OGH 1Ob13/16t

OGH1Ob13/16t31.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. B***** S*****, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Land Salzburg, Salzburg, Kaigasse 14, vertreten durch Univ.‑Prof. Dr. Friedrich Harrer und Dr. Iris Harrer‑Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 105.000 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 1. Dezember 2015, GZ 4 R 154/15t‑22, mit dem das Teil‑ und Zwischenurteil des Landesgerichts Salzburg vom 27. Juli 2015, GZ 12 Cg 38/14g‑18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00013.16T.0331.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Teilurteil des Erstgerichts aufgehoben wird.

Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die im Landesdienst tätige im Jahr 1962 geborene Klägerin wurde wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 30. September 2013 in den Ruhestand versetzt. Mit ihrer am 18. September 2014 eingebrachten Klage begehrt sie Schadenersatz (50.000 EUR sA Schmerzengeld, 55.000 EUR sA Verdienstentgang) und die Feststellung der Haftung des Landes Salzburg für Verdienstentgang wegen Mobbings (Bossings) durch den ihr übergeordneten Bezirkshauptmann.

Die beklagte Partei bestritt die Behauptungen der Klägerin inhaltlich, brachte vor, Mobbing sei nicht vorgelegen, und wandte zur im Revisionsverfahren strittigen Frage der Verjährung zusammengefasst ein, dass dann, wenn ein Dienstnehmer Beschwerden als Folge von behauptetem Mobbing feststelle und diese zuordnen könne, die Verjährungsfrist für daraus abgeleitete Schadenersatzansprüche bereits mit dem Primärschaden zu laufen beginne und nicht erst mit der förmlichen Feststellung der Dienstunfähigkeit. Da die Klägerin für das ganze Jahr 2011 gesundheitliche Schäden und damit verbundene vermehrte Krankenstände aufgrund des behaupteten Mobbings angebe, habe die dreijährige Verjährungsfrist spätestens mit August 2011 zu laufen begonnen und sei bei Einbringung der Klage am 18. September 2014 bereits abgelaufen gewesen. Auch beim Verdienstentgang handle es sich um einen vorhersehbaren Schaden. Sämtliche Ansprüche seien daher bereits verjährt.

Dem Einwand der Verjährung setzte die Klägerin entgegen, dass die vermehrten Krankenstände 2011 keine gesicherte Grundlage für die Annahme, dass die Vorgangsweise des Bezirkshauptmanns gegen sie beweisbar die Ursache seien, ergeben hätte. Erst mit dem Auftreten des Tinnitus im Oktober 2011 sei der Zusammenhang für die Klägerin eindeutig geworden. Die früheren Beeinträchtigungen hätten keine entsprechend klare psychische Ursachenkomponente geboten; beim Tinnitus sei dies anders, weil es für ihn typisch sei, dass er als Folge langandauernden psychischen Drucks auftrete. Der Bezirkshauptmann habe aber ohnehin weitere selbstständige Schädigungshandlungen gesetzt, durch welche es zu jener Schwere und Verfestigung der Gesundheitsstörung gekommen sei, die eine dauernde Dienstunfähigkeit bewirkt und damit die Pensionierung bedingt hätten. Hätte er sein schuldhaftes schädigendes Verhalten auch nur ab Oktober 2011 eingestellt, ihr Leistungen ab dann ermöglicht und sie anerkannt, wäre es nicht dazu gekommen. Sie hätte sich mit Sicherheit sehr rasch erholt, sodass sie in sehr kurzer Zeit wieder so gesund und leistungsfähig wie davor gewesen wäre.

Das Erstgericht stellte fest, dass sich bei der Klägerin jedenfalls im Mai 2011 ein Reizdarmsyndrom mit Magenschmerzen, Bauchweh und Durchfall, einhergehend mit Gewichtsverlust, sowie im August 2011 ein Tinnitus links eingestellt hatte, und die Klägerin selbst beides auf die ihrer Ansicht nach bestehende Mobbingsituation zurückführte. Es konnte aber nicht feststellen, ob bis zum 18. September 2011 deswegen weitere gesundheitliche Beschwerden aufgetreten waren oder ob sich die Klägerin bereits bis dahin wegen des Reizdarmsyndroms und des Tinnitus links hatte in Krankenstand begeben müssen.

Es wies mit Teil‑ und Zwischenurteil das auf Zahlung von Schmerzengeld in Höhe von 50.000 EUR sA gerichtete Begehren ab und sprach aus, dass das Zahlungsbegehren wegen Verdienstentgangs und das Feststellungsbegehren nicht verjährt seien. In seiner rechtlichen Beurteilung erachtete es die dreijährige Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage am 18. September 2014 in Ansehung der Schadenersatzforderung wegen Schmerzengeld als bereits abgelaufen, weil diese Frist mit positiver Kenntnis von der Entstehung (der Wirksamkeit) des Schadens und dessen Kenntnis in Gang gesetzt worden sei. Dies sei auch dann der Fall, wenn der Geschädigte die Schadenshöhe noch nicht beziffern könne, ihm noch nicht sämtliche Schadensfolgen bekannt seien oder diese noch nicht zur Gänze eingetreten seien. Schon eingetretene und aufgrund desselben Schadensereignisses vorhersehbare künftige Schäden bildeten als (Teil‑)Folge‑Schäden verjährungsrechtlich eine Einheit. Der Primärschaden der Klägerin sei jedenfalls vor dem 18. September 2011 eingetreten, da die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von dem ihrer Ansicht nach rechtswidrigen Verhalten, dem eingetretenen Schaden und dem Kausalzusammenhang gehabt habe. Die non‑liquet‑Feststellung zur Frage, ob die Klägerin bereits vor dem 18. September 2011 einen Krankenstand wegen derjenigen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die sie selbst auf die Mobbingsituation zurückgeführt habe, in Anspruch habe nehmen müssen, falle jedoch der beklagten Partei zur Last. Da bis 18. September 2011 noch nicht von einem derartigen Indiz für einen künftigen Verdienstentgang habe ausgegangen werden können und auch sonstige Anhaltspunkte, aufgrund derer die Klägerin einen solchen mit einiger Sicherheit vorhersehen hätte könne, fehlten, seien das Zahlungsbegehren wegen Verdienstentgang und das Feststellungsbegehren nicht verjährt.

Im Umfang des Zwischenurteils blieb die Entscheidung des Erstgerichts unbekämpft. Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin gegen das Teilurteil erhobenen Berufung nicht Folge. Es teilte die Bedenken der Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts nicht und trat dem Standpunkt des Erstgerichts zur Verjährung bei. Es könne von einer fortgesetzten Schädigung dann nicht gesprochen werden, wenn ein Schaden eingetreten sei, der sich nur wegen Fortdauer des schädigenden Verhaltens vergrößere. Die weiteren von der Klägerin geschilderten fortlaufenden Mobbinghandlungen wären nicht gesonderte Schadensursache(n), sondern hätten nur den bereits vor September 2011 eingetretenen und ihr bekannten Primärschaden vergrößert. Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig, weil keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Rechtsfrage zu lösen gewesen sei.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ein der Klage zur Gänze klagsstattgebendes Urteil dem Grunde nach (auch über den Schmerzengeldanspruch) anstrebt; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin verweist insbesondere darauf, dass die entscheidenden Gesundheitsschäden erst durch weitere und nach dem 18. September 2011 liegende Handlungen herbeigeführt worden seien.

In ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die beklagte Partei, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben. Sie argumentiert, es könne nicht jede Einzelhandlung eine neue Verjährungsfrist auslösen, weil Mobbing überhaupt nur bei systematisch ausgrenzendem und prozesshaftem Geschehen über einen längeren Zeitraum hinweg vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1.1. Nach § 6 Abs 1 AHG verjähren auf Amtshaftung gestützte Ersatzansprüche in drei Jahren nach Ablauf des Tages, an dem der Schaden dem Geschädigten bekannt geworden ist, keinesfalls aber vor einem Jahr nach Rechtskraft einer rechtsverletzenden Entscheidung oder Verfügung. Ist dem Geschädigten der Schaden nicht bekannt geworden, so verjährt der Ersatzanspruch erst zehn Jahre nach der Entstehung des Schadens. Der Ersatzanspruch verjährt auch dann erst nach zehn Jahren wenn der Schaden aus einer gerichtlich strafbaren Handlung entstanden ist, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Für den Beginn des Fristenlaufs stellen die Verjährungsbestimmungen des AHG nicht auf das schädigende Ereignis und die Kenntnis des Schädigers, sondern auf die Entstehung (= Wirksamkeit) des Schadens und bei der dreijährigen Verjährungsfrist auf dessen Kenntnis ab (RIS‑Justiz RS0050376; RS0050338; RS0034512 [T3]).

1.2. Die Voraussetzung, dass dem Geschädigten der Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem eingetretenen Schaden bekannt geworden sein muss (RIS‑Justiz RS0034951 [T2]), wird schon dann erfüllt, wenn der Geschädigte Kenntnis von den schädlichen Wirkungen eines Ereignisses erlangt, dessen Ursache oder Mitursache irgendein dem Schädiger anzulastendes Verhalten ist (1 Ob 53/07m; 1 Ob 19/08p ua). Anzuknüpfen ist daher an jenen Zeitpunkt, zu dem der Kläger aufgrund der ihm bekannten Tatsachen ohne nennenswerte Mühe auf das Verschulden eines Organs schließen konnte (RIS‑Justiz RS0050355) oder weiß, dass er ohne eigene Aktivität seinen Wissensstand nicht mehr erhöhen kann (vgl RIS‑Justiz RS0050360). Die Verjährungsfrist wird bereits dann in Gang gesetzt, wenn dem Geschädigten der anspruchsbegründende Sachverhalt so weit bekannt ist, dass er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben kann (1 Ob 70/07m ua; zuletzt 1 Ob 123/15t; 7 Ob 211/15b; RIS‑Justiz RS0034524; RS0050338 [T5]; RS0050355 [T5]). Er darf nicht etwa so lange mit der Klageführung warten, bis sein Prozessrisiko auf ein Minimum reduziert ist (1 Ob 211/14g uva; RIS‑Justiz RS0034524 [T6]).

1.3. Unterlässt der Kläger innerhalb der dreijährigen Frist ab diesem Zeitpunkt die Einbringung einer Klage, verjährt nicht nur der Anspruch auf Schadenersatz für den schon eingetretenen sogenannten Primärschaden, sondern auch für alle voraussehbaren künftigen Schäden (Teil‑[folge‑]schäden; vgl dazu iSd gemäßigten Einheitstheorie RIS‑Justiz RS0050338; RS0087613; RS0083144 [T2, T6, T9, T15, T20, T27, T39]; RS0097976; RS0087615; RS0034511; Schragel , AHG³ Rz 222; M. Bydlinski in Rummel , ABGB³ § 1489 Rz 3; Madl in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.03 § 1489 Rz 9; Dehn in KBB 4 § 1489 Rz 4), weil die Verjährungsfrist nach herrschender Rechtsprechung für diesen und die voraussehbaren künftigen weiteren Teilschäden oder Folgeschäden einheitlich beginnt. Der drohenden Verjährung des Ersatzanspruchs für solche Folgeschäden ist mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen (RIS‑Justiz RS0087613; RS0097976; RS0034618). Gelegentlich wird auch darauf abgestellt, ob diese Folgeschäden „sicher voraussehbar“ gewesen sind (RIS‑Justiz RS0034511) oder ob mit künftigen Schäden „mit Wahrscheinlichkeit“ (RIS‑Justiz RS0034559) bzw „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ (dort [T5, T6]) zu rechnen ist. Für nicht ‑ oder mit nicht ausreichender Wahrscheinlichkeit ‑ vorhersehbare neue Wirkungen eines Schadensfalls beginnt hingegen vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme die Verjährungsfrist neu zu laufen (RIS‑Justiz RS0034527; zuletzt 1 Ob 81/15s).

1.4. Die Vorinstanzen beriefen sich für ihren Standpunkt zur Verjährung auf die Entscheidung 1 Ob 130/13v. Anders als hier leitete aber im genannten Fall der damalige Kläger seine Gesundheitsschädigung allein aus behaupteten Handlungen und Unterlassungen innerhalb eines mehr als drei Jahre vor Einbringung der Klage zurückliegenden Zeitraums ab. Schmerzengeld und Verdienstentfall wurden damals wegen des dem Kläger ebenso mehr als drei Jahre vor der Klage bekannten Ausmaßes seiner Gesundheitsbeeinträchtigung (so schon aufgrund seiner massiven Krankenstände von beispielsweise 200 Arbeitstagen innerhalb eines Jahres und des daraufhin eingeholten amtsärztlichen Gutachtens über eine depressive Verstimmung bzw das Vorliegen eines Burnout‑Syndroms) als vorhersehbar beurteilt.

2.1. Im vorliegenden Fall sind verjährungsrechtlich vor allem zwei Gesichtspunkte von Bedeutung: einerseits das unter Darstellung der einzelnen Vorfälle konkretisierte Vorbringen der Klägerin, es sei auch nach dem 18. September 2011 zu weiteren Mobbing/Bossinghandlungen gekommen, worin die Behauptung „neuer“ Schädigungshandlungen und Schadensursachen liegen kann, und andererseits die Frage der Vorhersehbarkeit der Verlängerung und/oder Verschlechterung ihrer Beschwerden.

Die Klägerin hatte im Verfahren erster Instanz vorgebracht, sie habe im „Herbst 2011“ (also nach 18. September 2011) ua einen Tinnitus beiderseits (nicht nur links) erlitten (weshalb bisher zum Faktum „Tinnitus rechts“ Feststellungen fehlen); es habe sich im Oktober 2012 ihr Gesundheitszustand bis zur dauernden Dienstunfähigkeit verschlechtert, wäre ihr eine weitere Leistungserbringung ermöglicht und sie anerkannt worden, wäre sie in sehr kurzer Zeit wieder so gesund und leistungsfähig gewesen wie davor.

2.2. Angesichts dieser Behauptungen lassen die bisher getroffenen Feststellungen die Beurteilung, inwieweit die aus zeitlich erst nach 18. September 2011 aufgetretenen bzw weiterhin anhaltenden Gesundheitsbeschwerden abgeleiteten Schmerzengeldansprüche verjährt sind, nicht zu. Es kann derzeit zum einen noch nicht gesagt werden, ob eine Mobbing‑ oder Bossingsituation vorlag. Ließe sich eine solche ‑ und zwar auch deren Fortdauern in dem Zeitraum nach 18. September 2011 ‑ erweisen, können dadurch, nämlich durch Bossinghandlungen nach diesem Zeitpunkt, (mit)verursachte Gesundheitsbeschwerden nicht verjährt sein, kann doch der Klägerin nicht vorgeworfen werden, sie habe mit weiteren Mobbing/Bossinghandlungen rechnen müssen.

Treten Schäden bei fortgesetzten schädigenden Handlungen auf, die nur oder auch auf ein späteres Verhalten des Schädigers zurückgehen, liegen keine verjährungsrechtlich mit einem Primärschaden einheitlich zu beurteilenden Folgeschäden vor, sodass jeder weitere Schadenseintritt einen neuen Verjährungsbeginn auslöst (vgl 1 Ob 211/14g).

2.3. Zum anderen ist für die Beurteilung als „Folgeschäden“ die objektive Vorhersehbarkeit für den Geschädigten maßgebend (RIS‑Justiz RS0087613 [T7, T9, T14]; zuletzt 6 Ob 153/15s). Im vorliegenden Fall kommt es daher darauf an, welche Gesundheitsbeeinträchtigungen (mit welchem Verlauf) ex ante betrachtet am 18. September 2011 (unter außer Achtlassung von weiteren, ihr ja noch nicht bekannten etwaigen Mobbing/Bossinghandlungen) für die Klägerin vorhersehbar gewesen waren.

Grundsätzlich hat der Schuldner im Rahmen seiner Verjährungseinrede jene Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, aus denen sich im konkreten Fall die Verjährung der erhobenen Ansprüche ergeben kann (vgl nur RIS‑Justiz RS0034198 [T1, T2, T4]); explizite Tatsachenbehauptungen können nur entfallen, wenn angesichts des betreffenden Prozessstoffs typischerweise von einer bestimmten Sachverhaltskonstellation ausgegangen werden kann (1 Ob 85/10x = RIS‑Justiz RS0034198 [T5]).

Woraus sich aber die Vorhersehbarkeit hinsichtlich der Dauer und des Ausmaßes ihrer Beschwerden für die Klägerin ergeben haben sollte, bleibt hier offen, wenn die beklagte Partei zu dem von ihr erhobenen Verjährungseinwand (nur) vorbrachte, die Klägerin stelle für das ganze Jahr 2011 gesundheitliche Schäden und damit verbundene vermehrte Krankenstände aufgrund des behaupteten Mobbings dar. Dass sich die Klägerin wegen der von ihr auf Mobbing zurückgeführten Beschwerden (Reizdarmsyndrom, Tinnitus links) bereits bis zum 18. September 2011 in Krankenstand begeben hätte müssen, konnte das Erstgericht aber gerade nicht feststellen. Auf andere Indizien dafür, dass und vor allem warum für die Klägerin das Auftreten weiterer oder das Anhalten ihrer Beschwerden vorhersehbar gewesen wäre, hat die beklagte Partei nicht verwiesen.

3.1. Damit ist nur (aber immerhin doch) der Teil des pauschal und ohne zeitliche Eingrenzung geltend gemachten Schmerzengeldbegehrens verjährt, der auf den entweder schon eingetretenen oder zwar erst später hervorgekommenen, aber vorhersehbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen gründet, die allein auf (noch zu beweisenden) vor dem 18. September 2011 gesetzten Mobbinghandlungen beruhen, dh solchen, die ‑ entgegen dem bisher nicht geprüften Vorbringen der Klägerin ‑ auch bei Unterbleiben weiterer Mobbinghandlungen ab dem 18. September 2011 unverändert eingetreten wären. Nicht verjährt ist hingegen jener Teil des Schmerzengeldbegehrens, der auf einer nicht vorhersehbaren Vergrößerung von Beeinträchtigungen, auf deren auch durch weitere Mobbinghandlungen verursachtes Anhalten sowie überhaupt auf deren Verursachung durch nach dem 18. September 2011 gesetzte (behauptete) Mobbinghandlungen basiert.

4. Da die für diese Beurteilung erforderlichen Feststellungen fehlen, ist der Revision Folge zu geben und die Rechtssache an das Erstgericht zur Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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