grundstücks einverstanden erklärt. Dass der Antragsteller nur „schlichter“ Miteigentümer der bei der „Südvariante“ zu benützenden Wegparzellen 739/11 und 739/15 sei, stehe im Hinblick auf eine fehlende Benützungsregelung unter den Miteigentümern dieser Grundstücke einer Umsetzung nicht entgegen. Es wäre rechtlich denkbar und zulässig, dass der Antragsteller im Zuge der beabsichtigten Veräußerung seines Grundstücks 739/8 zumindest über dieses dem Eigentümer des Grundstücks 739/2 ein Wegerecht einräume sowie Teile seiner Miteigentumsanteile an den Grundstücken 739/11 und 739/15 mitveräußere, um zukünftigen Eigentümern der Grundstücke 739/2 und 739/8 ein Benützungsrecht an den beiden Wegparzellen zu sichern.

Das Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Rechtlich führte es aus, dass dem festgestellten Sachverhalt noch keine auffallende Sorglosigkeit des Antragstellers im Sinn des § 2 Abs 1 NWG zu entnehmen sei. Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stelle nämlich die Erkundigung beim Kauf einer Liegenschaft über eine allfällige Wegeverbindung vor dem Liegenschaftserwerb an sich keinen Selbstzweck dar, weshalb der Verletzung dieser Sorgfalt im Sinn des § 2 (Abs 1) NWG nur dann Bedeutung zukommen könne, wenn der Erwerber durch sie eine an die Stelle der Begründung eines Notwegs tretende zumutbare Alternative zur Herstellung einer Verbindung mit dem öffentlichen Straßennetz in Erfahrung hätte bringen können. Dementsprechend könnten auch unterlassene Verhandlungen mit der Antragsgegnerin oder sonstigen Grundeigentümern als sorgfaltswidrig angesehen werden, wenn bewiesen sei, dass solche Verhandlungen tatsächlich zu einer Weganbindung geführt hätten (RIS-Justiz RS0118156; Egglmeier-Schmolke in Schwimann/Kodek, ABGB3 § 2 NWG Rz 9). Somit indiziere zwar der Erwerb einer Liegenschaft ohne vorherige Erkundigungen über allfällige Wegeverbindungen das Vorliegen auffallender Sorglosigkeit, jedoch sei eine solche nur dann anzunehmen, wenn bei tatsächlich durchgeführten Erkundigungen über die Wegeverbindungen auch eine zumutbare Alternative zur Herstellung einer ordentlichen Wegeverbindung in Erfahrung gebracht werden hätte können (RIS-Justiz RS0071130). Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor, weil zum einen von der Antragsgegnerin gar nicht behauptet worden sei, die Durchführung der notwendigen Erkundigungen im Zeitpunkt des Liegenschaftsankaufs durch den Antragsteller hätte zu einer Alternative für eine Wegeverbindung zum gekauften Grundstück geführt, zum anderen sei aufgrund der Feststellungen nicht davon auszugehen, dass damals die Antragsgegnerin eine Wegedienstbarkeit zugunsten des nunmehr notleidenden Grundstücks eingeräumt hätte. Immerhin habe diese der Einräumung einer Wegedienstbarkeit über das nördlich gelegene Grundstück deshalb nicht zugestimmt, weil ihrer Ansicht nach eine Zufahrtsmöglichkeit über das südliche Grundstück des Antragstellers bestehe und dies bereits im Ankaufszeitpunkt des notleidenden Grundstücks der Fall gewesen sei. Eine auffallende Sorglosigkeit im Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaft könne dem Antragsteller somit nicht angelastet werden.

Kein Anspruch auf Einräumung eines Notwegs bestehe, wenn dem Bedarf durch Selbstvorsorge im Sinn von zumutbaren Vorkehrungen auf eigenem Grund abgeholfen werden könne. Der Antragsteller verfüge nicht nur über das notleidende Grundstück 739/2, sondern auch über das angrenzende Grundstück 739/8 und dementsprechend wäre eine Wegeverbindung zum öffentlichen Wegenetz über die Südseite des notleidenden Grundstücks möglich. Da das NWG einen Eingriff in ein fremdes Eigentumsrecht ermögliche und daher einschränkend auszulegen sei, sei der Anspruch auf einen Notweg auch dann zu verneinen, wenn der Grundeigentümer des notleidenden Grundstücks - wie hier - auch Grundeigentümer eines benachbarten Grundstücks sei und über dieses eine Wegeverbindung errichtet werden könne. Da bereits die Voraussetzung für den Anspruch auf einen Notweg gemäß § 1 NWG zu verneinen sei, komme es zu keiner Interessenabwägung gemäß § 2 NWG. Auch komme es insofern nicht darauf an, welche Kosten mit den jeweiligen Wegvarianten verbunden wären; jedenfalls seien die Umplanungskosten dem Antragsteller anzulasten, weil dieser ohne rechtlich gesicherte Zufahrt eine Planungsvariante gewählt habe, die den nunmehr begehrten Notweg bereits voraussetze. Hinsichtlich der „Südvariante“ gestehe die Antragsgegnerin dem Antragsteller das diesbezügliche Geh- und Fahrrecht über ihr Grundstück 918/75 zu und sie habe auch bisher die Benutzung ihres Weggrundstücks für sein anderes Grundstück 739/8 nicht bestritten. Für die Benutzung dieses Weggrundstücks bestünden keine rechtlichen Probleme. An den Grundstücken 739/15 und 739/11 (in natura Weganlagen) sei der Antragsteller als Miteigentümer beteiligt und ihm komme nicht nur ein Wegerecht an diesen zu. Zwar hätten sich Miteigentümer gegen eine Erweiterung der Benutzung dieser Weggrundstücke für das Grundstück 739/2 ausgesprochen, jedoch bestehe keine Benützungsregelung. Unter Berücksichtigung, dass an den beiden Weggrundstücken bisher vier bis zehn Miteigentümer beteiligt seien und auch als Weganlage benutzten, und unter Bedachtnahme darauf, dass auf Grundstück 739/2 nur ein Einfamilienhaus errichtet werden solle, werde die Benutzung dieser Weganlagen durch künftige Bewohner dieses Einfamilienhauses nicht zu einer Beeinträchtigung der anderen Miteigentümer führen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands „nicht 20.000 EUR“ (richtig wäre 30.000 EUR [RIS-Justiz RS0125732]) übersteige, und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage, ob die Voraussetzungen des § 1 NWG auch dann vorliegen, wenn eine Wegverbindung nicht über das notleidende Grundstück selbst, sondern über ein benachbartes, aber dem gleichen Eigentümer gehörendes Grundstück rechtlich und tatsächlich möglich wäre, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Der von der Antragsgegnerin beantwortete Revisionsrekurs des Antragstellers ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Die gesetzliche Verpflichtung zur Duldung des Notwegs bedeutet einen schwerwiegenden Eingriff in das Eigentumsrecht, weshalb die Bestimmungen des NWG einschränkend auszulegen sind (siehe § 4 Abs 1 NWG; Egglmeier-Schmolke in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1 NWG Rz 5; Höfle, Notwegerecht [2009] 52; Hofmann in Rummel³ § 480 ABGB Rz 5; RIS-Justiz RS0070966). Daraus folgt der Grundsatz, dass der Eigentümer der notleidenden Liegenschaft primär zur Selbstvorsorge verpflichtet ist und erst dann, wenn diese nicht möglich ist, die Einräumung eines Notwegerechts in Frage kommt (Eggelmeier-Schmolke aaO; Höfle aaO 53; RIS-Justiz RS0070966 [T2]; vgl RS0071033). Die Verpflichtung zur Duldung eines Notwegs ist nur dann gerechtfertigt, wenn sie die einzige Möglichkeit darstellt, wichtige Interessen des Antragstellers zu wahren (Eggelmeier-Schmolke aaO; Hofmann aaO; Höfle aaO 53; RIS-Justiz RS0070966 [T4]).

1.1. Die Liegenschaft (Grundstück 739/2), für welche der Antragsteller die Einräumung eines Notwegs auf der Liegenschaft der Antragsgegnerin (Grundstück 918/69) zur Zufahrt von der Nordseite begehrt, ist nicht unmittelbar an das öffentliche Wegenetz angeschlossen. Für die Zufahrt zu diesem Grundstück ergeben sich nach den Feststellungen zwei Möglichkeiten: Bei der „Nordvariante“ würde die Zufahrt von der Landesstraße aus über das Grundstück 918/69 der Antragsgegnerin und sodann über das Grundstück 739/13, hinsichtlich dem zugunsten der Liegenschaft des Antragstellers (739/2) die Grunddienstbarkeit des Gehens und Fahrens einverleibt ist, bis zur nördlichen Grenze seines Grundstücks erfolgen. Bei der „Südvariante“ besteht die Zufahrtsmöglichkeit ab der Landesstraße und einem im öffentlichen Gut stehenden asphaltierten Weg über das Grundstück 918/75 der Antragsgegnerin, dann über die im Miteigentum des Antragstellers stehenden Grundstücke 739/15 und 739/11 und in weiterer Folge über das im Alleineigentum des Antragstellers befindliche Grundstück 739/8 bis zum Bereich der südöstlichen Ecke des Grundstücks 739/2.

Der Antragsteller erachtet die Schaffung einer Zufahrtsmöglichkeit von der Südseite aus finanzieller, „zeitlicher“ und rechtlicher Hinsicht für nicht zumutbar. Anders als durch Einräumung eines Notwegs über das Grundstück 918/69 der Antragsgegnerin (Zufahrt von der Nordseite) könne dem Wegebedarf für das notleidende Grundstück nicht begegnet werden, weil ansonsten eine rechtlich gesicherte Zufahrt, die zur ordentlichen Bewirtschaftung im Sinn des § 1 NWG erforderlich sei (Bebauung), nicht gegeben sei. Dies trifft jedoch nicht zu. Im Folgenden ist auf die bei der „Südvariante“ vorliegenden Voraussetzungen für eine Zufahrt, nämlich Benutzung eines im Alleineigentum des Antragstellers stehenden Grundstücks, Fahrt über zwei in seinem Miteigentum stehende Grundstücke und Gebrauch des Grundstücks 918/75 der Antragsgegnerin, näher einzugehen.

1.2. Grundstück 739/8:

Dieses Grundstück steht im Alleineigentum des Antragstellers, befindet sich - mit einer kurzen gemeinsamen Grenze - südöstlich des Grundstücks 739/2 und verfügt von der Südseite über die Zufahrt zum öffentlichen Wegenetz.

Nach der Rechtsprechung ist ein Notweg nicht zuzuerkennen, wenn der angeblich Wegebedürftige durch zumutbare Maßnahmen auf seinem eigenen Grund Abhilfe schaffen kann (5 Ob 267/61; RIS-Justiz RS0070932).

Im Fall der Entscheidung 3 Ob 783/28 (SZ 10/232) konnte der Antragsteller mit Wagen und Pferden nicht in seinen Hof gelangen, was aber nicht an einem grundsätzlichen Mangel einer Wegeverbindung lag, sondern vielmehr an der baulichen Beschaffenheit des Hauses bzw des Haustores. Der Oberste Gerichtshof sprach dazu aus, dass die Grundfläche des Antragsgegners nur dann zur Begründung eines Notwegs herangezogen werden könnte, wenn sich herausstellen sollte, dass es dem Antragsteller ohne Aufwendung unverhältnismäßiger Kosten unmöglich wäre, den benötigten Zugang zur (unmittelbar anschließenden Straße) durch bauliche Veränderungen des Hauses (Haustores) zu erreichen.

Nach dem Sachverhalt der Entscheidung 1 Ob 280/28 (SZ 10/103) lag das Haus des Antragstellers schon an einer öffentlichen Straße, der einzige Hauseingang öffnete sich jedoch auf fremden Grund und war nur über die Liegenschaft des Antragsgegners erreichbar. Der vom Antragsteller beantragte Notweg wurde vom Obersten Gerichtshof nicht bewilligt. Das NWG könne nicht herangezogen werden, um durch Inanspruchnahme der Liegenschaft des Antragsgegners Abhilfe zu schaffen. Es sei ausschließlich Sache des Antragstellers, den erforderlichen Zugang zur Straße durch Änderung der Bauart des Hauses zu erwirken. Es bestünden drei Möglichkeiten zur Versetzung des Hauseingangs zum mit dem öffentlichen Wegenetz verbundenen Vorgarten, von denen jede möglich und nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sei.

Zu 5 Ob 267/61 grenzte die Liegenschaft des Antragstellers an das öffentliche Wegenetz und war über zwei Gemeindewege erreichbar, sodass jene Teile der Liegenschaft, die hinter dem Haus lagen, durch einen geringen Kostenaufwand verursachende Veränderungen mit dem öffentlichen Wegenetz verbunden werden konnten. Der Oberste Gerichtshof hielt fest, dass die Antragsteller durch eine Wegeanlage über ihr eigenes Grundstück einen Teil ihres Vorgartens verlieren würden, was im Hinblick auf den über diesen Garten führenden Servitutsweg eines Nachbars nicht so sehr ins Gewicht falle. Jedenfalls könnten die Antragsteller nicht verlangen, dass ihnen die Antragsgegner einen Notweg über deren Liegenschaft einräumen, damit sie selbst ihren Garten unversehrt erhalten könnten.

Dass dem Bedarf durch Selbstvorsorge im Sinn von zumutbaren Vorkehrungen auf eigenem Grund abgeholfen werden kann, gilt auch hier für das unmittelbar angrenzende Grundstück 739/8 des Antragstellers. Auf diesem müsste der Antragsteller für die Zufahrt von der Südseite die Wegtrasse verlängern und auf dem Grundstück 739/2 die Hecke sowie die (nach dem Protokoll der Bauverhandlung vom 16. 1. 2002 konsenslos errichtete) Hütte entfernen. Der durch diese baulichen Veränderungen und die Wertminderung des Grundstücks 739/8 verbundene finanzielle Aufwand von 9.200 EUR ist nicht unzumutbar hoch. Diese Selbstvorsorge ist jedenfalls technisch möglich und dem Antragsteller auch finanziell zumutbar.

1.3. Grundstücke 739/11 und 739/15:

Die Grundstücke 739/11 und 739/15 - in der Natur sind beide Straßenanlagen - befinden sich im Anschluss an das im Alleineigentum des Antragstellers stehende Grundstück 739/8. Der Antragsteller ist zu einem Viertel Miteigentümer des Grundstücks 739/11 und zu einem Zehntel Miteigentümer des Grundstücks 739/15. Bei beiden Grundstücken besteht zwischen den Miteigentümern weder eine Vereinbarung über die Tragung der Erhaltungskosten noch eine Benützungsregelung. Die Mehrheit der Miteigentümer beider Grundstücke spricht sich gegen eine allfällige Benützung dieser als Zufahrt für das notleidende Grundstück 739/2 aus. Der Antragsteller benützt die beiden in seinem Miteigentum stehenden Grundstücke als Zufahrt zu seinem bereits bebauten Grundstück 739/8.

Aus § 828 Abs 1 erster Satz ABGB lässt sich ableiten, dass die einzelnen Teilhaber die gemeinsame Sache regelmäßig ohne Absprache mit den anderen benützen dürfen (Sailer in KBB³ § 828 ABGB Rz 8 mwN) und der einzelne Miteigentümer die Sache - auch ohne Rücksprache mit den anderen zu halten - im Rahmen der Verkehrsübung auch durch dritte Personen, insbesondere Familienangehörige, Gäste etc benutzen lassen darf (H. Böhm in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 828 Rz 31 mwN). Ist die Gebrauchsmöglichkeit an sich unbeschränkt, findet das Gebrauchsrecht eines Teilhabers seine Grenze nur im Veränderungsverbot des § 828 Abs 1 zweiter Satz ABGB. Eigenmächtige Veränderungen tatsächlicher oder rechtlicher Natur an der Substanz oder auch bloß am Gebrauch sowie Verfügungen eines Teilhabers, die in das Anteilsrecht zumindest eines weiteren eingreifen würden, sind rechtswidrig und geben dem anderen Abwehrrechte (1 Ob 128/06i = wobl 2007/31 [Call]; Sailer aaO § 828 Rz 1 mwN). Auf den im Miteigentum stehenden Wegegrundstücken ist ein unbeschränkter Gebrauch in diesem Sinn durch die einzelnen Teilhaber möglich, weil durch die allfällige intensivere Nutzung des „Zufahrens und Zugehens“ infolge der beabsichtigten Errichtung eines Neubaus auf dem Grundstück 739/2 das Nutzungsrecht der Miteigentümer des Antragstellers zumindest nicht gravierend eingeschränkt wird (vgl 1 Ob 128/06i). Dem Antragsteller kommt die Nutzung des gemeinsamen Wegs über die beiden Grundstücke als Zufahrt zu seinem bebauten Grundstück 739/8 zu. Solange er auch Eigentümer des Grundstücks 739/2 ist, dessen Bebauung er beabsichtigt, ändert sich allein dadurch die Benützung der beiden im Miteigentum stehenden Wegegrundstücke (durch ihn und dritte Personen) nicht. Er übt dadurch keinen übermäßigen Gebrauch aus, der die anderen Miteigentümer beeinträchtigen könnte. Eine Veränderung der Benützung der beiden Wegegrundstücke könnte sich erst dann ergeben, wenn er - wie beabsichtigt - das Grundstück 739/8 samt darauf errichtetem Einfamilienhaus veräußert. Dies würde zumindest zur zusätzlichen Nutzung der Straßenanlage durch den Erwerber führen. Zu einer stärkeren Nutzung der beiden Wegegrundstücke durch den Antragsteller und im Rahmen der Verkehrsübung auch durch dritte Personen in Bezug auf das Grundstück 739/2 käme es dadurch aber nicht.

Selbst wenn man diese Beurteilung deshalb nicht teilt, weil sich die Mehrheit der Miteigentümer der beiden Straßengrundstücke gegen die Benützung als Zufahrt zum Grundstück 739/2 ausspricht (vgl H. Böhm aaO § 828 Rz 32), ist es Sache des am Gebrauch interessierten Antragstellers, einen Antrag auf richterliche Benützungsregelung, gemäß § 838a ABGB im außerstreitigen Verfahren, zu stellen (zur Zulässigkeit der Feststellung des Benützungsrechts nicht nur für sich, sondern auch für den Rechtsnachfolger: 6 Ob 233/10y) und eine diesbezügliche Regelung herbeizuführen. Eine Benützungsregelung dergestalt, dass dem Antragsteller auch die Zufahrt zum Grundstück 739/2 über die beiden in seinem Miteigentum stehenden Wegegrundstücke gestattet wird, ist realistisch. Zutreffend führt das Rekursgericht in diesem Zusammenhang aus, dass an beiden Wegegrundstücken mehrere Miteigentümer beteiligt sind, die die Straßenanlage benützen, und durch die Errichtung eines Einfamilienhauses die Benutzung der Weganlagen durch dessen künftige Bewohner nicht zur Beeinträchtigung der anderen Miteigentümer führen dürfte. Die etwas erhöhte Verkehrsfrequenz sollte nicht den bisherigen Gebrauch der anderen Miteigentümer stören. Eine gerichtliche (oder auch vertraglich vereinbarte) Benützungsregelung zwischen Teilhabern einer unbeweglichen Sache wirkt auch für deren Rechtsnachfolger, wenn sie im Grundbuch angemerkt ist (§ 828 Abs 2 ABGB). Auf die zielführende Möglichkeit der gerichtlichen Regelung im Außerstreitverfahren gemäß § 838a ABGB ist der Antragsteller im Rahmen der Selbstvorsorge zu verweisen, schließt doch deren Möglichkeit den für die richterliche Begründung einer Dienstbarkeit nach dem NWG vorausgesetzten Notstand aus (RIS-Justiz RS0071033).

Die Unterlassung eines diesbezüglichen Bemühens um Einigung mit den Miteigentümern oder die unterlassene realistische Erzielung einer gerichtlichen Benützungsregelung wäre gemäß § 2 Abs 1 NWG als eine grob fahrlässig versäumte Gelegenheit derartiger Selbstvorsorge anzusehen.

1.4. Grundstück 918/75:

Dieses Grundstück steht im Alleineigentum der Antragsgegnerin. Sie hat keine Bedenken gegen eine Benützung ihres Grundstücks für ein Geh- und Fahrrecht zu den Grundstücken 739/2 und 739/8, die bisherige Nutzung dieses Wegegrundstücks für das Grundstück 739/8 nicht beanstandet und dementsprechend zuletzt beschlossen, dem Antragsteller als Eigentümer der Grundstücke die Geh- und Fahrwegdienstbarkeit (auch bücherlich sichergestellt) über ihr Grundstück gegen einen ortsüblichen Betrag einzuräumen. Von der Baubehörde besteht kein Einwand gegen eine Zufahrt zum Grundstück 739/2 aus südlicher Richtung.

Auf die Zusage der Zufahrt über das Grundstück 918/75 von Süden her durch die Antragsgegnerin bei Zahlung eines - auch von den anderen Anrainern bezahlten - ortsüblichen Betrags ging der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren nicht näher ein. Er zog lediglich die „Nordvariante“ in Betracht und stellte auch nur den Antrag auf Einräumung eines Notwegs über das sich dort befindliche weitere Grundstück der Antragsgegnerin (918/69). Ein Angebot mit seinen Preisvorstellungen richtete er nicht an die Antragsgegnerin. Wenn er im Revisionsrekurs darauf abstellt, dass keine Einigung über den Preis vorliege und damit keine „endgültige“ Einräumung der südseitigen Grunddienstbarkeit, zeigt dies nur auf, dass der Mangel der Wegeverbindung zum öffentlichen Wegenetz auf seine auffallende Sorglosigkeit mangels der von ihm bisher nicht gewollten Einräumung einer Grunddienstbarkeit auf dem Grundstück 918/75 zugunsten seiner Liegenschaft 739/2 zurückzuführen ist (§ 2 Abs 1 NWG). Wie die Vorinstanzen zutreffend ausführten, stehen der Einräumung eines Geh- und Fahrrechts über dieses Grundstück, dem die Antragsgegnerin zustimmt, keine rechtlichen Probleme entgegen. Dass sich der Antragsteller einer diesbezüglichen Einigung verschließt, führt nicht dazu, dass ihm im Rahmen der Interessenabwägung ein Notweg zur Zufahrt über die Nordseite einzuräumen wäre. Der Antragsteller geht im Revisionsrekurs selbst davon aus, dass ihm die Antragsgegnerin grundsätzlich eine Zufahrt über ihr Grundstück 918/75 gestattet und den Beschluss fasste, eine Grunddienstbarkeit zu Lasten dieses Grundstücks einzuräumen. Dass die Zufahrt über dieses Grundstück der Antragsgegnerin rechtlich nicht gesichert ist, vermag er - abgesehen von der fehlenden Einigung über das ortsübliche Entgelt, bedingt auch durch sein unterlassenes Angebot - nicht aufzuzeigen.

2. Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass - mit Ausnahme der Ausführungen zur Behauptungslast der Antragsgegnerin - die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts, dass dem Antragsteller im Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaft keine auffallende Sorglosigkeit angelastet werden kann, im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Ergebnis zutreffend ist (RIS-Justiz RS0118155; RS0118156; RS0071130 [T7]). Einer Korrektur bedarf die rekursgerichtliche Entscheidung dahin, dass die Behauptungs- und Beweislast, dass die Durchführung der notwendigen Erkundigungen im Zeitpunkt des Liegenschaftsankaufs durch den Antragsteller zu keiner Alternative für eine Wegeverbindung zum gekauften Grundstück 739/2 führte und ihm daher keine auffallende Sorglosigkeit im Sinn des § 2 Abs 1 NWG angelastet werden kann, bei ihm liegt (8 Ob 15/08a). Da der Antragsteller diesen Nachweis nach den Feststellungen erbringen konnte (die Antragsgegnerin fasste den Beschluss auf Einräumung einer Geh- und Fahrdienstbarkeit über ihr Grundstück 918/75 erst während des erstinstanzlichen Verfahrens), liegt - auch wenn das Rekursgericht unzutreffend auf die diesbezügliche Behauptungslast der Antragsgegnerin abstellte - keine auffallende Sorglosigkeit des Antragstellers im Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaft im Sinn des § 2 Abs 1 NWG vor.

3. Aus den zu Punkt 1. dargestellten Erwägungen ist dem Revisionsrekurs daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung auf Basis des gesetzlich zulässigen Tarifansatzes gründet sich auf § 25 Abs 1 NWG. Der Einheitssatz im Revisionsrekursverfahren beträgt beim hier gegebenen Streitwert 60 % und nicht - wie verzeichnet - 180 % (§ 23 Abs 3 RATG). Der Erhöhungsbetrag (§ 23a RATG) beträgt lediglich 1,80 EUR.

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